Beiträge von seerose

    Hallo liebe Forummitglieder,

    mein Sohn sagte mir heute nach dem Therapiebesuch, dass er alte Zeiten vermisst. Er vermisst sogar die Zeiten, wo sein Vater getrunken hat und wo bei uns im Haus "Chaos" herrschte. Er war selbst überracht über diese Gedanken.

    Kann es sein, dass es typisch für die Kinder ist, wenn sie in einem alkoholiker Familie aufgewachsen sind? Zur Zeit herrscht bei uns Ruhe. Es ist nicht mehr so, dass ich genervt bin. Er hat jetzt ein alkoholfreies Leben. Hat er dann Sehnsucht nach dem Chaos? Wie kann ich damit umgehen?

    Ich fand seine Äußerungen trotzdem positiv, weil es für mich ein Zeichen ist, dass er angefangen hat, sich um sich zu kümmern und seine Gefühle wahrnimmt. Sieht ihr es auch so?

    Liebe Grüße
    Seerose

    Hallo Nora,

    danke für die Gedankenstöße. Mir geht es auch nicht anders. Ich habe meinen Mann verlassen mit dem Erkenntnis, dass ich ihm nicht helfen kann und ich für mich sorgen muss - erst nach dem ich mein Tiefpunkt erreicht habe. Trotzdem habe ich ab und zu mal die Gedanken, ob ich doch zu früh gegangen bin- obwohl ich 16 Jahre das mitgemacht habe. Eben die Coabhängigkeit - denke ich. Ich bin immer noch auf der Suche, wann meine Coabhängigkeit angefangen hat und vor allem warum ich es geworden bin.
    Ich denke, ich muss erst alle diese Fragen für mich beantworten und erst dann mich auf eine Beziehung mit ihm oder mit jemand anderem einlassen. Ich habe aber festgestellt, dass ich zur Zeit eine sehr große Angst habe, mich auf eine Beziehung alte oder neue einzulassen. Ich habe Angst, dass das sich wiederholen wird, dass ich wieder einen Alkoholiker aussuche. Hier im Forum liest man ja, dass es oft der Fall ist. Es hat sich einige Möglichkeiten gegeben eine neue Beziehung anzufangen. Ich laufe aber jedesmal weg, weil ich einfach Angst habe. Ich weiss es nicht zur Zeit was richtig ist, sich einzulassen und sehen, wie es sich entwickelt oder abzuwarten, dass man sich wiederfindet und die Liebe und Erwartungen an einer Beziehung für sich genau definiert hat.
    Wann ist man dann soweit? Ich weiss nur, dass ich noch nicht bereit bin. Auf der anderen Seite habe ich Angst, dass ich ewig weglaufe.

    Viele Grüße
    Seerose

    Hallo Merlina,

    deine Antwort zeigt mir, dass vieles im Kreise der Alkoholismus als Familienkrankheit ähnlich abläuft. Auch mein Mann erzählt meinem Sohn, wie verantwortungslos und egoistisch ich bin - ich bin ja weggegangen. In Abwesenheit meines Sohnes kamen solche Sätze wie "siehst Du nicht, was Du uns angetan hast". Ich arbeite an meiner Coabhängigkeit und habe viel über Alkoholismus gelernt. Deswegen kommen solche Aussagen bei mir nicht an. Leider aber bei meinem Sohn. Ich habe zur Zeit keinen direkten Kontakt zu ihm.
    Mein Sohn geht seit einem Jahr zur Therapie. Mein Mann versucht ihn davon abzubringen. Mein Sohn sagt mittlerweile, dass er nicht mehr dahin gehen braucht. In den Gesprächen stelle ich aber fest, dass er eigentlich gerne dahin gehen möchte aber sich nicht mit seinem Vater auseinander setzen kann und möchte. Ich finde es sehr wichtig, dass er gerade jetzt dahin geht. Ich weiß im Moment nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Wieder einmal sind wir nicht gleicher Meinung und kommen nicht zu einem gemeinsamen Weg.
    Ich finde es so schade, dass wir als Eltern ihm nicht eine gute Partnerschaft vorleben konnten. Auch die Trennung war nicht vorbildhaft. Wie soll er dann so was lernen, wenn wir ihm das nicht auf dem Weg geben können?

