Beiträge von Jule25

    Hallo Kindi.

    Abschiedsrituale hatte ich nicht, es ist mein erster Abschied vom Alkohol und ich hoffe sehr, mein einziger.

    Als ich an dem Punkt angekommen war, an dem ich mir meine Alkoholabhängigkeit bedingungslos eingestehen konnte, war mir auch überhaupt nicht nach solchen Zeremoniellen, danach, dem Alkohol ein "Schnippchen zu schlagen" oder den Abschied zu feiern. Ich fühlte und fühle mich klein und demütig. Ich habe ihn nicht unter Kontrolle und werde ihn nie kontrollieren können. Ich weiß, dass ich einen langen, nicht leichten Weg zu mir vor mir habe. Vielleicht haben bei mir diese Gefühle und Gedanken auch keine "Anfangseuphorie" aufkommen lassen.

    Mein Umfeld ist alkoholfrei und ich trinke keine Getränke direkt aus der Flasche, wie ich es in den letzten Monaten mit dem Wein getan habe. Die Assoziationen, die ich damit verbinde, aktivieren mein Suchtgedächtnis.


    Liebe Grüße von Jule

    Liebe Bianca.

    Hunger, Ärger/Wut, Einsamkeit kenne ich auch als Suchtdruckauslöser. Darüber hinaus auch Durst, zu viel (!!!, dabei kommt das selten genug vor ...) Schlaf, Antriebsschwäche, Reizüberflutung, ...
    Und Unterzuckerung. Ich weiß nicht, ob Du damit was anfangen kannst, manchmal bin ich nach einem kohlenhydratreichen Mittagessen mit anschließendem Mittagschlaf hypoglykämisch unterwegs und merke: ich brauche was! Da meldet sich regelmäßig mein Suchtgedächtnis.

    Ich wünsche Dir, dass Du alle 24 Stunden bis zu Deiner LZT gut überstehst und dass Du dort Deine wichtigen und schwierigen Themen angehen kannst.

    Ich denk an Dich und wünsche Dir eine gute Nacht.


    Jule

    Hallo Pittchen.

    Ich bin noch recht neu in diesem Forum und lebe 'erst' seit zwei Monaten ohne Alkohol.

    Das, was Du schreibst, sind die Gedanken, vor denen ich selbst große Angst habe. Für mich weiß ich, dass es spätestens ab dem Punkt, an dem ich anfange zu verhandeln, ob mir(!) kontrolliertes Trinken nicht evtl möglich sein könnte, brenzlig wird, dass ich akut in großer Gefahr bin.

    Ich weiß, wie sehr mir der Alkohol geschadet hat, wie er mein Leben bestimmt und mir vieles verunmöglicht hat. Ich weiß, wie schwer ich nur zögerlich zu dieser Erkenntnis kam und welche Kraft mein Weg seitdem, vor allem meine Auseinandersetzung mit mir und meinen Themen, gekostet hat.

    Ich lese mit großem Respekt bei den Leuten, die es immer wieder versucht haben, bis sie an ihrem Punkt der Erkenntnis und Einsicht ankamen. An ihrem Tiefpunkt. Und ahne, welche Verzweiflung es da gegeben hat. Bei ihnen und ihren Mitmenschen. Wieviel schwerer muß es sein, diesen Weg mit großen Selbstzweifeln zu gehen.

    Mir hat der Alkohol nichts gegeben. Er hat in mir und in meinem Leben nur Schaden angerichtet. Oder besser gesagt: ich selbst war es mit meiner täglichen Entscheidung zu trinken.

    Ich bin dankbar, die Erfahrungen anderer lesen zu können, die länger trocken sind. Die viele Wege gehen mußten. Ihre Geschichten ähneln sich oft sehr. Wer bin ich, dass ich die große Ausnahme darstelle?

    Vor allem habe ich aber im Blick:
    Wo will ich stehen? Wer will ich sein? Wie nah bei mir? Und wer für meine Mitmenschen?

