Hallo Kathi,
willkommen im Forum.
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dennoch hat mir die Therapie keine konkreten Verhaltensweisen aufgezeigt, wie ich mit meiner Mutter überhaupt noch kommunizieren kann und soll
Das ist im Grunde so einfach wie schwierig, so wie es Dir gut tut. Es erfordert einfach Übung. Eure Kommunikationsweise hat sich über Jahre entwickelt, Du hast sie so erlernt. So erfordert es ein erneutes lernen in die andere Richtung.
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Man kann uns in einen Raum setzen und die Zeit stoppen, länger als eine Stunde dauert es nicht, bis wir streiten - egal warum.
Es ist einfach mit einem Alkoholiker zu streiten. Meine Mutter wusste ganz genau welche Knöpfe sie drücken musste damit ich hochgehe wie eine Rakete. Sollte es schnell gehen, hat sie die sensibelsten genommen. Ich habe mich sooft hinterher gefragt, wie es überhaupt dazu kommen konnte. In einem Moment noch schiedlich/friedlich, im nächsten waren wir am streiten.
Eine Streit vom Zaun brechen, ist nichts anderes, als einen Grund zum trinken zu finden. Nachdem mir das klar geworden war, habe ich mich immer weniger mit ihr gestritten. Ich habe bewusster mit ihr kommuniziert, genau aufgepasst was gesagt wurde. So konnte ich schnell feststellen in welche Richtung es gehen sollte und ich konnte meine Knöpfe deaktivieren. Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Bogen raus hatte und wieder eine Weile bis sie aufgegeben hat. Es war nicht immer einfach, sie einfach in ihrem Rumwüten auflaufen zu lassen. Mir hat es einfach wehgetan, wie ein so intelligenter, liebenswerten, fröhlicher Mensch sich so verändern kann. Doch ich konnte nichts tun, ich konnte diese Veränderung nicht aufhalten. Ich konnte nur dafür sorgen, dass ich nicht mehr unter sinnlosen Streitereien gelitten habe.
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Ich bin jedoch mit meinem Latein am Ende - ich versuche schon, ihr das einfach zu erklären, ich nehme mir Zeit und bereite mich vor, um ihr das ganze recht strukturiert rüber zu bringen, aber dennoch kapiert sie Null von dem, was ich sage
Ich kenne den Gesundheitszustand Deiner Mutter nicht und sicherlich hinterlässt Alkohol Spuren im Gehirn. Was aber viel schneller Spuren als der Alkohol hinterlässt, ist es nicht zu benutzen. Je weiter die Sucht fortschreitet, desto weniger das Interesse an anderen Dingen als Alkohol. Ein brachliegendes Gehirn tut sich mit komplexeren Dingen außer Nachschubbeschaffung und den notwendigsten täglichen Verrichtungen irgendwann schwer.
Es ist nicht an Dir, Deiner Mutter die Welt zu erklären. Ich habe das lange getan, mit mehr als niederschmetternden Ergebnissen. Sie hatte zum einen einfach kein Interesse und zum anderen war sie meine Mutter und nicht mein Kind.
So habe ich sie irgendwann nur noch von bestimmten Dingen in Kenntnis gesetzt und nur noch dann mehr gesagt, wenn sie gefragt hat. Und auch dann habe ich nur genau die Frage beantwortet. Sie hat sich irgendwann beschwert, dass ich ihr nichts mehr erzählen würde. Das war halt eine Folge ihrer Interessenlosigkeit. Aber ich hatte keine Lust, die wenigen Momente abzupassen, an denen sie nüchtern und Willens war mir wirklich zuzuhören. Das hat zu einer ziemlichen Sprachlosigkeit unter uns geführt, aber es gab keine Alternative für mich.
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und fängt dann, mich anzubrüllen, zu beschimpfen und mir Dinge zu unterstellen, die an den Haaren herbei gezogen sind...
Womit wir wieder beim Streit vom Zaun brechen wären. Dazu kommt sicherlich auch das Gefühl ihrerseits Dir, ihrer Tochter, geistig unterlegen zu sein. Das Gefühl hat niemand gerne. Damit wird auch ein Stück weit ins Bewusstsein gerufen, dass eben nicht alles normal ist und das der Alkoholkonsum nicht normal ist. Nach dem Motto es kann nicht sein, was nicht sein darf, wird versucht sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen. Das geht nur, indem man das Gegenüber ins Unrechts setzt. Ob es dahin gehört ist dabei vollkommen egal.
Vielleicht verstehst Du was ich meine und in welche Richtung es gehen könnte.
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Wie kann man mit einem Alkoholiker überhaupt noch reden, wenn er sehr schnell sehr aggressiv reagiert im "Suff"?
Kurz und knapp: garnicht!
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Und wie kann man ihm solche Sachen wie das mit diesem kack Bausparvertrag erklären?
Ich weiß nicht, ob Du schon mal betrunken warst. Mir sind solche Sachen dann ziemlich egal und Lust hab ich auch nicht meinen Kopf anzustrengen. Sicherlich lässt sich mal betrunken, auch nicht mit einem Alkoholiker vergleichen. Die Veränderungen bei einem Alkoholiker sind in vieler Hinsicht nachhaltiger. Was sich allein schon darin begründet, dass z. B. ein Spiegeltrinker fast nie nüchtern ist.
Also auch hier: garnicht!!
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Ich möchte meine Mutter diese Woche ein letztes Mal wegen dieser Angelegenheit kontaktieren und hoffe, dass ihr mir vielleicht vorab helfen könnt, das Gespräch so vorzubereiten, dass es nicht sofort zum Streit kommt.
Hat sich, wie ich zwischenzeitlich gelesen habe, ja erstmal erledigt. Aber grundsätzlich würde ich das Gespräch nicht mit ihr, sondern mit der Bausparkasse führen. Das sind alles Dinge, die man Dir dort erklären kann. Und beim Ausfüllen kann man Dir dort sicherlich auch helfen. Sollte wider Erwarten jemand nach Deiner Mutter fragen, sag sie ist gesundheitlich nicht in der Lage Dir zu helfen. Was ich allerdings nicht glaube, denn Du bist volljährig und die Konten laufen auf Deinen Namen, egal wer da was einzahlt, Du bist die Besitzerin des Sparvertrages und des Festgeldkontos.
Du brauchst Deine Mutter dazu nicht. Und wenn Deine Mutter sich abgeschoben fühlt, ist das ihre Sache, sie hat doch den Alkohol. Ist jetzt ironisch gemeint, aber im Grunde ist es so, solange der Alkohol das ist, ist alles andere leider egal.
Gruß
Skye