Hallo an alle,
das Telefonat, vor dem ich solche Angst hatte, hat nun stattgefunden.
Ich muss mir das alles einfach mal von der Seele schreiben, da es mich sehr beschäftigt.
Sie hat also angerufen, um jetzt endlich zu erfahren, warum ich mich nicht mehr melde. Sie könne so nicht weiterleben ... war alles wieder auf Drama-Stufe Rot.
Ich habe ihr ruhig und bestimmt gesagt (wie ich es tausendmal vorher für mich und auch in der Thera geübt habe), dass ich keine Kraft mehr habe und es nicht mehr kann, wegen ihrer Alkoholabhängigkeit. Dass ich mich selbst schützen muss, weil ich sonst daran kaputtgehe, dabei zuzusehen, wie sich meine Mama tot trinkt. Dass ich Abstand brauche, weil es mir sonst das Herz zerreißt. Dass ich aber gerne für sie da bin und sie unterstützen werde, wenn sie sich Hilfe sucht.
Ich habe all diese Sätze mehrmals wiederholen müssen, denn ihre Reaktion war folgende:
Sie hat alles abgestritten. Sie leugnet, regelmäßig Alkohol zu trinken (!!!!!!). Sie würde zwar jedesmal trinken, wenn ich da bin, aber nur aus Freude, mich zu sehen (!!!!!). Und überhaupt könne ich das gar nicht beurteilen. Ich würde es mir viel zu einfach machen und sie einfach im Stich lassen. Ich sei sowieso schuld daran, dass sie immer kränker würde. Und da das mit dem Alkhol so abwegig ist, hat sie mir schlussendlich unterstellt, dass es einen anderen Grund geben müsse, warum ich mich nicht mehr melde.
Ich musste mich zwar sehr konzentrieren, aber ich habe es geschafft, ruhig zu bleiben. Wie gesagt, ich habe meine Sätze mehrmals wiederholt und auch gesagt, dass ich mich nicht mehr angreifen lasse und diese Vorwürfe nichts bringen. Sie wollte die Wahrheit wissen und ich habe sie ihr gesagt. Was sie nun damit anfängt, ist ihre Entscheidung. Ich habe sie gebeten, bei der Suchtberatung anzurufen und erst einmal mit denen zu reden.
Naja, sie sieht nicht ein, dass sie ein Alkholproblem hat, deshalb kommt es für sie auch nicht in Frage, dort anzurufen. Sie meinte, sie lasse sich von mir nicht erpressen, und dann haben wir wohl nie wieder Kontakt. Und überhaupt könne sie so nicht mehr weiterleben. Auf mein Nachfragen meinte sie allerdings, sie wolle damit nichts andeuten (auf Suizid bezogen).
Sie hat dann das Gespräch auch von ihrer Seite aus beendet.
Ich fühle mich so seltsam. Erleichtert? Ein bisschen. Aber auch in Sorge vor dem, was da als nächstes kommt. Immer wenn ich bisher einen "Schritt Richtung Freiheit" getan habe (von denen das hier bisher mit Abstand der größte war), kam irgend ein Hammer, der mir auf den Kopf geschlagen wurde, (irgend eine Aktion von ihr, sei es verbal oder Krankenhaus oder ihre Freundin), womit es mir dann noch schlechter ging als vorher.
Ich will jetzt aber nicht mehr einknicken. Auch wenn es mir natürlich alles sehr weh tut - ich bin froh, ihr endlich die Wahrheit gesagt zu haben. Auch wenn ich überrascht bin, wie sehr sie alles verleugnet. Ich weiß ja, dass Abhängige das als Schutzmechanismus machen, aber dass es so extrem ist, hätte ich nicht gedacht. Es hat Kraft gekostet, bei mir zu bleiben und weiterhin mit Bestimmtheit zu sagen und zu wiederholen, dass sie ein Suchtproblem hat und dass ich mich durchaus in der Lage sehe, dies zu beurteilen..... Ach aber egal, auf meine Meinung gibt sie eh nichts. Wirklich Respekt hatte sie eh nie vor mir, das erklärt auch, warum sie mich seit der Kindheit so behandelt wie wenn ich ein dummer Trottel oder ihre Leibeigene wäre.
Es ist einfach Schluss jetzt - Ich lasse mir nicht länger vorwerfen, an ihrer Krankheit, ihrem Krebs, ihrer schlechten Verfassung schuld zu sein. Das sind ihre Suchtmittel, nicht ich.
Wie kann eine Mutter ihrer Tochter nur so eine Hölle auf Erde bereiten. Das geht einfach nicht in meinen Kopf.
Aber ich bin zum Glück dabei, aus diesem verrückten Psycho-Karrussel auszusteigen.
Ich bin seit heute wieder daheim, alleine, ziemlich verwirrt und würde mich über ein paar unterstützende Worte eurerseits wirklich freuen....
Liebe Grüße
Colibri