• Hallo Freunde,

    immer wieder lese ich hier von der Angst vorm outen. Dazu kann ich sagen, dass ich sie heute nach einem Jahr noch habe. Mein engstes Umfeld weiß Bescheid und das ist gut so, aber ich laufe nicht mit einem Schild um den Hals herum.
    Weswegen ich damals im Krankenhaus war weiß bis heute noch niemand so richtig, meine Familie ja, aber die anderen nicht so.
    Meiner Firma habe ich damals gesagt, dass ich schlechte Blutwerte hätte (stimmte ja auch).
    Seit zwanzig Jahren leide ich immer wieder an Schüben einer Borreliose. Diese Viecher lieben den Alkohol den ich ihnen Jahrelang gab, ist aber ne andere Geschichte.
    So biestig wie die Krankheit Borreliose auch ist habe ich einen nutzen draus gezogen und diese wegen meines Alkoholverzichts vorgeschoben.
    Ich arbeite in einem Sicherheitsrelevanten Unternehmen, wäre nach dem outen erstmal zum Innendienst versetzt worden, weiter weg vom Wohnort entfernt und hätte zwei Jahre „Bewährung“ bekommen.
    Bei Betriebsärztlichen Untersuchungen habe ich immer meinen TÜV Stempel gekriegt, die Ärzte müssen Blind gewesen sein oder ich ein guter Schauspieler.
    Ob das richtig oder falsch war mag ich jetzt nach einem Jahr nicht beurteilen aber ich bin im wahrsten Sinne wirklich ein Anonymer Alkoholiker in der Firma. Einige werden sich jetzt fragen, der muss doch aufgefallen sein; vielleicht hat man mal eine Fahne gerochen keine Ahnung, aber bestimmt.
    Bei Chefkontrollen halfen Minzbonbons und Kaffee. Ich habe einen Einzelarbeitsplatz also war ich immer schön mit meinem beschissenen Alkohol alleine und hab Gott sei Dank nie schwerwiegende Fehler gemacht.
    Keine Ahnung warum ich das hier jetzt schreibe aber ich kann im Moment nicht schlafen und ab und zu plagt mich doch das schlechte Gewissen als Saubermann dazustehen, der ich in Wirklichkeit nicht bin.
    Übrigens als schöner Nebeneffekt meiner Trockenheit habe ich schon seit einem halben Jahr keine Schübe der Borreliose mehr gehabt.
    Wünsche Euch noch eine gute Nacht und einen trockenen Wochenbeginn bis dann

    Gerd heute trocken

  • Hallo Tiger,

    Willkommen hier im Forum.
    Schreibst Du noch öfters hier?Ich würde mich jedenfalls freuen.

    Ja, das mit dem Outen ist so eine Sache. Mir fiel das auch anfangs schwer, aber durch meinen langen KH-Aufenthalt haben es ja einige mitbekommen. Aber auf der Arbeit hab ich es selber gesagt, erst hab ich mit meinem Chef darüber gesprochen und dann mit unserem Vertrauensmann. Und später noch einigen anderen, die mir liebe Kollegen sind. Ich laufe auch nicht mit einem Schild umher:Ich bin Alkoholikerin ! Aber ich sagen es denjenigen, die es willen müssen und auch sollen. Dazu gehören meine Freunde, ich hätt das gar nicht gekonnt, die dauerhaft anzulügen. Das wäre zu belastend für mich geworden. Ich kann nicht gut lügen und ewiges Rumlavieren kann ich auch nicht, dann müßt ich ja immer überlegen, wem hab nun was erzählt, neee echt, das wär mir auch zu anstrengend. Und ich erwarte ja auch von meinen Freunden Offenheit und Vertauen, dann muss ich es auch selber entgegenbringen, oder?
    Wer dann nicht mehr mein Freund sein will, soll halt wegbleiben, So What? Die brauch ich eh nicht. Die meisten sind allerdings geblieben.

    Ich meine auch, bei Dir herauszulesen, das Dich das Schweigen psychisch belastet. Wenn das so ist, solltest Du ernsthaft überlegen, ob Du das nicht ändern möchtest. Wir können uns ja zusammen mit Dir beraten, wenn Du möchtest.

    Wie lang bist Du denn trocken ?

    Lieben Gruß
    Lilly

  • wenn ich folgende Gedanken zum Tag lese:

    Drittens habe ich gelernt, ehrlich zu sein. Welche Wohltat! Keine Mogeleien,
    keine Hintertürchen mehr! Meine Karten liegen jetzt offen auf dem Tisch und
    jeder kann sie sehen. Ich bin, was ich bin, nicht mehr und nicht weniger.
    Ich habe eine dunkle Vergangenheit. Und jawohl, das tut mir leid. Ändern
    aber lässt sich das nicht, denn das war gestern und ist vorbei. Dafür ist
    heute mein Leben ein offenes Buch. Jeder kann kommen und darin lesen, wenn
    er will. Versagen werde ich auch heute noch oft genug, aber wenigstens rede
    ich mich jetzt nicht mehr heraus.

    dann mach ich mir doch so meine Gedanken, ob ich mir vielleicht am Anfang meiner Trockenheit (am 17. Oktober 2005) mir doch ein paar Hintertürchen gelassen hab.
    Ich bin in vielem ehrlicher geworden gegenüber meinen liebsten Menschen sowieso.
    Jetzt nach einem Jahr Trockenheit werde ich auch nicht mehr in die Chefetage rennen
    und denen das sagen, dass könnte wieder Ärger geben. Wir sind nämlich bei Alkohol-
    Drogenmissbrauch und anderen körperlichen Gebrechen, die den Dienst beeinträchtigen
    können, zur Selbstanzeige verpflichtet, hab ich nicht gemacht, war dumm.
    Damals war mein Kopf wohl noch nicht so klar wie heute. Hab mich trotz massivem
    Alkoholmissbrauch einfach durchgemogelt. Heute mit klarer Birne würde ich wohl
    den offenen Weg gehen und jedem dazu raten.
    Hauptsache ist, ich bin trocken und das will ich bleiben, kein Jahr von den letzten 20 Jahren war so schöööön :D wie das letzte, da möchte ich nicht mehr weg.
    Wenn auch hier und da mal Saufdruck aufkam aber das ist zu schaffen.
    Mein Umfeld hat nach einem Jahr sowieso das Interesse daran verloren warum ich nicht mehr trinke, die fragen gar nicht mehr.

    Liebe Grüße und Lilly, werde versuchen öfter zu schreiben.

    Gerd heute trocken

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