Beiträge von Peppita74

    Genau vor 7 Jahren zu dieser Zeit, stand ich dann da und wusste nicht wohin mit mir. Zumal sich in der Zeit auch für herausstellte, ich konnte nicht mehr in meinen alten Job zurück - edit - . Mir war das alles zu viel und ich war dieses ständige Misstrauen, Hinterfragen und auch Verarscht werden im Job so satt. Das hat mich obendrein in eine Depression getrieben. Aber als Beamtin im sozialen Bereich, nicht so leicht sich in einen anderen Bereich versetzen zu lassen. Stand also alles auf Neuanfang.

    Im übrigen habe nicht ich die Beziehung beendet, sondern er. Denn ich war ja diejenige seiner Meinung nach, die ihn ständig triggerte und für die Situation zuhause verantwortlich war und er deshalb natürlich auch saufen musste. Die Streitigkeiten und Diskussionen, die ich herbei geführt hätte, könne er nicht mehr ertragen. Auslöser waren meist ganz banale Dinge, wenn ich das Gespräch gesucht habe, wie wir Alltagsdinge erledigen und wer, was jeweils im Alltag übernimmt. Oder Vorschläge welche schönen Dinge wir gemeinsam unternehmen könnten, weil es davon gar nichts mehr gab. Ich hab das ganze nie kapiert, weil ich dachte, Moment, man kann doch alles klären und über alles reden. Und seine tagelangen Rückzüge und mich dabei komplett ignorieren hätte er ja machen müssen, um sich vor mir zu schützen. Er konnte tagelang nicht mit mir reden, war kalt wie ein Stein. Aber ich war gut genug, um Lebensmittel und leider auch Alkohol heran zu karren, den Haushalt zu machen. Ich hatte im zweiten Stock im Haus einen Raum für mich, den ich damals aber nicht als Rückzugsort für mich sah, sondern als Strafort weil er mich quasi dorthin schickte, weil er mich nicht bei sich haben wollte bzw. wehe ich hätte mich dazu gesetzt. Da saß ich dann da oben in meinem Raum, voller Verletzung darüber, wie ablehnend er war, während er sich unten im Wohnzimmer bei lauter Musik, Serien oder Playstation zukippte und sich in seinem Selbstmitleid aalte. Und Schuld war ich ja. Und ich hab dann tagelang gewartet, bis er wieder aus seinem Schneckenhaus kam und eine langsame Annäherung möglich war, bei der ich mich erklärte und meistens auch entschuldigte. Ich war selber wie paralysiert.

    Aber das peinlichste an der ganzen Geschichte ist und den größten Fehler, den ich gemacht habe ist, dass ich zu der Zeit oftmals mit ihm mit getrunken habe und sich eben aus diesen Situationen auch Streitigkeiten ergeben haben. Und dadurch war ich selber in Szenen drin, die ich nie im Leben von mir erwartet habe und auf die ich alles andere als stolz bin. Vorher hab ich nie so getrunken. Aber auch das gehört hier rein, weil ich eben gerade nichts beschönigen will. Aber auch genau das ist der Grund, warum er so leichtes Spiel hatte, mit dem Finger auf mich zu zeigen, weil ich natürlich damit voller Schuldgefühle und Schamgefühle war und heute auch noch bin. Denn aus einem gemütlichen Abend mit gutem Essen und Wein und nach dem Motto: Hol, den Wein raus, wir müssen über Gefühle sprechen, resultierten eben die Eskalationen auch bei mir. Ich konnte die Verletzungen und Zurückweisungen nicht ertragen und hab immer wieder versucht einen Zugang zu ihm zu finden, denn ich konnte nicht verstehen, dass er kein Interesse an meinen Gefühlen hatte. Ein Beispiel: als ich zu ihm ins Haus gezogen bin, haben wir eine Einweihungsfeier gemacht und saßen dann mit ein paar Leuten am Lagerfeuer und er erzählte so, dass ihm ja ausreichen würde, wenn er alleine eine kleine Wohnung hätte, wo er nur Internet und einen vollen Kühlschrank und komplett seine Ruhe hätte. Ich bin aus allen Wolken gefallen, denn wie gesagt, es war die Feier zu meinem Einzug bei ihm, vor dem ich eh großen Respekt hatte, weil ich über 10 Jahre alleine vorher gelebt hatte. Und absolutes Unverständnis seinerseits, dass ich mich so aufrege, weil er ja damit einfach sagen wollte, dass er kein typischer Hausbesitzer ist und er sich eigentlich, darum nicht kümmern will und hätte nichts mit mir zu tun.

