Beiträge von Lisken

    Nur die Lebensbereiche, die mit anderen Menschen zu tun haben, die sparen wir mal schön aus. Gestern bin ich meinem Freund wieder mit irgendeinem Blödsinn gekommen, mir ging es den ganzen Abend eher bescheiden. Gedankenspiralen. Statt mir auf Dach zu steigen, beantwortete er ruhig meine Frage, sagte dass alles gut wird und schickte mich ins Bett... xD (So kann mans auch machen)

    Nach 12 Stunden Schlaf am Stück gehts mir schon wesentlich besser und ich fühl mich zumindest in der Lage das einwöchige Seminar an meiner alten Uni allein anzugehen.
    Mein Wohlbefinden von anderen abhängig zu machen, war eigentlich eine Verhaltensweise, die ich abgelegt zu haben meinte. Oder zumindest versuche ich es.
    Und vor Gästezimmern hatte ich eigentlich noch nie Angst gehabt, warum jetzt? Mal abgesehen davon, dass ich da sicher nicht einsam und allein die Abende verbrüten werde: 1. habe ich genug zu tun 2. meine beste Freundin ist um die Ecke 3. die andere 20 Minuten Autofahrt entfernt. Trotzdem hat mich die Aussicht gestern völliug fertig gemacht. Ich schätze das war wohl alles etwas viel in letzter Zeit.

    Zumindest bin ich nun die Frage los, wie ich es bei all dem noch schaffen soll meinen Vater zu besuchen.

    Update:

    Habe gestern sämtliche Bilder meines Vaters (er ist Kunstmaler) und auch die Fotos von den Wänden genommen und weggetan. (Bis auf eins.) Fühle mich nun wesentlich besser, warum habe ich das nicht vorher schon gemacht? Die beiden Zeichnungen (davon ein Portrait von mir) waren zutreffend, aber düster und erinnerten mich nur an die schlimmste Zeit meines Lebens.
    Und das kleine Ölbild, das er mir letztens mitgab, war einfach nicht gut.
    Warum hab ich irgendwelche komischen Fotos von ihm über meinem Schreibtisch hängen? Warum eins von seinem jung-verstorbenen Bruder?
    Es ist, als könne die Bode plötzlich besser atmen...

    Ich hatte davon kein Problem damit, mich wochenlang nicht bei ihm zu melden (weil das sowieso immer ein Glücksspiel war und kaum etwas Positives an sich hatte), nun habe ich plötzlich das Bedürfnis zu wissen, wie es ihm nach dem Bruch geht... was geht mich das eigentlich an?
    Rufe ich da nicht an, weil ich Angst habe? Wovor? Mehr davor, dass sich der Kontakt wieder herstellt oder vor einer wütenden Reaktion?
    Kontrollverhalten. Anders kann ich mir das nicht erklären. Ich nehme das jetzt und mache damit genau das, was ich im letzen Jahr gelernt habe, damit zu tun: auf mein Leben projizieren. (Erstaunlicherweise gehts ja seitdem in allen Bereichen vorwärts, das muss ja einen Grund haben :) .)

    LG
    Lissi

    Hallo Anima,

    jepp, das mit der Therapie ist ein guter Schritt, anfangs wirds schlimmer, weil man sich mit all dem Kram auseinandersetzt, den man sonst verdrängt hätte... letztlich ist es das Beste, was man machen kann.

    Es geht tatsächlich beides: wütend sein und trotzdem lieben. Tatsächlich geht wohl das eine sogar nicht ohne das andere. Auf wen sind wir denn am heftigsten wütend? Doch wohl auf die Menschen, die wir besonders lieben.

    Merkwürdig, dass ich oben geschrieben habe, dass mein Vater mich nicht mehr mag. Ich weiss, dass das nicht so ist und habe es trotzdem geschrieben, das verwirrt mich gerade. Wahrscheinlich habe ich dieses 'Umwerben', von dem Heidi spricht und das ich auch kenne, mit Absicht zerstört, damit es mir leichter fällt zu sagen: Du, ich mag den Kontakt eigentlich einfach nicht mehr haben.
    Ja, das fällt schwer. Es fällt leichter zu denken: Er mag mich nicht mehr, deswegen ruf ich nicht mehr an, als zu denken: Ich ertrag den Mist nicht mehr, deswegen ruf ich nicht mehr an.
    Tatsächlich ist es unser gutes Recht keinen Kontakt mehr haben zu wollen. Will sagen: ist ok, wenn du ihn abwürgst.

