• Hallo,

    vor 2 Wochen habe ich mich kurz vorgestellt. Seitdem habe ich nichts getrunken. Bisher ging das gut. Aber aus meiner Erfahrung heraus, weiss ich, dass das Nichttrinken für mich in der ersten Zeit relativ problemlos funktioniert.

    Ich bin 47 Jahre alt und trinke seit ungefähr 15 Jahren und seit 10 Jahren sicher zuviel Alkohol. In letzter Zeit waren es unter der Woche ungefähr 1/2 l Weißwein, am Wochenende auch schon mal 1l.
    Ich trinke nur Wein, selten Sekt. Andere alkoholische Getränke haben mich nie interessiert, auch wenn kein Wein da war.

    Bisher hatte ich keine "nach aussen sichtbaren" Probleme mit dem Trinken. Arbeit, Familie etc. ist alles okay. Nur ich selbst weiß, dass die Welt für mich nicht mehr in Ordnung ist und möchte das jetzt ernsthaft ändern.

    Ich finde es sehr gut, dass es ein solches Forum gibt und hoffe sehr, dass ich mit eurer Unterstützung mein Ziel erreichen werde.

    Aber ein wenig mutlos bin ich doch, deshalb der Titel des Beitrags.
    Ich scheine so ziemlich alles "falsch" zu machen...

    ...ich bin zu keinem Arzt gegangen, mein Hausarzt, dem ich absolut vertraue, gehört zum Freundeskreis, und fällt aus diesem Grund aus. Ich hatte bisher aber auch nie körperliche Entzugserscheinungen, wenn ich "Trinkpausen" eingelegt habe und glaube deshalb, es klappt auch so.

    ...ich möchte in keine SHG, es fällt mir schon hier, obwohl alles anonym ist, sehr schwer von mir zu erzählen.

    ...in meinem Freundeskreis wird relativ viel Alkohol getrunken. Und meine Freunde kann ich ganz sicher nicht aufgeben. Die meisten kenne ich seit mehr als 20 Jahren und sie haben mich in einigen schweren Jahren nach allen Kräften unterstützt. Ich kann auch mit ihnen über meine Alkoholsucht sprechen. Aber ich bin nicht der Meinung, dass sie in meiner Gegenwart nichts mehr trinken sollten. Ich muss doch sowieso überall damit zurechtkommen, nichts mehr zu trinken. Ich habe vor Jahren auch mit dem Rauchen aufgehört, obwohl bei mir zu Hause noch geraucht wurde. Ist das nicht vergleichbar?

    Das ist jetzt alles ziemlich lang geraten. Ich freue mich, wenn ich Antworten von euch bekomme.

    Liebe Grüße
    Lhea

    Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.

  • Hallo Lhea,

    ich denke jeder hat die Chance ein nüchternes Leben zu erlernen, wenn er bereit ist sein Leben zu verändern und alles dafür zu tun.

    Nur sollte man sich im Klaren sein, dass es langfristig nicht reichen wird nur nicht mehr zu trinken.

    Man sollte sich eingestehen, dass man krank ist und Hilfe braucht und vor allem auch diese Hilfe an zunehmen. In welcher Form das nun ist, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Jeder ist individuell und muss für sich selbst bestimmen, welche Hilfe er in Anspruch nimmt.
    Es gibt da nun mal kein Patentrezept.

    Ich persönlich habe eine Therapie gemacht und behaupte auch, dass ich es ohne nicht geschafft hätte.

    Es gibt aber auch genügend Beispiele von Menschen, die keine Therapie gemacht haben und auch in keine SHG gehen. Du kannst hier im Forum ja 7 Tage in der Woche Hilfe bekommen, ich würde Dir aber dennoch empfehlen eine reale SHG wenigstens einmal auszuprobieren.

