Beiträge von zerotonine

    Hallo Carl Friedrich,

    ich stimme dir vollkommen zu: Es geht darum, Rituale zu durchbrechen und gewisse Situationen zu identifizieren, die ein Trigger sein können. Im Bezug auf Rauchen sehe ich nur einen kleinen Unterschied: Ich finde, es gibt über den Tag verteilt beim Rauchen recht viele kleine und größere Triggerpunkte. Wenn ich mich betrachte, dann könnte ich jetzt nicht so viele konkrete Punkte festmachen, welche sofort mein Alkohol-Suchtgedächtnis triggern könnten. Beim Rauchen allerdings schon. Beim Alkohol ist es bei mir eher was Diffuses - so scheint es mir jedenfalls grade. Das ist so einer der Punkte, auf die ich achten werde.

    Die E-Zigarette hat bei mir einen ganz banalen Existenzgrund: Ich wohne in einem oberen Stockwerk und habe keinen Balkon :) Irgendwann letztes Jahr hatte ich keine Lust mehr auf diesen ständigen Rauchgeruch und wollte mal eine E-Zigarette ausprobieren. Allerdings stellte ich fest, dass diese mir nicht zum Trinkverhalten passte, weswegen es wieder Zigaretten gab. Ich weiss zwar nicht genau, ob mir das jetzt grade etwas hilft, aber ich möchte ein Triggern des Suchtgedächtnisses durch Zigaretten vermeiden. Bonus: Meine Wohnung riecht absolut nicht mehr nach Rauch! :)

    Mein Rauchverhalten mit einer E-Zigarette ist anders. Es ist auch geschmacklich anders, weil die meisten Liquids eher süßlich, fruchtig oder "cremig" (Cappucino, Käsekuchen...) sind. Langfristig möchte ich das Rauchen ganz aufgeben, nur jetzt grade kann ich den Extrastress "Rauchen aufhören" nicht gebrauchen. Eines nach dem anderen...

    Hallo Carl Friedrich,

    meiner Meinung nach gibt es beim Rauchen viel mehr tägliche, ritualisierte Auslösersituationen als beim Alkohol. Einige Beispiele von mir:

    - Morgens Kippe & Kaffee
    - Die Kippe nach dem Essen
    - Die Kippe, wenn ich das Haus verlasse
    - Die Kippe im Auto kurz nach dem Losfahren

    Eventuell kann man sich etwas besser auf das Aufhören vorbereiten, in dem man in diesen Situationen das Rauchen nach hinten verschiebt oder gar in diesen Situationen peu a peu auf das Rauchen zu verzichten. Statt beim ersten Kaffee morgens schon zu rauchen, erstmal den Kaffee trinken (und ggf. Frühstücken) und erst später rauchen. Im Auto doch nicht rauchen. Wenn ich mir mein Rauchverhalten anschaue, dann gibt es einige von diesen Situationen. Meine Therapeutin damals riet mir mal, die Zigarette morgens erst nach dem Frühstück zu rauchen. Das fand ich einen guten Rat, weil ich merkte, daß ich diesen ritualisierten Suchtdruck (Kaffee & Kippe) mit etwas Mühe auflösen konnte. Es wurde mir zunehmend einfacher, erst später zu Rauchen.

    Ich habe mich seit kurzem wieder auf eine eZigarette verlegt. Ganz Aufhören ist mir grade zu stressig. Interessanterweise ist auch eine eZigarette schon eine Umstellung der Rituale. Ich ziehe meistens nur 2-3x daran und lege sie dann wieder weg. Eine Zigarette hätte ich ganz geraucht. Nach dem Verlassen des Hauses ziehe ich auch nur 2-3x, bis ich an meiner Bushaltestelle bin. Weiterer Vorteil einer eZigarette: Meine Wohnung riecht nicht mehr nach Rauch ;)

    Handelt es sich in beiden Fällen nicht nur um zwei unterschiedliche Formen des Ignorierens? Mich selber als Alkoholiker zu bezeichnen bedeutet für mich, diese Tatsache zu akzeptieren und daraus ergibt sich, dass ich auf mich aufpassen werde. Hoffentlich besser als in der jüngsten Vergangenheit... :oops:


    Die Biergläser müssen zumindest mal aus der Wohnung. Vielleicht verschenke ich sie auch.

