Was heißt Verantwortung ? Steht mir das zu als Freund ?
Vor ungefähr zwei Jahren habe ich einen Menschen kennengelernt, wir haben uns gut verstanden und gute Gespräche gehabt. Er hatte/hat einiges mit sich zu klären und ich hatte/habe einiges mit mir zu klären. Gespräche können ja sehr hilfreich sein. Nun, der Kontakt schlief ein und seit Anfang des Jahres lebte er wieder auf (er meldete sich bei mir). Es gibt eine räumliche Distanz und wir haben uns bisher auch nicht mehr persönlich gesehen. Ein größeres Interesse, also Beziehung etc., besteht hier nicht.
Durch viele Gespräche kam mal von seiner Seite aus, zum Vorschein, dass er ein Alkoholproblem hat. Ich meinte dazu, dass ist schlecht, damit komme er nun überhaupt nicht weiter. Es blieb erst einmal bei dem "Outen." Er wollte dann auch nicht weiter darüber sprechen.
Ich habe mir meine Gedanken dazu gemacht, logischerweise. Mich gefragt, wie kann ich selbst am besten damit umgehen. Viel kann ich nicht tun, habe ihm gesagt, in einem der nächsten Gespräche, er solle sich eine SHG suchen. Sprechen. Bisher ist da nichts passiert. Wie schon geschrieben, wenn es um seine Probleme geht, weicht er komplett aus, möchte über etwas anderes sprechen. Erst dachte ich, ok, er steckt in einer belastenden Lebensphase. Das tut er wirklich, es ist bei ihm viel passiert. Ich sprach es nicht mehr weiter an, es fing in mir selbst an zu arbeiten. Die Verantwortung für sein Leben hat er selbst. Ich kann nichts tun. Ausser Ratschläge geben, wie die SHG.
So, nun rief er sehr oft an, ich bin manchmal nicht an das Telefon gegangen. Fünfmal hatt er an einem Tag angerufen. Ich war echt genervt und fragte mich, was das soll. Hatte das untrügliche Gefühl, ich wäre sein Anker. Beim sechsten Anruf bin ich an das Telefon und dann habe ich ihn mit "seinem Problem" knallhart konfrontiert. Ich empfand es als knallhart. Er befindet sich in eine Abwärtsspirale und ich bekomme es in jeder Einzelheit mit. Er erwartet jetzt auch keine Hilfe von mir, so sagte er. Ich fragte ihn, was er von mir wolle. Das das Ganze doch gar keinen Sinn macht. Erzählte von seiner Abwärtsspirale etc., so wie ich gerade seine Lebensituation sehe. Er war dann erst einmal fertig, mit sich. Erschöpft. Sagte, so deutlich hätte es ihm noch niemand gesagt.
Ich sagte auch, dass ich es schade finde, auf welchen Pfad er sich begeben hat. Als eine Freundin, mitzubekommen, wie jemand sich so wegschmeisst. Er hatte Ausreden, sehr fadenscheinige, die er selbst in die Hand nehmen müsste um eigene Verantwortung für sich zu übernehmen.
Nun hat er sich nicht mehr gemeldet und ich hoffe für ihn, dass da etwas angekommen ist.
Ich wollte das einfach mal loswerden. Ich habe die Wahrheit gesprochen und sehe es als Verantwortung einer Freundin, es auszusprechen.
Es erinnert mich auch immer an meine eigene Vergangenheit, was ja nachvollziehbar ist. Damals hätte ich es mir gewünscht, wenn Aussenstehende die Wahrheit gesagt hätten. Mal offene Worte gesprochen hätten, nein es wurde weggeguckt und hinter dem Rücken geredet.
LG Weidenkätzchen