    Mein Vater liebt mich und er schämt sich wohl furchtbar (oder müsste sich schämen, wenn er zugeben würde, was wirklich los ist) und ich tu ihm ja weh, indem ich mich zurückziehe. Aber es reicht mir einfach. Und wie Linde schon sagte: das ist ok.


    LG *knuddls*

    Hallo liebe Heidi,

    top! Meine Oma ist auch so eine *seufz* und zu der hab ich das auch immer mal wieder gesagt, tat gut.

    Wie gesagt: Schritt 1. ist wichtig. Es erfordert sehr viel Mut den zu gehen, aber wenn er gegangen ist, wird viel Kraft frei für Neues.
    Am Schwersten ist es zu akzeptieren, dass der eigene Vater einen nicht mag. Weil mans ihm ins Gesicht gesagt hat, dass er ein Trinker ist. :( Und dann zu sagen: er kann damit nicht um und er muss mich nicht mögen - dafür mag ich mich nun umso mehr.

    LG

    Hallo Melinak,

    wenn man in der Co-Haltung steckt, ist es sicherlich ein Schritt zurück, da gebe ich dir absolut Recht. Deswegen ist dieser Zwischenschritt auch so wichtig: wenn man an den Punkt kommt, wo es einem tatsächlich auch egal ist, ist man aus der Co-Haltung raus.
    So. Nu hatte ich aber an dem Punkt das Problem: ich fing an die Leute vor den Kopf zu stossen. Sie können nunmal nichts dafür, dass es mir schlecht ging.. und _dann_ einen weiteren Schritt zu gehen und zu sagen: Ich gehe liebevoll mit meiner Umgebung um, _nicht_ weil ich es allen Recht machen will (das ist nicht möglich, s. Schritt 1. ;) ), sondern, weil es _mir_ gut tut Güte und Wärme auszustrahlen.

    Und glaub mir, wenn ich sauer bin, dann komm ich durch die Leitung! Das ist bekannt. Aber es fällt meinen Freunden und Bekannten wesentlich leichter ein ruppiges Wort von mir anzunehmen, wenn ich sonst freundlich bin. Dann hat diese Authentizität einen ganz anderen Hintergrund.

    Es ist schwer zu erklären. Ich weiss, dass die anderen sagen: Ou, wenn die Lissi das mitgekriegt hätte, die wär an die Decke gegangen! Aber ich kann darüber lachen und denken: Wenn schon! Dann passt ihr besser uff, wie ihr mit mir umgeht :P
    --> Es geht nicht darum die anderen zu kontrollieren, es geht darum sie gern zu haben.

    Ich hoffe, ich konnte es einigermassen verständlich rüberbringen - LG

    ps. Das Problem, das sich meine Gedanken irgendwann nur noch darum drehten, was andere über mich denken könnten und ob sie vll schlecht über mich denken, hatte ich auch eine ganze Weile. Ich habs relativ radikal erstmal gelöst: indem ich eingeübt habe mir zu sagen, es sei vollständig egal, was andere über mich denken. Mittlerweile löse ich es etwas besser: ich behandle die Menschen um mich herum mit Respekt und Mitgefühl und Freundlichkeit (so gut es eben geht, aber es geht ziemlich gut in letzter Zeit), dann können die gar nicht anders, als zu denken, was ich doch fürn liebes Mensch bin :D

    Achja, und Fehler macht jeder mal.

