Stirbt die Hoffnung zuletzt?

  • Hallo zusammen!
    Seit 5 Jahren bin ich jetzt mit meiner Frau zusammen, vor einem 1/2 Jahr haben wir geheiratet. Ich bin seit 08.04 trocken, nachdem ich als hochgradig alkoholabhängig bei einem kalten Entzug einen Krampanfall bekam( ironischerweise in der Suchtambulanz) und ein halbes Jahr Reha benötigte. Auch meine Frau war(ist) alkoholgefährdet. Ich denke, ich kann das ganz gut beurteilen. In Ihrer vorherigen Ehe lief so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen konnte. Ihr Mann hat im Laufe der Jahre nicht nur ihre Existenz zerstört, sondern auch ihr Inneres. Und daher ist es so, das jedesmal, wenn eine Situation eine gewiße Dimension annimmt, d.h. sie eigentlich über ihr Vermögen beansprucht wird, der Alkohol ins Spiel kommt. Jetzt ist es gerade ganz extrem, da Ihre Mutter zunehmend an Alzheimer erkrankt, sie ständig für sie dasein muß und somit Ihr eigenes Leben vollkommen brachliegt. Obwohl Ihre Geschwister vom Fach sind und eigentlich wesentlich kompetenter für die Pflege wären, wird sie in meinen Augen total von Ihnen im Stich gelassen. Ausreden, wie keine Zeit, mein Mann/Frau ist krank usw. usw. sind die Regel. Und ich muß eben nunmal auch in die Arbeit, daher ist meine Zeit leider auch sehr begrenzt und ich muß auch gestehen, das ich hier keine echte Hilfe sein kann. Es gibt Tage, da sehen wir uns gar nicht, obwohl es nur ein paar Meter Luftlinie sind, die uns trennen.
    Und wenn ich dann wenigstens anrufe, merke ich an der Aussprache ganz deutlich den Alkohol. Ich spreche sie natürlich darauf an, aber dann werde ich angelogen, es wäre die Telefonverbindung oder müde oder was es an Ausreden eben gibt. Ich kenne diese Spielchen aus meiner Trinkerzeit ganz gut. Auch die Nummer mit Kaugummi, Bonbons und Zahnpasta.
    Und egal, wie oft ich die Hand auch reiche um ein Gespräch in Richtung Suchtberatung, KOnfliktbewältigung usw. zu lenken, um die Wege aus diesem Kreislauf zu zeigen, so oft verläuft es sich ins Leere.
    Gewiß wäre eine Möglichkeit, einfach zu sagen, der Alkohol oder ich, aber ich sehe das als den falschen Weg an, da ich der einzige bin, den sie eigentlich noch hat. Im Endeffekt stehe ich da und muß mir meine Hilflosigkeit eingestehen. Denn fesseln, zum Hausarzt bringen, mit Distra vollpumpen und abwarten kann es auch nicht sein. Aber helfen will ich Ihr, denn ich liebe sie nunmal abgrundtief. Und jeden Tag die Frage: Wie?"
    Ihr merkt, ich habe mir zwar selber helfen können, aber........

    Der weg aus der Sucht ist EIN Schritt nach vorn. Du mußt ihn nur gehen. Clean seit 08.04

  • Liebe und abgrundtief geht schon ineinander her. Um das, was wir beide durchgemacht haben am Anfang unserer Beziehung, durchzustehen, dazu ist das abgrundtiefe dieser Liebe notwendig. Sonst wäre die Kraft dazu nicht dagewesen. Ich differenziere hier auch ganz genau zwischen abgrundtief und Selbstaufgabe. Das Eine geht, das Andere ist tödlich. Und meine Hoffnung ist, das ich irgendwann das Wort finde oder etwas tue, was der finale Auslöser sein wird, damit sie anfängt, Ihre Sucht aktiv zu bekämpfen. Ich will nur nicht ans Aufgeben denken.

    Der weg aus der Sucht ist EIN Schritt nach vorn. Du mußt ihn nur gehen. Clean seit 08.04

  • Hallo Mich1,

    Zitat

    Und meine Hoffnung ist, das ich irgendwann das Wort finde oder etwas tue, was der finale Auslöser sein wird, damit sie anfängt, Ihre Sucht aktiv zu bekämpfen

    dass Du dieses Wort findest, wünsche ich Euch beiden von Herzen.

    Doch ich bin sehr skeptisch. Welches Wort hat wer für Dich gefunden? Gab es diesen Jemand, gab es dieses Wort, bis Du bereit warst, endlich Deine Sucht in den Griff zu bekommen?

    Mein finaler Auslöser, war mein persönlicher Tiefpunkt und keine Personen und keine Worte spielten dabei eine Rolle.

    Weißt Du Mich, was mich so besonders betroffen macht an Deiner leidvollen Geschichte ist die Tatsache, dass Du doch genau weißt, dass es keine Gründe zum Trinken gibt, doch trotzdem lange über dieses schwierige Situation Deiner Frau schreibst und damit ganz unbewußt ihren Alkoholmißbrauch begründest. Eingangs nennst Du sie "nur" alkoholgefährdet, erst später benutzt Du den Begriff Sucht.

