Hier bin ich, 38, Alkoholikerin

  • Guten Abend!

    Auf der Suche nach weiteren Austauschmöglichkeiten habe ich dieses Forum gefunden und möchte mich kurz vorstellen:
    Ich bin w, 38 und seit mindestens 15 oder 16 Jahren dem Alkoholkonsum verfallen.
    Nach einer 13jährigen Beziehung, die aus verschiedenen Gründen den Bach runter ging, erlitt ich einen Nervenzusammenbruch, und ich hätte mich schon ruhig damals getrost als Alkoholikerin bezeichnen können, wollte aber (noch) nicht.

    Mittels einer Gesprächstherapie kam ich wieder auf die Beine und trank auch vorübergehend weniger, aufgehört habe ich allerdings nciht.
    Dann: Neuer Partner, neuer Wohnort, neues Leben. Nur den Alkoholismus habe ich verdrängt.
    Vor einigen Wochen sind wir (auch gemeinsam) an einem Alkoholkonsum angelangt, der mich veranlaßte, die Notbremse zu ziehen. Seit zwei Wochen bin ich nun bei den Anonymen Alkoholikern und trocken.

    Es ist noch immer alles ziemlich neu und ungewohnt für mich, aber ich lebe wieder!
    Ich freue mich darauf, von Euren Erfahrungen weiter dazuzulernen.

    Liebe Grüße
    Rich

  • Hallo Rich!!

    Auch von mir ein herzliches Willkommen und
    herzlichen Glückwunsch zu Deinen ersten beiden trockenen Wochen!!!

    Ich bin mir sicher, Du wirst Dich hier im Forum wohl fühlen, hier sind alles nette Leute, die mir übrigens vor drei Wochen geholfen haben, einsichtig und schließlich trocken zu werden.

    Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Kraft für Deinen Weg. und natürlich
    gute 24 Stunden,

    Rainer

    p.s: Was sagt übrigens Dein Partner zu Deiner Entscheidung? Zieht er mit? Habt Ihr noch Alkohol zu Hause?

  • Liebe Leute,

    Vielen Dank für die netten Willkommensgrüße!
    Karsten, ich heiße natürlich nicht wirklich Richard, sondern eigentlich Dreli ;)
    Ach was soll's, wenn ich mich schon zur Alkoholikerin gekannt habe, kann ich mir ja hier auch wohl "outen...

    Zitat von Rainer

    Was sagt übrigens Dein Partner zu Deiner Entscheidung? Zieht er mit? Habt Ihr noch Alkohol zu Hause?


    Mein Partner findet's sehr gut und trinkt jetzt auch viel viel weniger.
    Ich würde mir nie anmaßen, ihn als Alkoholiker einzustufen, obwohl er mehr saufen kann (konnte) als ich. Wenn schon, müßte er das selbst erkennen. Andererseits geht mein Mann mit Alkohol auch ganz anders um als ich. Der kann ohne weiteres nach zwei Bier das dritte im Kühlschrank lassen, wenn ich ihn darum bitte. Das hätte ich nur schwer gekonnt.

    Und ja: wir haben noch Alkohol zuhause. Ich bin mir bewußt, daß das für die meistens Alkoholiker ziemlich tödlich ist und ich da sicher ein recht untypischer "Fall" bin. Mir macht es in der Tat nichts aus, daß er Bier und ich Saft trinke. Ich will es ihm auch nicht verbieten, aber ich freue mich sehr, daß er wegen mir auch oft gar nichts trinkt.
    Und es würde ihm nie einfallen, mir ein Bier aufzuschwatzen!
    Sofern "alles so bleibt wie es derzeit ist", glaube ich nicht, daß ich dadurch gefährdet bin. Allerdings wenn irgendwas schlimmes passiert, dann bin ich so oder so gefährdet, in Wirklichkeit ist das nächste Glas nur eine Straße weiter.

