Das Leben NACH der Therapie

  • Hallo,
    ich möchte hier mal kurz schildern, wie es nach der therapie für mich aussah, das NEUE leben.
    IN der therapie war ich ja "geschützt", ich war in einer klinik, mitten im wald, weg von meinem umfeld, weg von meinen "säufer-kumpels", aber die frage ist doch, was passiert, wenn ich wieder in meine gewohnte gegend nach hause komme?
    ich musste in den läden einkaufen, wo ich vor der therapie mit zitternden händen meine letzten groschen für bier ausgegeben hatte. JEDER wusste bescheid, schoss es mir beim ersten einkauf durch den kopf, ich MUSS vorbei an den schnaps regalen, wo ich früher meinen geliebten apfelkorn kaufte, und jetzt kauf ich brause und saft.
    es stieg natürlich angst in mir hoch, JEDER SIEHT ES MIR AN, JEDER SIEHT DAS DU EIN ALK WARST UND BIST, aber die reaktionen der verkäuferinnen, die ich seit jahren kannte war ganz anders. sie sagten mir, wie gut ich jetzt aussehen würde, (ich habe sehr abgenommen), und wie toll sie es fänden, dass ich jetzt kein bier o.ä. kaufen würde. DAS machte mich ein wenig stolz und auch befreiter von meiner angst.
    leben OHNE alk, fast unvorstellbar, ich musste aber alte rechnungen und schulden aufarbeiten, die man in den jahren vergas zu bezahlen, die wohnung MUSSTE ICH FÜR MICH renovieren, möbel umstellen, ich wollte nicht mehr an mein altes leben anknüpfen. mit meinen trinker-kumpels wechselte ich nur noch paar worte, ich suchte mir ein neues umfeld.
    ich feierte meine erste geburtstagsparty OHNE alk, es war auch lustig, mit tanz und viel kuchen, musik und brause. es ging, und geht heute noch, nach fast 13 jahren.
    jedes geschaffte jahr feier ich ein wenig, und dieser erste tag des trocken seins, ist mir schon fast wichtiger als mein geburtstag.
    wichtig ist es trocken zu werden UND vorallem trocken zu bleiben.
    wenn mir auf irgendwelchen feiern mal ein glas sekt o.ä. angeboten wird, sage ich "danke, aber ich mag keinen alkohol", oder jetzt schon scherzhaft "danke nein, ich bekomm davon pickel", jeder in meinem umfeld akzeptiert es.
    das erste jahr des trocken seins war für mich ein lernen des LEBENS, alles neu entdecken, was ich bisher nur "zu" kannte, es war schwer in der ersten zeit, aber gruppen und mein bester freund, auch ein ehemaliger, haben mich dabei sehr unterstützt, nicht zu vergessen meine damalige lebensgefährtin.
    ich bin dankbar für jedes jahr, das ich trocken bin
    lg soul

    "Hurra, wir leben noch" **Milva**
    Wer Fehler findet, kann sie behalten ;)

  • Hallo soul,

    mensch, dein Posting klingt so toll, so positiv! Ich will das auch schaffen! Aber irgendwie krieg ichs nicht hin...Dein Bericht macht mir Mut.
    Ich will auch leben, ich will auch glücklich sein ohne Alk, ich will frei sein davon...Ich will das Leben mit meiner Partnerin genießen, ohne abends mit dem Bier auf dem Balkon zu sitzen...

    Wie hast du das gemacht, den ersten Tag ohne Alk?

    LG Sophie

  • Hallo sophie,
    ich zitiere mal deine Frage: Wie hast du das gemacht, den ersten Tag ohne Alk?

    DAS kann ich dir so nicht direkt beantworten. bei mir hingen viele dinge dran, warum ich trocken wurde, und vorallem auch BLIEB !!

    mit meiner trinkerei, es war schon eine reine sauferei, bin ich so sehr abgerutscht, das sich ei mir schon der "scheiss-egal-effekt" eingesetzt hatte. ich war körperlich UND psychisch vom alkohol abhängig, nur noch der tod hätte mich irgendwie noch von dem zeugs erlösen können, waren meine gedanken, bis mein kind auf die welt kam.
    auch da trank ich noch. weil ich mit kind trotzdem einsam war, das wort EINSAMKEIT hatte mich oft verführt (wahrscheinlich wurde auch deshalb mein bester freund die flasche).
    es ging so weit, das ich innerhalb des ersten lebensjahres meines kindes ein paar mal das jugendamt hatte, sie nahmen mir später das kind auch durch einen familienrichter weg, mit der auflage: entgiftung und therapie, oder mein kind ist für immer weg.
    DA brannte bei mir im kopf dann das lämpchen, ich holte mir mit meiner familienhelferin einen termin zur entgiftung, einen platz in einem krankenhaus für eine langzeittherapie auf einer mutter-kind-station in gütersloh.
    d.h. für mich, entgiftung, nach hause, mein kind bekam ich zurück und anschliessend, drei tage später nach gütersloh, für 4 monate.
    während der therapie lernte mein kind laufen, ich sah NÜCHTERN die ersten schritte von ihr, all das hätte ich versäumt, wenn ich weiter getrunken hätte, was hätte ich verpasst... :shock:
    seit dem ersten tag, als ich wieder zu hause war, schwor ich mir, KEINEN alkohol mehr!!! ich entfernte alles, was nur im geringsten damit zu tun hatte: flaschenöffner, bier- und schnapsgläser, etc. ich besuchte eine gruppe, wo ich auch meinen besten freund kennen lernte.
    wie ich schnell merkte, es geht auch OHNE alkohol, im laufe der zeit, lernt man nüchtern zu feiern, zu denken und zu SEHEN, vorallem zu LEBEN, was man vorher versäumt hatte, DAS ist mir alles wichtig geworden.
    mittlerweile habe ich schon längst das volle sorgerecht für meine tochter zurück, und ich geniesse es, ihr leben und ihr aufwachsen zu sehen.
    DAS alles spornt mich an, nicht mehr zu trinken, wozu auch? es gibt so viele tolle drinks OHNE alkohol, mit denen man sich abends vor den fernseher setzen kann, denk mal darüber nach.
    ich lebe seit fast 13 jahre alkoholfrei, und ich vermisse ihn absolut nicht.

    lg soul

    PS: oops, SOO lang geworden

    "Hurra, wir leben noch" **Milva**
    Wer Fehler findet, kann sie behalten ;)

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