Geduld und andere Grausamkeiten

  • Hallo, lieber mustasch,

    ich hoffe, Deine Erlaubnis vorwegnehmen zu dürfen und quote Deinen letzten Beitrag an mich zu Dir hinein. Heute habe ich dort mehr oder weniger geblödelt und hier fühle ich mich auch sehr wohl! :)

    Das hast Du wieder mal so schön geschrieben. Bei mir kommt da fast Ehrfurcht an! Nur Furcht habe ich nicht!

    Es entsteht eher ein Bild von einem Zauberer, Merlin vielleicht, wobei wir wieder bei Artus angekommen wären. Merlin war der Lehrer, soweit ich mich erinnere, oder ich muss nochmal googeln.

    Hinnehmen, nee ne?

    Dazu fällt mir der Gelassenheitsspruch ein, in dem es u. a. heisst, etwas gelassen hinzunehmen, was ich nicht ändern kann, z. B. den Tod.
    Diese Form des Hinnehmens passt in mein kleines Berechtigungskonzept. Es bietet die Möglichkeit des Loslassen dürfens und annehmen der Situation und hilft mir, mit dem Ausspruch "Ich bin Alkoholikerin" Frieden zu schließen, denn stolz darauf bin ich nicht!

    Wie gehst Du denn damit um bzw. was fühlst Du, wenn dieser Satz gesagt werden muss?

    Vorweggenommen sei versichrt, ich fühle mich keinesfalls weniger wert im Zusammenleben in der Gesellschaft. Aber trotzdem kann ich meine alte Erziehung darüber nicht ganz verdrängen.

    Einen schönen Sonntag wünsche ich Dir ganz herzlich!

    Lobanshee

  • liebe Lobanshee,
    Ja,ja-es ist genau diese Mystik die es mir angetan hat.Unerklaerliches,
    Geheinisvolles beflugelt meine Phantasie.So ist keine Burg kein
    unerforschtes Erdloch vor mir sicher.-ich koennte ja in Irgendeinem
    der Wahrheit letzten Schluss entdecken.
    Dabei ist es nur allzu menschlich nach der absoluten Wirklichkeit zu
    suchen.Gluecklicherweise konnte ich mir einen trip nach Avalon schenken
    fand ich doch den heiligen Gral in unmittelbarer Naehe.Fuer mich hat
    zumindest diese Suche ihr Ende gefunden.Zu gross waren die Verluste
    meiner Kreuzzuege gegen mich selbst.
    So umfasst die Mystik ganzheitlich alle Wirklichkeiten dieser Welt und
    laesst mich mit den Begriff der Unendlichkeit als Teil der Wirklichkeit
    begreifen,was wissenschaftlich nicht moeglich ist.
    Fauler Zauber und was hat das mit unserer Krankheit zu tun?
    Nun-mir stellt sich nicht mehr die Frage warum ausgerechnet ich Alkoholiker bin und nicht ein Anderer-naemlich weil es so ist Punkt
    Ich frage ja auch nicht warum eine Wurst eine Wurst ist und kein Kaese.
    liebe Lobanshee.Ich bin trockener Alkoholiker,diese Tatsache muss ich
    keinem Anderen auf die Nase binden,ausser mir selbst,weil es die
    Wahrheit ist.
    Meine freiwillige Aussage-Ich bin trockener Alkoholiker vermittelt mir
    ein befreiendes Moment.
    Wenn ich in einer SHG bin,fuehle ich mit diesem Bekenntnis ein Zugehoer
    igkeitsgefuehl.
    Desweiteren ist es jedesmal ein gutes Gefuehl zudem stehen zu koennen,
    was ich wirklich bin-naemlich ein trockener Alkoholiker
    einen lieben zauberhaften Gruss mustasch aus Avalon

  • Hallo, mein Lieber,

    ich bin gerad so in Gedanken mit Deinem Beitrag beschäftigt.

    Mit dem Outen halte ich es ebenso wie Du. Und dabei überlege ich gerade, wie unangenehm muss es eigentlich unseren Angehörigen sein? Würden die lieber wollen, dass wir uns nicht outen?

