Liebe Reset,
schöner Nick erst mal. Ich denke, ich weiß, was für einen Gedanken du dabei hattest? Einmal Reset drücken und dann fängt endlich ein besseres Leben an?
Ich habe auch einmal jährlich, immer beginnend im Oktober, spätestens November eine große Krise, ich weiß bis heute nicht, wieso die immer dann kommt. Klar bin ich auch heute noch Co, mich wundert aber der Zeitpunkt immer ein wenig.
Ich gab meinem Vater die Schuld, aber mittlerweile nicht mehr. Auch ich fand mich in der Kindheit/Jugend nie akzeptiert, gelobt oder geliebt, es wurde immer nur gemeckert, gemotzt und nix war gut genug. Angst hatte ich. Heute merke ich allerdings, wenn mein Vater über mich mit anderen spricht, dass er sehr stolz auf mich ist und große Stück e auf mich hält, auch früher schon. Es ist sehr schwierig, dieses Paradoxon zu begreifen. Ja, er liebt mich und ist stolz auf mich, OBWOHL er mich so behandelt hat. Es war die Krankheit, die ihn zu dem Handeln getrieben hat.
Auch Gefühle durfte man bei uns keine zeigen, wenn man als Kind geweint hat, war der Grund sowieso nichtig und lächerlich, wenn man über was gelacht hat, war es nicht lustig. Es wurde sich über alle Gefühle von uns Kindern lustig gemacht. Heute fällt es mir schwer, Gefühle zu zeigen und angemessen zu reagieren. Ich bin bekannt für mein neutrales Gesicht, egal in welcher Situation.
Meine Mutter ist eine starke Frau, sie hat uns (meine Geschwister und mich) viel vor meinem Vater geschützt. Sie hat mich/uns nie benutzt. Sie hat auch dafür gesorgt, dass ich NICHT den Beruf erlernt habe, den mein Vater für richtig hielt, sondern selbst entschied. Eigentlich hat sie bei allem dafür gesorgt, dass ich selbst entscheiden kann, was ich machen will. Sogar, wenn sie meine Entscheidung nicht gut fand, hat sie sie akzeptiert und unterstützt. Ich denke, dass sie mich dadurch vor Schlimmerem bewahrt hat.
Dein Satz: „ Ich war ja immer die Starke und diejenige in der Familie, bei der ja immer alles so läuft und die immer mit allem alleine klar kommt“, das könnte ich geschrieben haben. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich bin für alle, egal ob Familie, Freundeskreis oder Arbeit der Kummerkasten. Jeder lädt sein Problem bei mir ab und ich helfe dann, regele, erledige alles für diese Menschen. Nur ich selbst konnte mich lange keinem anvertrauen, nicht weil niemand dagewesen wäre, sondern weil ich tief in mir dachte, ich muss mit allem allein klarkommen. Es war für mich einer der größten und schwierigsten Schritte, zum allerersten Mal jemandem zu erzählen, dass mein Vater trinkt. Auch heute kostet es mich Überwindung, mit Problemen, egal welchen Problemen, zu jemand zu gehen. Obwohl ich nur positive Erfahrungen gemacht habe und ich immer Hilfe bekam!
Deine Karriere: war bei mir ähnlich, will ich nicht weiter drauf eingehen. War auch alles eher körperlich.
Psychosomatische Erkrankungen sind typisch für EKAs. Bei mir ist/war es der Reizdarm. Bei meiner Schwester seit Jahren üble Kopfschmerzen, täglich. Komischerweise sind viele Probleme spurlos verschwunden, seit meine Tochter da ist. Früher wurde es von den Ärzten immer auf meinen Arbeitsstress geschoben (natürlich EKA – hängt sich voll rein, gibt 150 %). Heute muss ich sagen, dass so ein Kind unvorstellbar viel Arbeit macht, Tag und Nacht. ABER: es gibt einem so viel. Dadurch ist man dann einfach glücklich, es ist überhaupt nicht vergleichbar, mit nem Job, in dem man sich für ein paar Kröten den A…. aufreißt.
Ohja, auch hier erkenne ich mich wieder: ich muss heute noch aufpassen, dass ich mich nicht über Leute mit seelischen Problemen lustig mache. Früher hab ich immer gesagt, die sollen sich nicht so anstellen und es auch genauso gemeint. Heute denke ich, es gibt Leute, die viel Schlimmeres erlebt haben und sich nicht so anstellen. Ich muss mich dann immer wieder quasi selbst zur Ordnung rufen.
Mit deinem Abgang vom Gymnasium, wie dein Vater da reagiert hat, das macht mich richtig wütend. Ich weiß zwar grad nicht warum, aber ich möchte am liebsten ganz laut schreien. Weißt du, was sich Eltern für ihre Kinder wünschen sollten? DAS DIE KINDER GLÜCKLICH WERDEN!!!! Der Rest ist doch egal! Zumindest geht es mir mit meinem Kind so.
Das Herunterspielen von naja, bei uns in der Familie eigentlich allem, das geht mir auch an die Nerven. Und wie! Vor Besoffenen ekle ich mich übrigens generell, egal ob mein eigener Vater oder irgendwelche Fremden auf in ner Disco. Wegen dem Alkoholkonsum bin ich nie gerne weggegangen, obwohl ich z. B. Weinfeste superschön finde, aber doch wieder Angst hab, dass da die üblichen Besoffenen rumfallen. Schade, Weinfeste wären so schön, wenn alle Leute nur 1 bis 2 Gläser zum Genuss trinken und kein „Kampftrinken“ veranstalten würden.
So, jetzt habe ich viel mehr geschrieben, wie ich wollte, aber deine Beiträge haben mich total berührt. Du kannst auch stolz auf dich sein, dass du nicht zum Geburtstag warst. Das hätte ich mich niemals getraut!!! Auch wenn ich persönlich mittlerweile besser klar komme und mir vieles eingestanden habe, so bin ich noch lange nicht „gesund“ und „frei“ von den EKA-Problemen.