    Hallo liebe anima,

    ich finds sehr gut, dass du dich dazu entschlossen hast den Schritt in die Therapie zu gehen - Hut ab vor dieser Entscheidung! *clap*

    Jeder Mensch, der sowas erlebt hat und bereit ist, sich damit auseinanderzusetzen, verdient Respekt. Das meinte ich mit Verantwortung: es ist dein Leben. Deine Gedanken dürfen um dein Leben kreisen, um deine Hoffnungen, Träume und Wünsche... ob es eine Arbeit ist, die du gerne tun würdest oder eine glückliche Familie, mit Mann und Kindern oder Reisen in fremde Länder und Dinge erleben oder einfach die kleinen Dinge des Lebens geniessen können: gutes Essen, Sauna, Kino, mit einer Freundin Schach spielen...

    Ist wie Schlittschuhlaufen, am Anfang braucht man einen, der von hinten die Arme unter die Achseln streckt, mit der Zeit kann man stehen und dann saust man.

    Ich möchte dir Mut machen, das wird ;)


    LG
    Lissi

    Hallo liebe Wolfsfrau und Danke für deine Rückmeldung... merkwürdig, dass obwohl wir Menschen so verschieden sind, wir doch in unserem Inneren so ähnlich auf Ähnliches reagieren.

    Ja, ich hatte mich bis zu einem gewissen Grad der Illusion hingegeben, dass sich (durch ein Wunder vielleicht) alles noch zum Guten wenden könnte... meine Vergangenheit hatte ich komplett verdrängt und für erledigt erklärt, ohne zu bedenken, dass alte Wunden meine Beziehung gefährdeten. (Bisher hatte ich mich immer erfolgreich schützen können, indem ich den Mann einfach nicht an mich heranliess, an mein Innerstes, was dazu führte, dass die Beziehungen zerbrachen.)

    Diese Erfahrung war notwendig, damit ich wieder einen klaren Blick für die Realität bekommen konnte. Ich bin sehr erleichtert, dass es 'vorbei' ist.
    Auch sehr froh, dass ich mit meinem Freund nun offen darüber reden konnte und wir nun ganz andere Möglichkeiten haben, damit umzugehen.
    Sie war auch einfach dafür notwendig, dass solche Briefe an die richtige Adresse gehen! Ohne Böses zu wollen... darum geht es nicht. Es ist paradox. Um mich rausnehmen zu können, musste ich klare Position beziehen, es ist vielleicht auch der letzte Akt von Respekt einem Kranken gegenüber, dass man ihn nicht mit Lächeln und Nicken veräppelt.

    Ich bin erleichtert. Ich muss nicht mehr hinfahren, ich muss nicht mehr anrufen. Ich muss nicht mehr so tun, als sei dies alles spurlos an mir vorbeigegangen. Ich muss mich aber auch nicht darüber aufregen, wütend sein, mich selbst fertig machen oder glauben, dass nie mehr etwas gut wird.
    Es liegt ja in meiner Hand, ob ich glücklich bin. (Dass mein Vater es ist, liegt hingegen darin nicht...) Das sind Tatsachen. Und die geben Halt.

    Auf die Tatsachen! :)
    Liebe Grüsse und lass es dir gut gehen (so ein Schlag tut auch weh, das muss erstmal heilen)
    Lissi

    Update:

    Gestern äusserte meine Mutter einen Gedanken, der mich wieder ins Nachdenken gebracht hat: Was wenn du einfach gesagt hättest, das ginge dich nichts an. Dich einfach rausgehalten hättest.

    Sie hat einerseits Recht, denn mich raushalten war das, was ich 10 Jahre lang getan habe, deswegen hat das auch alles so funktioniert soweit.
    Doch nu hatte ich nicht mehr die Kraft. Ich weiss gar nichts mehr, ob ich froh drum sein soll oder nicht...

    Um ehrlich zu sein, war schon der letzte Besuch bei meinem Vater für mich sehr belastend. Er halb besoffen (etwas, wovon auch er sich die 10 Jahre, zumindest bei meiner Anwesenheit distanziert hatte). Er fing wieder an meine Grenzen zu überschreiten, an mir herum zu zupfen und mir aggressiv seine aufgesetzte Fröhlichkeit aufzudrängen. Dann wurde mir freimütig erzählt, wie er seine Bilder zerreisst oder Eisenstanden verbiegt um seiner Frau Angst zu machen...