    Lass mich noch einen Satz zu den Freunden sagen. Wahre Freunde würden kein Problem damit haben, wenn es bei Dir zu hause keinen Alkohol geben würde. Du solltest Dir einen "geschützen" Rahmen schaffen. Wenn Du draussen bist, und Du bekommst plötzlich einmal Trinkverlangen könntest Du immer noch sagen, ich ziehe mich lieber mal zurück .

    Denke bitte einmal drüber nach.

    Übrigens ist es vollkommen egal, wie lang Deine Texte sind. Schreibe bitte alles, was Dir auf der Seele brennt. Wir sind für Dich da, wenn Du uns brauchst.

    Gruss Joachim

  • Hallo Lhea,

    Ja, wie Joachim schon schrieb, nur allein nicht mehr zu trinken, das ist es noch nicht. Man mus auch andere Dinge verändern. Mir war das nach meiner Entgiftung auch erst nicht klar, aber das kam so nach und nach. Ich hab aber von Anfang an akzeptiert, das mir das nun mal passiert ist und wußte auch, das Alkoholismus eine Krankheit ist.

    Das war schon mal ein Anfang. Alles andere kam so nach und nach. Als ich nach Hause kam, hatte mein Mann hier schon jeglichen Alkohol entfernt und hat natürlich hier nichts in meiner Anwesenheit getrunken. Wir haben es wohl intiktiv richtig gemacht. Hier gibts auch heute kein Alkohol im Haus, mein Mann holt sich höchstens mal 2 Bier, die er dann im Keller trinkt, wo er auch seine Computer hat, es ist also eher ein kleiner zweiter Wohnbereich, wo er seinen Hobbys nachgeht. Aber Alkohol gibt es hier ansonsten nicht, wozu auch, für Gäste ? Nööö, die wissen, das es hier nichts gibt, auch die Gründe, warum. Das hat aber noch niemanden abgehalten, nicht mehr her zu kommen.

    Was ich nicht so recht verstehen kann, warum kannst Du Dich denn Deinem Arzt nicht anvertrauen, gerade wenn er ein Freund ist? Schämst Du Dich, das Du ein Alkoholproblem hast?
    Warum denn ? Das passiert Tausenden von Menschen, was uns passiert ist, kein Grund, sich zu schämen. Würdest Du Dich auch schämen, wenn Du Diabetiker wärst? Alkoholismus ist genauso eine Krankheit, die ohne Behandlung zum Tod führt. Und unsere "Behandlung" ist auch ein Leben lang, sie heißt "Trocken bleiben" .

    Ich denke, Du willst Deine Erkrankung geheim halten, das ist aber schwierig, auf jeden Fall viel schwieriger, als die Wahrheit zu sagen. Das kann ich Dir nur sagen, denn ich hab mich auch anfangs mit dem Gedanken getragen, es geheim zu halten, hab aber gemerkt, wie schwierig das ist und das sofort aufgegeben. Ich will auch meine Freunde nicht belügen. Das haben sie nicht verdient. Und sie sind auch immer für mich da und haben sich noch niemals negativ verhalten. Es ist halt so und sie haben es sofort akzeptiert. Wenn sie Fragen haben, fragen sie mich ganz normal, ich antworte darauf und dann gehts weiter. So einfach ist das. Ich will doch nicht mein restliches Leben lügen, das würde mich auch auf Dauer belasten. Auch von meinen Arbeitskollegen hab ich nie eine negative Reaktion bemerkt, eher nur im Gegenteil. Sie sind stolz auf mich, das ich nicht mehr trinke. Als ich noch an der Flasche hing, war ich gar nicht mehr in der Lage, meine Arbeit gut zu machen, das ist nun nicht mehr so.

    Ich schreib jetzt hier so viel von mir, ist mir schon peinlich, aber ich will Dir damit auch etwas Mut machen, sich anderen anzuvertrauen, das ist vielleicht das erste und zweite Mal schwer, aber dann nicht mehr. Wenn man diesen Schritt einmal gemacht hat, ist es einfach. Meine Krankheit ist doch nur ein Teil von mir, der wird so akzeptiert, und anscheinend ist da noch genug anderes, was mich als Menschen ausmacht, sonst würden meine Freunde hier nicht so gern "rumlungern". Das wird auch bei anderen, auch bei Dir so sein.
    Vielleicht braucht Du nur noch etwas Zeit, es für Dich selber zu akzeptieren ?

