Betreuung von alkoholkrankem Vater

  • Guten Abend,

    zur Zeit bin ich etwas verzweifelt und hoffe, dass ich hier Hilfe finden kann.

    Mein Vater, seit Jahrzehnten Alkoholiker, kann/will/möchte nicht mehr aufhören zu trinken. Er ist noch nicht einmal 62 Jahre alt.
    Anfang 2005 startete ich einen letzten Versuch, ihn von einer Therapie zu überzeugen. Das ganze startete mit einem Krankenhausaufenthalt, den ich ihm "aufgebrummt" habe, da ich
    a) wissen wollte, wie sein Allgemeinzustand ist
    b) ich die Befürchtung hatte, dass er an Alzheimer leidet.

    In der Neurologie sagte man mir: Korsakow-Syndrom, Leber vergrößert und gesunken, Blutwerte übel, Nervenleitgeschwindigkeit eingeschränkt, Verlust des Orientierungssinns und des Zeitgefühls.

    Eine Therapie lehnte mein Vater strikt ab - er wollte nach Hause.

    Naja, wir sind nun an einem Punkt angekommen, an dem mein Vater nur noch ein Fliegengewicht ist, die Wohnung aussieht wie - sorry - ein Saustall (Müll bringt er noch raus, das ist es dann aber auch), Körperhygiene vergisst er komplett.

    Ich bin nun im Begriff seine kleine Wohnung vom Boden bis zur Decke zu renovieren - neue Möbel, Geschirr etc einschließlich - alles fliegt raus.

    Nach der langen Vorgeschichte nun mein eigentliches Problem: Mein Vater lebt 50 km weit weg, so dass ich nicht täglich bei ihm vorbeischauen kann. Gibt es Einrichtungen, die Alkoholkranke ambulant betreuuen? Meist bekomme ich als Aussage: nicht zuständig (Betreutes Wohnen hatte ich auch schon in Betracht gezogen, aber dafür muss er erst eine Therapie machen, da sie keine Alkoholiker aufnehmen- und das will er ja nicht - ergo: hier beisst sich der Hund in den Schwanz). Wo bekommen wir Hilfe?

    Sorry, dass alles ein bisschen lang geworden ist, aber ich wollte nicht nur die Frage stellen, sondern auch ein wenig "Background" geben.

    Würde mich freuen, wenn mir jemand helfen könnte!

    Einen schönen Abend wünscht

    Aileen

  • Danke für dein Mitgefühl. Es ist schon bitter daneben zu stehen und nichts tun zu können, während der Vater stückchenweise stirbt - aber da erzähle ich ja nichts Neues. Es gibt leider zuviele Angehörige, die (mit)leiden.

    Ich habe heute mit Vaters Hausarzt gesprochen. Er kommt am Montag zu meinem Vater und schaut sich ihn und die häusliche Situation an. Zunächst einmal steht ein Antrag beim Amtsgericht auf Betreuung wegen Korskaow-Syndrom und Verelendung im Raum - das macht mir schon ein wenig Angst.

    Ich muss es einfach auf mich zukommen lassen, mich genau über die Vorschläge des Arztes informieren und dann nach bestem Wissen und Gewissen für meinen Vater entscheiden!

    Einen schönen Abend wünscht

    Aileen

  • :roll: Verelendung klingt ziemlich brutal, aber auf der anderen Seite bedeutet Korsakow -soweit ich weiss- Verlust von Orientierung und Gedächtnis, also braucht er alle Pflege, die er bekommen kann

  • Ja, das ist richtig. Die Orientierung hat er weitestgehend verloren (der einzige noch ihm bekannte Weg ist von seiner Wohnung zur Kneipe und zurück), Zeitgefühl hat er gar keins mehr (was vor ein paar Tagen war ist für ihn letztes Jahr, vor ein paar Wochen o.ä).

    Verelendung: Tja, offensichtlich ein "bürokratisches" Wort - ich fand es auch sehr hart. Aber o. g. hat halt zur Folge, dass sich mein Vater nicht mehr wäscht und die Anziehsachen seltenst wechselt a) weil er keine Kraft mehr dazu hat b) er vergisst es einfach. Die Wohnung sieht auch nicht prickelnd aus. Ich habe zwar versucht hier und da etwas zu machen, aber wenn etwas nicht konstant gepflegt wird, dann vergammelt es halt, daher der Plan mit der Komplettsanierung und der Haushaltshilfe, aber das wird vermutlich nicht ausreichend sein. :cry:

    Wie gesagt, ich muss Montag abwarten und dann vielleicht eine schwerwiegende Entscheidung treffen, mit der wir aber beide Leben können. Ich habe ja versucht, ihm solange wie möglich seinen Lebensraum und seine Eigenständigkeit zu erhalten, aber SO geht es jetzt einfach nicht mehr!!!

    So schrecklich sich das auch anhört, aber ich hoffe, dass mein Vater nicht mehr lange leiden muss, denn er hat durchaus einige wenige klare Momente, in denen er sich wenigstens halbwegs bewusst ist, wie sehr er in den letzten Jahren abgebaut hat - um nicht sagen abgeschmiert ist, und das ist schrecklich. Der Körper gibt - nachdem der Geist längst aufgegeben hat - nun auch noch auf!!!

    Einen schönen Abend wünscht eine traurige

    Aileen

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!