Hallo Cadda,
zuerst einmal bedanke ich mich bei Dir recht herzlich für Deinen offenen und ehrlichen Beitrag, mit den mutmachenden Worten für ein Leben ohne Alkoholiker.
Mit Ü60 ist man sicherlich auch noch jung genug, fühle mich auch so.
Wenn es um Trennungsgedanken durch eine Suchterkrankung des Partners geht, ist jedes Alter gerechtfertigt, denn der Leidensdruck ist meist sehr hoch, da gebe ich Dir absolut Recht.
Ich verstehe Deine Argumentation vollkommen, habe ich diese ebenfalls schon oft in meinem Kopf durchdacht.
Mein Mann musste seinen Führerschein innerhalb von vier Jahren vor kurzem zum zweiten Mal abgeben.
Seine Suchterkrankung entwickelte sich schleichend in einem Zeitraum von insgesamt acht Jahren, der vor vier Jahren seinen ersten Höhepunkt mit dem Verlust des Führerscheins erreichte.
Ein beruflicher Burn Out,er gab immer 1000% und heftige private Ereignisse in dieser Zeit, ließen ihn wiederholt zum Alkohol greifen, anfänglich nur hin und wieder zur Entspannung, wie es oft so ist......irgendwann zur Gewohnheit.
Er ist ein "hochfunktionaler" Alkoholiker, der im Privatleben und in seinem Job als Führungskraft immer das Beste gab, seine Sucht unheimlich gut verbergen konnte. Deshalb war es sehr schwierig für mich und sein Umfeld, den Beginn seiner Suchterkrankung zu erkennen und zu realisieren.
Es gab auch immer wieder Phasen, in denen er wochenlang keinen Alkohol trank.
Fühlte er sich jedoch emotional überfordert, begannen wieder die nassen Phasen.....heimlich, versteckt, entwickelte er unfassbare Strategien, um alles dafür zu tun, nicht entdeckt, erwischt zu werden.
Er trank nie offensichtlich oder im Beisein der Familie, meidete bei Einladungen im Freundeskreis sogar den Alkohol.
Als mein Mann seine ambulante Therapie startete, schaffte er es bis zum Wiedererhalt des Führerscheins und eine Zeit darüber hinaus, trocken zu bleiben, ca. zwei Jahre.
Irgendwann kam es durch stressbedingte Ereignisse wieder zum ersten Rückfall und daraus resultierend zum gewohnten heimlichen Trinken, trotz ambulanter Therapie. Seine Therapeutin prophezeite ihm den nächsten " Bauchklatscher" voraus.
Der zweite Führerscheinentzug ist ein erneuerter Höhepunkt.
Ein Hauptproblem meines Mannes liegt darin, dass er sich seine Suchterkrankung nicht eingestehen kann, weil er diese mit einer Persönlichkeitsschwäche verbindet, was natürlich vollkommen absurd ist.
Er leugnet, verdrängt, suhlt sich in seiner Opferrolle und gibt Schuldzuweisungen aller Arten. Darin ist er sehr erfinderisch.
Sein Problembewusstsein ist nur im geringen Maße vorhanden, und er fällt immer wieder in gleiche Verhaltensmuster.
Das ist der eigentliche Knackpunkt......ich glaube nicht, dass er es in der stationären Therapie schaffen wird, sich offen und ehrlich mit seiner Problematik auseinanderzusetzen. Dafür müsste er fachkompetente Hilfe und Unterstützung zulassen.
In der ambulanten Therapie war sein Verdrängen und Leugnen oft Thema.
Es mangelte ihm während der Therapiestunden fast durchgängig an Einsichtsfähigkeit.
Das macht das Ganze so schwierig.
Er bat mich um eine letzte Chance, weil ich das Wort Trennung aussprach, denn ein Leben mit einem nassen Alkoholiker ist kein Leben!
Auch dahingehend hast du vollkommen Recht.
Liebe Grüße,
Christrose