    Und wo/wer/wie war ich mit Alkohol?

    Nie wieder! .... hoffe ich.


    Liebe Grüße von Jule

    Liebe Backmaus.

    Ich lese gerade, Du bist nicht mehr da.

    Hab Dank für Deine Antworten. Sie waren mir in meinen ersten Wochen eine große Unterstützung.

    Ich hoffe, Dir geht es gut. Sei behütet.


    Jule

    Liebe Bianca.

    Ich kann mir das gut vorstellen, was Du von Dir schreibst. Vielleicht kann Dir ein eigener Raum im Keller in solchen Momenten auch mental Rückzug bieten. Einfach indem Du weißt, auch wenn ich jetzt ungeplant wieder im Einsatz bin, da gibt es einen Raum, der ist mein, da kann ich für mich sein, die Tür zu machen und Bianca sein.

    Bei dem was Du von Dir erzählst, habe ich oft das Gefühl, Du kennst schon viel von dem, was Du für Deinen Seelenfrieden brauchst. Und hast Angst und zur Zeit kaum Kraft, das gegen alle Widerstände auszusprechen und durchzusetzen. Lebst damit ständig am Limit Deiner Ressourcen.

    Ich wünsche Dir so sehr, dass Du in der LZT zu Dir und zu Kräften findest.

    Sei lieb gegrüßt von Jule

    Hallo!

    Das ist einer meiner Lieblings-Fehler, den ich oft wiederhole und wiederhole und wiederhole ...

    Wenn es mir nicht gut geht, ich nicht weiter weiß, mich einsam fühle ... ziehe ich mich zurück, isoliere mich nur noch mehr.
    Ich kann mich nicht mitteilen, mich anderen nicht zumuten.

    Und obwohl ich weiß, dass ich damit nicht weiter komme, dass ich mir selbst damit nur schade, komme ich nicht dagegen an.
    Vielleicht ist das auch so ein EKA-Erbe?: alleine zurecht kommen, immer stark sein, nie Schwäche zeigen, für andere da sein, Hilfe nicht annehmen, schon gar nicht einfordern.

    Da spüre ich solche Widerstände in mir, ich weiß nicht, wie ich die überwinden kann.


    Liebe Grüße von Jule

    Hallo, Ihr Lieben.

    Ich habe in den letzten Wochen täglich gelesen hier, aber zum Schreiben fehlte mir die Kraft. Ich fühl mich oft müde und ratlos.

    Nehme weiter meine Termine im SBZ wahr, bin froh, dass die Weihnachtstage vorüber sind und noch sehr viel froher, wenn Sylvester und Neujahr hinter mir liegen.

    Abseits vom normalen Alltagsgedöns versuche ich, kleine Schritte für mich zu gehen.

    Ich wünsche Euch allen, dass Ihr gut und heil ins neue Jahr kommt und dass es ein gesundes, zufriedenes Jahr für Euch wird.

    Jule

    N'Abend Gotti und Backmaus und Ihr alle.


    War heute früh mit meiner Bronchitis bei meinem Hausarzt und hab mit ihm auch über meine Suchterkrankung gesprochen. Bin mit der Überweisung fürs Suchtberatungszentrum und Terminen für einen gründlichen check up da raus.

    Das waren viele Gespräche und (An-)Gänge in den letzten Wochen, und es fühlt sich gut an, das geschafft zu haben. Jetzt mag ich nachlassen und ruhiger bei mir sein. Die vereinbarten Termine wahrnehmen, offen dafür sein und vorsichtig schauen und fühlen, was gut tut im Alltag.

    In den letzten Tagen fühle ich mich so, wie ich es von einigen von Euch aus den ersten Wochen und Monaten gelesen habe. Sehr oft sehr müde. SO MÜDE!