    Die Weingläser stehen jetzt erstmal im Keller, zusammen mit dem anderen Zeug, was nächste Woche rausfliegt. Keller ist mein Transitraum für Zeug, was rausfliegt.


    Interessanterweise hatte ich so gut wie nie Alkohol zuhause, nur wenn ich Besuch erwartet habe. Da habe ich den Alkohol für den Besuch gekauft, weil ich dachte, die brauchen das. Und dann ist das meistens total eskaliert, weil ich, aus Angst, zu wenig anbieten zu können, jede Menge gekauft habe.
    Zudem haben die auch immer noch alle was mitgebracht.

    Ging mir ähnlich: Ich hatte nie Bier, Sekt oder Wein zuhause, "falls Gäste kommen". Einen Weinvorrat an "guten Tropfen" pflegen war und ist mir fremd. Ich habe mir immer meine Flasche Schnapps mitgebracht, nur für mich.


    Mir gefällt das, was du über Achtsamkeit geschrieben hast. Das ist ein Vokabel, das mir in den letzten zwei Jahren öfters untergekommen ist - auch, was meine Depressionen und Panikattacken betrifft...

    Falls du Lust hast und es dir nicht zu privat ist: Was bedeutet Achtsamkeit für dich?


    Stimmt. Da sollte ich im Wohnungsumfeld auch noch einiges bereinigen.
    Jede Menge Biergläser aus aller Welt da, die von Reisen zurückgebracht habe, als Souvenirs. Die haben da nichts mehr verloren...

    Als ich zu rauchen aufgehört habe, trug ich alle Rauchutensilien wie Aschenbecher, Feuerzeuge etc. direkt runter in den Müll.

    Ich kann mir vorstellen, dass es etwas schmerzlich sein wird, die Biergläser wegzuwerfen, aber es ist auch eine psychologische Hilfe: "Hit the road, Alk, and never come back no more no more no more no more!" ;) Hat es bei den Rauchuntensilien nicht auch geholfen?

    Kannst auch gleich mal deine Lebensmittel durchforsten...

    Hallo Herr Palomar,

    Achtsamkeit ist da so ein Begriff, der mir wieder verstärkt im Kopf rumgeht. Mir ist z.B. klar, dass meine Wohnung hier der Ort ist, an den ich mich zurückgezogen hatte um zu saufen. Deshalb werde ich hier auch vorsichtig sein. Ich muss darauf achten, dass ich hier gewisse Verhaltensmuster nicht wiederhole bzw. sie angehe. Dazu gehörte für mich in den letzten 2 Wochen auch eine recht große Runde Aufräumen und Dinge wegwerfen, damit ich mich in meiner Wohnung wohlfühle und diese Teil eines anderen Lebensstils wird. Für nächste Woche ist geplant, eine größere Runde Elektroschrott zu entsorgen. Ich gehe zum Beispiel jetzt mehr spazieren, einfach nur raus und nicht in der Bude rumhocken. Vielleicht bekomme ich es sogar hin, in meinem aktuell begrenzten Finanzrahmen das Fahrrad zu reparieren, das ist eines der nächsten Ziele, auf die ich mich freue.

    Achtsamkeit werde ich dazu brauchen, damit sowas nicht in einen sinnlosen Aktionismus ausartet, der mich von den grade wichtigen Aufgaben ablenkt. Ich habe unglaublich gute Vermeidungstaktiken entwickelt, um mich nicht um unangenehme Dinge zu kümmern ("Ich sollte JETZT unbedingt die Kaffeemaschine mit einer Zahnbürste reinigen!"). Alkohol gehörte für mich auch dazu: Flucht und Vermeidung.


    Ich will dem Alkohol nicht entgegen gehen. Andererseits: Nicht mit Alkohol konfrontiert zu werden, ist so gut wie unmöglich, außer man lebt auf einer einsamen Insel. Egal wo man vorbeigeht, überall wird Alkohol getrunken - in Cafés, Imbissbuden, Restaurants, ja sogar auf Parkbänken oder an irgendwelchen Ecken stehen Leute mit Bierdosen. Die Regale in den Supermärkten. Wo ist der Unterschied? Da kann ich auch rückfällig werden.

