Beiträge von roloff

    Hallo alle zusammen, besonders Dagmar 007,

    ich habe vor einiger Zeit schon mal hier im Forum gepostet und lese seitdem sporadisch eure Beiträge. Ich habe viel über die Krankheit "Alkoholismus" erfahren und gelernt. Danke erstmal euch allen dafür.

    Da es hier meist um Angehörige und Lebenspartner geht, fühl(t)e ich mich hier deplatziert. Nun schreibst du, Dagmar007, von einem guten Freund, den du wegen deiner Beobachtungen ansprechen möchtest. Dasselbe geht mir auch seit Monaten durch den Kopf. Bei mir handelt es sich um eine wirklich gute Freundin, die ich als Freundin nicht verlieren möchte. Es hat lange gedauert - zumal wir uns aufgrund großer Entfernung nur selten sehen -, bis ich erkannt habe, dass sie ein Alkoholproblem hat. Eines, das sie nicht mehr allein bewältigen kann. Ich weiß auch, dass sie es versteckt und dass sie "dicht macht", wenn ihre Angehörigen sie auf dieses Thema ansprechen. Ich als ihr guter Freund habe bislang nur aus der Ferne zugesehen, merke aber, dass es mir überhaupt nicht gut tut, im Bilde zu sein und nicht darüber reden zu können. Und wenn ich euch hier so lese, wird mir klar, dass ich mich distanzieren muss, damit es mir besser geht. Mein Verstand sagt: "Vergiss sie!" Und mein Bauch sagt: "Bevor du dich distanzierst, rede wenigstens mit ihr." So ähnlich geht es dir, Dagmar007, ja scheinbar auch. Reden? Aber nicht am Telefon! Ich sehe meine Freundin Ende des Jahres wieder und weiß, dass ich dann die Chance nutzen muss, ihr unter vier Augen zu sagen, was ich sehe und empfinde. Dass ich ihr nicht helfen kann, weiß ich. Entweder kommt sie ins Grübeln oder sie macht weiter wie bisher. Die winzig kleine Chance, sie ins Grübeln zu bringen und damit etwas bewegen zu können, kann und will ich aber nicht vorbeiziehen lassen. Nur muss mir klar sein: Wenn sie ihr Ding weitermacht - und die Wahrscheinlichkeit ist groß! - dann werde ich ihr die Freundschaft kündigen müssen, um mich selbst zu schützen. Und davor, ganz ehrlich, habe ich riesengroße Angst. Sie ist mir als Freundin nämlich sehr wichtig.

    Dagmar007, ich kann dir nur zustimmen: Rede mit deinem Freund. Dann kannst du hinterher nicht sagen, dass du es nicht wenigstens versucht hast.

    Ich kenne in meinem privaten und in meinem Arbeitsumfeld eine ganze Reihe Menschen, die viel zu regelmäßig Alkohol konsumieren. Alles Männer! Frauen sine oft diejenigen, die ihr Heil in der festen Nahrung suchen und es dann immer wieder mit allen möglichen Diäten versuchen. Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel. Bei mir ist es ja so, dass es meine beste Freundin ist, die alkoholabhängig ist, und ich derjenige, der erst lernen muss, sich abzugrenzen.

    Auch ich kann nicht alles nachvollziehen, was hier im Forum geschrieben wird. Zu vielen Beiträgen nicke ich, bekomme feuchte Augen und weiß, dass ich mich darin als Co wiederfinde. Andere Beiträge sind hart und meines Erachtens zu krass. Aber darin spiegelt sich ja auch jeder einzelne Forums-Teilnehmer wider. Wie du schon schreibst, nici, wir sind hier ein bunter Haufen Menschen, die Probleme rund um das Thema "Alkohol" zu verarbeiten haben. Manche sind noch ganz am Anfang und suchen Hilfe. Dazu gehöre ich. Am Anfang ist man höchst sensibel und angreifbar. Man will nicht wahrhaben, was die anderen schreiben. Man will nicht die Wahrheit wissen, dass man Co ist und dass man hart an sich arbeiten muss, um selbst wieder zufrieden und glücklich leben zu können. Es braucht viel Zeit, das zu kapieren. Viele Tage, Wochen, viele eigene Beiträge, viele Antworten. Diejenigen, die schon länger hier sind und viele Schritte gegangen sind, sehen einfach klarer und tun dies auch kund. Sie bestätigen sich damit selbst und zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind.

