• Heute ist mein elfter Tag ohne Alkohol. Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht träumen lassen, dass dies einmal "mein" Thema sein würde. Zuerst war es das Problem meiner Eltern, dann das meines Exmannes und teilweise auch die Thematik meiner Geschwister.
    Schon seit längerer Zeit, etwa acht Jahre, weiß ich, dass ich süchtig bin.
    Jetzt bin ich im 47zigsten Lebensjahr, weiblich, 3 Kinder - inzwischen alle erwachsen. Ich bin selbständig und seit einem viertel Jahr liegt eine zwölfjährige Beziehung hinter mir. :(
    Was mich dazu bewogen hat gerade jetzt an meiner Gesundung zu arbeiten, setzt sich aus mehreren Umständen zusammen. Zum einen gebe ich meiner Sauferei einen Großteil der Schuld am Scheitern meiner Beziehung. Zum anderen ist meine 20jährige Tochter abhängig von leichten Drogen und Alkohol. Und ich bin tatsächlich aggressiv geworden, als sie sich an meinen Stoff rangemacht hat. Dieses Verhalten ist für mich unterstes Nivau und da befand ich mich auf einmal. Zudem scheiterte eine Ehe im nahen Bekanntenkreis, weil "sie" säuft. Ich hörte die ganzen Kommentare dazu. Es ist mir eine furchtbare Vorstellung, dass so über mich gesprochen wird.
    Ich will mein Leben nicht vom Alkohol bestimmen lassen.
    Nach ein paar lahmen Versuchen, habe ich vor zwei Wochen eine Facharztpraxis aufgesucht. Ich habe eingestanden das ich Alkoholikerin bin. Natürlich kam der Vorschlag einer stationären Therapie. Die kann ich aber nicht machen, weil ich selbständig bin. Wenn ich nicht arbeite, verdiene ich kein Geld. Dann die Frage warum ich nicht in eine Gruppe, wie zum Beispiel "AA" gehe. Die Ortschaft in der ich lebe hat dreizigtausend Einwohner und einen Stadtplatz. Wenn ich einmal über denselben gehe, grüße ich mindestens zwei Passanten, die ich kenne. Da ist die Wahrscheinlichkeit nicht anonym zu bleiben groß.
    Der Facharzt machte mir den Vorschlag, mir ein Wochenende terminlich freizuhalten. Am Donnerstagabend mit dem Trinken aufhören und wenn ich es nicht schaffe, dann am Freitag in die Klinik. Ich sollte mich zur Entgiftung anmelden. Bis Montagabend müßte ich es geschafft haben. Zudem schlug er mir eine Suchtgruppe vor, die sich regelmäßig einmal pro Woche in seinen Räumlichkeiten trifft. Medikamente bekäme ich erst, wenn ich trocken sei. Ich fand den Plan gut.
    Ich habe mir ein Wochenende eingeplant, das kommende. Die Klinik und die Vorstellung, dass ich mich da offenbaren muss, haben mich geängstigt. Deshalb habe ich es einfach selbst probiert, zu Hause. Nachdem was ich jetzt im Forum gelesen habe, ist das nicht ungefährlich. Aber ich hatte, habe einen kleinen Alkoholvorrat, weil ich für mich das Gefühl haben wollte, wenn ich es nicht schaffe, es mir mit dem Entzug nicht gut geht, dann trinke ich und gehe zu dem betreffenden Datum ohne wenn und aber in die Klinik.
    Körperlich geht es mir gut. Nur Abends bin ich sehr wach. Ich habe meine Ration, mindestens eine Flasche Rotwein, immer abends getrunken. Dann hatte ich die richtige Bettschwere. Jetzt trinke ich literweise Tee. Gut das es draußen kalt ist.
    Mit der Selbsthilfegruppe muss ich noch etwas warten. Dafür werden Vorgespräche geführt. Eines hat schon stattgefunden, ein weiteres wird folgen. Mir ist das recht. Das gibt mir das Gefühl, dass am Ende wirklich die richtigen Teilnehmer zusammen geführt werden und, das das ganze wirklich anonym abläuft. Auch meine berufliche Situation führt dazu, dass ich erst ab Ende November an den Treffen teilnehmen kann. Dann allerdings regelmäßig einmal pro Woche, dass habe ich mir schon so eingeteilt.
    Bis dahin hoffe ich mir hier im Forum ein wenig Mut und Unterstützung holen zu können. Und ab und an, vielleicht aber doch jeden Tag, darüber "reden" zu können wie es mir geht.
    Danke.

  • Hallo Kaulquappe,

    herzlich willkommen hier im Forum.Schön das Du zu uns gefunden hast.
    Hier kannst Du jede Menge Unterstützung bekommen.


    Liebe Grüsse Peter Pan

  • Hallo Kaulquappe,

    Herzlich willkommen hier im Forum.