    Ich wünsche Euch ebenfalls alles Liebe und gute 24Std
    die Dreli

  • willkommen dreli,

    du bist alkohoklikerin, dein mann trinkt, und zu hause habt ihr auch alkohol, und du sagst, du kannt locker damit umgehen, dass du saft und dein mann bier trinkt. hm... :roll:

    ich betrachte das ganze ein wenig skeptisch, wenn ich ehrlich bin.
    ob das für dich, da du schon so lange trinkst, wirklich SO einfach ist, aufzuhören?
    versuchen könnt ihr es, und ich wünsche dir dabei viel kraft...

    lg soul

    "Hurra, wir leben noch" **Milva**
    Wer Fehler findet, kann sie behalten ;)

  • Guten Morgen Dreli,

    ich hatte gestern Abend mal wieder Band - Probe.
    Als ich nach Hause gekommen bin, war meine Frau auf der Couch beim Fernsehen eingeschlafen. Auf dem Tisch stand ein volles Glas Wein, sie trinkt ganz wenig Alkohol, vielleicht mal 1 oder 2 Gläser Sekt oder Wein in der Woche, und wenn, dann, wenn ich nicht da bin.
    Auf jeden Fall stand da nun dieses volle Glas. Hätte ich nun einen schwachen Moment gehabt, wäre es ein Leichtes gewesen, es auszutrinken.
    Die Gefahr liegt einfach da drin, dass man, wenn man Alkohol sieht und er zum Greifen nah ist, schnell in Versuchung geraten kann, nach dem Motto "das eine Glas macht ja nichts".


    liebe Grüße und gute 24 Stunden,

    Rainer

  • Hallo Soul, hallo Rainer,

    ich kann schon verstehen, daß ihr skeptisch seid. Irgendwie weiß ich auch nicht genau, wieso es funktioniert. Ich glaube aber, es liegt daran, daß ich eigentlich mit meinem jetzigen Leben sehr glücklich bin und überhaupt keinen Grund hätte, mich weg zu saufen.
    Das war in meinem "vorigen" Leben so, doch vor etwa vier Jahren nach meinem Totalzusammenbruch hab ich mein Leben aufgeräumt und Generalinventuer gemacht.
    Nur, daß ich alkoholkrank war, hab ich sozusagen übersehen. Das ist mir von damals übriggeblieben. Ich brauchte das jetzt *nur* noch nachzuholen, ohne mich auch noch mit einer unerträglichen Realität herumschlagen zu müssen.
    Im Gegenteil: Das Leben ist schön und durch meine gewohnheitsmäßige Weitertrinkerei habe ich schon so viele wertvolle Tage meines gerichteten Lebens versäumt!
    Ich bin dankbar, daß ich JETZT aufhören durfte, daß ich nicht mehr trinken muß, daß ich zusehen kann, wenn andere trinken, ja, daß ich sogar den anderen Wein einschenken kann, ohne daß mich dabei die Gier auffrißt.
    Ich weiß nicht, vielleicht ändert sich das noch. Dann muß ich mir rechtzeitig meine alkoholfreie Zone schaffen.
    Allerdings bin ich mir ziemlich sicher: Solange sich nichts drastisch in meinem Leben zum Nachteil verändert, solange habe ich auch keinen Grund mich zuzudröhnen, um der Wirklichkeit zu entgehen.
    Ich weiß aber, ich muß täglich daran arbeiten, meinen Respekt vor dem Alkohol zu wahren. Ich weiß nun, er ist stärker als ich, ich will ihn nie wieder herausfordern und verlieren. Aber der Homo sapiens ist gerne vergeßlich, und sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen wird unweigerlich dazu führen, sich selbst zu überschätzen und sich einmal zu denken: *EIN* Bierchen kann ich doch wohl inzwischen kontrollieren!
    Soweit will ich es nie kommen lassen, und dazu ist es für mich egal, ob das Bier zuhause steht oder ob ich ins Gasthaus um die Ecke gehen müßte.

    Ich weiß, ich bin sicher nicht das übliche Bild eines Alkoholikers.
    Was für einen trockenen Alkoholiker selbstverstädnlich sein sollte oder nicht, ist von Fall zu Fall verschieden und hat allein der einzelne zu entscheiden.