    Und ich hab immer weiter an ihm festgehalten. So bescheuert es ist, mir ist zu dem Zeitpunkt noch nicht in den Sinn gekommen, dass er Alkoholiker ist. In meinen Augen hatte er einen riskanten Alkoholkonsum, da ja. Aber in erster Linie, war für mich klar, er hat Depressionen und noch nicht richtig seine Kindheitsgeschichte bearbeitet, weil er noch immer insbesondere der Anerkenung seines Vaters hinterher trauert. Der aus heutiger Sicht übrigens genauso wie die Mutter Alkoholiker ist. Und das war mein Ziel und meine Erklärung für alles, ihm daraus helfen zu wollen. Auch wenn mir langsam bewusst wurde, dass die erste Ehe nicht nur so geendet hat, weil sie ihn betrogen hat, sondern weil das vermutlich ihre Art war, aus der Kiste auszusteigen. Denn anders als in einem Scheidungsverfahren, müssen bei einer Annullierung der Ehe, Beweise gebracht werden, die wie hier in dem Fall, die Täuschung mit dem Kuckuckskind zugrunde legen. Und in dem Urteil habe ich Zeugenaussagen gelesen, die darauf hin gedeutet haben, dass er sich hier schon ähnlich verhalten haben muss und es auch dort zu ständigen Streitigkeiten und Eskalationen gekommen ist.

    Obwohl mir aufgefallen war, dass er gar kein Interesse daran hat, in irgendeiner Form Verantwortung für irgendetwas geschweige denn irgendwen zu übernehmen. Hinzu kamen unzählige Situationen, wo er irgendetwas aus irgendeinem, meist gesundheitlichem Grund nicht machen konnte. Ob es nun Verdauungsprobleme waren oder die wirklich schlimme Schuppenflechte oder eben ein Rückenleiden. Aber KO-Grund war meistens seine Erschöpfung, die ja dann in erster Linie durch mein Verhalten ihm gegenüber ausgelöst wurde. Somit hab ich mich und meine Bedürfnisse komplett zurück genommen. Oder ich hab ihn konfrontiert, was dann wieder dazu führte, dass hier Teller flogen bzw. tagelange Ignoranz. Bin auf jeden Fall da geblieben, zumal mir ja auch alleine schon durch meinen Job damals, keine Abgründe des Menschen unbekannt waren und mein Auftrag war es ja, ihn zu stabilisieren, um dann den Traum von der glücklichen Zukunft mit Kindern und allem PIpapo endlich leben zu können. Ich war hoch bedürftig. Und auch als ich wegen Endometriose ins Krankenhaus musste und der Arzt in seinem Beisein sagte, sie sollten jetzt schwanger werden sonst geht es nicht mehr, hab ich übersehen, dass er die Augen verdreht hatte. Denn Kind mit mir, auf gar keinen Fall, weil die Beziehung ja wegen mir so schlimm ist und er ja immer noch traumatisiert ist wegen des Kuckukskind und den ganzen Kack. Aufgegangen oder Trost in irgendeiner Form habe ich nicht erfahren. Das Thema wurde abgehakt und dass es mir damit schlecht ging, war nicht egal aber er konnte mir ja nicht helfen, weil ich zu viel verlange oder es ihm wegen irgendeinem Furz der quer saß, nicht gut ging. Muss gerade lachen, weil mir gerade einfällt, wie oft er wenn ich mit ihm über mich sprechen wollte, er dann plötzlich aufs Klo musste. Ein Schelm wer denkt, dass die Verdauungsprobleme etwas mit dem Trinken zu tun haben könnten.

