Gibt es überhaupt noch Hoffnung?

  • Hallo! Ich bin schon seit einiger Zeit ständiger Gast im Forum und finde, es ist an der Zeit, einmal ein wenig über meine Geschichte zu schreiben. (Die gesamte Geschichte würde wahrscheinlich ein Buch füllen). Meine Eltern sind beide Alkoholiker. Mein Vater (61 Jahre) trank, seit ich denken konnte, bis vor etwa 10 Jahren. Bis dahin hatten wir einen Entzug mit Delir hinter uns, einen Rückfall der viele Jahre dauerte und der Auslöser zum erneuten Aufhören war, dass ihm drohte, den Job zu verlieren und er an Diabetes erkrankte. Er hat von heute auf morgen aufgehört, sein komplettes Wesen hat sich verändert, man konnte mit ihm reden und alles schien gut. Zu diesem Zeitpunkt trank auch meine Mutter (57 Jahre) schon (bei ihr sind es mittlerweile fast 20 Jahre "Karriere"). Bei ihr lief in den vergangenen 17 Jahren das - wie ich es nenne - Komplettprogramm gleich mehrfach ab. Von der "normalen, freiwilligen" Entgiftung über die Zwangseinweisung, mehrmalige Kurzzeittherapie, eine Langzeittherapie (16 Wochen) und wieder eine Entgiftung. Ich habe aufgehört zu zählen, aber es waren mindestens 6 oder 7. Vor drei Jahren erkrankte mein Vater an Krebs. Er hatte Riesenglück: Der Tumor hatte keine Metastasen gebildet, er brauchte keine Chemo - nur Bestrahlung -, der Kehlkopf und die Stimmbänder konnten erhalten werden und er hat seither keine Rezidive gebildet, aber: nachdem er diese ganze Prozedur hinter sich gebracht hat, fing er wieder an zu trinken. Ein ganzes Jahr lang, dann beschloss er in einer "stillen Stunde" aufzuhören, fiel wieder ins Delir, kam in die Klinik und schaffte es immerhin wieder vier Monate aufzuhören und trinkt seither wieder wie gehabt.
    Ich wohne mit meiner Familie zusammen im Haus meiner Eltern, bekomme das Drama deshalb hautnah mit, täglich, in der Nacht, einfach rund um die Uhr.
    Bei meiner Mutter sind die körperlichen Schäden mittlerweile sichtbar (ich vermute Pseudo-Cushing oder Bauchwasser), sie hat Osteoporose, eine diagnostizierte Leberzirrhose. Das sind nur die Schäden, die ich kenne, wahrscheinlich sind es aber mehr (das Gehirn scheint manchmal auch nicht mehr wirklich zu funktionieren). Sie hatte im letzten Jahr einen Gamma GT von 2.900. Ich habe mir sagen lassen, dass das rekordverdächtig sei. In "wachen Momenten", obwohl ich nicht der Meinung bin, dass es solche wirklich gibt, erkläre ich ihr, dass sie sich ins Grab trinkt, wenn sie nicht aufhört, dann bricht sie in Tränen aus und greift sofort wieder zur Flasche, um mich anschließend aufs übelste zu beschimpfen. Mein Vater reagiert unter Alkoholeinfluss sehr aggressiv, schmeißt mich dann regelmäßig aus seiner Wohnung.
    Ich habe mir angewöhnt, nicht mehr einzugreifen und sie zu ignorieren. Beide sind nicht mehr berufstätig (sie hat schon vor Jahren ihren Job verloren, er ist Rentner) der Leidensdruck von der beruflichen Seite ist also nicht mehr da, deshalb versuchen wir jetzt den Leidensdruck auf der familiären Schiene aufzubauen. Ob's hilft? Viel Hoffnung habe ich eigentlich nicht mehr und nach einer eigenen Therapie bin ich auch einigermaßen gefestigt, so dass mich die ganze Situation nicht mehr so aus den Schuhen haut. Ich habe jede Hilfe angeboten, aber die Hand wurde immer wieder ausgeschlagen. Dass ich nicht schuld bin, habe ich verstanden, aber Emotionen lassen sich nicht immer abschalten.
    Es tut jedenfalls gut zu lesen, dass es vielen anderen Betroffenen ebenso geht und werde sicher immer wieder hier vorbeischauen.

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