    Daran denke ich jetzt bewusst das erste Mal. Nein, meiner Nichte würde ich es nicht antun wollen. Sie würde das nicht gut finden. Sicher musste auch mein Sohn niemandem erzählen, dass seine Mutter alkoholkrank ist.

    Ach, ich weiß auch nicht. Das sind dann so die kleinen fiesen Eckpunkte, die doch ein bisschen kantig sind. Ich habs bisher auch noch nicht angesprochen.

    Ich bin mir sicher, an dem Punkt bin ich eine Angsthäsin :) !

    Wie geht denn Deine Familie damit um?

    Sei wieder einmal sehr herzlich gegrüßt!

    Lobanshee

  • hi meine liebe Lobanshee,

    Dieses Forum wird mir langsam vertraut und ich spuere wie das Eis bricht.
    Nicht nur weil hier bei strahlendem Himmel die Temperaturen sich den
    20 Grad/Cel. naehern.Es ist angenehm und wie gesagt der Himmel wie
    aus dem Bilderbuch.Menschliche Probleme scheinen ihn ueberhaupt nicht
    zu interessieren und er strahlt unbeirrt weiter.
    Es bleibt mir nichts Anderes uebrig,als mich mit diesem scheinbaren Des
    interesse zu arrangieren,wenn ich diese Schoenheit geniessen will.
    Das war von mir und jetzt zu mir
    Hatte heute morgen wieder ein Erlebnis der besonderen Art als ich
    mir Zugang zu meinen e-mails verschaffen wollteTippte als meine Adresse
    und gedankenverloren mein Passwort ein.Nichts tat sich-erst beim 4 mal
    bemerkte ich meinen immer gleich getippten Fehler und war erschrocken.
    Was ist nur manchmal mit mir los-wo sind bloss meine Gedanken?
    Liebe Lobanshee,Mein Projekt Asien ist geplatzt -ich bekam bereits letzte
    Woche eine Absage der betreffenden Hilfsorganisation die mir aber
    alles Gute fuer meine weitere Zukunft beifuegte.
    Vielleicht war es ja ernst gemeint,auf jeden Fall schlaeft meine Frau
    nachts wieder durch,ohne von Albtraeumen geplagt zu werden.
    Ein Umstand,der mich wieder zur Besinnung gebracht hat und den
    Stellenwert meiner Familie in meinem Leben mit neuem Geist fuellt.
    So kann ich fuer diese Absage nur dankbar sein und ich fuehle mich gut
    dabei-Vielleicht meint der Himmel es ja doch gut mit mir?
    Das Wetter aendert sich hier in Edmonton von jetzt auf gleich und jetzt
    sehe ich aufeinmal dunkle Wolken-Vielleicht ein Zeichen?Ach jetzt hoer
    aber auf!
    Nun habe ich mich in einer Art Jugenddorf fuer Jugendliche mit Lern
    schwierigkeiten als Ausbilder beworben.Es ist genau das,was ich schon
    laengere Zeit machen wollte.Und wie soll ich sagen-ich habe einen
    Einladung fuer ein Vorstellungsgespraech naechste Woche.Mein Flieger
    geht Samstag Nacht nach Frankfurt und freue mich wie ein kleiner Junge
    ich umarme die Welt und bin dankbar-ja so dankbar und hab ein Paar
    Traenen
    Meine Familie kann damit leben,wird jedoch fuer einige Monate hier
    bleiben,weil meiner Tochter der highschool Abschluss bevorsteht
    Ich behalte mir aber die Option wieder nach Canada zu gehen.
    liebe Lobanshee,ich habe eine tolle Familie und manchmal frage ich
    mich,warum ich gelegentliche Daempfer brauche,um dieses auch sehen
    zu koennen.So sind meine Familienmitglieder und alle Mitmenschen,die
    mir wert und teuer sind ueber meine Krankheit informiert.Doch
    unterschiedlich waren die Reaktionen auf mein outing.
    Dabei stellte ich oft Unsicherheiten in ihrem Verhalten mir gegenueber
    fest.Gerade in der Anfangsphase bemerkte ich die Abwarteposition
    einiger-So,als wenn sie dem neuen Frieden nicht trauten.irgendwie
    verstaendlich nach so vielen gescheiterten Versuchen zuvor.Das legte
    sich aber mit der Zeit.
    Ich denke mal,dass dies zu vergleichen ist mit der Unsicherheit der
    Mitmenschen,mit Behinderten umzugehen.Was ist zuviel-was ist zuwenig
    Uebung macht halt den Meister und mein Umgang mit meiner Umwelt
    laeft normal ab-bis auf einige Besonderheiten krankheits bedingt.
    Ich meine Menschen,denen an mir liegt akzepteren diese Besonderheiten
    wenn nicht-koennen sie mir gestohlen bleiben.
    Es ist natuerlich eine Herausforderung fuer meine Mitmenschen sich meinen
    Veraenderungen zu stellen,doch mehr als mich zu meiner Krankheit
    zu bekennen und auf damit verbundene Besonderheiten zu verweisen
    kann ich nicht tun.
    Fremden gegenueber bin ich da schon reservierter,weil ich schon schlechte Erfahrungen mit meiner Offenheit machen musste.So wurde
    erfuhr ich schonmal ueber tausend Ecken-Dem kannst Du doch sowieso
    nicht trauen,das ist doch ein Saeufer.Kommen solche Geruechte bei
    fuer mich wichtigen Entscheidungstraegern an,kann ich in erhebliche
    Bedraengnis geraten.Also bin ich vorsichtig.
    Meine Liebe
    ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut und fuehle mich wohl in meiner
    Haut.Ich bin fuer mich gemacht und das passt wie Deckel auf Topf
    was Anderes waere disharmonisch und nicht authentisch.
    und so bewege ich mich von avalon zum sultan swing
    einen lieben Gruss mustasch

