Beiträge von Biene1967


    Ich frage mich immer, ist es nicht normal abhängig von seinem Lebenspartner zu sein!
    ...Wo beginnt es krank zu werden, wenn man sich selbst vergisst?

    Ich glaube, es ist spätestens dann eine ungesunde Abhängigkeit, wenn es mehr Leid als Freude ist. Also einseitig.
    Wahrscheinlich ist jeder Mensch ein wenig "abhängig" von seinen Mitmenschen. Jeder macht Kompromisse, nimmt manchmal Unangenehmes in Kauf, den anderen zuliebe.

    Doch auch hier macht die Dosis das Gift.
    Und da passt der Vergleich zur Droge bzw. dem Alkohol.
    Der Süchtige braucht den Stoff, alles dreht sich darum und alles Andere rückt in die zweite Reihe. Auch das eigene Wohlbefinden.
    Die ungesunde Abhängigkeit ist also ein ständiger Mangelzustand, den man unter allen Umständen beenden möchte.

    Vielleicht hier ein Versuch der Definition:
    - Gesundes auf einander Beziehen beinhaltet Vertrauen und Sicherheit, es droht kein Verlust. Man kann trotzdem Grenzen setzen, ohne Angst vor Ablehnung zu haben.
    - Abhängigkeit ist mit einem Mangel verbunden, es ist Angst vor Verlust. Man setzt keine Grenzen und nimmt das Wenige, das man bekommt, gierig auf. Man versucht durch "Wohlverhalten" mehr zu bekommen.

    Zur Ergänzung:
    Von meinem Expartner, der mindestens Vieltrinker ist (täglich Bier bis in die Nacht, ab Bier 8 sentimental und weinerlich, nüchtern mieslaunig) nun eine ganze Weile getrennt. Er hat sich getrennt ....
    Seitdem ich mir klar gemacht habe, dass ich von seiner Zuwendung abhängig war, geht es mir besser.
    Ich begreife diese (Nicht-?)-Beziehung als meine Droge. Habe mich extrem angestrengt, um eben diese Zuwendung zu bekommen, die es selten gab. Also war ich die ganze Zeit auf Entzug, kleinste Zuwendungen sog ich auf wie der Alkoholiker seinen Stoff.
    Wenn ich jetzt manchmal Sehnsucht habe nach den guten Momenten - die es zweifelsohne gab - führe ich mir eben vor Augen, dass er meine "Droge" ist und ich den Stoff haben will.
    Es macht es wirklich leichter mit dieser Sicht, auf Kontakt zu verzichten.

    Und das, liebe Verzweifelt, ist der Schlüssel.
    Es ist Deine Entscheidung, Dir das nicht mehr anzutun. Dich sozusagen zu befreien.
    Therapie hilft da ganz gewiss, Du bekommst Werkzeuge, um mit Deiner Verzweiflung umzugehen und sie wieder in positive Energie umzuwandeln.
    Co-Abhängigkeit ist ein absoluter Energiefresser.

    Hallo Verzweifelt 15,
    Taxi beschreibt einen Vergleich, der durchaus legitim ist.
    Der Alkoholabhängige ist süchtig nach dem Stoff,
    der Co-Abhängige süchtig nach dem Partner.
    Dein Schmerz ist also eine Art Entzug.
    Die Therapie ist die gesunde Alternative zum Griff nach Deiner "Droge".

    Zitat von conbira


    Wenn Alkohol im Spiel war, war er immer sehr umgänglich und anhänglich.

    Also habe ich es jetzt mit dem ursprünglichen Mann zu tun, der der er mal war.

    Hallo Conbira,

    ich habe mehrere Jahre in einer Wochenendbeziehung mit einem Vieltrinker verbracht.
    Unter der Woche haben wir jeden Abend telefoniert.
    Besonders lieb, anhänglich, weich, zugewandt war er erst am späten Abend - nach dem x-ten Bier.
    Er hat mir dann sehnsuchtsvolle Lieder vorgespielt, schrieb nachts, seine Gedanken würden zu mir fliegen etc.
    Irgendwann merkte ich, dass das nur betrunken so war. An den Wochenenden war Nähe selten. Ich fand den nächtlichen Anrufer/Schreiber viel liebevoller als den Alltagsmann.