    Es war auch die Zeit, wo er merkte, dass er nicht länger - edit, Berufsbezeichnung entfernt - sein kann. Seine Krankmeldungen häuften sich. Damals noch ausgestellt von einem älteren Landarzt, der ihn dann auch immer wieder wegen Kleinigkeiten, wie Magenverstimmung oder so etwas direkt für ne Woche aus dem Verkehr gezogen hatte. Hatte immer gedacht, warum wird da nicht mal hinterfragt. Aber wozu er immer schon in der Lage war, zu zeigen, wie schlecht es ihm geht und sich Köpfchenstreicheln (wie ich es immer genannt habe) zu holen. Denn er war ja nunmal auch Opfer, dieser ersten Ehe und zudem immer schon ein melancholischer Typ. Zudem kann er sich auch so darstellen, dass er sehr wohl weiss, was ihm fehlt und er es auch übertreibt und nimmt damit sofort seinem Gegenüber den Wind aus den Segeln und wird bedauert. Aber wehe dem er wird konfrontiert oder kritisiert, dann wird sich davon abgewandt. Doch wenn er bei sich von Depression spricht, schafft er es bei anderen Türen zu öffnen, weil sein Gegenüber in ihm einen guten Gesprächspartner sieht. Aber das war es dann auch schon.

    Und so war es dann auch bei seinen Freunden oder Kollegen. Wozu ich später nochmal ausführlich komme, weil die einen großen Teil auch meiner Wut und Verletzung ausmachen. Kollegen, die ihn morgens ohne zu hinterfragen, mit Fahne zum Dienst genommen haben. Kollegen, die bis heute behaupten, ich bin die Ursache, dass er - die Arbeit - mehr verrichten kann.

    Kollegen und Freunde, mit denen aber auch immer gerne in geselliger Runde gesoffen wird. Kollegen und Freunde, die behaupten, ich sei der Trigger, für sein Trinken. Kollegen und Freunde, die gerade aktuell zum ersten mal merken, dass er es schafft sich ganz alleine kaputt zu machen.

    Denn jetzt lebt er in einer kleinen Wohnung mit Internet und gefülltem Kühlschrank und säuft sich gerade tot.

    Und ich stelle gerade fest, dass ich nicht geschrieben habe, dass ich erstmal nach meinem Aufenthalt und der Psychosomatik dann geschafft habe, einen Neuanfang in einer Großstadt zum machen und dort eine Wohnung zu finden. Wo aber die Geschichte nicht endet, denn ich bin ja wieder hier gelandet und hab ihm vor 2 Jahren das Ja-Wort gegeben.

    Aber reicht gerade wieder. Muss selber Pause von dem Thema machen.

    Liebe Aurora,

    hab bei Dir auch einiges schon gelesen, was mich berührt und betroffen gemacht hat. Ich danke Dir.

    Hab auch genauso etwas wie hier gesucht, wo einfach mal Platz und Raum ist.

    Ich hab auch kein Problem damit, mir selber professionell Hilfe zu suchen, wenn ich nicht weiter komme aber mein Bedarf ist gerade eher, einfach mal zu reden und die Dinge zu beschreiben und zu sortieren. Und weiß, dass SHG da eine wertvolle Hilfestellung sind, weil man von den Erfahrungen der anderen profitiert und die Rückmeldung nicht aus dem "Lehrbuch" sondern dem Leben stammt.

    Guten Abend Ihr Lieben!

    Ihr wisst gar nicht, wie gut mir Eure Reaktionen getan haben und ich möchte mich dafür herzlich bedanken.

    Gedanklich bin ich tatsächlich auch den ganzen Tag mit dem Forum hier beschäftigt gewesen und so ziemlich im Wechselbad der Gefühle. Und ich setzte mich auch viel mit Euren Geschichten auseinander.

