positive Erfahrung

  • Hallo.

    Warum sollte man eine stationäre Therapie machen, oder was "bietet" eine stationäre Therapie? War selbst 3 Monate stationär (Forel-Klinik Schweiz Kanton Zürich) Nachsorge mit ambulantem Therapeuten. Ich kann logischer Weise nur meine Erfahrungen schildern - andere Stationen, andere Erfahrungen?! Vielleicht zuerst einmal meine grundsätzlichen Entscheidungskriterien warum stationär:

    A. Ich fühlte mich nicht in der Lage nach der Entzugseinrichtung heimzugehen, mich (als meistens alleine und zu Hause Trinkender) in meine Wohnung zu setzen und neu, trocken weiter zu machen. Zu kraftlos, zu instabil, zu ratlos. Ich wollte einen geschützten Rahmen, um mich ganz grundsätzlich berappeln zu können.

    B. Trotz vieler Veränderungen im Leben (von Schule bis Arbeitsleben, von allein leben bis Familie) "pegelte" ich mich durch die Jahre. Trotz vieler kalter Entzüge purzelte ich immer wieder in mein Trinkprogramm. Dementsprechend sah ich irgendwann ein, daß ich wohl mit einem grundsätzlichen Problem zu kämpfen hatte. Also wollte ich eine tiefgreifende "Sanierung" - eine stationäre Therapie erschien da als geeignete Wahl das unklare "Warum bin ich so, warum kann ich nicht anders" intensiv anzugehen.

    Beide Faktoren - geschützter Rahmen und umfaßende Arbeit am Selbst - hat die stationäre Therapie dann auch geboten. Wobei das Spektrum an Angeboten weit aus umfangreicher war als gedacht: Grundlagenwissen um die biologischen Faktoren, verhaltenstherapeutische Ansätze, "Alltags-training", falls gewünscht Begleitung bei Partnerschaftsproblemen, Hilfestellungen bei Wohnungssuche und Arbeitsplatzsuche, Sport-Angebote, handwerklich-künstlerische Stunden zum sich Ausprobiern. Viel und intensiver Austausch mit Kollegen. Und eben auch die Möglichkeit nach dem "Warum" zu forschen.

    Der Ablauf glich mehr einem Fortbildungsseminar oder einer Art Schule. Es gibt einen festen Stundenplan, einen Teil der Angebote stehen zur Wahl - z.B. die Art der sportlichen Betätigung (nicht jeder kann oder will Fußball spielen). Die eigentliche Therapie-arbeit findet in einer Mischung von Gruppenarbeit und Einzelstunden mit Therapeuten statt. In der abendlichen Freizeit zieht man sich auf sein Zimmer zurück, macht was mit den Kollegen oder nutzt die Einrichtungen der Station, geht z.B. in die Turnhalle. Wochenende ist frei, ganz bewußt um den Kontakt zur Alltagswelt ein Stück weit zu halten. Ebenfalls gab es am Ende des Aufenthalts eine "Probewoche" zuhause, die dann nachbearbeitet wurde.

    Grundsätzlich steht und fällt der Erfolg so eines Therapieaufenthalts mit der Einsicht tatsächlich die Arbeit am Selbst, am Verhalten, an den eigenen Überzeugungen aufnehmen zu wollen. Zumindest sollte es irgendwann während des Aufenthalts klingeln.
    (Es gibt Patienten, die auch nach 3 Monaten noch nicht verstanden haben, daß Therapie und Therapeuten ein Hilfsangebot sind, das man zum eigenen Nutzen anzapfen kann und soll. Habe einigen Kinderkram erlebt - wie kleine Schulkinder, die kichernd hinter dem Rücken des "Lehrers" rumtricksen auch versteckt trinken. Ziemlich lächerlicher Selbstbetrug.)

    Eine stationäre Therapie bietet die Chance sich eine neue Grundlage zu geben. Die mühsame Arbeit für und im Alltag kann sie nicht ersetzen aber geordnet vorbereiten, daher wird zum Abschluß immer eine Nachsorge angeraten und organisiert (ambulanter Therapeut, Selbsthilfegruppen). Meineserachtens ist eine stationäre Therapie vor allem dann die richtige Entscheidung, wenn es an Grundsätzlichem mangelt: entweder innerlich, seelisch - oder äußerlich bei zerfallenem/zerfallendem Umfeld wie (drohender) Arbeitslosigkeit oder Obdachlosigkeit. Familienkrisen und dergleichen. Natürlich ist es auch oft die letzte Maßnahme, wenn alle anderen Versuche gescheitert sind (und das innere und äußere Leben zusammengebrochen ist).

    Gruß Martin

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