    Ich glaube auch nicht, dass die Trockenheit die Distanz erhöht.
    Ich glaube, dass der Alkohol diese Grenze zeitweise aufheben konnte.
    So wie eben manch Schüchterner unter Alkohol mutiger wird.

    Vielleicht findet Dein Partner auch trocken den Zugang zu mehr Nähe?
    Das wäre doch ein Ziel.

    Zitat von CoA12307


    Auch ich erlebe heute manchmal noch Überraschungen, z.B. wenn er mir wirklich Schulden zurückbezahlt. Aber das kam immer von ganz alleine, ich habe nur freundlich darum gebeten und ihn garnicht unter Druck gesetzt. Im Gegenteil. Ich habe es im Vakuum versucht. So von wegen: Wenn du es nicht machst, ist das auch nicht so schlimm, dann löse ich das Problem eben anders. Aber das war immer gegen ende der beziehung. Ich drück die die Daumen.

    Ist das denn die Lösung, den Unzuverlässigen immer zu schonen, ihm die Pflicht eventuell sogar ganz abzunehmen?
    Im Sinne von: Du hast Schulden bei mir. Macht nix, ich brauche das Geld zwar, aber dann leihe ich mir es eben"
    Ist der Preis nicht zu hoch, sich "stressfrei" an die Unzuverlässigkeit anzupassen, um jede Verärgerung des Partners zu vermeiden?
    Wenn ich lieb bin, wird er nicht böse, also darf er unzuverlässig sein und muss keine Regeln einhalten. Ich passe mich eben an und dann ist kein Streit.
    Ich glaube nicht, dass das auf Dauer gesund ist und ich glaube nicht, dass die weiterhilft

    Hallo Penta,
    ich bin auch eine Co, die ihrer Wahrnehmung nicht traute. Das ist eine Mischung aus eigener Verdrängung und Manipulation durch das Gegenüber.
    Ich wollte nicht wahrhaben, was ich erlebte, wenn ich es doch wahrnahm, wurde mir gesagt, dass ich es falsch sehe und es an mir liegt, wie ich wahrnehme. Im Ernst, mir wurde gesagt, mein schlechtes Gefühl käme aus meinen falschen Gedanken und falschen Erwartungen.
    Um einer Wahrnehmung zu trauen, brauchte ich den Austausch mit Dritten, meist einer guten Freundin. Im Sinne von "Ist das seltsam oder bin ich nur zu empfindlich?"
    Und dazu hat man ja auch seine Illusion, an der man festhält. Mein Liebster war ja ein so Sensibler, einer, der alles "spürt". Und dann hat er eben auch "gespürt", dass ich ein Problem habe. Wohlgemerkt: ICH hatte das Problem und war nicht locker und easy. Also war mein Problem und meine fehlende Lockerheit der Grund allen Übels.
    Wenn man nicht ganz und gar unabhängig ist, dann glaubt man das irgendwann. Und als Co ist man ja anhängig.

    Meine Definition ist,
    dass der/die Coabhängige seinen Suchtstoff (also den Partner) über das eigene für-sich-selbst-sorgen stellt.
    So, wie ein Alkoholiker den Alkohol wider besseren Wissens an erste Stelle stellt und dafür erhebliche Nachteile in Kauf nimmt, so stellt der Coabhängige den Partner an erste Stelle, auch wenn es schädlich ist. Der Suchtstoff (Partner) steht über allem und Nachteile werden verharmlost oder ausgeblendet. Dem Suchtstoff zuliebe wird viel aufgegeben. Und "Entzug" muss unter allen Umständen vermieden werden.

    Zitat von Nicita

    Meine Mutter (sie ist seit über 20 Jahren Alkoholikerin, seit 3 Monaten zwangstrocken und schwerkrank) hatte immer eine etwas unberechenbare Persönlichkeit. Ich glaube, das war schon immer so, auch damals, als sie quasi noch keine „echte“ sondern geduldete Alkoholikerin war.

    Sie war einmal nett und liebevoll, dann wieder zornig und eingeschnappt und ich als Kind ständig hin und her gebeutelt, zwischen ihren Launen. Ich hab edann immer versucht mich auf ihre Laune einzustellen und besonders lieb zu sein, sie aufzuheitern, Späße zu machen, auszugleichen, denn wenn ich besonders lieb und bemüht bin, dann mag sie mich ja auch vielleicht wieder?!