    Eigentlich wollte ich ja "nur" von der aktuellen Situation sprechen und mir Ratschläge holen, wie ich mit IHM umgehen soll. Wie ich etwas retten kann, welche Sprache ich finden muss. Aber ich merke gerade das reicht nicht aus, denn irgendwie gehört dazu auch die ganze Geschichte der Beziehung ungeschönigt hierher, damit ich mir selber noch mal klar werde, wie tief ich selber in der scheiss Co Abhängigkeit stecke und denke noch immer die Retterin zu sein und alles wird gut. Doch ich die Ahnung ist da, ich lüg mir damit in die Tasche.

    Und es ist tatsächlich so, dass ich nicht wirklich jemanden zum reden habe. Vor allen Dingen keinen, der sich in die Situation hineinversetzen kann bzw. wo es passt, darüber zu berichten. Und eine große Hemmung ist natürlich auch, mein Gesicht als "professionelle Helferin" wahren zu wollen. Zumal mich das eh an die Grenzen bringt, mich nicht selber als total unfähig zu sehen. Ganz schön verquere Situation irgendwie. Und ja, mir ist bewusst, dass es einen Unterschied macht, wenn man selber betroffen ist. Der Chirurg würde bei seiner Frau auch nicht selber einen komplizierten Eingriff machen aber ist dazu in der Lage, den Eingriff zu verstehen.

    Deshalb werde ich mich jetzt auch erstmal weiter an meine Geschichte dran geben und erzählen, wenn das ok ist.

    Und danke, dass ihr mir die Zeit und den Raum gebt. <3

    Das ist prima 😊

    Und es ist der Bereich, wo ich mich auch angesiedelt sehe.

    An dieser Stelle möchte ich Euch schon ein großes Kompliment machen, wie ihr hier arbeitet.

    Orientiere mich gerade noch und lese sehr viel und ich merke allein dadurch passiert schon viel bei mir.

    Und ich danke für Eure Zeit. Versuche heute bei meinem Thema auf den Punkt zu kommen.

    Ich versuche jetzt mal zum eigentlichen Teil meiner Geschichte zu verfassen.

    Vor 10 Jahren habe ich meinen heutigen Mann im Internet kennen gelernt. Zu dem Zeitpunkt kam ich gerade aus einer Beziehung, die mir leider auch nicht gut getan hatte und hatte zu dieser Zeit auch mit einem Burnout zu tun und dem Liebeskummer. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass es falsch in der Singlebörse angemeldet zu sein, weil ich eigentlich noch gar nicht bereit war. Ich hatte ihn dann getroffen und hab eigentlich relativ schnell von ihm wieder Abstand genommen, weil ich nach dem ersten Treffen festgestellt hatte, dass er, noch viel weniger als ich bereit für eine Beziehung war. Denn beim ersten Date ging es nur darum, dass er gerade aus einer Ehe gekommen ist, die annulliert wurde, weil seine Ex ihm fremd gegangen ist und daraus dann ein Kuckuckskind entstand. Ich hab dann schnell von ihm Abstand genommen, weil ich gemerkt hatte, es ging nicht darum, mich kennen zu lernen, sondern darum, dass er jemand hat, der ihm und seinem Leid zuhört. Und darauf hatte ich keine Lust. Ich hatte mich in der Zwischenzeit ganz gut erholt und fühlte mich wohl mit mir alleine. Ich war viel mit meinem damaligen Hund und meinem alten VW T 3 unterwegs. Einzig merkte ich, dass ich meinen Job als Bewährungshelferin nicht weiter ausüben möchte, weil mir das alles zu viel wurde. Und zwar nicht die Geschichten der Menschen wurden mir zu viel, sondern ich wollte dieses ständige angelogen werden und das ganze nicht mehr. Hab mich zu dem Zeitpunkt ausprobiert auch im kreativen Bereich.