    @ Gotti: Jawoll, die Geduld. Bin ungeduldig, weil ich gerne schon weiter wäre, mehr wüßte über mich und mein Leben. Bin ungeduldig, weil ich noch nicht weiß, wie ich auf mich achtgeben kann (mich haben die zwei Schlottersituationen in den letzten Tagen mitgenommen).
    Aber das ist nicht so ausgeprägt, dass es mich unter Druck setzt. Es ist da und ist so. Und wird Thema in der Therapie sein.

    @ Backmaus: mein Mann. Hmmm ...

    - war bei dem Gespräch mit den Kindern dabei. Hat auf meine Bitte auch ein paar Worte gesagt.
    - im Keller stehen noch seine Bierkisten
    - hat mich seit unserem Gespräch vor einer Woche nicht einmal auf mein Thema Alkohol, mein Befinden ohne, auf irgendetwas aus dem Themenpool vom letzten Dienstag angesprochen. Auch nicht gefragt, wie es bei der Suchtberatung war, beim Hausarzt heute. Geht mir aus dem Weg. Hört mir immerhin zu, wenn ich ihn informiere.
    Diese Tabuisierung von allem was wesentlich ist, schnürt mir seit vielen Jahren die Kehle zu. Und bei allem Verständnis für ihn, seine Geschichte und seine Ängste, fühle ich mich VERDAMMT EINSAM HIER.
    - versucht, mir beizustehen, indem er mir viel von seiner Arbeit erzählt und mir Passagen aus der Zeitung zitiert. Das ist sein Versuch, mit mir ins Gespräch zu kommen.

    Auch ein Thema für die Therapie, da gehört es hin.


    Schlaft gut! Jule

    Hallo.

    Meine letzten Tage (nicht ich :) ) waren so dicht, dass ich nicht gut weiß, wie und wo ich beginnen soll.

    Habe oft hier im Forum gelesen. Zum Schreiben fehlte mir die Kraft. Bin ziemlich k.o. und werde meinen Erkältungsinfekt nicht los. Und bin einfach nicht gut sortiert bei den vielen Themen, die mich (neuerdings nüchtern) beschäftigen. Diese Auseinandersetzungen sind enorm kräftezehrend!

    War im Suchtberatungszentrum und habe mich für das Hilfsangebot dort entschieden. In den nächsten Wochen findet zunächst die Diagnostik mit Erstgesprächen, psychiatrischen und neurologischen Untersuchungen statt. Danach wird es vermutlich auf eine ambulante Reha hinauslaufen. Zur Zeit denke ich: das passt, das ist es, was ich brauche und was mir gut tut und was ich will.

    Habe zwei Situationen erlebt, die mir sehr an die Substanz gingen. Ich habe sie als Kränkungen von Menschen, die mir nahe stehen, empfunden. Das hat ziemliches Schlottern ausgelöst, durch beide Beziehungen ziehen sich solche Erlebnisse wie ein roter Faden. Und mein Umgehen damit in den letzten zwei Jahren war immer abschießen, wegtrinken. Diesmal hab ich das Schlottern zugelassen und angeschaut. Das war gut und auch auszuhalten, nur hat es mir in den letzten Tagen den Nachtschlaf geraubt.

    Mir drängen sich so viele Kindheitserinnerungen auf. Das ist bitter-traurig.

    Ich habe mit meinen Kindern gesprochen. Das war gut. Irgendwie ist es mir gelungen, ihnen in einfachen, kindgerechten Worten von mir zu erzählen. In meiner Kindheit gab es eine solche Diskrepanz zwischen dem nach außen demonstrierten Familienbild und dem, was tatsächlich Lebenswirklichkeit war. Es gab (und gibt!) Familientabus und -lügen. Ich möchte nicht, dass meine Kinder so aufwachsen. Sie sollen ihrer Wahrnehmung trauen können. Wir sprachen miteinander über meine Wut und darüber, dass ich in den letzten Monaten manchmal 'anders' wütend bin, als sie es von mir kennen. Und dass ich mich anders verhalte, als wir es ihnen als Umgang mit eigener Wut beizubringen versuchen. Darüber, dass Mama keinen Alkohol verträgt. Dass auch sowas eine Krankheit sein kann. Und dass Mama zu einem Arzt geht, der ihr helfen kann. Dass das aber Zeit braucht. Die Kinder waren große Klasse: aufgeschlossen, neugierig, haben sich eingebracht. Und klar auch das Ende ihres Gesprächsbedarfs gezeigt.

