Wieder ein Weilchen her, wo ich mich gemeldet habe.
Ich bin nun im 6. Monat meiner Trockenheit angelangt.
So langsam kommt Routine rein. Mein neuer Lebensmittelpunkt ist der Sport. Es ist mein wieder gefundenes Ventil für Stress und Druck. Von Krafttraining bis hin zum Boxen und Schwimmen ist alles dabei- hauptsache auspowern.
Auch während ich noch getrunken habe, habe ich Sport betrieben. Es hat sich mit der Sauferei die Hand gegeben- habe ich exzessiv Sport gemacht, trank ich weniger. Und andersrum ebenso. Letzteres überwog letztendlich.
Wenn ich nachts nicht schlafen kann (was immer noch vorkommt, aber schon deutlich besser geworden ist), dann gehe ich laufen. Es funktioniert für mich und es ist wesentlich angenehmer, mich einmal abzuregen als im Bett rumzuwälzen. Finde ich danach noch nicht in den Schlaf, so habe ich zumindest meine Gedanken sortiert und bin nicht gefangen im Gedankenkarussell.
Früher habe ich mich in die Besinnungslosigkeit gesoffen oder habe zur Flasche gegriffen, um alle meine Emotionen zu verdrängen und unterdrücken. Das brauche ich nicht mehr.
Das ganze hat ebenso Einfluss auf mein äußeres. Seit Anfang des Jahres nahm ich 14 kg ab und meine Muskulatur ist auch wieder da. Ich fühle mich wohl und mein Selbstbewusstsein, welches während der Sauferei zu Grunde gerichtet war, kehrt langsam wieder zurück. Auch meinem Umfeld fällt das ganze positiv auf und ich freue mich jedes Mal über positives Feedback, auch wenn ich überhaupt nicht mit Komplimenten umgehen kann. Daran möchte ich arbeiten.
Wenn ich Mal Suchtdruck verspüre (kommt immer seltener vor), bin ich in der Lage den Gedanken zu Ende zu bringen. Denke ich ans Trinken, so folgt dem Gedanken immer eine negative Szene aus meiner nassen Zeit. Ich weiß meine Trigger mittlerweile einzuschätzen. Alkoholfreies Bier (0.0%) löst bei mir bsp. nichts aus. Dafür kann ich es nicht ab, wenn jemand mit einer Alkoholfahne mit mit spricht und ich finde es unattraktiv, wenn jemand Alkohol konsumiert. Ich lehne den Umgang mit trinkenden Menschen ab - egal ob es mein vermeintlicher Freund oder Kollege ist.
Mit dem neuen Selbstbewusstsein und meinem guten Körpergefühl, macht es mir mehr Spaß neue Menschen kennenzulernen. Lerne ich jemanden kennen, so bin ich mittlerweile sehr offen was meinen Alkoholismus angeht. Ich mache von Anfang an klar, dass ich nie trinke und manchmal spreche ich auch aus, dass ich trockener Alkoholiker bin. Das geht mir leichter von der Zunge, als ich je gedacht hätte. Bisher habe ich da noch nie Ablehnung erlebt, im Gegenteil. Für meine Offenheit lobt man mich und der ein oder andere interessiert sich ehrlich dafür.
Danke.