    Viele Grüße
    Seerose

    Hallo zusammen,

    mich beschäftigt zur Zeit das Verhalten meines Sohnes. Ich merke bei ihm eine nach meiner Ansicht übermäßige Sorge um seinen Vater. Es äußert sich so, dass er sich gezwungen fühlt ihm immer das zu sagen, was er hören will. Manchmal ist es sogar so, dass er auch hierbei lügt. Das macht mir Sorgen. Ich möchte nicht, dass er seinem Vater irgendwelche Lügen erzählt, damit sein Vater glücklich ist. Er telefoniert mittlerweile 2 bis 3 Mal mit ihm und fragt ihn wie es ihm geht und was er macht. So hat er teilweise nicht genug Zeit für sich selber. Wenn ich ihn frage, warum er lügt oder warum er ständig dort anruft, sagt er mir, damit sein Vater glücklich ist.

    Ich brauche hierbei eure Meinungen. Ich wollte mit meinem Auszug gerade meinem Sohn solche Verhalten ersparen. Ich wollte, dass er seine Kindheit lebt und nicht die Verantwortung für das Glück anderer übernimmt. Aber das ist leider nicht so gekommen. Sind meine Gedankengänge diesbezüglich übertrieben? Wie kann ich ihm davor schützen, dass er keine Lügen erzählt, damit sein Vater glücklich ist?

    Viele Grüße
    Seerose

    Hallo Käferchen und Thea,

    die Beschuldigungen oder Vorwürfe meines Mannes nehme ich nicht mehr persönlich und dementsprechend reagiere ich nicht mehr wie früher. Das mache ich nicht mehr, weil ich meine Rolle in diesem Kreislauf erkannt habe. Wie habe ich das erkannt? Es hat sehr lange gedauert und ohne Hilfe von außen (Selbsthilfegruppen, Alkoholismus als Familenkrankeit verstehen, ...) ist das Erkennen nicht möglich gewesen. Bei mir hat es sehr lange gedauert, bis ich zugegeben habe, dass ich machtlos gegenüber sein Trinken oder Verhalten bin. Ich habe lange gedacht, dass ich alleine in der Lage wäre alles "in Ordnung zu bringen". Es hat nicht funktioniert. Jetzt weiss ich, ich wusste damals noch nicht mal, was für mich in Ordnung ist und was nicht. Ich wusste noch nicht mal, was ich will und was ich nicht will. Das war mir aber alles nicht bewusst. Erst musste ich auch mein Tiefpunkt erreichen. Jetzt weiss ich, was ich will - ein Leben ohne Alkohol und ein Leben, den ich selbstbestimmen kann. Damit habe ich das Karussel aus dem Gleichgewicht gebracht. Deswegen bin ich und werde ich in den Augen meines Mannes die Böse bleiben - solange er gegen seine Krankheit nichts tut.

    An dem Verhalten meines Sohnes beobachte ich auch, wie mein Ausstieg aus dem Suchtkreislauf den Gleichgewicht in der Famile durcheinder gebracht hat. Manchmal versucht er mir auch deswegen - meistens nach den Besuchswochenenden bei seinem Vater - Schudgefühle einzureden. Ich habe aber auch gemerkt, je stabiler ich bin und je überzeugter ich von meinen Schritten bin, hört mein Sohn schneller mit solchen Aussagen auf und kehrt wieder zum Alltag.

    Ich wünsche Euch einen schönen 2. Weihnachtstag.

    Viele Grüße
    Seerose

    Hallo Gotti, hallo Käferchen,

    ich versuche trotz der Steine, trotz der Beschuldigungen auf meinem Weg zu bleiben. Es klappt nicht immer aber ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg. Die Beschuldigungen meines Mannes versuche ich nicht an mich ranzulassen. Er hat noch nicht ganz damit aufgehört, warum auch, das hat ja die ganzen Jahre geklappt. Ich versuche mich nicht mehr damit zu beschäftigen, was mein Mann sagt oder tut, sondern damit, warum ich so lange mir das angehört und teilweise in einigen Phasen sogar geglaubt habe. Ich versuche alles jetzt von meinem Blickpunkt zu betrachten. Vorher dachte ich immer, warum sagt er das, warum tut er jenes etc. Nun denke ich immer mehr, ich muss mein Verhalten ändern, damit er endlich aufgibt, die Knöpfe bei mir zu drücken. Offensichtlich bin ich hierbei nicht konsequent genug.

