6 Jahre danach

  • 6 Jahre trocken und doch nicht trocken ? Doch trocken schon, aber nicht nüchtern.

    Wie kann ich nüchtern werden ? :shock:

  • Hallo Rainer,
    und willkommen bei uns!

    Du hattest in Spedi's Thread folgendes geschrieben:

    Larc_Vincent hat Folgendes geschrieben:
    Ich hatte meinen 4. Geburtstag, jetzt am 03.11.07. Mittlerweile hat dieser Tag seine Feierlichkeit verloren, aber ich bin jeden Tag in dem HEUTE an dem ich nicht trinken brauche.


    Jetzt sind's schon mehr als 6 Jahre

    wie geht das?

    Wir schreiben heute das Jahr 2009,und wenn Du am 03.11 2007 dein 4 Jähriges gefeiert hast,auch wenn der Tag seine Feierlichkeit verloren hat,frage ich mich wie es denn heute schon 6 Jahre und mehr sein können??

    Du bist nicht nüchtern,aber trocken?

    Was ist los?

    Lieben Gruß,Andi


  • Jau, Du hast recht: 5 Jahre.

    Siehst Du, Andi, ich verliere es schon aus den Augen.


    :(


    Da liegt die Gefahr. Tja, Nüchternheit, da geht es wohl um mein Denken.
    Früher war Trockenheit für mich die Philosophie um durch den Tag zu kommen. Momentan habe ich das Gefühl mich auf sehr dünnem Eis zu bewegen.

  • Jau Rainer,


    Zitat

    Früher war Trockenheit für mich die Philosophie um durch den Tag zu kommen. Momentan habe ich das Gefühl mich auf sehr dünnem Eis zu bewegen.

    Woher kommt dein Gefühl das Du dich heute auf sehr dünnen Eis bewegst?

    Hast Du das Verlangen etwas zu trinken?

    Gruß Andi

  • Zitat von Andi

    Woher kommt dein Gefühl das Du dich heute auf sehr dünnen Eis bewegst?

    Hast Du das Verlangen etwas zu trinken?

    Gruß Andi


    Nein, Andi, das ist es nicht. Ich trinke mein Wellness und habe keinen Saufdruck.

    Jedoch, was man Nasses Denken nennt schlägt sich wieder Breschen.
    Wer meine Lebensgeschichte kennen würde, der wüßte, dass es DOCH 6 Jahre danach sind, denn vor 6 Jahren hat sich mein Leben wirklich total geändert.

  • Hallo Rainer,

    Nachtrag:


    Eröffne doch bitte einen Thread im Bereich Alkoholsucht im Alkoholikerforum,dort wirst Du sicherlich mehr Resonance bekommen,da hier ja nur die Lebensgeschichten hineingehören,Danke.

    Lieben Gruß,Andi

  • Eine Lebensgeschichte (Short Version)

    Ich habe 27 Jahre gesoffen, und da ich Dortmunder war, war das ganz normal. Dortmund war schon immer eine Bierstadt und als Jugendlicher mußte man "einen Stiefel vertragen", wenn man dazu gehören wollte, in einer Clique, also konnte auch ich eine Menge vertragen.
    Immer am Wochenende, bevor wir zum Tanzen gingen, die Kumpels und ich, dann gingen wir zuerst in eine Kneipe und soffen den Deckel rund.
    Die Kollegen waren meistens so prall, dass ich sie abend heimbringen musste, wohingegen ich, mich noch ganz gut artikulieren konnte und auch nicht alzusehr schwankte.
    Als ich dann in die Lehre kam, fand ich zu einer anderen Clique, und dort wurde auch in der Woche getrunken. Wir gingen damals zu Knobeln 3x in der Woche. Ich kam immer nachts heim (wohnte noch bei den Eltern) und musste mich jeden 2. Tag erstmal wieder ausnüchtern. Meine Mutter bat mich TRINK DOCH NICHT SO VIEL, aber das konnte ich da schon gar nicht mehr.