    Ja, und dann gibt es natürlich 'nebenbei' noch den normalen Alltag mit Haushalt, Schulthemen, Advents- und Nikolauswochenende ...
    Alles ein wenig abgespeckt zur Zeit. Einerseits tut es mir ganz gut, erkältungsmäßig sehr langsam unterwegs zu sein. Auf der anderen Seite wächst meine Sehnsucht nach mehr Energie. War seit zwei Wochen nicht mehr laufen, gestern leider nicht mit meinem Bruder im Kino, ... Auf solche Dinge freu ich mich.


    Habt einen guten Restabend, Jule

    Hallo Hartmut, hallo zusammen!

    Da haste mitten ins Wespennest der letzten 24 Stunden gestochen.
    Das Bestreben alles richtig zu machen.

    Mein Vater ist Alkoholiker.

    Bin aufgewachsen mit dem Auftrag, alles richtig zu machen. Bin heute noch die, die ein Auge auf alle hat, Schwingungen seismografisch wahrnimmt, sich verantwortlich fühlt für alles Glück und jedes Unglück.

    Frühe Prägung:

    - reiß Dich zusammen
    - stell Dich nicht so an
    - weißt Du eigentlich, wie Du auf andere wirkst?
    - Jule ist eigen, schwierig, nicht belastbar, gefühlskalt
    - Du machst Dich lächerlich
    - stell Dich nicht immer in den Mittelpunkt

    Sanktionierung durch Liebesentzug. In der Öffentlichkeit (komme aus 'nem Pfarrhaus) waren wir die perfekte Familie. Standen gedrillt auf einem Unfehlbar-Sockel. Zuhause war nie irgendwas safe, da wurde geschrieen und geprügelt.

    Ich hatte immer schon Probleme mit der Fremd- und Selbstwahrnehmung. Nie war ich mir sicher, ob Situationen und Beziehungen so sind, wie ich sie wahrnehme.

    Wenn ich Schwäche zeige, bricht alles zusammen. Werde ich nicht geliebt.

    Ich brauche das feedback anderer, weil ich mich in zwischenmenschlichen Beziehungen selbst kaum wahrnehmen kann.


    Habe gestern die co Grundbausteine hier im Forum gelesen. Seitdem geht in mir die Post ab. So vieles ergibt endlich Sinn. Ich ergebe Sinn.

    Könnte schreien und toben. Oder zusammenbrechen. Bin wütend.


    Ich brauche Hilfe, das alles zu sortieren. Und Hilfe auf meinem Weg.


    Danke für den Schubs!


    Jule

    Hallo Backmaus. Hallo Ihr.


    Also: potenzielle Auszeiten hab ich eigentlich seit langem schon ganz gut im Blick.

    Ich arbeite an zwei Wochenenden im Monat, im Wechsel mit meinem Mann. Das nimmt uns ein wenig das 'weekend-feeling' (auch so ne super Werbung, kennst Du die? Da kommt eine Kleinfamilie mit einem niedlichen EinkaufsKORB vom WOCHENENDEINKAUF und ißt Joghurt auf einem WEISSEN Sofa :lol::lol::lol: ). Dafür gammelt derjenige, der frei hat, gemütlich mit den Kindern ab. Das ist o.k.

    In der Woche arbeite ich an drei Vormittagen, da allerdings sehr überschaubar und ich seh zu, dass ich an den Tagen auch den Haushalt wuppe, damit die zwei restlichen Vormittage möglichst frei bleiben.

