Beiträge von Rock-Oma

    Ich glaube hier besteht ein Problem mit der Definition von "Bar". Es ist kein verruchter, verrauchter Ort mit zwielichtigen Gestalten und schummeriger Beleuchtung. Hier in Spanien wird alles als "Bar" bezeichnet, wo man sich zusammen mit anderen Menschen niederlassen kann. Es gibt Strandbars, Kaffeebars, Frühstücksbars, Snackbars, Eisbars, usw.. Dort sitzen Familien mit kleinen Kindern, man trifft Freunde und Bekannte zu einem Plausch.

    Wenn ich also statt "Bar" schreiben würde: ich sitze gerne draußen am Strand, auf einem Stuhl, an einem Tisch, schaue aufs Meer, beobachte die Menschen auf der Strandpromenade und trinke dabei einen Tomatensaft mit scharfen Gewürzen, Limettensaft und Sellerie - dann würde das wohl nicht so ein starkes Unwohlsein im Forum verursachen.

    Dass hier der Verdacht geäußert wird, dass mich mein neues Lieblingsgetränk an meinen Ex-Drink erinnern würde ist auch total falsch. Nach dem Stopp mit Cuba Libre (der sehr süß ist) hatte ich verschiedenes ausprobiert: Cola, Limo, Fruchtcocktails, Smoothies, Eistee - aber das war mir alles zu süß und hat mich zu sehr an Cuba Libre erinnert. Also bin ich bei Tomatensaft und Gazpacho gelandet. Ich finde ich habe das recht gut gelöst.

    Überhaupt - bisher wurden mir hier nur negative Gedanken eingepflanzt: du schaffst es nicht ohne professionelle Hilfe, ohne SHG, ohne Therapie, ohne Nachsorge, der Drang zu trinken wird stärker sein als du. Nicht zu trinken reicht nicht - du musst dein Leben ändern! Warte mal ab bis du in eine Stresssituation kommst - das Suchtgedächnis wird dich übermannen. Ja glaubt ihr denn, dass ich in den letzten 1,5 Jahren keine Stresssituationen hatte? Meine beste Freundin ist elendig an Krebs verstorben. Dank Corona und den ausbleibenden Touristen sind zwei Freunde mit ihrem Restaurant und der Boutique pleite gegangen, nur Problemgespräche in meinem Umfeld. Ich selber hatte mit meinen Ferienwohnungen nur Stornierungen, keine Einnahmen und wusste nicht wie ich die Kosten für das Haus und den Lebensunterhalt zusammen bekomme. Habe ich deswegen wieder angefangen zu trinken? NEIN! Mit meinem klaren Kopf konnte ich Lösungen finden anstatt in Depressionen zu verfallen.

    Nach meiner Trockenheit hat es einige Veränderungen in meinem Leben gegeben: ich reinige täglich meine Wohnung, kümmere mich um meinen Garten, esse regelmäßig 3 Mahlzeiten, gehe nicht mehr erst gegen morgen zu Bett und schlafe nicht mehr bis mittags, habe mich von einigen Leuten getrennt, die mich spätnachts besoffen anriefen um mich vollzujammern, und von anderen, die mein Helfersyndrom ausnutzten.

    Letzte Nacht konnte ich nicht einschlafen, da ein Hamsterrad in meinem Kopf ständig wiederholte: du musst dein Leben ändern. Bin dann um 3 h wieder aufgestanden und habe noch 1,5 Stunden TV gesehen. Endlich eingeschlafen. Dann der Alptraum: ein riesiger Krake streckte seine Tentakel nach mir aus und wollte mich ins dunkle tiefe Meer zerren, weg von der Sonne, hin zu den verlorenen Seelen im Dunkeln, die auf weitere Alk-Opfer warteten, die sie für alle Zeiten in therapeutische Maßnahmen beim Körbe flechten festhalten wollten.

    Nun, in der ersten trockenen Zeit bin ich dem Alk aus dem Weg gegangen, war in keinem Restaurant und keiner Bar. Sogar wenn in einem Film jemand aus einer Schnapsflasche trank, dann fand ich das widerlich und abstoßend. Aber jetzt, nach über 1,5 Jahren, ist es mir einfach egal, was andere Leute machen.

    Wichtig ist was ich mache, bzw. nicht mache.

    Natürlich gibt es einige Orte die ich meide und auch weiter meiden werde. Das sind diese Ballermann Bars, wo alle nur sternhagelvoll sind. Aber da bin ich früher auch nicht gerne hingegangen, weil mir die Musik nicht gefallen hat. Ich bin dort nur gewesen, weil meine Feriengäste dort ausgehen wollten.

    (ich habe bis vor einem Jahr Ferienappartements vermietet). Und nach dem zweiten Cuba Libre fand ich sogar Elvis auf der Bühne lustig und habe mitgesungen. Damit ist jetzt natürlich Schluß.

    saludos, Rock-Oma.