    Wut, Verzweiflung, Hoffnung, Trauer, Glück, Hoffnungslosigkeit, Ohnmacht - das und noch viel mehr spiegelt sich doch in all den Beiträgen hier wider. Klar, dass es dann auch mal dazu kommt, dass jemand seinen Thread schließt. Es ist nicht immer leicht, die Wahrheit zu lesen! Mir ging es ähnlich, als ich hier Anfang Dezember zum ersten Mal geschrieben habe. Auch ich wurde gleich angegangen - so schien es mir jedenfalls - aber ich habe darüber nachgedacht und weiß, dass es Hilfe ist, die ich hier bekomme. Egal, ob ich ein männlicher Co bin oder nicht.

    Ich muss jedenfalls sagen, dass ich sehr froh bin, auf dieses Forum gestoßen zu sein. Endlich sehe ich klarer und kenne den Gegner. Und mit dem ist nicht zu spaßen. Ich werde meinen eigenen kleinen Thread "Beste Freundin trinkt" ( https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…topic23940.html ) in den nächsten Tagen weiterführen. In den letzten Tagen hatte ich keinen Kontakt zu meiner Freundin, und das ist auch ganz gut so. Ich arbeite daran, dass sich mein Co-Problem im kommenden Jahr löst.

    Zitat von Regenbogenblume13


    Dieses Forum hier ist wirklich sehr hilfreich. Man kann genug lesen, um zu wissen wohin der Weg, den man gerade geht oder eigentlich nicht gehen möchte, führt.
    Die Wege die ich persönlich meiden oder gar nicht erst betreten möchte habe ich mir auch schon verinnerlicht. Somit wird mir größeres Leid erspart bleiben. Das aber auch nur, weil ich sehr viel hier in diesem Forum gelesen und auch schon hilfreiche Antworten bekommen habe. Nun muss ich nur noch meine Gefühle für ihn noch aus dem Weg räumen. Er ist zwar „nur“ ein guter Freund, aber es ist trotzdem schwieriger als ich dachte, denn er ist mir schon ans Herz gewachsen.
    Ein Leben ohne das Problem „Alkohol in der Freundschaft“ ist für mich jedoch die angenehmere Variante.
    Gruß Regenbogenblume13

    Dem, was du hier schreibst, Regenbogenblume, kann ich wortwörtlich zustimmen. Eben diese Gedanken habe ich gerade in Bezug auf meine Freundin. Dass die bisherige enge Freundschaft sicher nicht den Weg gehen wird, den ich mir bislang erhofft habe, wird mir immer klarer. Mit ansehen zu müssen, wie sie sich Schritt für Schritt immer mehr von mir entfernt, strebe ich nicht an. Inwieweit es mir allerdings möglich sein wird, sie als Freundin aufzugeben, weiß ich noch nicht. Ich arbeite daran. Jetzt zwischen Weihnachten und Neujahr genieße ich die freien Tage und werde viel mit meiner Frau unternehmen. Das hat für mich oberste Priorität und tut mir gut.

    Genießt alle die restlichen Weihnachtstage!

    Regenbogenblume schreibt, was ich zu dem Thema denke. Es sind tatsächlich Gefühle, die es zu bewältigen gilt. Das ist nicht die Liebe zwischen Mann und Frau, sondern einfach die "Liebe" zu einem Menschen, mit dem man viel Schönes erlebt hat. Zu zweit, aber auch zu dritt oder zu viert - also auch mit ihrem Mann und mit meiner Frau. Und genau, liebe Regenbogenblume - diese Gefühle lassen sich nicht von heute auf morgen abschalten.

    @Melanie, das hast du richtig erkannt: Die innere Distanz kommt nicht automatisch mit der äußeren Distanz. Auch dreihundert oder tausend Kilometer können Gefühle nicht zerstören. Sicher ist aber auch das eine Frage der Einstellung. Ich weiß, dass ich meine Einstellung ändern muss, dass ich auch die innere Distanz aufbauen muss. Das bedeutet für mich, dass ich mich mehr um mich selbst kümmere und weniger an die kranke Freundin denke.

    Emma : Natürlich spekuliere ich nicht damit, dass sie das hier liest. Das wäre in der Tat feige. Im Gegenteil: Ich habe begriffen, dass ich mit ihr reden muss. Sie muss wissen, was ich beobachtet habe. Sie muss wissen, dass ich ihr nicht helfen kann. Ich denke nur, dass sowas im persönlichen Gespräch passieren muss, nicht per sms, Telefon oder E-Mail. Das heißt, ich bestimme den Zeitpunkt, wann ich sie mit meinen Gedanken konfrontiere. Ich werde nicht weiter nur zusehen, sondern mich innerlich auf dieses Gespräch einstellen. Wann auch immer das stattfinden wird.