  • Hallo mein Lieber,

    ich schaue mir gerade "meinen" Himmel an. Ihn interessieren mit Sicherheit keine menschlichen Probleme. Es liegt an mir, ihn möglichst so zu sehen, wie er sich in seiner ganzen Macht, Kraft und Schönheit zeigen kann.

    Was habe ich früher nur gedacht, als ich in meiner dunklen Wohnung, auf meinen dunklen Balkon mit Alkohol apathisch in den blauen Himmel sah? Mich gewundert wahrscheinlich oder sicherlich, warum der Himmel überhaupt nicht mehr so blau ist, wie ich es noch irgendwo in Erinnerung hatte, warum er nicht mehr so strahlte, warum immer imaginären Wolken auftauchten!

    In meinem Urlaub habe ich mit meiner Nichte auf dem Rasen am Deich gelegen! Wir haben in den blauen Himmel gesehen, der von ein paar Wolken unterbrochen wurde. Es ist schon erstaunlich, was Kinder sich vorstellen können anhand der Wolkenform und es ist ebenso erstaunlich, wie leicht es mir fiel, in dem Moment auch Kind zu sein.
    Sie war total konzentriert und nahm dieses Spiel fast ernst, zwischen Pupertät und körperlicher Entwicklung. Ich sah sie von der Seite an und dachte, wie hübsch sie doch aussieht, und der Himmel war noch schöner und die Sonne schien noch intensiver! :)

    Der Tag mit ihr hat sowieso vieles an meinem Urlaub wieder herausgerissen. Weißt Du, ich kann noch so sicher sein in meiner Trockenheit, kann noch so viel Sinn in meinem eigenen Leben sehen, aber im Gedanken an meine Nichte, die eben nicht auf ihr Tanti verzichten möchte, auch im Gedanken an meinen schon großen Sohn, im Gedanken an meine Mutter und natürlich Schwester, steckt auch hier viel Kraft zum Weitergehen im eigenen Leben und noch überzeugter vom Leben ohne Alkohol zu werden, und um sich dieses auch immer wieder vor Augen zu führen. Dass ich letztendlich meine Trockenheit nicht an Personen ausmachen darf, ist eine Selbstverständlichkeit, die ich akzeptiert habe und sowieso nicht hinterfrage!

    Dass es mit Asien nicht klappt, tut mir nicht so sehr leid! ;)
    Frankfurt kommt mir irgendwie näher vor! Woran näher eigentlich? ;) ;)

    Nun ernsthaft: Deine Frau kann ich irgendwie verstehen! Das wäre aber auch ein Abenteuer gewesen. Heißt das denn, dass Du mit Deiner Familie eventuell erstmal nach Deutschland übersiedelst?