    Liebe Nicita,
    was Du da beschreibst, ist mir sehr vertraut.
    Vor allem mein ständiges Bemühen, seine Laune positiv zu beeinflussen.
    Ausgleichen, aufheitern, lieb sein, nicht persönlich nehmen .... das war meine Strategie. Also eine Art Überanpassung.

    Wegen irgendwas beleidigt war er dann trotzdem. Einmal brachte ich ihm seine Lieblingsbonbons mit - das fand er unsensibel, weil er Zahnschmerzen hatte (was ich vorher nicht wusste).
    Also selbst die nette Geste war dann nicht richtig und Anlass für sein gekränkt sein. Es war ein Eiertanz ohne Ausweg. Und doch fühlte ich mich permanent unzulänglich (mir wurden auch verschiedene Methoden nahegelegt, mich weiterzubilden in Kommunikation).
    "Naschkatze" war eine Beleidigung für ihn, für die tagelang geschmollt wurde und die meine mangelnde Sensibilität deutlich machte.
    Also: Wenn ICH nur richtig kommuniziere, wäre alles gut.
    Um ehrlich zu sein: Ich habe irgendwann kaum noch etwas gesagt, weil es ja meist ganz anders ankam.


    Irgendwie fühle ich mich wie gehirngewaschen, weil ich mir selbst Kommunikation nicht mehr zutraute. Denn was immer ich sagte, kränkte, verärgerte, machte traurig oder nervte.

    Mir fehlt gerade das Selbstvertrauen sehr.

    Zitat von Helli 48

    Das hab ich auch gehört:" warum ist alles so schwierig und kompliziert mit uns,.." das gehört alles in die Schiene das er das Opfer ist, weil er ja anscheinend soviel für die Beziehung macht, aber es halt leider an uns scheitert weil uns ja nichts genug ist!
    Was hat er WIRKLICH für die Beziehung gemacht?! Darüber denkst Du gar nicht mehr nach weil Du ja damit beschäftigt bist endlich selber alles richtig zu machen.

    Danke, liebe Helli,

    darin erkenne ich Viele wieder.
    Ich war so sehr damit beschäftigt, alles "richtig" zu machen, dass ich seine Schwäche (vor allem auch den Bierkonsum) nicht wahrnahm bzw. ausblendete. Ich war sozusagen abgelenkt, der Fokus lag ja bei meinen Schwächen (die ich zweifelsohne auch habe).
    Manchmal (selten), wenn ich um etwas bat (in seinen Augen forderte, nun, ich bin eigentlich ein höflicher und sehr bescheidener Mensch), dann kam der Satz:
    "Warum quälst Du mich so?" Mit Tränen in den Augen.
    Und so war ich wieder schuldig, da ich "quälte".
    Ja, und kleines Mädchen war ich natürlich auch, wenn ich bat, in den Arm genommen zu werden.
    "Um so Etwas kann man nicht bitten. Das muss VON SELBST kommen."
    Ich war irgendwann total verunsichert.
    Bitten darf man nicht .... aber wie soll man dann authentisch sein? Sich zeigen mit Bedürfnissen?

    Liebe Heli,

    ja, Du beschreibst viel Vertrautes.
    Insgesamt war es eine "Mangelbeziehung" für mich, ich bekam stets weniger, als ich brauchte. Vielleicht ist man deshalb zufrieden, wenn man überhaupt ein bisschen bekommt?
    Und das abgewiesen werden, das wurde ja begründet mit meinen Mängeln.
    (Beispiel: Ich bat ihn um eine Umarmung. "Warum brauchst Du das? Was ist mit Dir, dass Du das brauchst?")
    So, als könne man mich eben nicht so lieben, wie ich es brauche bzw. mein Bedürfnis irgendwie besonders absurd wäre.

    Und ich war mehr als bescheiden und gewiss nicht zu anspruchsvoll.
    Nur so im Nachhinein fällt mir auf, dass mir das Wenige lieber war als so gar Nichts.

    Die Trauer ist trotzdem da und wirklich auch diese Vorstellung, er kann das nun doch alles geben .... jemand anderem.
    Wenn man ausgetauscht wird, dann glaubt man leicht, das Neue sei eben doch besser, liebenswerter.