    Dann lernte ich beim Tanzen meine spätere Frau kennen, und als mich ihre Eltern dann kennenlernen wollten, sind wir zusammen zu deren Campingplatz gefahren, und ich konnte bei meinem späteren Schwiegervater bestehen, weil ich so viel Bier und Schnaps vertragen konnte. Bei der Hochzeit in der Kirche war ich so zu, dass ich beinahe von dem Kniekissen gefallen bin, das vor dem Altar lag.
    Ja, es wurde immer getrunken bei meinen Schwiegereltern, und als wir dann zusammen ein Haus gebaut haben, da habe ich immer "heimlich" die Vorräte meiner Schwiegereltern angetrunken. Zu der Zeit musste ich jeden Tag trinken. Meine Frau kritisierte öfters meinen Lebenswandel, immer häufiger sprach sie von Trennung, wenn mal die Kinder aus dem Haus wären.Und dann bin ich auch schon mal wegen meiner Frau und nicht wegen mir zu den Anonymen Alkoholikern gegangen, nur so, um kleine Brötchen zu backen, wie man sagt.

    Jede Arbeit, die ich hatte, war eine Scheißarbeit, der Streß immer so viel, dass ich immer mehr xxx und Bier trinken musste, bis ich eines Tages einmal wegen Alkoholgenusses in der Pause, im Hochsommer, von einer Leiter viel und einen schweren Knieschaden davontrug und mir schwor, nie wieder Alkohol zu trinken, aber als ich wieder alleine gehen konnte, und das hat ganz schön gedauert, da habe ich mir erstmal einen xxx geholt.
    Ich war dann auch noch in einer Rehaklinik, und da konnte man in einer Clique wieder nur bestehen, wenn man immer schön viel Wodka trinken konnte.
    So ging das Leben weiter, meine Frau hatte einen Laden und war immer weniger für die Familie da, und ich hatte mal Arbeit und mal war ich arbeitslos, und in den letzten Jahren in xxx , so bis 2002 war ich dann bei einer Leiharbeiterfirma, und dort verdiente ich ganz gut. Und da durfte ich ja trinken, oder nicht, ich verdiente viel Geld und durfte doch entspannen ?
    Ich hatte aber immer eine ungemeine Existenzangst, die ich verdrängte mit dem Gedanken: "Ich habe ja Arbeit" Ich soff nicht auf Arbeit, wie soviele der Kollegen, aber ich nahm alles mit, was an Arbeit angeboten wurde, und Schichtdienst hatte ich auch, und dann immer die quälenden Gedanken, aber nur, was wäre, wenn meiner Frau mal was passieren würde, auf Ihren Geschäftsreisen, und ich dann alleine mit dem Haus und allem, von dem ich nichts verstand, von Gelddingen und was weiß ich, denn ich wurde ja auch in nichts eingeweiht, weil ich die meiste Zeit ja in meiner eigenen Welt lebte.
    Die Kommunikation mit meiner Frau brach ganz ab, war sowieso nie die beste gewesen. Ich war eine nasser Alkoholiker und ausserdem doch Workoholic, und meine Firma halste mir immer mehr auf, bis ich einen Nervenzusammenbruch hatte, und ich wollte mir die Adern mit einem Teppichmesser öffnen erzählte man mir. Aber da passierte nicht viel, ausser, dass ich xxx bekam und ein wenig krank geschrieben war. Meine Firma kündigte mir, stellte mich dann aber wieder ein und das Spiel ging weiter.

    Damals hatten wir uns Internet zugelegt, weil es mit dem Laden nicht so besonders lief und wir wollten die Werbung eben über Internet gestalten, nur dass ich die Homepage selbst nicht machen durfte, tat ein Freund von xxx, meiner Frau, ich bekam keine Zugangsdaten oder sowas; hätte mich schon stutzig machen müssen, aber ich soff ja.
    Dann hatte ich eine längere Trinkpause von ein paar Monaten, und wollte dann eine Kur haben. Als ich zum Vertrauensarzt musste, den Tag, der ganz am Ende von Dortmund praktizierte, da schneite es, und ich konnte nicht morgens zum Bluttest, da nahm xxx eben die alten Blutwerte mit, als ich noch ganz schlechte Leberwerte hatte. Und ich war schon Monate trocken.