    Ich fange schon an, weniger an sie zu denken, habe die ganze Woche nicht mit ihr telefoniert und auch sonst keinen Kontakt zu ihr gehabt. Es ist ein langsamer Schritt in die hoffentlich richtige Richtung. Den Schlussstrich von heute auf morgen schaffe ich nicht.

    Gestern hat sie wieder angerufen. Sie tut das, wenn überhaupt, an den Abenden, an denen ihr Mann zum Sport ist. Sie mag dann nicht allein sein und telefoniert. Gestern habe ich mir vorgestellt, wie das bei ihr aussieht: Ich vermute, sie saß auf ihrem Sofa, in eine Wolldecke eingekuschelt, neben sich auf dem Couchtisch eine Flasche Wein mit einem halbvollen Glas. Während wir telefonierten, nahm sie immer wieder das Glas zur Hand und trank daraus. Mit diesen erdachten Bildern im Kopf mit ihr zu sprechen war sehr schwierig. Ich wollte die Bilder wegwischen, doch sie wurden bei dem, was sie sagte, immer deutlicher. Wieder einmal ist es die Jahreszeit, die ihr angeblich zu schaffen macht. Im Winter irgendwelche Ideen zu haben, Vorhaben anzupacken oder positiv zu denken, das schiebt sie von sich weg. "Wenn erstmal Frühling ist ...", "Wenn erstmal dieses und jenes geschafft ist ..." Wenn, wenn, wenn ... Ich habe dann von meinen Vorhaben berichtet und von meinen Ideen, in der Hoffnung, sie mitzureißen. Aber das scheint aussichtslos. In dem Moment dann zu ihr zu sagen: Du hast ein Problem, versuche es in den Griff zu bekommen - daran hapert es bei mir. Noch nie habe ich ihr zu erkennen gegeben, dass ich mehr weiß, als sie glaubt. Ich bin immer kurz davor, und dann ziehe ich mich zurück. Ich habe Angst vor der Konfrontation. Angst, wie sie in der Ferne reagieren könnte. Angst, dass dann die Freundschaft vorbei ist. Und genau das ist mein Fehler, vermute ich. Wenn sie direkt vor mir stehen würde, mit ihrem Weinglas und der Alkoholfahne, dann wäre ich vielleicht in der Lage, ihr meine Meinung zu sagen. Aber auf die Entfernung, aus der ich nur ihre Telefonstimme höre und Fantasiebilder im Kopf habe, denke ich, ich könnte ihr Unrecht tun. An dieser Stelle den richtigen Weg zu finden, deshalb bin ich hier bei euch. Da brauche ich eure Erfahrungen und Meinungen.

    Wisst ihr, was ich gerade überlege? Hier ist der Co-Bereich. Hier schreiben und lesen Co-Abhängige. Mit Sicherheit lesen hier auch diejenigen, über die wir hier schreiben. Nämlich die, die alkoholkrank sind. Sie lesen und finden sich in den vielen Erzählungen wieder. Da die meisten Geschichten sehr ähnlich klingen, ist der Wiedererkennungswert der Krankheitssymptome sehr groß. Müsste es nicht aufrütteln, wenn die Alkoholkranken hier lesen? Wenn sie sehen, wie die Gegenseite die Lage beurteilt. Natürlich habe ich auch schon im Bereich der trockenen und nassen Alkoholiker gelesen. Das hilft mir, die Krankheit besser zu verstehen und hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet.

    @Melanie - Ja, ich könnte hier so einiges schreiben, um es zu verarbeiten. Sicher kommt das nach und nach. Es ist, als würde ich ein Puzzle zusammenlegen. Vor ein paar Monaten habe ich die Teile auf den Tisch geschüttet und angefangen. Nun sind Rand und Ecken fertig und ich beginne mit dem Innenleben. Je weiter ich komme, umso klarer sehe ich das Bild. Mit eurer Hilfe werde ich es fertig puzzeln. Allerdings: Es sind ziemlich viele Teile ...

    Genug für heute. Der Schreibtisch ruft.