    Ich wünsche Euch gute 24Std und lege mich wieder in den Garten (heute hab ich frei) :)
    Eure Dreli

  • Hallo Dreli
    Du hast mich neugierig gemacht mit deiner aussage :
    Ich weiß, ich bin sicher nicht das übliche Bild eines Alkoholikers.
    würde gerne mal erfahren wie DER bei DIR aussieht.

  • Hallo ihr beiden,

    da hab ich mich ja auf was eingelassen ;)

    Ihr habt ja eigentlich schon selbst beantwortet, was ein "typischer" trockener Alkoholiker ist. Jemand, der die Fahne seines Partners nicht aushält, jemand, der seine alkoholfreie Zone braucht etc.
    Oftmals ist es auch so, daß ein Alkoholiker, der trocken geworden ist, dann erst richtig bemerkt, vor welchem Trümmerhaufen er schon steht (gilt natürlich auch für w). Ich habe den Trümmerhaufen zum Glück schon hinter mich gelassen.

    Keine Sorge, egoistisch genug bin ich inzwischen. Nur ist es sinnfrei in einer Sache egoistisch zu sein, die mich nicht stört.

    Wie das gemeint war, es bestünde kein Grund mit dem Trinken aufzuhören, habe ich vielleicht nicht ganz verstanden. Ich hatte großen Grund. Ich finde, bei drei bis vier Bier und einem Liter Wein täglich ist aufhören schon ein recht gute Option... Ich konnte halt einfach das Maß nicht mehr halten, und als ich ehrlich in mich hineingehorcht habe, mußte ich zugeben, daß ich zur Alkoholikerin gworden bin.

    Liebe Grüße und gute 24 Std

    die Dreli

  • Liebes Seelchen, lieber Karsten, liebe alle,

    Zitat von seelchen48


    das sollte natürlich heißen es gibt m.E. keinen einzigen Grund N I C H T mit dem Trinken aufzuhören. ( Betraf deinen Mann )

    Allllso, doppelte Verneinung ist gleich Bejahung, mein Mann soll also aus Deiner Sicht aufhören.
    Wißt ihr, er würde das mirzuliebe sogar tun, soeben hab ich ihn gefragt. Aber er trinkt schon von sich aus kaum mehr was oder kauft sich alkohol"freies" Bier - achja, wie steht's damit? Sollte sich "der" Alkoholiker das auch nicht vortrinken lassen? Auch davon hat Mann ja eine Fahne...
    Jedenfalls, auch wenn's hier offenbar keiner glaubt, damit habe ich kein Problem (ich find's viel schlimmer, wenn er seine stinkenden Socken nicht entsorgt).

    Zitat von seelchen48


    Wie sieht es heute bei dir aus, alles ok ??)


    Alles bestens, außer daß ich mich heute ein bißchen geärgert habe.

    Zum einen über einen Mitarbeiter, der heute wohl mit dem linken Fuß aufgestanden ist, zum anderen, um ehrlich zu sein, Karsten, über Dein Posting.
    Wer mag auch schon gesagt bekommen, was man zu tun hat, auch wenn's gut gemeint ist ;)
    Wenn ich aber auch noch gesagt bekomme, was mein Mann zu tun hat, finde ich das schon etwas stark.

    Beim quengeligen Arbeitskollegen habe ich auf "SEP" gestellt (somebody else's problem) und nur noch versucht, ganz sachlich und schnell das Problem zu lösen und ihn wieder loszuwerden.

    Aber über Deinem Posting, Karsten, mußte ich schon länger brüten. Stichworte wie Belehrung und Besserwisserei huschten durch meine Gehirnwindungen, und ich fragte mich, ob ich mich tatsächlich darüber ärgern soll.
    Die Antwort ist klar: Natürlich nicht ;)
    Ich habe 13 Jahre lang eine besserwisserische Schwiegermutter ausgehalten und mußte nachher eine Therapie machen, damit ich wieder Respekt vor mir selber bekam.

