Hallo an alle,
hier auch nochmal eine kurze Vorstellung. Ich bin neu hier, 24 und bin der Sohn eines Alkoholikers. Er trinkt schon seit ich lebe.
Tja, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wie ich anfangen soll...
Seit ich 8 bin leben meine Eltern getrennt. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen und habe ihn immer regelmäßig an den Wochenenden besucht. Damals war die Situation noch deutlich besser. Er hatte Arbeit und auch sonst sein Leben auf die Reihe bekommen. Getrunken hat er aber auch damals schon ordentlich.
Das ist immer saisonabhängig. Mal Bier, mal Wein und manchmal auch Rum.
Ordentlicher Zeitsprung:
Heute führe ich meinen eigenen Haushalt, habe aber noch regelmäßigen Kontakt mit ihm via Telefon (1x die Woche).
Da ich studiere, bin ich auch noch finanziell von ihm abhängig.
Er musste frühzeitig krankheitsbedingt in Rente gehen und seitdem hat ein starker Abbau stattgefunden.
Mit Menschen hatte er es eigentlich nie so wirklich, auch mit körperlichen Kontakt nicht.
Mittlerweile hat er außer mir niemanden mehr. Keinen Kontakt zur Familie, keine Freunde, keine sozialen Bindungen etc. Im Grunde eigentich kein Interesse mehr am Leben. Er war sich schon immer selbst am nächsten und hat daher nie einen großen Freundeskreis besessen.
Aber wenn ich an die Zeit zurückdenke, hat er letztendlich ALLES verloren, wozu es sich zu leben lohnt, mal abgesehen von dem Kontakt mit mir.
Aus Schutz verringere ich diesen aber auch stetig. Gesehen haben wir uns zuletzt vor 2 Jahren. Der Ordentlichste war er noch nie, aber die hygienischen Zustände sind wirklich nicht mehr schön, genauso wie die Körperhygiene. Früher als ich noch jünger war, habe ich dann die Missstände in der Wohnung teilweise bei meinen Besuchen beseitigt, aber das wurde weder geschätzt noch war es von Dauer. Mit zunehmendem Alter habe ich das dann auch gänzlich eingestellt. Folglich habe ich auch kein Interesse an einem zeitnahen Besuch. Auch seit ich einen eigenen Haushalt habe, hat er mich noch nie bei mir besucht. Das sei ihm mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu teuer und zu aufwendig.
Ich rufe auch schon immer zeitig am Tag an, damit er noch halbwegs denken und reden kann. Jedes Mal die Angst wie viel er schon getrunken hat und in welchem Zustand er ist. Man kann es fast schon als Kontrollanruf sehen, ob er noch lebt. Die Telefonate sind auch immer ziemlich belanglos. Gesundheit, Gott und Welt, das Wetter.... Ernste Gespräche brauch ich gar nicht erst führen, da es ihn sowieso nicht interessiert. Von Problemen erzählt er nie, ansonsten hat er ja auch nichts zu erzählen. Durch seine Krankheit muss er einige Medikamente einnehmen. Dass dies in Kombination mit viel Alkohol nicht gerade förderlich für den Körper ist, weiß er auch selbst.
Er gibt zwar ehrlich zu, Alkoholiker zu sein, aber ändern will er es nicht mehr. Er hat schon mehrfach einen Entzug gemacht, aber immer nach einer gewissen Zeit wieder angefangen.
Danach auch noch ein paar Versuche, es selbst zu schaffen - immer vergebens.
Dennoch ist und bleibt er ja mein Vater.
Mir fällt es schwer damit unzugehen, quasi zu wissen, dass ich ihn das nächste Mal wahrscheinlich an seiner Beerdigung sehen werde. Noch dazu, dass ich dort allein sein werde.
Ich würde ihm liebend gerne helfen, aber solange er nicht will, ist das aussichtslos.
Mir fällt es auch schwer im Alltag.. auf Nachfrage bezüglich meines Vaters. Niemand in meinem Umfeld weiß davon, abgesehen von der Familie, die ihn ja noch kennt. Mir ist das unangenehm und ich gehe dem Thema bestmöglich aus dem Weg. Dennoch schwer auf gezielte Frage irgendeine Geschichte zu erzählen.
Schon schade, dass er nichts von dem Leben seines Kindes mitbekommt und während ich mir meine Existenz aufbaue, sehe ich wie seine zugrunde geht.
Es hat gut getan, sich das mal von der Seele zu schreiben. Vielleicht habt ihr ja Tipps und Erfahrungen wie ich aus der restlichen Zeit seines Lebens und der Zeit danach das Beste machen kann