Kindheitserinnerungen

  • Hallo Zusammen,

    nachdem in einem anderen Thread angesprochen bzw. gefragt wurde, was in einem Kind wohl vorgeht, dass enttäuscht wird, weil der Vater es nicht wie versprochen abholt, dachte ich mir ich schreibe mal, was in dem Kind Skye dabei vorgegangen ist. Hier einmal eine Sicht eines, heute erwachsenen, Kindes dazu, vielleicht kann es jemand „brauchen“:

    Ich war 2 ½ als meine Mutter sich von meinem alkoholabhängigen „Vater“ getrennt hat. Die erste Zeit gab es keine geregelten Wochenenden, da ich tagsüber abwechselnd bei meinen Großeltern war. Meine Mutter musste arbeiten und Kindergartenplätze waren damals rar, schon gar die für den ganzen Tag. Daher hatte ich genug Gelegenheit meinen „Vater“ zu sehen, wenn ich bei seinen Eltern war. Als die Kindergartenzeit so etwa mit 3 ½ für mich anfing, kam die 14-tägige Wochenendregelung und damit auch die Zeit der Unbeständigkeit und der gebrochenen Versprechen. Nicht nur was die Besuche anging, aber ich will nicht zu weit ausholen.

    Wenn ich mich ein wenig aus dem Wohnzimmerfenster gelehnt habe konnte ich genau in die Lücke zwischen zwei Häusern sehen von wo mein „Vater“ Samstagmorgens kam um mich für das Wochenende abzuholen. In den noch folgenden 3 Jahren die wir in meiner Heimatstadt blieben, habe ich sehr oft vergeblich am Fenster auf ihn gewartet. Bis das Warten, dann an anderer Stelle, endgültig ein Ende hatte, ging noch mal Zeit ins Land.

    Heute bin ich 38 und kann mich immer noch an die Traurigkeit, die Enttäuschung, das nicht verstehen können dieses Kindes erinnern, dass auf seinen „Vater“ gewartet hat und immer, und immer wieder enttäuscht wurde. Für diese Erinnerung muss ich mich nicht anstrengen, das ist mir „erhalten“ geblieben.

    Mir hängt noch vieles aus meiner Kindheit nach, das ist eines davon, das enttäusche und einsame Kind, das auf seinen „Vater“ wartet und nicht verstehen kann warum er nicht kommt. Das den Grund dafür bei sich sucht. Meine Mutter konnte das nicht gut machen, denn nicht sie war es auf die ich mich gefreut habe. Im Gegenteil sie musste oft ertragen, dass sich meine Entäuschung und meine Verletztheit in Wut äußerte.

    Ich habe bis ich etwa 16 war gebraucht um meinen „Vater“ als solchen wegen permanenter Unzuverlässigkeit endgültig zu disqualifizieren. Mich von ihm zu lösen, nicht mehr zu hoffen, nicht mehr die Wut auf ihn mit mir herum zu tragen, nicht mehr enttäuscht sein, sondern die emotionale Bindung zu ihm zu kappen. Diese kaputte Beziehung aufzuarbeiten, hat mich noch einige Zeit gekostet. Zeit die für gesunde Beziehungen verloren war. Heute denke ich nur noch in Situationen wie diesen an ihn und auch nur noch mit Mitleid. Mitleid wie man es für einen Menschen empfindet, der sein Leben weggeworfen hat.

    Doch wie dem auch sei, der Schaden war da, mein Vertrauen zu oft erschüttert und missbraucht. Die Wunden sind inzwischen verheilt, vernarbt, die Narben schmerzen manchmal und werden nie verschwinden.

    Das alles verursacht durch einen Menschen an dem ich hing, den ich liebte und der neben meiner Mutter noch lange Zeit einer der wichtigsten in meinem Leben war. Denn ich war zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind und auf die Fürsorge meiner Eltern angewiesen.

    Das ich irgendwann auch eine alkoholabhängige Mutter hatte, ist ein anderer Teil der Geschichte…….

    Gruß
    Skye

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