Beiträge von Kamill

    Ein herzliches Hallo an euch!

    Ja, tatsächlich bin ich direkter geworden, Elly. Ich suche aber noch immer nach der Mitte zwischen gesundem Selbstegoismus und mich-ausnutzen-lassen. Ich kalibriere mich noch und werde es wohl immer wieder tun.

    Wichtig (und sehr schwierig) war für mich zu begreifen, dass mich nicht alle mögen müssen (und ich trotzdem ein okayer Typ sein kann)und dass ich mit Menschen gut zusammenarbeiten kann auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben.

    Tatsächlich ist mein Leben dadurch wider erwarten nicht schwieriger oder komplizierter geworden, sondern gefühlt einfacher?!

    Hallo Nayouk24, ich freue mich über jede Frage, bringt sie mich doch aufs neue zum Nachdenken!

    Tatsächlich hatte ich schon in der ersten Zeit recht selten Saufdruck, weshalb ich mir eigentlich noch immer nicht über den Weg traue. Immer, wenn ich die Zügel ein wenig locker lasse (zB auf ein Konzert gehe) denke ich ewig darüber nach, ob ich mir gerade eine Hintertür öffne.

    Mein Leben ist sicher kein ewiger Kampf, aber von einer Unbeschwertheit bin ich weit weg…

    Sonst habe ich die klassischen Dinge gemacht: Feste klar vermieden, Partnerin eingeweiht, Kontakt zum Freundeskreis einschlafen lassen, Tagebuch geführt. Alles, wirklich alles war dem Trocken werden untergeordnet. Ganz radikal. Raus aus alten Mustern. Habe gut gegessen, bin schlafen gegangen wenn ich müde war, habe aufgehört zu arbeiten wenn ich erschöpft war, Trauer und Gefühle zugelassen, wenn sie da waren.

    Eher Herausfordernd waren die Firmenweihnachtsfeier, und die viele freie Zeit zu füllen, die ich sonst gesoffen habe.

    Hey Alex, ich bin zwar Mitte dreißig, habe aber das Gefühl jetzt erst langsam zu erwachsen ;)

    Bei mir war es genau umgekehrt: Ich habe getrunken weil ich nicht anders konnte als es anderen recht zu machen und ich ständig das Gefühl hatte, zu wenig Zeit für mich zu haben. Dabei war Zeit genug da, aber ich habe sie zum Saufen und für den Kater danach gebraucht.

    Finde ich hoch interessant, dass du den Ton hier jetzt anders wahr nimmst. Mir ist mittlerweile eine klare Aussage auch lieber.

    Mit „Ereignis Trunksucht“ war meine nasse Zeit gemeint, ich wollte einfach die Begriffe ein bisschen variieren. Das war vielleicht ungeschickt.

    Danke und bis bald!

    Kamill

    Hallo,

    Danke für die Aufnahme in die Gruppe!
    Hallo Alex, jetzt habe ich hoffentlich überrissen, wie das mit den Bereichen funktioniert :)

    Mir ist es ein Bedürfnis, hier immer einmal wieder ein Stück von meiner Geschichte zu erzählen oder worüber ich gerade grüble. Mein Werdegang ist ganz gewöhnlich, Sensationen wird es also nicht geben.
    Im Idealfall dringe ich so zu Themen vor, dich noch darauf warten, bearbeitet zu werden.

    Falls die Zeilen jemand liest freue ich mich sehr über einen Tipp, wenn ich mich wo verrannt habe oder etwas nicht sehe(n kann).
    Natürlich kann ich alles immer nur von meiner Warte aus betrachten, aber es gibt ja schon einen kleinen Abstand zum Ereignis Trunksucht.

    Wie ich aufgewachsen bin ist im Detail vielleicht gar nicht so wichtig, behütet war es aber. Lieber beschreibe ich kurz mich in meinen zwanzigern:

    Ich bin nicht für mich eingestanden und habe mir in sozialen Situationen schwer getan (Friseurbesuch, Party-Smalltalk, ...), habe immer versucht, es allen recht zu machen (beim Siedeln geholfen, Leute durch die Gegend gefahren, alles mögliche verliehen, ...), Probleme nicht angesprochen (falsches Gericht im Restaurant, Schneider hat nicht geliefert was besprochen war, …).

    Ich habe nie um etwas gekämpft, zB um einen Job, einen Preisnachlass. Schwieriges und unangenehmes wurde in der Familie totgeschwiegen, und so habe ich es in Beziehungen auch gehalten. Für mich war das okay. Ein leichtes Leben. Ich dachte, ich wäre halt ein umgänglicher Typ.

    War abzusehen, dass es zu einer unangenehmen Situation kommt, habe ich mich darauf vorbereitet indem ich Bier getrunken habe. Natürlich habe ich mir nie gedacht „ein, zwei Bier dann gehe ich gern Schuhe kaufen“ sondern eher „Erst ein Feierabendbier weil gerade so schön die Sonne scheint, dann ist immer noch Zeit für neue Schuhe“. Selbstbetrug vom Feinsten, kann ich jetzt sagen.