    Käferchen, du hast so Recht, wenn Du schreibst, dass der schwächste Glied ausgenutzt wird, damit der Suchtkreislauf weiterhin funktioniert. Als ich noch mitten in meiner Coabhängigkeit gesteckt habe, wurde mein Sohn nicht so viel in Mitleidenschaft gezogen, weil ich im Suchtkreislauf mitgemacht habe. Ich bin aus dem Karussel ausgestiegen, es dreht sich aber leider weiter. Seitdem er bei mir die Knöpfe nicht so drücken kann, wie vorher, wird mein Sohn hierfür ausgenutzt. Jetzt tut es mir mehr weh als voher, weil ich verstanden habe, welche Rollen wir in diesem Kreislauf spielen. Leider merke ich hierbei auch immer wieder, wie machtlos ich gegenüber der Alkoholismus bin. Ich sage mir immer wieder, du bist machtlos aber nicht hilflos.
    Es ist alles nicht einfach, kostet viel Kraft. Aber ich weiss, die Kraft, die ich für meine Genesung und für meinen Sohn reinstecke, lohnt sich.

    Liebe Grüße
    Seerose

    Hallo Melinak,

    ich habe deine Zeilen gelesen und habe ich mich wiedergefunden. Ich lebe seit einem Jahr mit meinem Sohn (12 Jahre)zusammen von meinem Mann getrennt. Er hat in dieser Zeit alles mögliche versucht, um mich wieder zurückzubringen, alles aber nur in Worten. Nachdem er gemerkt hat, ich bleibe standhaft, hat er seine Strategie geändert. Er erzählt meinem Sohn nun, dass ich eine schlechte und egoistische Mutter bin. Ich soll alles kaputt gemacht haben. Er ruft ständig ihn an bzw. er läßt ihn anrufen, so dass er immer irgendwie bei uns im Raum ist. Erst habe ich versucht Regeln hinzustellen. Leider hat es nicht ganz geklappt. Auch mit ihm kein Konkakt zu haben, funktioniert wegen dem Kind nicht ganz.
    Ich versuche immer sachlich und gelassen zu bleiben. Wenn die Beschuldigungen losgehen, frage ich ihn, ob er fertig ist mit seinen Aussagen, dann regt er sich auf und legt meistens selber den Hörer auf. Abends gehe ich meistens nicht an das Telefon.
    Als ich zu Hause war, hat meine Gelassenheit gegenüber seine Schuldzuweisungen ihn so provoziert, dass bei uns zu Hause vieles nicht mehr angenehm war. Wo ich jetzt getrennt von ihm lebe, kann ich selber entscheiden, wann ich mit ihm reden möchte, wann nicht.

    LG
    Seerose

    Hallo Käferchen, hallo kaltblut,

    vielen Dank für Eure Rückmeldung und für die herzliche Aufnahme.

    Käferchen, du hast Recht, es ist eine lange Zeit. Sehr lange Zeit habe ich jedoch nicht gemerkt, dass ich, dass wir ein Problem hatten. Im Gegenteil war ich davon überzeugt, dass es uns sehr gut ging. Alle anderen ging schlecht aber wir standen ganz gut da, dachte ich. Jetzt ist mir aber bewusst, dass es überwiegend Verdrängung war. Ich wollte nicht die Realität so akzeptieren, wie es war. Mein Mann hat alles auch die ganze Zeit schön geredet. Jetzt wo ich nicht mit ihm zusammen bin, tut er immer noch so, als ob wir kein Problem hätten. Im Gegenteil versucht er mir die Schuld für alles zu geben. Nach seiner Meinung habe ich die Familie kaputt gemacht, sonst war ja alles in Ordnung.