    Ich laufe 3x in der Woche meine 5 km Runde, an den freien Vormittagen lese ich viel, leg mich manchmal einfach nochmal ins Bett, mach halt was sehr ruhiges. Weißt Du, Ruhe für mich und meine Gedanken fehlen mir oft hier im Haus. Oh, und ich führe gerne Selbstgespräche ... geht auch nur so richtig gut, wenn ich alleine bin. Ab mittags bis abends um neun ist hier Pogo. Manchmal treffe ich mich danach noch mit Freunden, oft telefoniere ich. Zur Zeit bin ich dann mit meinem neuen notebook beschäftigt (*stolzdurchdieGegendstrahl*) und lese viel hier im Forum. Und irgendwie tut das richtig gut. Das ist MEINS, das ist ein Freiraum, den ich nicht mit meiner Familie teile, den ich aber hier in diesen vier Wänden habe. Vielleicht fehlt mir der Alkohol auch deshalb an den Abenden nicht??? Oh, ich glaube, das hast Du mich auf einen guten Gedanken gebracht!

    Hobbies hab ich: Laufen (ganz wichtig!), Lesen (noch wichtiger!), Musik, würde gerne selbst wieder Musikunterricht nehmen, vielleicht läßt sich das im nächsten Jahr realisieren ... ist ja jetzt mehr Geld da .... und nüchterne Zeit ... Yep. Auch 'ne gute Idee.
    Bin eigentlich auch ganz unternehmungslustig. Gehe alle zwei Wochen schwimmen, war letzte Woche im Kammerkonzert, gehe Samstag ins Kino und nächsten Mittwoch ins Musical. Ist nicht die normale Ausgehfrequenz unterm Jahr, aber solche Aktionen gibt's immer mal.

    Also vormittags Ruhe, wenn's geht und die späten Abende für mich und das mitunter auswärts.

    Aber klar ist, dass auch das straffe Organisation bedeutet, weil es halt auch viele Verpflichtungen gibt, aus denen ich mich nicht rausösen kann oder will.


    Ich könnte ganz gut einen Schubs für Freitag brauchen. Da will ich zur offenen Stunde in einem Suchtberatungszentrum gehen und mir ist ganz schön bang davor. Ich merke, dass ich ganz leise anfange, mich selbst zu be******** mit Gedanken, wie: brauchste vielleicht gar nicht, läuft doch alles gut. Und das ist grober, fahrlässiger Unfug. Hab halt Schiß. Weiß auch nicht, was da auf mich zukommt.

    Habt eine gute Nacht! Jule

    Jut, schreib ich's mir von der Seele.

    Völlig erschöpft vom Tag. War früh um zehn in der nächsten Stadt, da gab's schon keine Parkplätze mehr. Immerhin gefühlte 3/5 der Weihnachtsgeschenke erworben. Hat was. Nur die CD, die ich mir jetzt und heute selbst schenken wollte, gab's nirgends.

    Danach der normale Haushaltspunk bis die Kinder kamen.
    Kind 2 zur Ergo gefahren, Kind 1 ins Wartezimmer mit den Französischvokabeln, sehr unwilliges Kind 3 wieder ins Auto gestopft.
    Wochenmittegroßeinkauf in einem bekannten Discounter getätigt, Kind 3 weint 20 Minuten bitterlich und laut auf meinem Arm, weil Mama ihm das Auto mit Fernbedienung partout nicht kaufen will. Saublöde hingegrinste Bemerkungen von anderen Kundinnen: "nana, junger Mann, wenn das der Weihnachtsmann sieht ..." HALLO!!?!! GEHT'S NOCH????? 1. ist der Kummer nachvollziehbar, der Knabe ist erst fünf und das Auto war definitiv groß und toll und genau so eins, wie der große Bruder hat; 2. haben auch Kinder ein Recht auf sowas wie Privatsphäre, z.B. wenn der Kummer groß ist und die Tränen fließen und 3. gibt's den Weihnachtsmann gar nicht, was soll denn das Christkind von uns denken?
    Zurück zur Ergo, Kind 1 ist vokabelfit, Kind 2 flitzt an uns vorbei und raunt: "Durchfall!". Alle wieder ab ins Auto, ohne Inkontinenzzwischenfälle zu Hause angekommen.
    Beim Abendessen bricht das Küchenregal von der Wand. Egal, eins nach dem anderen, erst die Kinder versorgen, dann die Schadensbegrenzung. Kind 3 darf zur Gutenachtgeschichte die Kerze am Adventskranz anzünden und fackelt dabei den Tischläufer an. Egal. Ruhig bleiben, Kinder versorgen. Kind 3 im Bett, Kind 2 in der Wanne, Kind 1 liest: super - guck' ich Tagesschau. Häh? Kein Bild ... Bildröhre platt, Fernseher kaputt.