    Und dann meldete sich mein heutiger Mann bei mir, weil er mich auf Facebook gefunden hatte. Es war ein gutes Dreiviertel Jahr vergangen und ich hab mir gesagt, komm gib dem eine Chance er wird drüber weg sein. In der Kennenlernphase haben wir viel miteinander telefoniert auch spät Abends und hier war eigentlich schon der erste Punkt, wo ich dachte, Obacht, weil er meistens angetrunken war. Aber fand ich nicht so schlimm. Denn auch ich hab nie ins Glas gespuckt, war auch viel feiern und auch das ein oder andere Wochenende Sonntags verkatert. Aber nie so, dass ich dadurch selber Aussetzer gehabt hätte oder nicht auch darauf hätte verzichten können. Doch gehöre definitiv auch nicht zu denjenigen, die aufgrund der Vorgeschichte mit ihrer Mutter, keinen Alkohol anfassen würde.

    Ich schreibe das alles so ausführlich, weil ich damit die ganze Geschichte auch nochmal vor Augen habe. Und vor allen Dingen möchte ich mich ja selber auch nochmal reflektieren.

    Wir konnten immer gut reden und ich glaube vor allen Dingen unsere beiden inneren Kinder, haben gut miteinander harmoniert, wenn ihr wisst, was ich meine.

    Für mich begann eine sehr sehr glückliche Zeit. Er war Polizist, ich Bewährungshelferin, gleiche Sprache, zwei sehr sensible Menschen aber auch zwei Menschen die gut feiern können und ihre Geschichte haben.

    Ich merkte damals schon, dass er in Löcher fiel und wesentlich öfters trank, vor allem beim Playstation Zocken und dadurch auch nicht zum Dienst konnte. Und auch er fühlte sich in seinem Job als Polizist nicht mehr wohl. Er ist damals in die Fußstapfen seines Vaters getreten, der ebenfalls Polizist war und bei dem er bis heute Anerkennung sucht. Und in seiner Kindheit und Jugend hat er die Polizei durch den Vater als sehr gesellig erlebt und immer viele Parties mitbekommen. Zudem kommt er ursprünglich aus einem kleinen Dorf, von ich bis heute behaupte, dass dort Alkohol schon in der Babyflasche den Kindern eingeflößt wird und absolut zum Alltag gehört. Und auch in seiner Polizeilaufbahn als Streifenbeamter wurde immer viel nach dem Dienst getrunken. So viel, dass kistenweise Lieferungen vom Getränkedienst in die Wache geliefert wurden. Auch das gab ihm immer ein Gefühl von Zugehörigkeit, Geselligkeit usw. Der eigentliche Polizeidienst war meiner Meinung nach, nicht der Antrieb für die Berufswahl.

    Die Beziehung lief gut, auch wenn ich da schon gemerkt habe, wie problembehaftet er eigentlich ist. Aber dennoch war ich glücklich, weil ich dachte, damit geht für mich der Traum von eigener Familie in Erfüllung. Obwohl da eigentlich schon deutlich wurde, seine größten Leidenschaften zielen auf die Playstation, Fussball gucken und eben Alkohol. Außerdem war ich ja auch kein Waisenkind und auch ich war zum Teil echt schräg, weil ich grundlos eifersüchtig war, was zu Konflikten geführt hatte. Aber in meiner Welt war es halt so, Probleme sind zum lösen da. Und zudem bin ich ja die reflektiere Sozialarbeiterin, die für alles Verständnis hat und der vor allem keine Tiefe des Lebens fremd ist oder verängstigt. Fluch und Segen zugleich, sag ich Euch.

    Wir haben auch viel gemeinsam getrunken, oftmals lange lustige Nächte gehabt. Dass er oft seinen Dienst nicht antreten konnte oder mit Restalkohol morgens von Kollegenfreunden abgeholt wurde, habe ich nicht verdrängt aber auch nicht so ernst genommen. Entschuldigung für mich war immer, dass er ein depressiver Typ ist, Schwierigkeiten wegen seiner massiven Schuppenflechte hatte und ich ihn ja liebe. Er lebte im Haus, dass er mit seiner Ex angeschafft hatte, was für mich sehr schwierig war. Aber dennoch war ich überglücklich, als er wollte, dass ich zu ihm ziehe und habe es getan.