    Mir wird aber immer bewusster, dass ich die Realität insbesondere meinen Sohn - gefühlsmäßig vernachlässigt habe. Ich dachte immer, er hat vieles nicht mitbekommen. Nun weiß ich jedoch, dass er auf dem Weg zur Coabhängigkeit ist bzw. war. Ich versuche es ja zu verhindern, indem ich ihm jetzt ein anderes Leben vorlebe. Ich mache was für mich und grübele nicht den ganzen Tag über die negativen Themen. Wenn was negatives ist, dann versuche ich das Problem gelassen anzugehen. Außerdem versuche ich bewusst nicht zu verdrängen und versuche mit ihm offen über die Alkoholismus als Krankheit zu reden. Ich möchte ihm auf dem Weg geben, dass er in diesem Leben nur für sich verantwortlich ist. Auch versuche ich ihm vorzuleben, dass er nicht die Verantwortung für andere übernimmt. Nach der Trennung habe ich ihm angeboten zusammen zu einem Kindertherapeut hinzugehen, damit er ein neutrales Ort und einen neutralen Person zum Reden hat. Er ist damit einverstanden und geht dahin. Mein Mann ist total dagegen und versucht ihn zu beeinflussen, dass er doch nicht hingeht.

    Liebe Grüße
    Seerose

    Hallo,

    ich bin neu hier. Ich lese seit einiger Zeit in diesem Forum und erkenne mich immer wieder in den Beiträgen. Ich bin 38Jahre alt und habe einen Sohn, der 12 Jahre ist. Ich bin seit 16 Jahren mit einem Alkoholiker verheiratet. Natürlich war mir das am Anfang nicht bewusst. Wenn ich aber zurückdenke, hat er von Anfang an viel Alkohol getrunken. Die Menge stieg auch mit den Jahren. So wie viele hier auch, habe ich in diesen 16 Jahren alle Phasen durch, Verleugnen, sich zurückziehen, wütend sein, weinen, Gleichgültigkeit, betteln, an Vernunft appellieren... Irgendwann vor 2 Jahren habe ich wohl mein Tiefpunkt erreicht. Ich habe dann einen aus meiner Sicht einen riesen Schritt getan und in eine Selbsthilfegruppe gegangen. Wie schwer es mir gefallen ist, daran kann ich mich noch heute erinnern. Es war schwer nach jahrelangem Verleugnen in eine Gruppe zu gehen mit wildfremden Menschen über meine Probleme zu reden. Heute kann ich sagen, dass dieser Schritt mir mein Leben wieder gab. Dort habe ich erfahren, dass ich nicht schuld bin, dass er trinkt, dass Alkoholismus eine Krankheit ist, ...

    Ich wusste nach einem Jahr, dass ich ein Leben mit Alkohol nicht leben wollte. Ich wollte es meinem Sohn nicht mehr antun, dass er in einer Famile mit Alkohol aufwächst. Vor 1 1/2 Jahren habe ich das Haus mit meinem Sohn verlassen und zu Freunden gegangen. Ich bin dann ca. nach 2 Wochen wieder zurückgekehrt, weil er mir wieder versprochen hat nicht zu trinken. Ich habe wieder die Hoffnung gehabt und wieder zurückgekehrt. Nach 4 Wochen "Pause" hat er wieder angefangen zu trinken und alles war noch schlimmer als vorher. Ich lebe jetzt seit einem Jahr von meinem Mann getrennt. Ich musste das Haus verlassen, weil er nicht gegangen ist. Ich habe meinen Sohn mitgenommen. Es war eine schwierige Zeit, ich musste wieder von vorne angefangen. Ich habe eine neue Wohnung, neue Möbeln. Es geht mir immer wieder besser, weil ich nach der Arbeit nicht mehr mir Gedanken machen muss, was alles zu Hause passiert ist.

    Ich habe gelernt, dass er für sich verantwortlich ist und ich für mich. Ich gehe meinen Weg. Mein Mann versucht immer Steine auf diesen Weg zu legen. Trotzdem versuche ich meinen Weg weiterzugehen, weil ich davon überzeugt bin, dass er nicht genesen kann, wenn er sein Problem noch nicht eingesehen hat.

    Ich beschäftige mich zur Zeit sehr viel mit meiner Coabhängigkeit und mit meinem Sohn, dass er immer mehr zu einem selbstbewussten Person wird. Es ist jedoch nicht einfach, weil mein Mann sich sehr oft in meiner Entscheidungen eingreifen versucht und meinen Sohn beeinflusst. Ich versuche immer wieder, dass es mir besser geht, damit für mich und für meinen Sohn stark bin und stark bleiben kann.

    Ich freue mich auf jede Antwort von Euch.

    Liebe Grüße
    Seerose