    So war der Tag und nun ist er rum. Trocken rum. Alkohol war in dem ganzen Gewusel nicht als Lösungs- oder Durchhaltestategie in meinem Kopf. Und das finde ich beachtlich, für mich war der Tag nämlich Streß und Zusammenreißen pur, bin nicht sehr belastbar zur Zeit.

    Nochmal hallo.


    Sonst war der Tag sehr anstrengend und sehr "ernüchternd". Lerne einige meiner Klippen im Alltag kennen und weiß noch nicht, wie ich ihnen anders begegnen kann.

    - ein Zuviel an Arbeit, Wegen, Gesprächen. Reizüberflutung.

    - Leere, Kummer, Einsamkeit


    Wenn ich irgendwann einmal sagen kann, dass ich gelernt habe, da gut mit mir umzugehen, dann bin ich stolz auf mich. Da will ich hin.
    Und den Weg dahin will ich auch. Ich bin neugierig auf mich und mein Leben.
    Vermisse mich. Tut weh.
    Ich glaube, unter der Scham und den Verkrustungen mag ich mich ganz gerne. Tut irgendwie auch weh.


    Bin fertig für heute. Das Gute an den Abenden ist das Wissen, morgen früh klar und einsatzfähig aufzuwachen.

    Hallo Ihr alle und hallo Peter.

    peter : ich danke Dir sehr für Deine Antwort heute Vormittag. Sie erreichte mich punktgenau in dem Moment, in dem ich anfing, mit mir zu verhandeln, dass vielleicht heute doch nicht der richtige Tag für das Gespräch mit meinem Mann sei, weil a ... - ... z. Danke, dass Du mir den nötigen Schubs gegeben hast!


    Er hat es tatsächlich nicht gewußt. Sein Stand war: sie trinkt gerne Wein, aber nicht täglich (das war in etwa 2007 Stand der Dinge). Jetzt weiß er, dass ich lange schon bei täglich und einem Liter angekommen war.

    Das war ein so gutes Gespräch, er hat aufmerksam zugehört, nichts tabuisiert, nichts bagatellisiert, gar keine Vorwürfe.

    Von sich aus gesagt, dass er "seinen" kompletten Alkohol wegschafft, dass es für ihn selbstverständlich ist, dass der Haushalt alkoholfrei bleibt und er damit auch. Überlegt, wie er mir die Belastungen, die ich im Advent und an Weihnachten fürchte, abnehmen kann. Meine Hauptsorge ist ein Krippenspiel der Kinder + Proben, Tradition, schon angeleiert, für mich aber mit Menschen verbunden, die sehr zu meiner Suchtgeschichte gehören. Sein Vorschlag war: ich fahre die Kinder, vergiß den Weihnachtsgottesdienst, geh nicht mit. Das ist der Hammer, churchy wie wir sind. Und für mich zumindest eine Option, die mir Druck nimmt.

    Geweint hat er.
    "Ich bin schuld"
    "Bist Du NICHT. Ich habe entschieden, zu trinken. Jeden einzelnen Schluck."
    "Aber ich bin Teil des Systems. Ich muß da auch ran."
    Und sagt, er informiert sich über diese Krankheit und Themen der Angehörigen.