    Na, ne Gute-Nacht-Geschichte war datt aber nicht, ich bin ja davon hellwach geworden, menno :D:shock:

    Nein, nun im ernst. Du hast es richtig gemacht insofern, das Du einen Arzt aufgesucht hast und auch im Notfall zu einer stationären Entgiftung bereit bist. Wenn Du nun 11 Tage trocken bist, ist der Entzug ja normalerweise vorbei, es war auch richtig, einen Alkvorrat zu haben, das kann ich nicht verteufeln, und davon im Notfall zu trinken und dann die Entgiftung stationär zu machen. Gefährlich war der kalte Entzug allemal, aber darüber jetzt noch zu schreiben, wäre müßig, ich rate Dir nur, spiel nicht noch einmal mit Deinem Leben, wir haben nur dieses eine, auch wenn das hundertmal gut geht, kann jeder derjenige sein, bei dem es nicht gutgeht. Kein Sarg ist so schön wie ein sauberes, warmes Bett in einem Krankenhaus.

    Wir hier sind eine eigenständige SHG, hier brauchst Du auch nicht bis November warten, wir haben hier auch 24 Stunden geöffnet. Schreibe, das erleichtert. Und frag uns, wenn Du Fragen hast, hier sind so viele, die Dir antworten werden.

    Das mit dem viel Trinken ist gut und auch insofern wichtig, das es gegen Saufdruck hilft.

    Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg in eine dauerhafte Trockenheit.

    Lieben Gruß
    Lilly

  • Danke Lilly,

    es tut mir gut von dir zu hören, dass ich auf dem richtigen Weg bin und das ich es so wie ich es mache gut mache.
    Das ein kalter Entzug so gefährlich sein kann, habe ich erst hier im Forum erfahren. Wobei bei mir jetzt Erinnerungen hochkommen. Vor ca. 20 Jahren hat ein Bekannter das auch gemacht. Er ist auf der Straße zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden.
    Dann verstehe ich aber den Facharzt nicht bei dem ich war. Er muß doch um die Gefahr wissen und hätte auf einen kontrollierten Entzug in der Klinik drängen müssen. Vielleicht wirke ich zu stark und zu selbstbewußt. Ich werde ihn bei meinem nächsten Besuch darauf ansprechen.
    Das ich mir hier im Forum einmal alles von der Seele schreiben kann, hat mir sehr gut getan. Ich fühlte mich heute tagsüber viel gelöster. Ich wünsche mir und meinem Umfeld so sehr, dass ich es schaffe trocken zu bleiben.

    Ich grüße euch
    Kaulquappe

  • Hallo lili,

    danke für dein Vertrauen in mich. Ja, ich bin immer noch trocken.
    Inzwischen habe ich mich im Internet über die Alkoholkrankheit schlau gemacht. Meine genetischen Vorraussetzungen sind optimal dafür. Beide Elternteile waren bzw. sind, meine Mutter lebt noch, Alkoholiker. Doch ich hoffe, dass ich es schaffe abstinent zu bleiben.
    Vielleicht gerade deshalb. Ich habe jahrzentelang erlebt wie verletzend und belastend Trinksüchtige für ihre Angehörigen sind. Wie sie ihr gesammtes soziales Gefüge mit dem Alkohol zerstören.
    Da ich zudem nun darüber informiert bin, dass es wichtig ist die Lebensumstände zu ändern, ist es für meine Gesundung sicher hilfreich, dass sich mein Freund von mir getrennt hat. Er war der kontrollierte Gesellschaftstrinker. Wenn wir beide zusammen waren, wurde immer eine Form von Alkohol getrunken.
    Und ich habe heute ein Glas Sekt abgelehnt, mit der Begründung, dass ich keinen Alkohol trinken möchte, weil ich gemerkt habe, dass ich damit nicht kontrolliert umgehen kann.
    Ja, ich mache Fortschritte. Jeden Tag ein bischen. Es war ein schöner Tag, ganz ohne Alk. Ach und ich konnte um 22 Uhr noch Auto fahren. Hab ich sonst immer abgelehnt um die Zeit. Hatte nur einen Teerausch.

    Machs gut du und danke für deinen Zuspruch.
    Kaulquappe

  • Hallo Kaulquappe,

    es freut mich,dass es Dir gut geht.
    Du hast Deine Lebensumstände verändert,Du sagst "nein danke".

    Du bist auf dem richtigen Weg,mach so weiter,es lohnt sich was zu tun

    wünsch Dir einen schönen trockenen Sonntag

    LG Peter Pan

  • Hallo Peter,

    habe heute schon wieder erfolgreich nein gesagt.

    Es ist nicht einfach ohne Alkohol. Gerade wenn ich angespannt bin, dann kommt immer das Gefühl auf von und jetzt was trinken.

    Doch ich freue mich schon immer auf den nächsten Morgen und auf den Blick in den Spiegel. Vorfreude ist die schönste Freude.

    Wenn es so einfach wäre, gäbe es dieses Forum nicht und die vielen SHGs. Und Einrichtungen, die sich nur mit dieser Thematik beschäftigen.

    Es tut mir gut, hier schreiben zu können und immer wieder Kontakt zu haben und von anderen zu lesen, wie es ihnen mit der Krankheit geht.

    Wird wohl ein anstrengender Weg werden, doch ich kann ganz schön stur sein. Der Weg wird gegangen, weil er mich sicher ans richtige Ziel bringt - ein nüchternes Leben.

    Ich grüße dich und wünsche auch dir weiterhin viel Erfolg.
    Kaulquappe

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