Hallo an alle,
vielleicht haben andere auch gute Erfahrungen und stehen nicht mehr vor einer undurchdringlichen Wand. Gut heißt für mich nicht die Krankheit zu besiegen, sondern wieder einen Weg in den Alltag zu finden, raus aus dem Hamsterrad und sich nicht mehr im Kreis zu drehen.
Zwischenzeitlich sind 2 Monate seit meinem Aufschrei vergangen. Vergangen ist auch der den Tag bestimmende Gedanke, bei meiner Frau etwas zu ändern zu können. Ich habe es nicht verdrängt, nicht akzeptiert, sondern losgelassen.
Ich höre viele Aufschreie: der hat auch keine Probleme! Ja, wir fegen uns nicht, es fliegt nichts durch die Luft und es gibt keine öffentlichen Aussetzer. Sie trinkt abends vor sich hin und schläft irgendwann. Ich verlängere damit die Sucht, habe mich nicht getrennt, sie nicht sanft fallen gelassen, sie nicht mit aller Gewalt bedrängt. Ich betrachte das nicht als Versagen, habe nicht resigniert, aber aufgehört gegen Windmühlen zu kämpfen.
Um es anders auszudrücken: meine gestandenen 93kg zucken nicht mehr bei einem Korkenblub zusammen..
Wenn meine Co-Abhängigkeit eine Krankheit in meinem Kopf ist, dann bin ich auf einem guten Weg. Wir haben viele neue Gefühle entdeckt, es gibt klare Abgrenzungen und wir gehen anders mit dem Thema und uns um.
Wie ich dem eigenen Alkoholkonsum gegenüber stehe? Ja, ich trinke noch, gelegentlich Wein, aber ich trinke nicht mehr mit und es ist normal geworden, Alkoholfreies statt Wein zu bestellen, A-freies beim Skat, Grillen oder in abendlicher Gesellschaft zu trinken, ich vermisse nichts.
Warum ich das schreibe, sich offensichtlich kein großes Erfolgserlebnis ergeben hat? Weil viele hilflos auf der Brücke stehen und nicht wissen ob sie vor oder hinterher springen sollen und weil die großen Ereignisse aus vielen Kleinen bestehen. Es geht weiter und das ist wichtig. Für mich ist es ein großer Erfolg, nicht mehr zusammen zu zucken, klare Gedanken zu fassen, unsere Existenz zu sichern und selbst das Leben lebenswert zu finden. Ich habe wieder Kraft, Abstand, bin in der Lage klar zu denken und zu entscheiden.
Ich möchte allen Betroffenen Mut machen, es geht weiter, für welchen Weg Ihr Euch auch entscheidet, ob Trennung, sanftes Fallenlassen oder Festhalten, es gibt Wege und die Entscheidung liegt in unserer Hand.
Lieben Gruß kaltblut