    Natürlich drücke ich Dir mindestens die zwei Daumen, dass Dein Vorstellungsgespräch erfolgreich verläuft, vielleicht gibt es ja noch ganz viele andere, die ich animieren kann. Muss mal eben schauen, ob mein Kollege dafür Zeit hat ..... *lachmichschlapp* - ich sag zu ihm: "Drück mal beide Daumen" und er tut es! :P So ist er, der allerliebste Kollege, den ich bisher hatte! Leider werde ich ihn verlassen müssen, da ich einen Arbeitsplatzwechsel und somit auch einen anderen Arbeitsplatzort vor mir habe. Ansonsten freue ich mich sehr auf die Veränderung in meinem neuen Leben und es fühlt sich auch so gut an, selbstsicher und völlig ohne Ängste zu sein!

    Zitat von mustasch


    liebe Lobanshee,ich habe eine tolle Familie und manchmal frage ich
    mich,warum ich gelegentliche Daempfer brauche,um dieses auch sehen zu koennen.

    Mustasch, was meinst Du, wie oft ich solche Gedanken auch habe und auch meine Interpretation ist deckungsgleich zu Deiner!

    Mich Fremden gegenüber zu outen (Ärzte ausgenommen), darin habe ich noch keine Übung gebraucht. Aber da ich aus Erfahrung weiß, wie fies manche Menschen sein können und ich mir einfach nicht anhören möchte, irgendwann mal hören zu müssen: "Die hat ja ihren Verstand versoffen!" oute ich mich sowieso nur dort, wo es absolut notwendig ist. Sicher bin ich mir aber, dass es in einer Situation, wo es darum gehen könnte, sich outen zu müssen oder zum Ttrinken überredet zu werden, ich keine Probleme mit dem Outen hätte, aber in meinem Umfeld gibt es diese nicht.

    Zitat von mustasch

    Ich bin für mich gemacht und das passt wie Deckel auf Topf

    Und mit diesem Satz nimmst Du mir jegliche Gründe, mich jemals wieder anzuzweifeln, zu hinterfragen oder mich für ungebildet und nicht hübsch zu halten! :P :P :P

    Einen wunderschönen Tag wünsche ich Dir!

    Herzlich

    Lobanshee

  • Hallo mustasch,

    nun ist es aber genug mit der Warterei. :P Wo steckst Du?

    War Dein Besuch in Frankfurt erfolgreich?

    Herzlich grüßt Dich

    Lobanshee

  • Hallo, mein Lieber,

    wenn ich Deinen Nick sehe, Deinen Beitrag an mich aufrufe, dann ist es so, als wenn ich ein wertvolles Buch aufschlage, so ein ganz besonderes, in Leder gebunden, wunderschön verziert, vom vielen Lesen gezeichnet, in edler Handschrift geschrieben!

    Genau das habe ich für mich erkannt. Ich habe Eigenverantwortung für mich übernommen in "meiner Nacht der Nächte" und ich habe verinnerlicht, dass nur ICH mir meine eigene Zufriedenheit schaffen kann.

    Am Wochenende war ich in Berlin. Was für eine Stadt! Es wurde Geschichte geschrieben in meinem Leben. So deutlich wurde es mir erst, als ich an der Mauer stand. Natürlich hatte ich den Mauerfall im Fernsehen gesehen und natürlich war ich mir des "Wunders" bewusst. Aber diese Zeitreise, so hatte ich das Gefühl, kam jetzt erst richtig an. Kreuz und quer ging es durch Berlin, Ost und West, West und Ost. Und ich erfuhr so viel Interessantes eines direkten Zeitzeugens, eines wunderbaren Geschichtenerzählers. Oft ging mir das Herz auf, genoss das Leben in vollen Zügen. Berlin ist einzigartig, alles ist so anders umwerfend. Die Bäume erscheinen mächtiger, das Grün grüner, die Balkone der alten Häuser heimeliger, die Cafès und kleinen Kneipen außergewöhnlicher, als meine Großstadt. Selbst die Spatzen sind anders fröhlich :), so weltmännisch saßen sie zu fünft auf der Rückenlehne des Stuhls direkt mir gegenüber und warteten auf den Keks, der mit dem Macciato gereicht wird. Leben pur, in jeder Hinsicht. Sogar ein himmlisches Sommergewitter durfte ich am Alexanderplatz erleben. Die Füße konnten schon lange nicht mehr, aber genossen habe ich jeden Moment!