    Ich versuche mir auch manchmal dieses Sofa-Bier-Bild in den Kopf zu rufen, gelingt aber gerade nicht.
    Im Moment überwiegt eben dieses Schuldgefühl, nicht liebenswert zu sein, er offenbar schon (neue Partnerin eben).
    Und mein Kopfkino läuft, das dort alles gut ist.

    Er sagte mal zu mir: "Warum ist es nicht leicht bei uns". Wie soll es für mich leicht sein, wenn ich immer nur auf mehr warte wie ein trockener Schwamm und ich vor allem nie das Gefühl hatte, es gibt ein WIR.
    Einer gab in wohldosierten Portionen, ich war so "ausgeliefert", ob und wieviel man mir zuteilt. Unbefangenheit hatte da keinen Raum für mich und easy-locker-flockig war ich dann auch nicht.
    Es blieb zu wenig übrig für ein Wir.

    LG Biene

    Liebe Mitleser und -schreiber,

    unsere Beziehung ist vorbei. Mein Partner hat sich vor 4 Wochen getrennt, einen Grund hat er nicht konkret genannt, war eben nur in den letzten Monaten immer unleidlicher. An mir fand er tausend Unzulänglichkeiten, war genervt u.s.w.
    Eine neue Frau ist auch schon da, viel extrovertierter und auch lebendiger im Wesen als ich (sie war im letzten Jahr auf seinem Geburtstag).

    Ja, ich bin traurig. Meine Therapeutin meinte (schon vorher war ich manchmal bei ihr), ich sei traurig um das Potential, das ich in ihm/uns gesehen hätte.
    Ja .... wir sind Beide so Intros ,-) mit weichen Zügen.
    Und ich bin traurig, so ausgetauscht worden zu sein in so eine ganz und gar andere Frau.

    Heute las ich im Magazin einer Wochenzeitung das Inteview einer Paartherapeutin (Esther Perel) , die da sagt, man müsse spannend bleiben für den Partner, dann ginge es gut.
    Ich bin nicht spannend, ich werde es nie sein.
    Und das macht mir Angst.
    Geht man so mit mir um, wirft man mich fort, weil ich nicht "spannend" bin?
    Ich bin ein ruhiger, eher zurückgezogener Mensch. Ich meide Lautes, spiele keine Spielchen, trickse nicht, bin zuverlässig und berechenbar. Langweilig?

    Ist man als solch ein Mensch
    - anfälliger für schädliche Beziehungen?
    - nicht liebenswert, da nicht aufregend?

    Ich fühle mich gerade allein, auch ich habe nun einen "Entzug" von meiner Droge XY. Der ja auch gut war, grüblerisch, nachdenklich, introvertiert.

    Dann wieder denke ich (denke, nicht fühle), dass ich die ganze Zeit in einer Mangelbeziehung war, in der meine Bedürfnisse keinen Platz hatten.
    Denn sie galten meist als unangemessen oder meinen Defiziten geschuldet, insofern war xy nicht zuständig, sie zu erfüllen.
    Doch der Wunsch nach in den Arm genommen werden ist doch ziemlich bescheiden. Irgendwann war ich mir sicher, dass das zuviel verlangt ist.
    Und ich fühle mich "selbst schuld", dass ich das nicht bekommen habe.
    Und wie bei vielen Verlassenen die Angst, die Nachfolgerin bekäme das nun alles und er bleibt nicht jede Nacht bis zwei Uhr mit Bier auf dem Sofa ...
    Ich bin in all den Jahren allein schlafen gegangen. Immer.
    Das war oft ein allein fühlen zu zweit. Aber es war die Option auf ein WIR da.

    Mir fällt es sehr schwer gerade, das Alleinsein. Und dieses unfreiwillige Kopfkino, wie schön die zwei es nun haben.

    Liebe Helli,

    ich habe da ein paar Parallelen entdeckt, bin auch noch "im Nebel" unterwegs, was da für Dynamiken präsent waren.

    Zitat von Helli 48


    Und hattet gleichzeitig Angst er/síe hat eine Erleuchtung, ändert das Leben und wird mit jemand anderen glücklich, wie ihr es wolltet?


    Ja, ich hatte Angst, bei ihm wird mit neuer Frau alles gut und er lässt sich ein auf das WIR, das ich mir so gewünscht hatte.