    Während dieser Zeit hatte ich eine Frau im Internet kennengelernt, die sich als Lebensberaterin ausgab, die sagte mir, wenn ich mal einfach nach Hamburg käme, und meine Frau eifersüchtig machen würde, dann würde meine Frau "mal aufwachen" und die Kommunikation wäre wieder hergestellt.

    Ja, dann kam wegen der Kur jemand von der LVA und meinte, ich solle erstmal auf Entzug, bei den Leberwerten, und dabei hatte ich schon lange nichts mehr getrunken, und meine aktuellen Werte waren so top.
    Und da habe ich mich so aufgeregt und den Mann rausgeschmissen...
    Und nachmittags sagte xxx, sie hätte einen Kasten Altbier für mich im Kofferraum ihres Autos....Und den habe ich leergemacht über Nacht und xxx 2 Liter habe ich mir noch dazugekauft abends...
    Und morgens bin ich dann nach Hamburg gefahren, am 01. April
    Und als ich dann am 02. April in Dortmund angerufen habe, da sagte xxx:
    "Nein, Dich will ich nicht wiederhaben..."

    Bei der Frau in Hamburg durfte ich nicht trinken.
    Das ging so über 3 Monate, des Psychoterrors, wobei ich immer wieder aus Trotz getrunken habe, oder weil mich die Situation sehr belastete, was ich alles im Suff weggeworfen habe. Familie, Haus, Grundstück ....
    Ich kam mir jämmerlich alleine vor.

    Ich bekam Arbeitslosengeld nicht zu knapp, aber die Familie wo ich jetzt wohnte saugte mich finanziell aus. Meinte ich, denn das Geld floß nur so durch die Finger. Wahrscheinlich war es aber die Sauferei, die ja immer teuer war.
    Und so kam es, wie es kommen musste, ich musste mir eine eigene Wohnung suchen.
    Klappte dann auch, und nun, in der eigenen Behausung gabe es mit der Sauferei kein Halten mehr.
    Ich hatte ja viel nachzuholen, war aber alleine wenig lebensfähig, und bald schon konnte ich meine Miete nicht mehr bezahlen, und jämmerlich rief ich mit meinem letzten Geld meine Frau und meine Eltern an, dass sie mich finanziell unterstützten.
    Ich lernte dann meine jetzige Lebenspartnerin kennen, und hielt mich ein wenig zurück mit Saufen, aber mehr ihr zu liebe.

    Ich machte eine Weiterbildung in Hamburg zum Lageristen, und bald schon lebte ich eine Zeit bei meiner neuen Partnerin. Und immer, wenn ich saufen wollte, dann bin ich wieder in meine Bude gefahren, und machte so richtig 3 Tage einen drauf.

    Bis einmal ich so kaputt und fertig war, dass ich schwor, das nie wieder zu tun, und eine Woche später war ich wieder unterwegs, vorher hatte ich ja nur 6 Magenlikör getrunken, dann ein Six-Pack Bier und dann war ich nochmal losgegangen, und bin in der einen Kneipe vom Barhocker gefallen in der nächsten die Kellertreppe runter. Ich wachte auf und hatte Panik. Mein Handy hatte ich leer gesimst mit Beleidigungen an meine Freundin, und als ich zitternd in meinem Zimmer aufwachte war nur noch blankes Entsetzen, weil sich alles irgendwie verselbstständigt hatte, ich wusste gar nicht, wie ich den ganzen Mist hatte tun können, es schien, als habe ich gar keine Kontrolle mehr über mich selbst. Ich war dem Wahnsinn nahe. Und ich hatte gottseidank endlich meinen tiefsten Punkt erreicht.