    Das würde für mich bedeuten: keine Strandspaziergänge, denn dort gibt es überall Strandbars, nie mehr in ein Restaurant, denn dort gibt es am Nebentisch Wein , kein Supermarkteinkauf, denn dort wird Alk angeboten, kein TV schauen, denn in fast allen Filmen wird getrunken, selbst Reklamepausen voll mit Alk-Werbung.
    Was wäre die Alternative? Ein Leben im Kloster? Auf der Raumstation ISS? Im Dschungel?


    Soll ich mich gänzlich vom sozialen Leben zurückziehen und vereinsamen? Dann müsste ich mir ein neues Forum suchen, wo ich schreiben könnte: Hilfe ich bin so deprimiert, weil ich soooo einsam bin. ;(


    Natürlich bin ich mir der Risiken eines Rückfalls bewusst. Aber das ganze Leben ist voller Risiken. Ich kann mein Leben lang Nichtraucher und Nichttrinker sein - und trotzdem von einem Auto überfahren werden, in einem Flugzeug abstürzen oder an Krebs sterben.

    Seit es Covid gibt, trage ich eine Maske, bin jetzt geimpft, halte Abstand und küsse nicht Hinz und Kunz auf der Straße. Bin vorsichtig - aber nicht panisch.


    Ja, vielleicht wartet irgendwo der Highway to Hell. Aber man kann doch vor lauter Angst nicht in Panik verfallen und sich für alle Zeiten in seiner Wohnung einschließen.


    saludos, Rock-Oma.

    Vielen Dank Hartmut für den Artikel. O.K., dann war ich doch nicht co abhängig. :oops: Gut zu wissen.

    Aber auch ohne diese ehemalige Abhängigkeit sehe ich noch einen langen Weg vor mir.

    Ich glaube, das Beste was ich gemacht habe ist, dass ich allen, wirklich allen von meinem Komazusammenbruch und meiner darauf folgenden Abstinenz erzählt habe. Freunden, Bekannten, und sogar in meinem Tierforum und Reiseforum hab ich davon berichtet. Ich habe nur positive Reaktionen erhalten und man hat mich für den Mut mich zu outen beglückwünscht.

    Zwei Bekannte sind meinem Beispiel gefolgt und haben Alk aus ihren Wohnungen verbannt, trinken nur noch in Gesellschaft bei besonderen Anlässen.

    Sogar mein Freund - edit - , der eine Cubanische Cocktailbar besitzt, findet es toll, dass ich schon so lange trocken bin. Er mixt mir jetzt immer eine alkfreie Bloody Mary.

    Ich weiß dass es jetzt Proteste hageln wird, weil man als trockener Alkoholiker Bars meiden soll. Aber ich wohne nun mal in einem Touristenort mit buntem Nachtleben und wenn ich nicht mehr ausgehen dürfte - dann könnte ich mich auch in ein Grab legen. Wenn ich es nicht ertragen könnte, dass am Nebentisch gesoffen wird - dann würde das nur meine Schwäche zeigen. Und mein Motto lautet: ich bin kein Weichei.

    Die letzten Tage habe ich hier im Forum kreuz und quer gelesen und bin auf zwei Sachen gestoßen mit denen ich nichts anfangen kann.

    Hartmut sprach in einem Beitrag von "irreparablen Schäden nach einem kalten Entzug". Im Netz konnte ich dazu nichts finden. Was ist damit gemeint?

    Auch das "Sucht-Gedächtnis" ist mir fremd. Ich habe wohl eher ein Schock-Gedächtnis, denn jedes Mal, wenn ich mein Badezimmer betrete, muss ich daran denken, wie ich nachts stundenlang im Koma auf dem Boden gelegen bin.

    Dann ist mir noch aufgefallen, dass ich 39 Jahre lang Co-Abhängig von meinem Gatten war. Dieser Ausdruck war mir bisher auch fremd.

    Es hatte mich auch nie gestört, dass er viel Bier getrunken hatte. War ja nur Bier. :roll: Wir tranken auch nie tagsüber, erst nach dem Abendessen, haben nie die Arbeit vernachlässigt und wurden auch nie aggressiv - im Gegenteil - wir waren immer lustig und gut drauf. Erst als er aufhörte täglich Bier zu trinken, längere Pausen einlegte um danach dreifach loszusaufen, wurde er aggressiv und unausstehlich.

    Oh, da hatte ich mich wohl unverständlich ausgedrückt. Extrem gezittert habe ich nicht nach meinem Zusammenbruch, sondern als ich noch gesoffen habe. Also morgens und tagsüber gezittert. Nach dem Abendessen, nach dem zweiten Cuba Libre war das Zittern weg.

    Möchte dich nicht erschrecken,

    Ne ne, keine Angst, mich kann man so leicht nicht erschrecken. Bin kein Weichei, kein Warmduscher und beleidigen kann man mich auch nicht. Ich teile manchmal gerne aus - also kann ich auch einstecken.

    war anfangs bei mir schon essen mit Messer und Gabel lebensgefährlich.