    "unter den Linden", ich lief in der Mitte! Berlin, symbolisch rechts von mir sauteure Läden, protzige Wagen, links von mir hässliche Ecken, leere Flaschen, trinkende Menschen. Und ich laufe in der Mitte. Es ist meine Mitte, seelisch unbelastet, absolut eins und rein im Inneren!
    Auf meiner Wunschliste gibt es nichts mehr, was ich noch mehr möchte, außer natürlich keine schwere Krankheit, aber auch da bin ich auf dem neuesten Stand der möglichen Normaluntersuchungen.

    Aber da gibt es ja noch das:

    Zitat von mustasch


    Das Leben ist eben vielseitig,Gott sei Dank,und deswegen
    so spannend.Es ist als Aufgabe anzusehen,die wir zu bewaeltigen haben.
    Grund genug fuer uns stolz zu sein fuer jeden gut gelebten,trockenen
    und zufriedenen Tag.

    Alles, was jetzt noch kommt, lieber mustasch, wird eine große Herausforderung werden, ein großes Lebenstraining der Möglichkeiten, der Empfindungen, und des nie auch nur geahntem Neuem, was unbedingt mitzunehmen meine Pflicht ist! Ich bin im Wandel, schrieb ich vor kurzem, verlasse meinen alten Platz, um neue aufzusuchen, vielleicht ein bisschen zu verweilen oder irgendwann auch zu bleiben, örtlich gesehen oder gedanklich zu empfinden!

    Zitat von mustasch


    Und genau so einen wuensche ich Dir heute und morgen und immer.

    Diesen wunderschönen Satz richte ich an Dich zurück. nicht ohne Dir zu sagen, dass ich Dir eben dieses von ganzem Herzen auch wünsche!

    Sei allerliebst gegrüßt!

    Lobanshee

  • Zitat von mustasch


    Liebe Lobanshee,Es ist fuer mich etwas ganz Besonderes,Dir hier schreiben
    zu duerfen.Es hat etwas Zeitloses,Gediegenes und loest etwas Positives in
    mir aus.Es ist sowohl Unverbindlich als auch Verbindlich,Abstract und so konkret nicht wirklich einzuordnen und doch ein Bestandteil geworden,den
    ich nicht missen moechte.

    Hallo, verehrter Freund!

    Du sprichst mir aus meiner Seele, einen Namen für "meine" Freundin habe ich im übrigen immer noch nicht gefunden. Und so wirklich passt es auch nicht zu mir. Es würde mir gegen den Strich gehen, eine Verniedlichungsform für etwas zu suchen, was ich selbst erst jetzt gefunden habe. Bildlich würde es eher zu einem wunderschönen warmen Kamin passen, zu prasselndem Feuer, von Kerzenschein beleuchtet. Was es auch immer sei, es müsste auf dem Kaminsims stehen, den Raum veredeln, aber in zeitloser Schönheit und doch zerbrechlich.

    Und so stand auf meiner Reise oftmals auch die Zeit still. In meinem Thread schrieb ich über ein Mohnfeld. Die andere Kultur kennt Mohn nicht, diese Pflanze ist dort verboten. Umsomehr haben sie sich wie die Kinder gefühlt und auch benommen. Sie hatten damit keinerlei Berühungsängste, alles Menschen in meinem Alter und auch wesentlich jünger. Selbst Hochdotierte machten keinen Unterschied. Eine Dame nahm eine Mohnblüte in die Hand, hielt sie an ihre Nase und schloss die Augen. Ihre Hände waren wunderschön feingliedrig und hüteten diesen Mohnblumenstängel und in dem Moment drückte ich auf den Auslöser. Es entstand ein Foto wie aus dem Bilderbuch. Da stand für mich die Zeit still. Diese Augenblicke eröffnen sich in einer ungeahnten Dimension, denn sie kommen niemals wieder. Das ist uns Menschen viel zu selten bewusst.