    Inzwischen hab ich Deine Meldung "verdaut", es kann einem eben nicht jeder genau das sagen, was man gerne hören möchte - oder anders: ich hätte mich ja auch nicht hier eintragen müssen und preisgeben, wie es bei uns zuhause mit dem Alkohol aussieht.
    Ich hab's aber getan und ich werde auch sicher noch ein Weilchen bleiben. Immerhin ist es im wirklichen Leben ja auch nicht anders.
    Also, ich hoffe, Du schreibst genauso weiter wie immer, faß mich ja nicht mit Samthandschuhen an! :D

    Aber nunmal wieder ernst: das führt mich gleich zur nächsten Frage: Wie ist es Euch ergangen, als ihr Euch in Eurem Umfeld geoutet habt? Irgendwann kommt ja die Stunde der Wahrheit: "Seit wann trinkst Du kein Bier mehr?" etc.
    Ich hab die ganze Palette ja unfreiwilligerweise schon am vierten Tag meiner Trockenheit durchmachen "müssen". Todesfall in der Familie, Besuche allerseits, Begräbnis, Leichenschmaus und der Reihe nach Besäufnisse, Besäufnisse, Besäufnisse...
    Da fiel es natürlich allen auf, daß ich nichts mehr trinke. Aber offenbar hatte meine Familie damit mehr Probleme als ich.
    Danach waren dann sämtliche Gasthäuser dran, wo wir öfters Freunde und Bekannte treffen, das war schon wesentlich problemloser, wenn es mir auch ein paar verwunderte Blicke einbrachte.
    Im großen und ganzen aber hatte ich den Verdacht, daß es zwar akzeptiert wird, wenn jemand säuft, ebenso, wenn jemand nichts trinkt, aber es wird irgendwie viel weniger gut akzeptiert, wenn jemand aufhört.

    Wie ist es Euch damit ergangen?

    Ooops, das war jetzt aber lang!
    Ich hoffe, ich bin nicht wieder in irgendein Fettnäpfchen getreten (alle "typischen Alkoholiker" mögen mir bitte diese mißratene Formulierung verzeihen) und werde mich nun einem schönen lauwarmen Bad widmen und dann die Katzen striegeln.

    Habt gute 24 Std
    die Dreli

  • Bester Karsten,

    Zitat von Karsten

    ich habe mir grad noch mal meinen Beitrag durchgelesen und kann nur sagen, es sind eben gut gemeinte Ratschläge. Da steht nichts von "Du mußt".

    Nein, da steht, "man" sollte. Wer ist mit "man" gemeint, wenn nicht ich?Aber ich weiß ja inzwischen, daß es gutgemeinte Ratschläge waren.
    Ich lebe in keiner WG, und meine Selbstbestimmung habe ich mir, nach 13 schlimmen Jahren, vor vier Jahren wieder zurückerkämpft. Daher reagiere ich nun mal auf "es sollte selbstverständlich sein" oder "bewege Deinen Mann zu..." etwas allergisch. Für mich als Alkoholikerin ist es fatal, nicht ehrlich zu mir selbst zu sein, und mein größtes Problem war immer, daß ich nie gesagt habe, wenn mich etwas geärgert hat. Unter anderen deshalb hab ich mich auch weggesoffen.
    Mir hat es geholfen, hier zuzugeben, daß ich mich nunmal geärgert HABE, sonst würd ich mich jetzt noch ärgern.
    Und wer von uns hat jetzt "Recht"? Müßige Frage, denke ich. Du hast bestimmt das für dich richtige gesagt, ich hab's anders aufgefaßt, für mich trifft eben eine andere Wahrheit zu.
    Jeder von uns hat seine eigene Vergangenheit, jeder sagt dies oder jenes aus einem ganz bestimmten Grund, und jeder reagiert auf bestimmte Dinge eben auf seine Art. Das Leben ist nun mal so. Es gibt zwei Möglichkeiten: Sich mit dem anderen auseinanderzusetzen oder ihn zu meiden. Von der letzten Variante halte ich nicht viel, da müßte ich vor der halben Menschheit davonlaufen!

    Ich hoffe, daß wir einfach was voneinander lernen können :)
    Liebe Grüße und Gute 24h

    die Dreli

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