    Wie meinst du das? Hast du so stark gezittert?

    Extrem gezittert habe ich auch. Mir ist alles von der Gabel gefallen und die Suppe vom Löffel geschwappt. Das war in den Restaurants schon etwas peinlich. Aber noch schlimmer fand ich es, dass ich mich nicht mehr richtig schminken konnte. Nach der Benutzung von schwarzen Kajalstiften sah ich immer aus wie Alice Cooper. 8)

    An Entzugserscheinungen kann ich mich nicht erinnern, habe ja nur geschlafen. Ich kann mich sowieso an kaum etwas erinnern, was vor und nach dem Koma passierte. Hohen Blutdruck hatte ich schon seit vielen Jahren und nahm regelmäßig Betablocker. Erst einige Monate nach dem Zusammenbruch habe ich im Internet etwas über Alkoholismus gelesen und dort erfahren, dass ich wohl einen sogenannten kalten Entzug durchgemacht hatte und dass dies nicht ratsam sei und es sogar zu Todesfällen kommen könnte.

    Wow, 10 Jahre trocken! Glückwunsch! Nachsorge???

    Hallo Topema,

    im Krankenhaus hat sich niemand um mein Alk-Problem gekümmert. Sie haben mich nur von Kopf bis Fuß geröntgt und gescannt, da ich nach dem Sturz ins Koma aussah, als hätten mich die Klitschko Brüder verprügelt. Die rechte Körperseite voller Hämatome und dicke Beulen am Kopf. Die Ärzte - und auch ich - waren froh, dass ich mir nichts gebrochen und mein Kopf keine inneren Blutungen hatte. Bei der Einlieferung hatte man mich zwar gefragt, ob und wieviel ich trinke, was ich auch wahrheitsgemäß beantwortet habe, aber spezielle Medikamente oder Behandlungen bekam ich nicht.

    AC/DC ist zwar meine Lieblingsband, hat mir aber beim Entzug nicht geholfen. Das war komischerweise Ozzy Osbourne, der Sänger von Black Sabbath. Immer wenn ich mich abends nach einem Drink sehnte, dann habe ich mir sein Musikvideo "Under the Graveyard" angeschaut. Da ist mir immer die Lust auf Alk vergangen. Obendrein habe ich mir täglich gesagt: wenn Ozzy jetzt schon über 5 Jahre trocken ist - dann schaffe ich das auch!!!

    saludos, Rock-Oma

    Meine Vorstellung in Kurzform:

    geboren 1955, seit 27 Jahren lebe ich an der Costa del Sol, heute bin ich seit einem Jahr, 7 Monaten und einer Woche trocken.

    Die lange Version:

    so lange ich zurückdenken kann, habe ich Bier getrunken. Als vor 5 Jahren mein Mann starb, habe ich auf Cuba Libre umgestellt. Nicht weil ich so deprimiert war, sondern weil ich mein freies Leben genossen habe, dazu gehörte Ausgehen und Rock-Konzerte besuchen. Von Bier muss man ständig aufs Klo, und wer die spanischen Klos - besonders bei Musikveranstaltungen - kennt ......

    Zurück Zuhause angekommen war ich so aufgekratzt, dass ich noch weiter Musik hören musste und weiter getrunken habe. Ein ganzer Liter Rum pro Nacht wurde zur Regel.

    Am 27.12.2019 bin ich nachts in meinem Badezimmer ins Koma gefallen und lag einige Stunden auf dem Fußboden, halb auf der Kante der Dusche, halb auf dem Katzenklo. Zwischendurch bin ich mal wach geworden und wollte aufstehen, aber ich war zu schwach. Also bin ich liegen geblieben. Gegen Mittag war ich in der Lage einen Notarzt anzurufen. Man brachte mich in ein Krankenhaus, wo ich eine ganze Woche lang nur geschlafen habe, danach habe ich eine weitere Woche Zuhause nur verschlafen.

    Der Schock war so groß, dass ich nie wieder einen Tropfen Alk angefasst habe. Meinen Rumvorrat von 7 Flaschen habe ich verschenkt und in meinen Stammrestaurants und Lieblingsbars habe ich meine Geschichte erzählt, damit sie mir keinen Alk anbieten und sich nicht wundern, dass ich plötzlich Tomatensaft trinke.

    Da ich in einem Touristenort wohne, gibt es hier mehr Bars als Einwohner. Die Touristen trinken im Urlaub wesentlich mehr als Zuhause und man kann keinen Meter gehen, ohne Bier, Wein oder Cocktails auf den Tischen zu sehen. So kam mir der Corona-Lockdown mit der strengen Ausgangssperre ab Mitte März 2020 sehr gelegen.

    Mittlerweile kann ich sogar wieder auf Konzerte gehen, ohne Angst zu haben, dass mich in der Rock-Atmosphäre die Versuchung übermannt und ich rückfällig werden könnte.