    Doch schon schnell kam es zu sehr viel Streit. Ich hab sehr schnell das Gefühl gehabt, er ist eigentlich gar nicht bereit, für irgendetwas Verantwortung zu übernehmen. Wichtig war ihm die Playstation, das Trinken und der Rückzug. Der Rückzug natürlich weil ich für ihn zu anstrengend war. Zu anstrengend, wenn ich eben genau diese Themen angesprochen habe. Hinzu kam meine damalige Eifersucht, für die ich mich bis heute schäme genauso wie für die Streits, bei denen ich dann auch betrunken war. Es haben sich ganze Dramen abgespielt und ich selber bin auch immer depressiver geworden. Zumal ich immer den Mund halten sollte und ich diejenige in seinen Augen war, die irre ist. Wer Ruhe braucht ist im Recht, war seine Aussage. Überhaupt geht es bis heute bei ihm ganz viel um das Thema Schuld, die ich natürlich in seinen Augen in erster Linie habe. Seine ständige Unzufriedenheit mit sich, ständige Rückzüge und die Nächte zum Tag machen und tagelang kein Wort mit mir reden. Opfer seines eigenen Lebens. Auch wenn er damals in Therapie war, bei einer Therapeutin, die eine Freundin seiner Tante ist, was schon ein Unding ist, hatte nicht dazu geführt, dass es ihm besser ging. Vielmehr wurde dort das Thema Trinken, nie angesprochen. Wohl aber die böse Partnerin, die ihn dazu bringen würde, zu trinken und sich zurück zu ziehen. Ein gemeinsames Gespräch bei der Therapeutin, die völlig grenzüberschreitend auf meine Kindeheitserlebnisse mit meiner Alki-Mutter reduzierte, endete damit, dass er im Anschluss zu Rewe gefahren ist mit Ankündigung, so und ich trinke jetzt heute Abend, weil Du dich so schlimm bei meiner Therapeutin verhalten hast. Und aus drei 3 Flaschen Wein später wurden dann mehrere Tage Rückzug hinter die Playstation oder Serien, Saufen und kein Wort mit mir Reden und mich mich komplett ignorieren. Und ich habe es ausgehalten. Die Bestrafung ausgehalten. Ich hab ihn angefleht mit mir zu sprechen, ich hab mich so zum Affen gemacht. Das ganze endete dann, dass ich letztendlich stationär in der Psychosomatik gegangen bin, mit dem Gefühl ich bin ein Monster und bin wirklich die Irre. Und dennoch riss es mir das Herz raus, als wir uns trennten. Erst recht, weil ich im Endeffekt am 40 Geburtstag keine Wohnung hatte und nicht wusste, wohin mit mir und zum Glück bei Freunden, die ich in der Reha kennen gelernt habe vorübergehend wohnen konnte. Das liegt jetzt so 7 Jahre zurück.

    Und ich mache an dieser Stelle mal eine Pause und werde morgen weiter schreiben.

    Ich hoffe, das ist nicht zu ausführlich alles und ok es so aufzuschreiben. Bin gerade selber überrascht, dass ich so viel schreibe.

    Liebe Linde,

    ganz lieben Dank für Deine Worte. Das erleichtert mich total und ich hab mir auch erhofft, hier nicht alleine damit zu sein.

    Und mir geht es echt nicht darum, selber hier als Fachfrau zu agieren, sondern ich brauche ganz dringend einen Ort, wo ich selber mal über meine ganzen Gefühle frei sprechen kann.

    Hallo Zusammen,

    dann werde ich jetzt mal los legen und fällt mir super schwer, einen Anfang zu finden.

    Denn letztendlich durchzieht sich das Thema Alkohol wie ein roter Faden durch mein Leben, was mir beim Lesen der ganzen Beiträge hie, ob nun bei den Alkoholikern oder den Angehörigen nochmals bewusst geworden ist.