    Liebe Freunde, ich sagte ja eingangs, dass das die kurze Version ist, aber alles andere würde den Rahmen sprengen.
    Als ich da so in meinem Zimmer war, zu kaputt auch nur ins Badezimmer zu kriechen, um vielleicht ein Glas Wasser zu trinken, denn ich hatte ja noch nichtsmals vorgesorgt, wie in früheren Zeiten, dass ich wenigstens noch ein Flasche Bier dahatte für den Morgen danach, da musste ich solange warten, bis ich einigermaßen laufen konnte. Da bin ich zur kilometer weiten Tanke getorkelt und habe mir eine Prepaid-Karte gekauft(aber dieses Mal keinen xxx), um mit meiner Partnerin zu telefonieren und bin auf dem Rückweg an meiner Kneipe vorbeigegangen, und nicht rein "um nur ein Wasser zu trinken hahahahaha", ich habe mich den Samstag ausgenüchtert, Sonntag bin ich zu meiner Partnerin gefahren, wir haben über alles gesprochen, ich erkannte, dass ich süchtig bin. Dass ich Alkoholiker bin, und trinken muss hatte ich schon erkannt, aber nicht, dass ich süchtig bin und mit dem Alkohol nie werde umgehen können, dass war mir nicht klar.

    Montag bin ich dann zum Hausarzt, und der hat dann alles in die Wege geleitet, dass ich mich zu einer Therapie anmelden konnte, das ist auch nur einfach erklärt, was ich dann alles gemacht habe, und wieviele Therapieabschnitte das waren, aber seit damals bin ich nun schon einige 24 Stunden trocken und ich brauche nicht mehr zu trinken, ich muss nicht mehr trinken, auch wenn ich seitdem schon sooooo eine Menge Scheiß durchgestanden habe, da waren Situationen, da hätte ich früher sofort ein Woche gesoffen, ich schaffe soetwas heute auch nur mit Mineralwasser, denn einen trockenen Hals bekommt man ja immer noch bei Streß.
    Für mich persönlich ist es ein Wunder, dass ich nicht trinken brauche
    Ich hätte mir früher vorstellen können, dass ich mich totsaufe, aber niemals, dass ich jemals keinen Alkohol mehr trinken würde.
    Für uns anonyme Alkoholiker gilt aber eins:
    Nur für HEUTE lasse ich das erste Glas stehen.
    Es wird nicht davon gesprochen, dass ich nie wieder Alkohol trinke, das kann niemand voraussagen, ob ich nicht irgendwann wieder trinke, aber für HEUTE, das ist ein Zeitraum, den ich überschauen kann, da will ich es schaffen trocken zu bleiben, und wenn mir 24 Stunden zu lang sind, dann unterteile ich mein HEUTE in kleinere Schritte.
    Und das ist jetzt alles schon über 5 Jahre her.

    edit elocin: bitte keine Realnamen,keine Markennamen oder Medikamentennamen,danke

  • hallo,
    meine frage an dich.
    hast du immer noch manchmal nach dieser langen zeit das bedürfniss zu trinken und wenn ja wie gehst du damit um ? ich bin seit ein paar monaten trocken habe gerade wenn ich etwas zur ruhe komme blöde gedanken. sie werden zwar weniger und ich hoffe das diese gedanken irgendwann verschwinden. ich weiss ich bin alkoholiker und will auf jeden fall ein rückfall vrmeiden
    LG Harald

    Liebe Grüße
    Harry

  • Zitat von Harry_54

    hallo,
    meine frage an dich.
    hast du immer noch manchmal nach dieser langen zeit das bedürfniss zu trinken und wenn ja wie gehst du damit um ? ich bin seit ein paar monaten trocken habe gerade wenn ich etwas zur ruhe komme blöde gedanken. sie werden zwar weniger und ich hoffe das diese gedanken irgendwann verschwinden. ich weiss ich bin alkoholiker und will auf jeden fall ein rückfall vrmeiden
    LG Harald

    Lieber Harald,

    nein, nach so ca. 2 Jahren hat das nachgelassen, aber wenn man so Gedanken bekommt hilft nur, mit was anderem ganz intensiv ablenken.

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