    Zitat von Helli 48


    War auch ein anderes "Problem" oder Euer Verhalten so vorrangig das der Alkohol im Hintergrund war oder nicht mehr thematisiert wurde?


    Das habe ich auch so erlebt. Meine Unzulänglichkeiten wurden stark problematisiert, auch wenn es Alltägliches war.
    Meine Bedürfnisse waren darüber hinaus für ihn unangemessen (Ganz normale Wünsche nach Zuverlässigkeit, Zuwendung, Zärtlichkeit)
    Durch diese vielen heraufbeschworenen Themen geriet der Bierkonsum in den Hintergrund. Vielleicht eben ein ganz trickreiches Ablenkungsmanöver?

    Eine Frage zu den Stimmungsschwankungen:
    Ist es bei Euren Partnern auch so, dass es (selbst im nüchternen Zustand) so unvorhersehbar hin- und herkippt zwischen lieb / anhänglich und schroff / abweisend?
    Habt Ihr auch das Gefühl, ständig zu beobachten, was gerade wieder an der Reihe ist?
    Sich brav freuen, wenn er gut drauf ist und das nicht vermiesen,
    bei schlechter Stimmung bloß keinen Anlass geben für ein Herumnörgeln?
    Ich fühle mich, als liefe ich auf rohen Eiern. Und wenn ich nicht total flexibel reagiere, riskiere ich Mißstimmung.

    Ich glaube, Menschen wie wir haben ein Defizit im Grenzen spüren und setzen.
    Wenn uns so ein hilfsbedürftiger oder irgendwie labiler Mensch begegnet, dann merken wir nicht, dass das nicht gut für uns sein könnte. Jedenfalls nicht bewusst.
    Und so machen wir dann alles, damit es dann doch gut wird, machen dann noch weiter, wenn es eigentlich gar nicht mehr geht.
    Verharren in Situationen, aus denen andere längst fortgegangen wären.

    Zitat von kaltblut


    Als Coabhängiger werden vielleicht mehr Hormone, Adrenalin oder sonstige Stoffe ausgestoßen, da sich durch die Abhängigkeit ja die inneren Monster auf Dich freuen und mit dem kleinsten Fünkchen Hoffnung am Himmel ist es immer wieder gut.
    LG Kaltblut

    Ich glaube, das ist das zentrale Phänomen der Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit: Das Auf und Ab.
    - (Sehn-)Sucht
    - Befriedigung der Sucht (Alkohol beim Abhängigen, Hinwendung beim Co-Abhängigen)
    - Abebben des Pegels
    - Entzug (Droge bzw. Zuwendung)
    - neuer Suchtdruck
    und alles von vorn.

    Dieses Auf und Ab triggert immer wieder neu.

    Der trinkende Partner erlebt das mit dem Alkohol, der/die Co-Abhängige erlebt das mit dem Partner.

    Und vielleicht verwechselt man dieses Auf und Ab, dieses ewige Drama mit Liebe, man weiß nie, was kommt, freut sich, ist enttäuscht, freut sich wieder.
    Mag sein, dass dadurch Adrenalin ausgeschüttet wird, weil man sich ab und zu besonders gut fühlt, wenn man das Suchtmittel bekommt.

    Liebe Lütte,

    ich stimme Dir zu, dass niemand dafür verantwortlich ist, meine Bedürfnisse vollumfänglich zu erfüllen - außer ich selbst.

    Wenn jedoch so gar kein Bedürfnis erfüllt wird (eine Umarmung, eine Rückmeldung, mein Schlafbedürfnis als Frühaufsteher), dann glaube ich nicht, dass dieser Partner gut für mich ist.
    So eine "Mangelbeziehung" kann ich mir nicht schönreden, indem ich mir alle Bedürfnisse selbst erfülle.

    Gute Freunde zu haben, den Tag schön zu gestalten, mir Gutes tun, Achtsamkeit mir selbst gegenüber - ja, das ist meine Verantwortung.
    Nur eben dies Projektionsfläche sein für die Unzufriedenheit des Partners, Blitzableiter für die Launen, das ist dann doch zu wenig und läuft meinen Bedürfnissen deutlich entgegen.