    Ich kam mir vor wie zwischen ihm und seiner Frau wie zwischen zwei Mühlsteinen zermahlen und das nicht zum ersten Mal.

    Wenn ich nun näher darüber nachdenke: ich will da gar nicht mehr hin. Lieber behalte ich meinen Vater in guter Erinnerung an die wenigen schönen Momente. Aber diese Beusche sind für mich jedes Mal Stress, ein Anruf ist jedes Mal Stress, ich weiss nie, was mich erwartet. Es ist kein normales Reden dort möglich.
    Ich will selbst nicht mehr so sein! Ich habe keinen Bock mehr Leute einfach so vor den Kopf zu stossen durch ein völlig unberechenbares extremes Verhalten! Ich habe auch keine Lust mehr mich ständig zurückgewiesen vorzukommen, bei jeder Kleinigkeit und deswegen Höllenqualen zu leiden.

    Es war mein Vater, der mich zurückgewiesen hat, weil er völlig zerfressen war von seiner Krankheit. Wahrscheinlich hätte ich den Kontakt so oder so nicht mehr ertragen können, es wurde einfach zu belastend.

    Ich will dort einfach keine 'Stütze' mehr sein. Ich brauche meine Kraft für mich.


    Danke fürs Zuhören und liebe Grüsse
    Lissi

    Hallo Anima,

    ich kann mit dir sehr mitfühlen. Manche deiner Sätze sprechen mir tief aus der Seele. Meine Beziehung steht am Abgrund, weil mein Freund es nicht ertragen kann (verständlicherweise), dass ich manchmal so bin wie ich bin.

    Aber du machst einen ganz entscheidenden Schritt: Du weisst und siehst, woher es kommt. Das habe ich midh wohl geweigert zu sehen. Denn obwohl ich aus der Dauerkrise raus war und wieder Spass am Leben hatte, kam diese Unsicherheit, von der du sprichst, an anderer Stelle wieder rausgekrochen.

    Wenn ein Vater trinkt und du gehst auf ihn zu (als kleines Kind) und mal streichelt er dir über den Kopf und sagt liebe Worte und mal reagiert er vll gar nicht und mal schlägt er dich einfach wie aus heiterem Himmel. Dann hast du kein Vertrauen, dann glaubst du jeder (auch dein Freund oder potentieller Freund) könnte plötzlich aus heiterem Himmel einfach aufhören dich zu lieben.
    Und das verletzt den anderen dann, er reagiert mit Abweisung, du wirst noch mehr verunsichert. Ein Teufelskreis.

    Und mit dem Leben ist es ähnlich.

    Die Frage ist: wie kommst du da raus?
    Und das Blöde an der Antwort ist, die hat mir Verantwortung zu tun. :( Denn wie ich es drehe und wende: ich muss Verantwortung übernehmen für Dinge, für die ich überhaupt nichts kann. Das ist so unfair, aber auch so der einzige Weg, der rausführt.
    D.h. auch für seine schlechten Gefühle Verantwortung. Der im ersten Moment sehr harte Gedanke: Ich bin diejenige, die sich dafür entscheidet, mich schlecht zu fühlen. (Ja, ich war auch geschockt, als mir das das erste Mal bewusst wurde.)
    Und das gute ist: plötzlich entsteht die Möglichkeit, sich für das Gegenteil zu entscheiden.

    Entscheide dich dafür, dich gut zu fühlen und gute Gedanken zu denken! Bitte probier es einfach einmal aus. Es funktioniert. Und wenn es schief geht und wenn die Welt zusammenbricht: entscheide du dich für die bessere Option.

    Ganz liebe Grüsse
    Lissi

    Danke für dein Mitgefühl Wolfsfrau,

    es tat gut zu lesen, dass es anderen auch so ergeht. Ich habe in gewisser Weise, so wird mir klar die letzten 10 Jahre, vielleicht nicht aktiv, aber zumindest passiv die Situation mit geleugnet. Denn was los war, wusste ich, aber aktiv etwas dagegen zu unternehmen... 1. ahnte ich, was dann passieren würde, so ein paar unterbewusste Kindheitserinnerungen müssen da wohl hängen geblieben sein und 2. wusst ich ja (vom Kopf) her auch, dass es nichts bringt.

