Dachte ich zuerst, die Tagesklinik sei inhaltlich mehr oder weniger die Fortsetzung meiner Zeit auf der Entgiftungsstation, so sah ich mich recht schnell - positiv - enttäuscht! Der Tag war voll mit Programm, aber immer so, dass man auch mal wieder verschnaufen und nachdenken konnte. Um 8.30h musste man da sein, es ging dann bis 16.30h. Morgens habe ich wie sonst auch mein Kind schulbereit gemacht, Vesperbrot geschmiert etc., und kaum war er mit seinem Freund um die Ecke, bin ich ins Auto gestiegen und losgefahren. Insofern doch auch wieder eine Umstellung - wieder um alles selbst kümmern. Ich war aber, wie schon erwähnt, froh darum. Eine Woche gepampert werden war schon ok - danach war ich wieder fit für alle Erledigungen. Morgens wenn ich kam musste ich ins Röhrchen pusten und bekam meine Vitamine. Dann gab es die Morgenrunde - jeder erzählte, wie sein Abend verlaufen war, ob man Saufdruck hatte etc. Anfangs waren wir nur zu dritt (!!!) auf der Station, bei meiner Entlassung waren es schon 7. Wir waren gemischt, Drogis und Alkis (mal so salopp abgekürzt, ist keineswegs despektierlich gemeint). Bereits an meinem zweiten Tag durfte ich mitgehen zum Einkaufen fürs Kochen und Backen später in der Woche. Meine Pasta wurde sehr gelobt, ebenso die Muffins zwei Tage später - hat man sonst ja leider auch nicht oft. Gerade weil wir anfangs so wenig waren, konnte ich mich sehr gut den anderen beiden anschließen, mich austauschen. Es gab Gruppengespräche, Sport, Infogespräche durch die Psychologin oder den Arzt, mehrmals wöchentlich Einzelgespräche und/oder Visiten. SHGs stellten sich vor, und immer wieder gab es auch "Hausaufgaben". Besonderes Augenmerk wurde auch hier auf das "Danach" gelegt. Wie geht es danach weiter? Behält man den alten Tagesablauf bei, was will man konkret ändern, wo sieht man Gefahren des Rückfalls und wie kann man ihnen begegnen? Antworten darauf kann jeder nur für sich selbst finden, man kann aber durchaus durch die anderen Teilnehmer Anregungen erhalten. Z.B. was das Kreative angeht; wir hatten immer samstags Ergotherapie, dort konnte man sich entsprechend betätigen. Ich habe schon immer gerne gemalt, gestaltet etc. Dieses Hobby werde ich auf jeden Fall auch wieder aktivieren. - Die Einzelgespräche gingen durchaus ans Eingemachte, und ich muss sagen, dort waren gut ausgebildete aber eben auch menschliche Leute am Werk. Ein Beispiel: die Psychologin sagte nie "das und das ist so" (sie kann das ja als Nichtbetroffene gar nicht wissen, hat es höchstens gehört oder gelesen), sie formulierte "die meisten Patienten berichten...können Sie das bestätigen" oder "mir wurde mehrmals gesagt, man fühlt sich dann so und so, wie ist das bei Ihnen?" Das gab mir dann auch das Vertrauen, mitzuarbeiten und 100% ehrlich zu sein.
Ca. nach halber Zeit hatte ich ein Gespräch mit einer Kollegin/Freundin, das mir auch zeigte, dass man immer wachsam sein muss und nie überheblich werden darf. Diese Kollegin sagte nämlich, als ich sagte es gehe mir gut und ich hätte auch in der Entgiftung keine körperlichen Symptome gezeigt: na das hättste dir ja sparen können, hab ich gleich gesagt! mit Kanonen auf Spatzen schießen etc....
Das ist supergefährlich, so ein Gespräch. Zum Glück hab ich das für mich sofort durchschaut und ihr auch vehement wiedersprochen.
Ich bin sehr wohl der Meinung, dass diese Maßnahme für mich absolut das Richtige war und ich würde genau das auch nochmal machen. Es geht gar nicht darum, ob es wirklich "nötig" war - es war gut so, und das reicht mir!!!
Mein Ex-Partner war in dieser Zeit zum Glück sehr verlässlich, er hat in den zwei Wochen Tagesklinik die Termine koordiniert und zum Teil halbtags Urlaub genommen, damit für meinen Sohn die Tage wenigstens halbwegs so waren wie sonst auch. Sprich ordentliches Mittagessen, Hausaufgaben überwachen etc., denn das konnte ich tagsüber ja nicht übernehmen. Auch wochenends - ich war samstags halbtags in der Klinik, an Sonn- und Feiertagen nur zur Alk-Kontrolle - habe ich meinen Sohn nur einmal mitgenommen, ansonsten war er gut versorgt.
Mein Fazit nach drei Wochen: es war für mich die "perfekte" Maßnahme, da ich nicht zu lange von zu Hause und vom Job weg war. Nach ein paar Tagen ist es mir gelungen, mich auf mich zu konzentrieren und das Bestmögliche für mich aus dieser Zeit zu ziehen. Dies wäre allerdings nicht oder nur schwer möglich gewesen ohne meine Familie im Hintergrund.
Wer Kinder hat, sollte also am besten gar nicht trinken...
Hoffe Ihr hattet auch alle so einen fröhlichen und sonnigen Tag!!!
Grüßle
Abafazi