    Ich bin Tochter einer Alkoholikerin, die ihre Hochzeit in meiner Kindheit und Teenie Zeit (Ende 70er bist Mitte 80er Jahre) hatte und wodurch ich im Endeffekt auch später im sozialen Bereich beruflich gelandet bin und immer mit Suchtkranken gearbeitet habe. Meine Mutter wurde nach mehreren heftigen Abstürzen (sogar im wahrsten Sinne des Wortes Treppensturz mit Wirbelsäulenbruch) und Klinikaufenthalten bis zu Leberzirrhosen trocken, als sie an meinem 14. Geburtstag einen Hirnkrampf hatte. Sie war im Krankenhaus mit der Leberzirrhose und hatte es geschafft beim Kiosk Schnaps zu besorgen und dadurch dann der Hirnkrampf und wir wussten nicht, ob sie es überlebt und Schäden übrig bleiben. Überlebt hat sie es. Seitdem auch nie wieder einen Tropfen Alkohol angerührt aber der Schaden war dann eine Narbe im Hirn, die für epileptische Anfälle sorgte. Aber sie hatte es geschafft danach ihr Leben lang keinen Alkohol mehr zu trinken. Sie starb vor 4 Jahren im Alter mit 66 an Bauschspeicheldrüsenkrebs innerhalb von 4 Monaten, was nicht auf die "nasse Zeit" zurück zu führen war. Ich hatte kein gutes Verhältnis zu ihr, weil ich früh, eben sehr früh, durch sie in die Rolle der Erwachsenen reinschlüpfen musste. Hatte viel Wut auf sie, zumal auch im Nachhinein, nie dieses Gefühl aufkam, eine Mutter in ihr zu haben. Auch nicht als sie trocken war. Sie war nach wie vor immer wie ein kleines Mädchen. Und das Verhältnis und diese Zeit aus Kindheit und Jugend habe ich selber in unzähligen Therapiesitzungen aufgearbeitet und war auch Teil in der Selbstreflexion in meinem späteren Studium Sozialarbeiterin. Und wisst ihr was? Ich bin sogar ausgebildete Suchtberaterin, weshalb die ganze Situation gerade für mich besonders voller Scham behaftet ist, weil ich einen Alkoholiker geheiratet habe und selber so in die Co-Abhängigkeit reingerutscht bin. Ich bin sogar eine Sozialarbeiterin und habe vielen auf ihrem Weg aus der Sucht begleitet. Und habe auch viele erlebt, die es nicht geschafft haben. Und habe auch viele Angehörige dabei begleitet, sich abzugrenzen und das zu tun, was notwendig war. Und ausgerechnet ich, stecke gerade in der selben Situation und leide, was das Zeug hält, weil ich mich selber nicht abgrenzen kann. Was ein Zynismus. Ihr könnt Euch bestimmt vorstellen, wieviel Mut es mich kostet, dies hier offen zu schreiben. Aber ich muss es selber nochmal schwarz auf weiss lesen und suche auch den Austausch mit Partner*innen von Alkoholikern aber eben auch insbesondere mit Alkoholikern, die es durchgemacht haben.

    Was mich bisher hier sehr betroffen gemacht hat, dass ich nachgelesen habe, wieviele Beziehungen auseinander gegangen sind. Und da bin ich mir auch noch nicht im klaren darüber, was das für mich bedeutet. Aber dazu später mehr, denn jetzt ist es Zeit davon zu erzählen, was mich dazu gebracht hat, mich hier anzumelden. Dazu später mehr.

    Ich danke Euch schon mal allen für Eure Worte.

    Bin schon die ganze Zeit damit beschäftigt, meine Geschichte zu formulieren. Und es arbeitet sehr viel in mir. Ich denke heute oder morgen Abend, schaffe ich es hier einzustellen und würde mich dann wirklich sehr über Austausch freuen.

    <3

    Guten Abend!

    Mein Mann oder Noch-Mann (leben seit Januar getrennt) ist nasser Alkoholiker.

    Ich bin 47 Jahre alt. Wir kennen uns seit 9 Jahren und haben 2019 geheiratet. Wir sind kinderlos. Und ja, ich bin voll in die Co-Abhängigkeitsfalle reingetappt.

    Bevor ich hier aber mehr von mir und den ganzen Umständen erzähle, möchte ich mich zunächst mal mehr einlesen.

    Schönen Abend und Danke für die Aufnahme <3