    Jetzt muß sicher einiges erstmal sacken und ankommen, aber wir sind im Gespräch.

    Mir fehlen die Worte. Bin erstmal still. Weiß, dass ich etwas geschenkt bekomme, auf das ich keinen Anspruch habe. Das anzunehmen weh tut. Auch bei mir muß einiges sacken und ankommen.


    Jule

    Hallo Ihr.

    Alles zuviel in diesen Tagen.
    Weiß nicht, wie ich die Nochmehrbelastung im Advent schaffen soll.
    Habe Angst vor dem Besuch im Suchtberatungszentrum. Und Angst, dass ich die Kurve dahin nicht schaffe.
    Will mit dem Kopf durch die Wand, wie immer. Bin ja noch dieselbe Jule. Mit der Erfahrung, mir dabei dreimal den Schädel einzuschlagen und dann komplett aufzugeben.
    Würde zumindest den Sack 'erste Angänge' lieber gestern schon zugemacht haben.
    Habe Angst vor Weihnachten und Silvester. Das pack ich nicht, das pack ich nicht.
    Die Große formatiert ihre Frontallappen um, sprich pubertiert. Das ist gar nicht gut, beide Mädels von Launen geschüttelt, ein dichtes, nervenaufreibendes up and down.
    Traue mich in keine shg.
    Der Auslöser für meinen Absturz vor mehr als zwei Jahren war eine tiefe Verletzung. JETZT kommt der Schmerz wieder, nichts verarbeitet, nur gesoffen.
    Allein mit allem. Wer will schon so eine Jule. Die ist doch die, die immer alles schaffen soll und seit jeher dazu gedacht ist, aufzubauen, abzufedern, auszugleichen, Bescheid zu wissen.
    Ist schon ein Schritt für mich, das so zu schreiben. Dass ich nicht klarkomme.

    Hallo Bianca.

    Na, warst Du schwimmen heute Vormittag? (Ich bin auch so eine Bahnenzieherin, aber seltener als Du - Brille auf und dann hinherhinherhinher, gleichmäßig und rhythmisch und ohne Störung von außen.) Das befreit, oder?

    Magst Du mal erzählen, was Dich so belastet in Deiner Beziehung, denn davon schreibst Du immer wieder? Oder ist das kein Thema fürs offene Forum, vielleicht auch zu privat?

    Liebe Grüße von Jette

    Hallo Backmaus!

    Ich sehe grad, dass ich Deine Frage nach unserem hoffentlich alkoholfreien Haushalt gar nicht beantwortet habe ...

    ... isser nich :( isser noch nich :)

    Hier steht noch DAS Gespräch mit meinem Mann aus. Für mich ist das völlig unfaßbar, aber ich gehe davon aus, dass er nicht weiß, nicht sehen will, dass seine Frau seit zwei Jahren Alkoholikerin ist und im letzten Jahr fast täglich einen Liter Wein konsumierte.
    Nun haben wir es nicht leicht mit Gesprächen miteinander. Da gibt es eine lange Enttäuschungsgeschichte, Gesprächsverweigerung über Jahre von seiner Seite, extreme Wortgewaltigkeit (in den letzten Jahren unter Alkoholeinfluß auch aggressiv) von meiner.
    Ich habe aber übers WE, vor allem durch Lesen Eurer threads, verstanden, wie wichtig das ist, Menschen in der Nähe zu informieren und im Idealfall ins Boot zu holen. Und eine alkoholfreie Umgebung zu schaffen. Gerade auch weil ich viel Zeit zuhause mit Innendienst verbringe, will und möchte ich hier safe und geschützt sein.
    Ich kann mir auch vorstellen, dass dieses Gespräch gut für unsere Beziehung ist. Und ich weiß, dass ich da bei meinem Mann gut aufgehoben bin. Der ist nämlich ein feiner und auch wenn wir zur Zeit manches nicht mehr sind, sind wir seit zwanzig Jahren Freunde und wollen einander Gutes.
    Der Alkohol im Keller gehört ihm: 1,5 Kisten Bier und einige Weinflaschen, die er aus einem Urlaub im Sommer aus der Pfalz mitgebracht hat. Hab schon gute Ideen wohin mit dem Vorrat, nur sprechen muß ich erst mit ihm.
    Und das werde ich morgen Vormittag tun. Da hat er Spätdienst und die Kinder sind in ihren diversen öffentlichen Verwahranstalten, so dass Ruhe ist und Zeit.