    Diese andere Kultur, sie wurde nicht müde, Trinksprüche zu halten, durchaus auch mit Alklosen Getränken oder Kaffee. Sie scheuen sich nicht, Worte zu sagen, wie "warmherzig", "wunderbar sympathisch" oder "herzerfrischend" auszusprechen, sie binden ihre Familie mit ein, Mutter, Vater , Geschwister und danken eigentlich allem. Demüt und Dankbarkeit empfand ich abends im Bett, dafür, dass ich so ein fernes Land kennenlernen durfte, ein Land, welches ich als brutal und saufend abgespeichert hatte. Die jungen Studenten hießen nur Studenten, weil sie wieder studierten, hatten aber alle schon den Doktortitel und waren die besten in ihrem Studium. Und doch merkte ich es nur am Umgang, an der Kleidung und an der Wortwahl. Alles andere war Herzlichkeit pur!

    In meinem neuen Job erlebe ich Zuspruch ohne Ende und es ist schon fast unheimlich, wie natürlich es alles mit mir und bei mir klappt.
    Gestern abend war ich noch auf einen Sprung bei meinen alten Kollegen, da ich zum Fest eingeladen war. Sie freuten sich sehr, mich zu sehen, aber es war traurig, sie zu sehen. Alle durch die Bank weg waren gezeichnet, müde, ausgebrannt und niedergeschlagen. Sie wollen alle weg und waren sich einig, dass ich das einzig Richtige getan habe. Aber leider sind wenige in der Lage, über den Tellerrand zu schauen und zu sehen, dass andere gar keine Arbeit mehr haben. Und so wird auf hohem Niveau gejammert und es bessert gar nichts.
    Und so erkenne ich, dass auch die vermeindlich Gesunden ihren eigenen Tiefpunkt brauchen, um neue Wege gehen zu können. Wer es da wohl besser getroffen hat?

    Heute saß neben mir im Zug ein junger Mann. Er faltete ein Blatt auseinander mit dem Thema: "Woran erkenne ich, dass ich alkoholkrank bin?". Es gab mehrere farbliche Abstufungen, so genau konnte ich nicht mitlesen, aber das Blatt zitterte in seinen Händen. Es machte mich kurzfristig traurig, weil ich nachempfinden konnte, seine Selbstzweifel und Selbstfindungsphase waren nachzuvollziehen.
    War ich stolz, dass ich weiß, dass ich Alkoholikerin bin? Dass ich nicht mehr hadern muss? Vielleicht, aber Stolz ist ein Wort, was ich im Besonderen definiere und nicht umgangsprachlich versaue!


    Zitat von mustasch

    Mir geht es gut und nicht gut und dann wieder gut und--
    Habe hier vor Ort eine gute SHG gefunden.Koennte eigentlich nicht
    klagen,wenn da nicht eine neue Nachricht gekommen waere,die mich
    mal wieder nicht zur Ruhe kommen laesst.Das Thema Laos ist wieder
    aktuell und ich weiss mal wieder nicht was ich tun werde.

    Das kenne ich nur zu gut, mustasch! Und wir haben es auch nicht wirklich einfach. Unsere Entscheidungen entscheiden vielleicht über unsere Trockenheit oder unsere Zufriedenheit. Es gibt diejenigen, die ihre Strategie so wählen, dass sie nichts mehr anpacken, nichts mehr wagen, weil alles irgendwie zuviel sein könnte und sie Angst um ihre Trockenheit haben. Aber was nutzt mir das, wenn ich in Selbstzweifel zerfließe, eventuelle Lebenschancen nicht angepackt zu haben?
    Meinen neuen Weg habe ich bewusst anders gewählt, ich habe andere entscheiden lassen. Zu diesem neuen Job kam ich, weil sich ein Kollege an mich und meine gute Arbeit erinnerte. Ich bewarb mich völlig ohne Wertung oder Druck, wurde zu einem Auswahlgespräch eingeladen und konnte auch diesem ruhig gegenübertreten. Es wurde sich für mich entschieden und erst dann habe ich mich selbst hinterfragt, bin allein auf die Reise in die Stadt gegangen, allein auf die Reise zu mir selbst. Das geht sicherlich mit Laos schlecht, oder? Was sagt denn Deine Familie dazu? Soweit ich herausgehört hatte, waren diese doch ganz dankbar über Deine neue Wahl in Deutschland? Und dann bist Du doch noch in so einer schönen Gegend. Ist denn jetzt mit dem Beruf alles soweit klar?