    Ich werfe Dir das nicht vor, da ich nachvollziehen kann, dass es für einen trockenen Alkoholiker ungalublich schmerzhaft sein muß, sich einzugestehen, dass der über alles geliebte Partner auch alkoholabhängig ist. Denn wir selbst wissen besser als jeder andere nicht Betroffener dieser Erkrankung, dass jeder Versuch der Hilfe nichts bringt, solange der noch nicht einsichtige Betroffene, sich seine Abhänigkeit nicht eingesteht und die Hilfe noch nicht bereit ist anzunehmen.

    Ich selbst bin trockene Alkoholikerin und liebe einen trockenen Alkoholiker. Wir haben uns trocken kennengelernt. Wir wollen gemeinsam unseren trockenen Weg weiter gehen und wissen beide jedoch ganz genau, sollte einer von uns beiden diesen Weg verlassen und sich dafür entscheiden wieder trinken zu wollen, werden wir uns trennen müssen. Weil wir uns lieben!

    Mich würde es zerstören und meine Nüchternheit gefährden, wenn ich ihm dabei zusehen müßte, sich selbst zu zerstören und ich weiß, umgekehrt würde es ihm genauso gehen. In Liebe fallen lassen, so nennt man das wohl. Das wäre unsere Chance, den einen wieder auf seinen trockenen Weg zurückzubringen, weil das der finale Auslöser sein könnte, wenn Apelle und Worte nichts mehr bringen! Ich arbeite täglich immer wieder neu an meiner Nüchternheit unter anderem dafür, damit wir diesen Tag nicht tatsächlich erleben müssen. Ich hoffe sehr, dass ich dann auch die erforderliche Kraft aufbringen werde, das auch zu tun, was theoretisch schon ganz klar und fest verankert in unserem Denken ist. Mein Freund würde es tun, dass weiß ich genau, weil er mich liebt.

    Vielleicht ist es das, was Amine Schnee als das herzlose Verhalten trockener Alkoholiker versteht. Keine Ahnung.

    Doch das sind meine Gedanken. Entscheide selbst, ob Du sie ignorieren oder darüber nachdenken willst. Nur einen Rat möchte ich Dir geben, sei ganz offen und ehrlich zu Dir und beantworte Dir die Frage, wie wichtig Dir Deine Nüchternheit ist und ob Du alles für sie tun würdest.


    Ganz viel Mut und Kraft weiterhin wünscht Dir

    Teufelchen

  • da kommt ja richtig feedback. Das muß ich jetzt mal fixe zerklauben und vielleicht bekomme ich ja die Antworten auf das alles in einen Thread gepackt. :-))
    @ Teufelchen: Da gab es kein Wort. Da gab es einfach nur die Entscheidung, sie war einfach mit einem Mal da. Und dazu gabs eben nach 3 Tagen kaltem Entzug noch nen Krampfanfall. E voila, und der Rest kam nach und nach. 1/2 Jahr Reha und es ging wieder. Und meine Nüchternheit ist mir extrem wichtig. Aber alles dafür tun? Nur das, was im Rahmen des Erträglichen und auch Menschenmöglichen ist. Denn da ist es wie bei Ex-Rauchern. Die können u.U. ganz schön "militante" Züge aufweisen. :-)))
    @ Amine: Trocken bleiben werde ich auf jeden Fall. Dazu ist das Leben viel zu geil um es im Suff zu verblödeln. Außerdem hab ich in meinem Leben schon etliches mitgemacht, das weitaus gravierender war. Hut ziehen braucht es auch nicht, da ich es nicht als Besondere Leistung ansehe, etwas loszuwerden, was man sich letzten Endes und anfangs bei vollem Bewußtsein selber zugefügt hat. Es ist wohl eher der Sieg des Geistes über die Materie??Kaltherzig und egoistisch zu sein, denke ich ist nicht zwingend etwas, was der Alk verursacht. Ich meine, es sind Wesenszüge, die irgendwo in jedem sind, aber einer läßt es raus, andere eben nicht. Und Zhema Mutter ist jetzt erst mal vom Tisch, weil die nächsten 2 Wochen in Pflege( in professioneller). Und das mit dem Reiten?!? Ich laufe dann doch lieber und reiche geduldig meine Hand. Sie wird sie nehmen.
    @ Ela: Ich denke schon, das es was bringen wird. Ist zwar jetzt ein wenig zweckfremd, aber der stete Tropfen.......
    Ich hoffe, ich habe jetzt erst mal einiges abgedeckt. Falls ich was oder jemanden vergessen habe, sorry.
    Aber immer wieder gerne

    Mich

    Der weg aus der Sucht ist EIN Schritt nach vorn. Du mußt ihn nur gehen. Clean seit 08.04

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