Hallo Mond_im_Fisch,
ich habe gerade Deinen Beitrag bei den Merkmalen für EKAs gelesen und konnte viele Parallelen feststellen.
Das mit den körperlichen Beschwerden ist bei mir auch sehr schlimm. Die körperlichen Beschwerden haben eigenlich auch den Auslöser gegeben dass ich STOP sagte.
Ich habe schon seit fast 10 Jahren eine chronische Krankheit und konnte lange keine Verbindung zu meinem EKA-Sein herstellen. Obwohl es doch offensichtlich war. Schon als Kind reagierte ich auf die Zustände Zuhause mit Krankheit. Irgendwie waren Angepasstsein, Krankheit und Leistung die einzigen Möglichkeiten, um genug Liebe und Aufmerksamkeit zu bekommen.
Mein Bruder und ich liefen immer so nebenher. Mein Vater war Alk, meine Mutter schuftete Tag und Nacht, damit der kleine überschuldete Betrieb nicht den Bach runterging und daneben wohnten noch ihre Schwiegereltern bei uns im Haus, die meine Mutter und uns Enkel hassten, so dass im Haus immer eine Wolke von Agression, Verachtung und Verurteilung schwebte.
Ich dachte, es wäre ok, wenn ich mich anpasste, bei den Lehrern Liebkind machte, dem grausamen Mobbing in meinem Lehrbetrieb nichts entgegensetzte bis ich zusammenbrach und dann mit Leistungen in Studium und Beruf weitermachte.
Ich erkannte einfach nicht, dass ich das Wunsch-Leben meiner Mutter führte, ihren Wunschberuf ergriff, den sie eigentlich immer haben wollte. Ich merke, wie ich an meine Grenzen stiess, aber das hielt mich an, noch mehr zu arbeiten, um die notwenige Anerkennung, das Benzin, für mein Leben zu bekommen.
Als ich dann chronisch krank wurde, war ich mit einem zerstörerischen Menschen in einer Beziehung. Er tadelte und verurteilte mich jeden Tag, hatte mich von Freunden und Familie entfremdet, ich sollte nur mit ihm zusammensein, ihm zu Willen sein.
Es ging dann schnell bergab, bis ich nur ein Schatten meiner Selbst war. Dann konnte ich mich endlich in einem Befreiungsschlag trennen, zog in eine andere Stadt und hatte wieder eine Wohnung für mich. Aber ich überdachte mein Leben nicht, arbeitete weiter hart, war gefrustet und kam wieder ganz nach unten.
Nach einer Reha wegen meiner Krankheit ging es mir wieder super. Ich wechselte den Job und war superhappy, weil ein Teil des neuen Jobs ganz mein Ding war. Aber nur ein Teil. Dann änderte sich der Kollegenkreis und meine Aufgaben und es wurde die Hölle für mich.
Ich bin zwischenzeitlich nochmal zusammengebrochen und hatte eine Auszeit vor ein paar Jahren, aber brachte das alles nicht mit EKA zusammen und machte danach weiter wie gehabt. Auch Beziehungen hatte ich zwischendurch nochmal, wieder mit beziehungsgestörten Menschen, die selber viele Probleme hatten und mich weiter runterzogen. Ich habe mich runterziehen lassen.
Und letztes Jahr dann im Herbst ging es nicht mehr. Mein Körper zog die Notbremse. Ich hatte 24h non-stop Schmerzen.
Seitdem warte ich auf die Aufnahme in Klinik, habe aber auch in der Zeit viel an mir gearbeitet. Mein Scheinleben ist zusammengekracht und ich musste erkennen, dass mein Leben ein Theaterstück war, ich spielte jeweils die Rollen, die andere wollten und jetzt? Mein Leben fühlt sich an wie 100 abgespulte Wollknäul, total durcheinander.
Ich weiß nicht, wer ich bin. Wenn ich alleine hier in meiner Wohnung sitze und den Fernseher nicht anhabe, oder kein Buch lese, fühle ich mich einfach leer und krank.
Der Gedanke, gar nicht zu wissen, was mich ausmacht, außer Leistung und Krankheit, macht mich fertig. Ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt meine Krankheit loslassen würde, gesund werden würde, würde nichts übrig bleiben von mir. Ich wäre nicht definiert.
Ich komme da alleine nicht weiter und deshalb gehe ich in die Klinik. Ich brauche wieder ein Fundament, auf das ich mein weiteres Leben bauen kann. Ich brauche Abstand zu meinem jetzigen Leben, zu Familie, Arbeit, Freundeskreis, um mein Leben zu reflektieren und zu entscheiden, was ich zukünftig machen will.
Ich will mein Leben leben und nicht das meiner Mutter aber dafür muss ich erstmal rausfinden, was ich überhaupt will.
Übrigens bin ich auch schon seit einigen Monaten bei einer EKA Selbsthilfegruppe und sehr froh, da zu sein. Ich werde auch nach dem Klinikaufenthalt weiter hingehen, weil ich mich da richtig gut aufgehoben und verstanden fühle und viele Hinweise erhalte, was ich an meinem Leben ändern kann und dass es wieder besser werden kann.
Ich hoffe, Mond_im_Fisch, ich habe Dich jetzt nicht überlastet mit meiner Geschichte. Aber all das gehört zu der Entscheidung, warum ich in die Klinik gehe.
Liebe Grüße,
Sonnenstrahl