    Was wäre ein Leben ohne Träume? Das hatte ich, mustasch! Es war ätzend, trostlos, schockierend. Und so beim Schreiben überlege ich gerade: Habe ich Träume in Form von Wünschen? Ist mir so gar nicht bewusst, muss ich mal drüber nachdenken. Es sind mehr so Kleinigkeiten, wie vielleicht eine schönere Wohnung in der neuen Stadt oder hoffentlich kein großer Schicksalsschlag?

    Ansonsten träume ich sehr viel, ich bin eine Wachtraumfrau, eine REM-Träumerin sozusagen. In der REM-Phase ist die Gehirnaktivität praktisch dem Wachzustand gleichzusetzen. Träume sind für mich keineswegs ein sinnloses Neuronenfeuerwerk meines Hirns, sondern dienen eher der Zuständigkeit für Motive, Emotionen, Gedächtnis und Wahrnehmung, die sehr wahrscheinlich unbewusste eine Rolle spielen. Gelegentlich scheint mein Gehirn im Schlaf auch irgendwie an der Lösung eines Problems weiterzuarbeiten, das mich im Wachzustand beschäftigt hat, um dann in Form eines Traums sein Ergebnis auszuspucken. Vielleicht werde ich es mal aufgreifen, vielleicht ist es durchaus lohnenswert, sich mit besonders intensiven oder unter Umständen auch wiederkehrenden Trauminhalten mal etwas näher zu befassen. Oder um es anders auszudrücken: Im Traum bin ich mein wahrer Regisseur, gebe das preis, was ich in meinem Leben erfahren und gelebt habe, was mich früher oder aktuell beschäftigt, mir Angst macht, mich freut. Und weil ich das Drehbuch schreibe, setze ich meine Bilder selbst in Szene, wie sie für mich Sinn und Bedeutung ergeben. Ich unterhalte mich also gleichsam mit mir selbst, nur eben in Bildern. Daher machen auch allgemeingültige Interpretationen von bestimmten Elementen keinen Sinn, denn was ich mit bestimmten Dingen verbinde, kann für andere eine völlig andere Bedeutung haben.

    Oftmals hatte ich Alpträume und lernte irgendwann diese Wachträume zu kontrollieren. Jetzt merke ich schon sehr früh, ob die Situation bedrohlich wird, dann ziehe ich mich bewusst heraus. Früher rief ich oft, komischerweise oft nach meinem Bruder. Warum das so war? Ich habe keine Ahnung und will es auch nicht wirklich wissen. Diese extreme Träumerei haben wir alle in der Familie, auch mein Sohn in seiner Jugendzeit. Oftmals gingen fremde Menschen duch die Wohnung, die Kaffeemaschine ging an, der Schlüssel in der Wohnungstür wurde umgedreht, das Zimmer kam in Schräglage, auf mein Bett sprang ein Tier. Ich spüre dann alles wirklich real, Fell oder Wind, Bewegungen an der Bettdecke oder Kaffeeduft. Eine Zeitlang erschreckte es mich und vieles lag in den letzten Jahren extrem am Alkohol. Mittlerweile ist es weniger geworden, fast nicht mehr zu erwähnen. Aber eines ist schon komisch. Ich habe nie einen wirklich wunderschönen Traum gehabt, so z. B. am Strand auf einer tollen Insel mit herrlichem blauen Wasser. Im Internet habe ich gelesen, dass gerade Frauen immer Schwerwiegendes und Bedrohliches träumen.
    Aber so richtig viel bringt es mich auch nicht weiter! Wie auch immer, nun weißt Du das auch von mir! :)

    Zitat von mustasch


    Aber keine Sorge,ich bleib auf dem Teppich,weil Narren pervekte
    Realisten sind um ueberhaupt Narren sein zu koennen.
    Mein Mittelnordlicht hab einen schoenen Tag ich gruess Dich doll
    mustasch

    Ich finde es schön, dass Du so offen schreibst und ein Narr bist Du sicherlich nicht, obwohl auch das seinen Charme hat, mustasch! Ich kann mir alles vorstellen, für mich und auch für Dich!