    Der Unterschied liegt im vertrautem Umfeld. Manche meiden sogar den Supermarkt, in dem sie immer den Alk gekauft haben. Die Typen in der Innenstadt mit Bierdosen können dir egal sein, es sei denn, sie sind ein vertrautes Umfeld für dich.

    Ich werde auf mich achten, diese vertrauten Umfelder zu meiden. Es gab/gibt bei mir ein sehr vertrautes Umfeld im soziokulturellem Bereich, was ich leider nicht mehr besuchen werde, obwohl ich dort gerne mitgearbeitet habe. Aber ich habe in einem Laden mit Bühne und Theke nichts zu suchen, obwohl ich viele gute Leute dort kenne und tolle Veranstaltungen mitgestaltet habe.

    Hallo Frontifex,

    ich glaube, ein Schritt in Richtung meines Rückfalls war zu denken, dass ich "das Ganze" ja hinter mir habe. Ich war ja in Therapie! Jetzt gibt es einen neuen Abschnitt, in dem Alkohol kein Problem mehr ist. Und dann geschah irgendwann genau das, was du beschrieben hast: "nur weil ich die meiste Zeit mit Alkohol und Drogen in meiner Umgebung klar komme heißt das nicht dass ich den Konsum selbiger überstehen kann". Das hatte ich nicht mehr Ernst genommen. Es kamen bei mir noch andere Sachen hinzu, aber das hier ist der Thread vom Herrn Palomar, den ich nicht entführen möchte :)


    Im Vorstellungsbeitrag schrieb ich ja, dass ich am nächsten Tag (das war der letzte Mittwoch) auf eine Party eingeladen war, und ich dort nicht hingehen würde.
    Nun, ich war tatsächlich doch dort und habe es genossen, Apfelsaft und Eistee zu trinken - während meine ganzen Freunde ein Bier nach dem anderen und Kurze in sich reingeleert haben. Ich war um 22:30 nüchtern zuhause, bin am nächsten Tag frisch und ausgeruht, ohne Kater, ins Büro gefahren und konnte meinen Tag bestreiten.

    Moin!

    Erstmal herzlichen Glückwunsch zur ersten Woche! Bist mir 2 Tage voraus :)

    Auch, wenn ich hier ebenfalls neu bin habe ich grade meinen ersten Rückfall hinter mir und möchte dich auf die "Euphorie" hinweisen, die auch mich damals beim ersten Mal befallen hat und auch jetzt beim zweiten Mal etwas abgeschwächt wieder da ist. Es ist ziemlich einfach in der ersten Zeit, dennoch auf eine Party zu gehen und dann stolz geschwellter Brust nüchtern heim zu gehen. Das ist leider sehr gefährlich! Irgendwann, in den nächsten Wochen der fern-nahen Zukunft kommt dann nämlich vielleicht ein: "Ach naja, ich habs doch sonst immer wieder geschafft, heute ein halbes Glas Sekt zum Anstoßen, XY hat doch nen runden Geburtstag...". Du musst dir extrem sicher sein, dass du auf einer Feier nichts trinkst. Grade am Anfang werde ich es jetzt wieder so machen, alle Veranstaltungen mit Alkohol zu meiden. Kann ich dir nur nahe legen.

    Ich frage mich z.B., warum hier bei mir immer noch Weingläser in einem Schrank rumstehen und dort Staub fangen. Was will ich mit denen? Was wollte ich mit denen eigentlich vorher, denn ich war nie ein Weintrinker und habe mir im Leben vielleicht 10 Flaschen zum persönlichen Gebrauch gekauft, wobei die meisten dann für Kochen draufgingen. Gut, ich hatte die Gläser geschenkt bekommen. Die kommen gleich in einen Karton in den Keller und dann werden sie verschenkt. Wenn sie keiner haben will, dann halt ab inne Tonne. Ein alkoholumfreies Umfeld hat nicht nur was mit "keinen Alk dahaben" zu tun :wink:

    LG,
    zero