    In gewisser Weise, hat es dich noch schlimmer getroffen, auch deine Mama hängt da mit drin, meine ist wenigstens draussen und auch dabei mich sehr lieb abzufangen und zu unterstützen. (Die Telefone sind auch wieder an, ich hoffe auf Funkstille). Sie war damals auch bei Al-Anon.

    Ich fühl mich so bedröppelt... obwohl ich wusste (oder gerade weil ich meinte zu wissen!), habe ich das ganze Ausmass nicht erkannt. Meine Beziehung ist im Eimer. (Oder zumindest fast... ich habe derzeit keine Ahnung, was daraus wird.) Weil ich mir selbst nicht eingestehen konnte oder wollte, dass mich das geschädigt hat, obwohl ich so wenig wie möglich Kontakt aufnahm. Innerlich war da auch bei mir ein Teil, der sagte: prima, läuft doch!
    So ein Schmarrn.. ich bin so erleichtern, dass die Katze endlich aus dem Sack ist.


    Es ist unser gutes Recht die Klappe nicht zu halten.

    Danke für die guten Wünsche ^^

    Hallo liebes Forum,

    ich bin Lisken, 29, Frau (ist ja nicht so ersichtlich aus dem Nick) und ich wollte mich austauschen mit Leuten, die kompetent sind im Bereich Alkoholsucht und mir einige Dinge auch einfach von der Seele schreiben und vielleicht die ein oder andere Rückmeldung dazu bekommen, damit ich von aussen ein bisschen ein Korrektiv habe.
    Mein Vater ist Alkoholiker, Quartaltrinker. Seit schon sehr lange (ca. 30/35 Jahre). Er hat regelmässig depressive Abstürze, die mit immensem Alkoholkonsum verbunden sind und... das ist schlimm, ich hab das einmal auch live gesehen wie das aussieht bei ihm. Er sieht aus wie eine Wackelpupe, wenn er so bedoffen am Tisch sitzt. Meine Mutter hat sich scheiden lassen, als ich Kind war und mich da ganz rausgenommen und allein erzogen. Sie hat nie schlecht über meinen Vater geredet (zumindest nicht mit mir), aber mir klar gemacht, dass er krank ist, das er deswegen Dinge tut, die einfach krank sind.

    Ich hatte lange keinen Kontakt zu meinem Vater (von meinem 9ten bis zu meinem 19ten Lebensjahr), dann hat sich der Kontakt wieder hergestellt und ich hab ein bisschen was von meinem Vater gehabt, auch von seinen nüchternen Phasen, aber irgendwie hab ich immer gewusst, dass das Thema irgendwann hochkommt.
    Weil der Kontakt stets nur sporadisch bliebt, konnte ich es 10 Jahre lang vermeiden. Nun ist gestern die Bombe geplatzt.

    Das hat sich schon vor ein paar Wochen angekündigt: er hatte einen Absturz und seine Frau (seine persönliche Co-Abhängige sozusagen) hat hier Telefonterror veranstaltet und versucht mich da reinzuziehen, mal so mal anders. Da kam das Thema das erste Mal total hoch und ich habe ihr meine Meinung dazu gesagt, dann habe ich dicht gemacht.
    Dann war erstmal bissi Funkstille. Dann hab ich am Sonntag gedacht: klingest mal kurz durch, guckst ob die noch leben. Ja, die lebten noch und hatten sich auch schon wieder berappelt. Und die ehemals so verzweifelte Frau, die mit dem Trinken und der Gewalttätigkeit ihres Mannes nicht klar kam, erzählt mir nun mit einer fröhlichen Mädchenstimme, dass man jetzt bei Ärzten gewesen sei und einige Atteste habe, die einwandfrei beweisen würden, dass mein Vater keinerlei Alkoholproblem hätte und ich könne doch bitte meine Mutter anrufen und ihr das ausrichten!