    Ist ein Bedürfnis nach Freundlichkeit im Umgang miteinander schon zuviel Last, die ich ihm da aufbürde?

    Hallo Sunny,

    ohne jetzt auf Deine Fragen im Einzelnen einzugehen, kann ich für mich sagen, dass ich insgesamt "Beziehungsabhängiger" bin als der Durchschnitt. Ich würde den Begriff nun gar nicht so negativ werten, wie er klingt.

    Vielleicht sind wir eben ausgeprägtere "WIR"-Menschen, die viel dafür tun (und dulden), um dieses WIR zu erhalten. Oder auch zuviel WIR hineininterpretieren in eine Beziehung.
    Mein vieltrinkender Partner ist (wie auch alle Partner davor) ein sehr sensibler Mensch, wahrscheinlich hochsensibel mit depressiver Seite. Und das tiefgründige, sensible, das spricht eben an und bindet mich ungeheuer.
    Diese ganz intensiven Momente, wenn er so weich und verletzlich ist/war, gaben mir das Gefühl, er sei die größte Liebe meines Lebens.
    Viel geweint hat er auch, bei Männern ja nicht so häufig anzutreffen. Und auch das liess mich Nähe spüren.

    Also bin ich wohl co-abhängig, weil ich mich eng binde, eigentlich in allen Lebenslagen.
    Und ich mache viel dafür, um diese Bindungen zu erhalten.
    Ob man dadurch für einen alkoholabhängigen Menschen eben reizvoll ist, weil man geduldig und anspruchslos ist, halte ich für wahrscheinlich.
    Und dadurch gerät man zwangsläufig leichter in ungesunde Beziehungen als die unabhängigen Menschen, die viel besser Grenzen ziehen können.

    Liebe Isebon,
    ich glaube nicht, dass er so schlecht gelaunt ist, weil Du das Thema Alkohol angesprochen hast.
    Sein ständiges Fehlinterpretieren ist seine eigene Unzufriedenheit. Und die konnte er sich "wegtrinken".
    Mein vieltrinkender Partner ist ebenso missmutig und fasst vieles als Angriff auf. Ich sagte mal "Naschkatze" zu ihm, weil er eben gern nascht. Da war er drei Tage beleidigt - und ich drei Tage übervorsichtig.
    Ich glaube, oft steckt ein Minderwertigkeitsgefühl oder eine Depression dahinter, die so launisch macht. Oder einfach der Verzicht auf das Entspannungsmittel Alkohol.
    Wenn Du zudem noch eine lebenstüchtige Frau bist, dann fühlt er sich ggf. noch unterlegen. Das macht dann wütend. Eigentlich auf sich selbst, doch das wird projiziert auf Dich.

    Irgendwas wird doch schließlich mit dem Alkohol "therapiert".

    Liebe Eklisee,

    Dein Gefühl ist Liebeskummer, und das umfasst eben alles - Sich alleingelassen fühlen, die Enttäuschung im Wortsinne (die Täuschung ist weg), Verlust, meinetwegen auch "Entzug".
    Ich höre gerade ein spannendes Hörbuch: "Glauben Sie nicht alles, was sie Denken".
    Da lernte ich den Begriff der mentalen Simulation.
    Das Gehirn denkt sich das dazu, was fehlt. Simuliert also einen Zustand, der real gar nicht da ist.
    Mit Blick auf gescheiterte Beziehungen und die Sehnsucht nach den guten Momenten komme ich manchmal zu dem Schluss, dass vieles von dem Guten eben auch Simulation war.
    Dein Partner war kein Alkoholiker, Du hattest gute Gespräche, hast Dich oft wohlgefühlt. Doch war er WIRKLICH Partner oder hast Du Einiges hineininterpretiert?
    Du schreibst, Du habest Dich zeitweise aufteilen müssen zwischen Beruf, Kind und Partnerschaft. Hat er Dich denn dabei unterstützt?
    Ich schreibe das, um Dir einen Denkanstoß zu geben, ob Du idealisiert hast, und dabei eigene Bedürfnisse ausgespart hast.

    Mir hilft es manchmal, wenn ich mich nach dem alten WIR sehne, und ich mir dann klarmache, dass dieses WIR vorwiegend mein Werk - oder mein Wunschdenken war. Weil er eben das Potential hatte, jedoch wenig beitrug.