    Und somit grüsse auch ich Dich sehr herzlich und hoffe im Stillen, dass Du in meiner gefühlten Nähe bleibst, aber drücke Dir für alles, was Du mit Dir geschehen lässt, die Daumen und die goldene Hand zur richtigen Entscheidung!

    Auf bald, mein Lieber!

    Deine Lobanshee

  • Hallo mustasch,

    ganz liebe Grüße sende ich Dir aus dem herrlichen Norden. Hier ist superschönes Wetter und ich habe drei schöne Tage mit meiner Mutter erlebt.

    So langsam kommt Bewegung in das bisher nur gedanklich vollzogene neue Umfeld. Habe zwei schöne Wohnungen in Aussicht, wovon ich natürlich nur eine brauche :) und bereite mich auch schon in kleineren Dingen auf den Umzug vor.

    Du schriebst vor kurzem, Dir ginge es gut und dann wieder nicht. Das klingt so ein bisschen hin- und hergerissen, abwartend oder agieren wollend, alltägliches zu bewältigen und neues zu beginnen! Mir geht es ebenso, habe ich gerade während der intensiven Gedanken an Dich gespürt.

    Wie einfach wäre es doch, "einfach" im Alten zu bleiben. Genügend Entschuldigungsgründe gäbe es da ja! Nur nicht für mich! Ich bin das nicht! So viel in meinem Leben habe ich gerade beruflich für mich erkämpft und geschafft trotz Saufens. Da geht noch was und natürlich freue ich mich darüber.
    Aber auch gute Gefühle können manchmal eine Last sein! :) So mache ich mir manchmal das Leben selbst schwer, weil ich viel zu viel "rund" denke. Allerdings ermöglicht es auch, sich ständig im Für und Wider aufzuhalten und beides gesund gegeneinander abzuwägen.

    Wann kannst Du denn Deine Familie wiedersehen? Und wie läuft es denn am Bodensee?

    Mustasch, ich hoffe sehr, auch für mich :), dass wir beide irgendwann mal den Ruhepol finden, der uns rechtmäßig zusteht und den wir auch zufrieden und dankbar annehmen können. Und das meine ich mehr in Bezug auf Bodenständigkeit.
    Denn den inneren Ruhepol kann ich zumindestens schon "sehen" und fühlen.

    Und so habe ich auch keine Angst vor der Zukunft. Sie kommt sowieso, ich kann sie selbst beeinflussen, nur die Tragweite nicht voraussehen.

    Und das ist auch gut so!

    Mal wieder grüße ich Dich sehr herzlich und hoffe, dieses noch oft tun zu dürfen!

    Allerherzlichst

    Lobanshee

  • Mein lieber mustasch,

    Ich begebe mich auf eine neue Reise und möchte mich nun aufs Herzlichste von Dir verabschieden.
    Eindeutig wirst Du mir fehlen. Es mag kitschig klingen, viele werden es belächeln, aber für mich ist dieser Kontakt etwas ganz Besonderes. Mehr noch! Ich bin stolz darauf, mein Lieber!

    Ich überlegte mir, ob ich Deine Beiträge an mich kopieren sollte, aber das brauche ich nicht, habe sie gedanklich in meine Schatztruhe gelegt. Oftmals fallen mir Sätze von Dir ein und oftmals erkenne ich immer mehr Schätze darin. Wird es Dir auch so gehen? Wirst Du auch im bisher Geschriebenen Neues für Dich entdecken können? Du hast bei mir Spuren hinterlassen, ich auch?

    So hoffe ich, dass Du meine Interpretation der Banshee mitnehmen wirst auf Deine Reise, von der ich ja vielleicht noch ab und an hier lesen könnte, wenn ich mal vorbeischaue?

    Viel Spannendes liegt vor mir. Gelernt habe ich, dass nichts wirklich unmöglich ist.

    Ich werde davon in meinem Thread noch schreiben.

    Alles Liebe für Dich!

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