    Ich hab gedacht, ich werd nicht mehr!
    Wenn die nicht beide einfach kranke Menschen wären, würd ich denken, die wollten mich für blöd verkaufen und meine Mutter für noch was schlimmeres (in deren Welt habe ich keine Augen im Kopf, meine Mutter hat mir das eingeredet). Da ist mir die Hutkrempe geplatzt: ich hatte die beiden schon mal gewarnt: noch ein Angriff in Richtung meiner Mutter und ich kann für meine Handlungen nicht mehr garantieren.

    Dann habe ich meinen Vater angegriffen. Ich wusste, dass ich ihn provoziere, ich wusste aber auch, dass diese Situation über kurz oder lang so oder so eskalieren würde. Ich habe in einem Brief auf einem Din-A 4 Blatt meine eigene Diagnose zusammengefasst und einige Fakten aus Wiki und anderen Quellen zum Thema Quartalssäuferei zusammengeschnitten, drübergeschrieben, dass diese Ärzte vielleicht mal ihre Hausaufgaben machen sollten und das ganze dann da hingeschickt.
    Nein, das war nicht nett. Ich hatt die Faxen dicke. Wenn ich eins hasse, dann Lügen. Und anscheinend wollte man mir etwas beweisen, anscheinend sollte ich gezwungen werden diese Lüge mitzumachen und dieses ganze Theater.

    Wie auch immer. Am Sonntag schickte ich den Brief los. Am Dienstag Mittag hatte ich erstmal eine wütende Mailboxnachricht der Frau auf meinem Handy. Gott sei Dank war ich in der Bib gewesen. Die belehrte mich, dass man sowas nicht macht, wie diesen Brief, das sei unanständig. Ich habs gelöscht noch bevor es durchgelaufen war.
    Abends klingelte mein Haustelefon. Ich ging ran, mein Vater. Begrüsst habe ich ihn noch normal und setzte mich hin, als er ohne eine einzige Frage oder sonstwas schon loslegte: Er brüllte mich an wie ein Verrückter, beschimpfte mich mit er habe schon immer gewusst, wie dreist und mies ich sei und was ich mir erlauben würde ihm solche Briefe zu schicken, woher ich mir das Recht herausnehmen würde! (Grundgesetz: Recht auf freie Meinungsäusserung?) Ich hielt den Hörer am ausgestreckten Arm von mir weg und überlegte ca. 5 Sek lang, ob ich mir das anhören sollte oder nicht. Da legt der im Tonfall (der sowieso schon das so ziemlich schlimmste war, was ich je vernommen hatte!) noch nen Zahn zu! Ich dacht: O Gott, was kommt da noch? Ich zitterte am ganzen Körper, das war wie ein Schock!
    Ich hab ja gewusst, dass die Reaktion nicht nett sein würde, aber sowas! Danke, danke, dass ich nun Bescheid weiss, was diese Krankheit wirklich aus einem Menschen macht.

    Selbstverständlich habe ich aufgelegt. Und das Telefon auch gleich ausgesteckt.

    Nun sitze ich hier und noch während ich das schreibe, ist hier Telefonterror. Telefon ist ausgesteckt (das hab ich in weiser Voraussicht schon gestern vorm Schlafengehen gemacht), dafür summt mein Handy seit kurz vor neun. Jetzt mach ich es mal ganz auf stumm.

    In meinem Herzen fühlt es sich gerade an, als wäre mein Vater gestorben. Als sei er einfach tot. Ich weiss, dass ich das nie hinbiegen kann. Ich weiss, dass auch der kuze, wenigstens seminormale Kontakt nun auch wieder weg ist und ich muss nun ohne meinen Vater weiterleben.
    Ich wäre euch sehr dankbar, wenn vielleicht der ein oder andere ein paar Worte dafür finden könnte, wie ich mit diesem Verlust umgehen kann. Ich bin wirklich am Boden zerstört.

    Danke fürs Zuhören
    Lissi

    ps. Ich habe mir erlaubt, meinen heutigen Vorstellungsbeitrag, hierher zu kopieren, ich hoffe das geht in Ordnung.