    :):):) neun (NEUN!) Stunden durchgeschlafen letzte Nacht.

    Am Freitag werde ich ins Suchtberatungszentrum gehen, da gibt es dort eine offene Sprechstunde für "solche wie mich". Mir ist klar, dass die Sucht nur die Spitze des Eisbergs ist und da brauche ich Hilfe.

    An einer Selbsthilfegruppe bin ich sehr interessiert. Ich muß aber schauen, wie ein regelmäßiger Besuch realisierbar ist. Ist ein Wechseldienstproblem. Aber vielleicht fällt mir gemeinsam mit meinem Mann eine Lösung ein, froh wär ich darüber.


    Sei lieb gegrüßt von Jule

    Liebe Bianca!

    Ich bin erst seit ein paar Tagen hier im Forum unterwegs und heute in Deinem thread gelandet.

    Mir sind viele Parallelen aufgefallen: Kinder, schwierige Beziehung, Haushalt, gelernter Beruf.

    Ich gehe auch so oft in die Knie. Soviel Zeit und Kraft geht täglich dafür drauf, den Laden am Laufen zu halten, den (bei den Kindern meist berechtigten!) Bedürfnissen Anderer nachzukommen. Und das auch noch im job, der ja neben psychisch auch physisch extrem belastet.

    Ich bin da noch nicht sehr klug. Aber ich habe sehr den Eindruck, dass in meinen Ohren alle anderen die Befriedigung ihrer Bedürfnisse sehr viel lauter einfordern können.

    Das hieße, ich muß an meinen Ohren und meiner Stimme arbeiten. Und endlich zulassen, dass nicht immer alles perfekt sein kann. Das meine Ideale zu hoch und für den Alltagsbetrieb schlicht unrealistisch ist.

    Ist schwer, auf sich selbst achtzugeben. Der Tag beginnt um sechs mit dem ersten Kind, das letzte ist nach neun erst im Bett. Die Zeit dazwischen ist angefüllt mit vielen - oft auch schönen! - Pflichten.

    Es gibt Nischen. In der Vergangenheit haben wir ja auch Zeit gefunden, uns abzuschießen und anschließend nicht einsatzfähig zu sein.

    Schwierig ist es, diese Nischen zu entdecken und ohne schlechtes Gewissen für sich zu beanspruchen. Und sie zu verteidigen, denn unsicher sind sie immer. Als Mutter bist Du ständig in Rufbereitschaft.

    Und für mich kann ich sagen, dass ich oft sehr erschöpft bin.


    Sei lieb gegrüßt von Jule.

    Mir fällt noch etwas ein:

    Bei meinem Outing-Gespräch mit meiner Freundin gestern gab es jede Menge schräger Situationen. Und infolgedessen reichlich Lacher.

    So hab ich zur Zeit eine beachtliche Klobesuchsfrequenz (die vielen Liter Tee, bin halt erkältet, wollen nun mal irgendwo gelassen werden). Als meine Freundin sich über den Grund meines ständigen Geflitzes wunderte, gestand ich ihr, dass ich da eine Weinflasche deponiert habe ...

    Und nett war auch der Moment bei der Verabschiedung, als sie auf meine Nachfrage hin erzählte, dass sie noch mit einer Freundin zum Sekttrinken verabredet sei ... Das passte einfach wie die Faust aufs Auge.

    Kennt das jemand von Euch, dass solche übermütigen Albernheiten bei aller Ernsthaftigkeit und Betroffenheit ewas Erleichterndes haben, Ventil sein können?