..nicht mehr ganz neu - jetzt die offizielle vorstellung ;-)

  • hallo,

    bin nicht mehr ganz neu hier ;-), lese fast täglich und schreibe manchmal, aber meist zu anderen beiträgen. offiziell "vorgestellt" in dieser rubrik habe ich mich noch nicht. aber jetzt:

    ich bin angehörige in zweierlei hinsicht. bin in einer alkoholikerfamilie aufgewachsen, der alkohol hat das familienleben bestimmt, seit ich denken kann. mein vater galt als "quartalssäufer", beruflich erfolgreich, aber am wochenende hat er - meist mit freunden - einen draufgemacht. meine eltern ließen sich scheiden, da war ich zehn. bin dann mit meinem bruder zu meiner mutter gekommen. sie hat auch schon immer getrunken, dann wochenlang, im bett gelegen, haushalt vernachlässigt, männer angeschleppt, job verloren. dazwischen trockene phasen. derzeit scheint sie mir schon seit längerer zeit trocken zu sein. wir sehen uns kaum, haben aber nach vielen jahren der totalen stille wieder regelmäßigen telefonkontakt. mein vater ist - nachdem er im suff seinen führerschein verloren hat - arbeitslos geworden, hat keinen job mehr gefunden und sich dann langsam totgetrunken. als er endeckte, dass er leberkrebs hat, war es zu spät. von meinen eltern habe ich mich "emanzipiert", indem ich über lange zeit (jahre!) jeden kontakt verweigert habe und ihnen auch gesagt habe, warum. auch jetzt ist klar, dass ich mit meiner mutter nur telefoniere, wenn sie nüchtern ist. dazu gebraucht hat es therapien, seelsorgegespräche und antidepressiva. aber irgendwie bin ich durchgekommen. das war ein schmerzhafter prozess, aber ich glaube buchstäblich, dass er mir das leben gerettet hat. ich hätte den terror, die vorwürfe und das ständige unter-strom-stehen nicht ewig ausgehalten. mit dem thema eltern und alkohol komme ich also klar.

    womit ich (noch) nicht klar komme, ist mein freund. wir sind seit knapp sechs jahren zusammen, und für meine begriffe driftet er seit einem dreiviertel jahr in den alkoholismus ab. wir haben immer mal zusammen was getrunken, und für meine begriffe war es immer ein normales maß. ende letzten jahres wurde es dann bei ihm immer mehr, er wurde in gesellschaft unangenehm (fand ich), und dann gabe es anfang diesen jahres fünf böse abstürze. dazu kamen ewige versprechen "ab morgen nicht mehr, nur noch mit dir und so viel wie du, nicht unter der woche, nicht alleine..." ihr kennt das. nichts davon wurde eingehalten. ich habe ihn mehrfach darauf angesprochen, aber er wirft mir vor, dass ich übertreibe, übertrage und überdramatisiere aus meiner vergangenheit heraus.ich finde das nicht, schreibe tagebuch, um nachlesen zu können, dass ich mir das alles nicht einbilde. mittlerweile gibt es in meinem haushalt für ihn keinen alkohol mehr, und in seiner gegenwart trinke ich auch keinen mehr. ich gehe seit sechs wochen in eine selbsthilfegruppe (kreuzbund) und versuche mich zu distanzieren. das klappt mittlerweile ganz gut, ist aber auf dauer keine lösung, da es auf zwei getrennte leben hinausläuft, wenn ich das weiter so durchziehe. den letzten schritt, ihm das ultimatum zu stellen "ich oder der alkohol", bzw. "entgiftung, therapie und weitere beziehung" oder "alkohol und trennung" habe ich noch nicht gewagt, obwohl es wohl darauf hinauslaufen wird. in den letzten paar wochen ist es um das thema alkohol ruhig geworden, ich denke, er trinkt in maßen, ich weiß aber auch, dass das wahrscheinlich so nicht auf dauer weitergehen wird. es ist also eine frage der zeit, wann ich den letzten schritt gehen muss, vor dem ich eine tierische angst habe :-(. so viel erst einmal für heute.

    euch allen, und insbesondere den organisatoren betreibern dieses forums: vielen dank für eure mühe. allein das regelmäßige lesen in den letzten drei monaten hat mich zu einer einsicht gebracht, zu der ich alleine nicht gelangt wäre. nun bitte ich aber trotzdem noch um ein bisschen geduld, wenn der letzte schritt noch etwas braucht - viele von euch sind einfach schon weiter :D.

    lavendel

  • Hallo lavendel,

    dann auch Dir jetzt ein offizielles Willkommen hier bei uns im Forum.

    Deine realistische Einschätzung als Angehörige eines Alkoholikers und selbst aus einer Alkoholikerfamilie stammende indirekte Betroffene der Alkoholkrankheit beeindruckt mich sehr.

    Du bist auf dem richtigen Weg, Dich aus Deiner wahrscheinlich schon sehr lange bestehenden Co-Abhängigkeit zu befreien.

    Bitte besuche weiterhin die SHG und lese und schreibe hier in diesem Forum! Ganz wichtig, stell Dich allein in den Mittelpunkt Deiner Betrachtungen und nicht Deinen Freund.

    Natürlich bildest Du Dir nichts ein, was seinen Alkoholkonsum betrifft. Wäre er nicht abhängig vom Alkohol, würde er selbstverständlich sich selbst und Dir zu liebe auf Alkohol ganz verzichten. Doch wahrscheinlich kann er es nicht mehr.

    Wünsche Dir viel Mut und Kraft für Deinen weiteren Weg in ein schönes freies Leben.

    lg
    Teufelchen

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!