    Unter anderem so hat es sich eingeschlichen, dass ich immer schon ein, zwei Bier konsumiert hatte, wenn ich irgendwo aufgetaucht bin.
    Aber ich habe Alkohol nicht nur als soziales Schmiermittel, sondern auch als Belohnung und zur Betäubung verwendet.

    Ich denke für Heute habe ich mir den Wahnsinn wieder gut vor Augen holen können,
    bis zum nächsten Mal!

    Kamill

    Hallo sue,
    Danke für deine Gedankenanstöße!
    Ja, genau so ist es: beim ersten Versuch aufzuhören habe ich noch alkfreie Getränke getrunken.

    Mir suggeriert es nicht, dass ich wieder einmal normal trinken werde können. Der Zug ist für dieses Leben abgefahren, und ich habe Frieden damit geschlossen. Ich habe aber keine Lust, von trinkenden Mitmenschen stigmatisiert zu werden weil ich mir selbst dieses Label aufdrücke, obwohl ich an mir arbeite und - behaupte - ein besseres Leben führe als jemand, der im Alkoholsumpf dahinvegetiert.
    Sollte sich im Gespräch jemand ernsthaft interessieren, sage ich natürlich, dass ich Alkoholiker bin. So, wie ich es auch meiner Partnerin gesagt habe.

    Die Grundbausteine für ein nüchternes Leben schaue ich mir gern an!

    Einen schönen Sonntag!
    Kamill

    Guten Morgen,

    alles klar! Habe dies nur erwähnt, weil ich damit nüchtern wurde. Hingegen in meiner ersten abstinenten Phase war ich bei der städtischen Suchtberatung. Dort bekam ich ein Buch und die Aussage war, ich solle versuchen weniger zu trinken und sonst wieder kommen. Da habe ich normales Bier einfach gegen alkoholfreies getauscht, was dann nach einem Jahr gründlich schief ging und ich fing an ein weiteres Jahr zu trinken. Der tägliche Konsum steigerte (verdoppelte) sich. Jetzt bin ich viel vorsichtiger, esse auch kein Tiramisu usw.

    Klar, es gibt manch einen der mehr getrunken hat, als ich. Aber der Leidensdruck war zum Schluss hin einfach enorm, und die Menge hat sich stetig gesteigert. Um die sechs Bier waren es jeden Abend, ganz egal wie spät es schon war oder ob ich hundemüde war. Notfalls holte ich schon zwei Bier bei der Tankstelle und trank beim Fahren.

    Schönen Tag,
    Kamill

    Hallo,

    ich bin ganz klar Alkoholiker. Nachträglich betrachtet habe ich Alkohol von Anfang an missbräuchlich verwendet. Der Begriff war wichtig um mir mein Problem einzugestehen und ich erinnere mich noch gut daran, wie zugeschnürt meine Kehle war, als ich es zum ersten Mal laut ausgesprochen habe. Jetzt finde ich aber "ich genese" treffender.

    Tatsächlich war ich schon einmal ein gutes Jahr abstinent, habe mein Leben aber praktisch gleich weitergeführt, nur eben mit alkoholfreiem Bier. Jetzt bemühe ich mich darum, an mir zu arbeiten. Kleine Erfolge sind da, aber ich bin noch am Anfang von - allem :)

    Den Ausstieg habe ich mit einem Programm im Internet geschafft, aus dem ich mir herausgepickt habe was für mich passte und vielen Büchern und vielen vielen Podcasts.

    Ich will nie mehr trinken. Nicht einen Schluck, nicht zum anstoßen, nicht weil es das Geburtstagskind besonders freuen würde, nicht um die Burg.

    Ich möchte gern immer einmal ein paar Zeilen von mir erzählen, auch um alles ein bisschen zu ordnen. Dafür mache ich aber wohl am besten ein eigenes Thema auf?

    Schönen Abend!
    Kamill

    Hallo!

    Nachdem ich schon über ein Jahr im Forum registriert bin wird es höchste Zeit, mich vorzustellen. Meine Zwanziger habe ich hauptsächlich im (Bier)Rausch (nicht) erlebt, nun bin ich schon über 500 Tage nüchtern. So, wie sich über die Jahre mein Trinkverhalten verändert hat (vom Wochenend-Partytrinker zum täglich-allein-trinker) hat sich auch meine Nüchternheit verändert und entwickelt sich noch immer.

    Ich erhoffe mir, dass ich mir abschauen kann, wie man Nüchternheit auf ein solides Fundament baut und werde mir beim Lesen eurer Erfahrungsberichte immer wieder in Erinnerung rufen, wie schlimm "das alles" war.

    Im Idealfall kann ich auch ab und zu (m)eine Erfahrung beisteuern und so können wir uns gegenseitig das Leben vielleicht ein kleines bisschen leichter machen.

    Danke an alle, die hier schreiben. Ich habe mich sehr, sehr oft in den Texten wiedergefunden und konnte schon manches für mich mitnehmen.

    Alles Liebe,
    Kamill