    Lieben Gruß vom Lianchen

  • Vielen Dank für eure Antworten. Ich habe es jetzt oft im Forum gelesen, dass man mehr tun muss als nur nicht zu trinken. Ich werde es auf mich zukommen lassen. Was anderes bleibt mir auch nicht übrig, denn ehrlich gesagt, finde ich außer dem Trinken in meinem Leben erstmal nichts, was mir falsch erscheint.
    Aber gut, vielleicht habe ich ja wirklich Scheuklappen und lege die mit der Zeit ab.

    Joachim: Ich werde es zunächst mit dem Forum statt mit einer SHG versuchen. Wie du schon sagst, hier ist 7 Tage die Woche jemand. Das finde ich sehr gut und ich denke, ich werde euch noch genug brauchen. Ich hoffe, dass ich auf Dauer auch etwas an das Froum zurückgeben kann.

    Lianchen: Der Vergleich mit Diabetes ist gar nicht schlecht. Nein, ich würde mich nicht schämen Diabetikerin zu sein, aber auch beim Diabetes gehört eine Umstellung in dem Fall beim (Eß)-Verhalten dazu. Und wenn ich diese als Diabetikerin nicht schaffen würde, ja, dann würde ich mich auch schämen. Ich bin glücklicherweise ziemlich gesund, bekomme in aller Regel nicht mal eine Erkältung, habe in aller Nähe miterlebt wie eine sehr gute Freundin an Krebs gestorben ist, und bin wirklich nicht stolz darauf, alles getan zu haben, um meine Gesundheit zu zersören. Und da ist nun mal niemand außer mir selbst für verantwotlich. Okay, aber das hilft im Nachhinein halt auch nicht wirklich weiter.

    Geheim halten will ich die Erkrankung nicht. Geht auch nicht. Ich habe nie heimlich getrunken, jeder, der mich etwas besser kennt, weiß genau, dass ich viel Alkohol trinke. Mit meinen engeren Freunden werde ich in jedem Fall und auch bald reden. Aber ich bin nicht der Meinung, dass mein weiteres Umfeld auf jeden Fall informiert werden muss. Und dazu gehört eben auch mein Hausarzt oder die Kollegen. Aber da besteht letztlich auch keine größere Gefahr für mich. Niemand von all diesen Leuten würde nachhaken, warum ich keinen Alkohol trinke. Ich kenne die Situation nicht, in der einem ein Glas "aufgedrängt" wird. Naja, vielleicht liegt das ja auch einfach daran, dass das bisher nicht nötig war. Ich werde sehen...
    Mit meiner Familie (Geschwister etc.) sieht die Sache vorläufig noch etwas anders aus. Ich möchte zum Einen nicht, dass sie sich Sorgen machen, zum Anderen fürchte ich zuviel Fürsorge. Mit ihnen werde ich sprechen, wenn ich erstmal selbst ein bisschen Abstand habe.
    Auch meine Töchter haben natürlich mitbekommen, dass ich fast täglich trinke. Trotzdem haben sie beide die Tragweite nicht gesehen. Meine Älteste sagte noch vor wenigen Wochen im Zusammenhang mit einer Feier auf der sie war und Freunde von ihr zuviel getrunken hatten, sie hätte mich noch nie betrunken gesehen. Ich bn wirklich sicher, dass sie es tatsächlich so sieht. Da möchte ich auch es zunächst auch dabei belassen, einfach zu sagen, ich trinke jetzt nichts mehr. Das wird auch erst einmal reichen. Sollten wirklich Fragen kommen, werden sie beantwortet. Weil - lügen werde auch nicht.
    Liebe Grüße auch an Esli
    Lhea

    Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.

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