    Danke für´s Lesen und danke für die Tipps. Euer roloff

    Es sind ein paar Tage vergangen, seit ich diesen Thread aufgemacht habe. Ich denke sehr viel nach. Es kommt ja hier in diesem Bereich des Forums nur selten vor, dass jemand von einem guten Freund oder einer guten Freundin mit Alkoholproblemen schreibt. Die meisten Betroffenen sind Ehepartner oder Lebensgefährten. Für mich ist also einiges anders als für die meisten von euch, und vielleicht ist auch einiges leichter. Abstand zu gewinnen zum Beispiel. Ich muss mich nicht räumlich trennen, ich muss nicht Haus und Hof aufgeben, mich scheiden lassen und für Kinder sorgen, die mitleiden. Aber auch ich muss meinen Weg finden. Und ich möchte diesen Thread nutzen, mich selbst zu finden und Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Eure Beiträge sind dabei sehr hilfreich. Sie öffnen mir die Augen und helfen mir, das Bild von meiner Zukunft zurechtzurücken.

    Die sehr enge Freundschaft zu meiner Freundin zu hinterfragen, sie sogar anzuzweifeln, das ist mir bis vor einigen Wochen nicht in den Sinn gekommen. Ich habe immer gedacht: Die Verbundenheit hält ewig! Nun erlebe ich aber schon seit Monaten, dass die Verbindung immer einseitiger wird. Meine Freundin ruft seltener an, schreibt nur noch Mails als Reaktion auf meine Mails und wartet schon lange nicht mehr mit eigenen Ideen auf. Ideen, die in den früheren Jahren zu sehr schönen gemeinsamen Aktionen (oft auch zusammen mit ihrer und meiner Familie) geführt haben. Ich habe das Gefühl, dass die Impulse fast nur noch von mir kommen. Dass sie sich kaum noch rührt, liegt meines Erachtens in ihrem allabendlichen Alkoholkonsum begründet. Diese Prozess ist schleichend, und es hat lange gedauert, bis ich ihn begriffen habe. Mir ist klar, dass der Prozess fortschreiten wird und dass sie sich irgendwann gar nicht mehr rührt. Und genau da muss ich für mich ansetzen. Das darf mich nicht runterziehen! Ich muss lernen, damit umzugehen. Im Moment sind meine Gefühle zwiespältig. Manchmal denke ich an all das Schöne, was wir zusammen erlebt haben. Dann bin ich traurig, dass all das zu Ende geht. Dann wieder bin ich trotzig und denke: "Okay, es ist so, du kannst nichts ändern. Bleib bei dir. Nimm es hin und denke an dich!" So oder ähnlich würdet ihr es mir ja auch raten. Die traurigen Phasen werden weniger, die trotzigen mehr. Aber irgendwo glimmt immer noch ein Fünkchen Hoffnung, ich könnte mich irren und morgen wäre alles wieder gut. Träum weiter, Roloff - ich weiß!

    Eines ist jedenfalls klar: Ich lasse mich nicht von dem Mann meiner Freundin einspannen, mit ihr Klartext zu reden. Das ist ihre Aufgabe, nicht meine. Außerdem muss sie ja selbst merken, dass sie ein Problem hat. Ich werde versuchen, selbst weniger auf sie zuzugehen und einfach mal abzuwarten, was passiert. Begegnungen wird es in der näheren Zukunft nicht geben, die Entfernung zwischen ihr und mir ist einfach zu groß. Ich kann also nur hören oder spüren, wie es ihr geht. Und sollte sich irgendwann am Telefon oder im persönlichen Gespräch einmal die Gelegenheit ergeben, das Thema Alkohol anzusprechen, dann werde ich das tun. Sie soll dann auch wissen, dass ich ihren noch besseren Freund, den Alkohol, im Visier habe.

    Zitat von Melinak


    PS heir einen apfel vom baum der erkenntniss....grins, die verteilt zwar der matthias hier , ich habe so viele , da kann ich getrost welche abgeben! :wink:

    Hm, Äpfel mag ich!

    Man sagt ja den Männern nach, dass sie in manchen Situationen schneller handeln als Frauen. Mit der Anmeldung hier im Forum bin ich ins Handeln gekommen, die Monate davor, nur im Forum lesend, war es aber eine Starre, die mich gefangen hielt. Nur: Irgendwann muss man ja mal losgehen, sonst kommt "Mann" am Ziel nicht an. :wink:

    Mir geht es heute ausgesprochen gut, bin sehr fröhlich. Sicher, weil ich hier die Bestätigung bekomme, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

    Melinak - Natürlich macht es keinen Sinn, auf eine Flüssigkeit wütend zu sein. Vielmehr richten sich meine Wut, die Ohnmacht und all die vielen Fragen gegen die Situation. Dagegen, dass ich nach dem vielen Lesen hier weiß, dass ich nichts ändern kann. Die Gelassenheit, die es bräuchte, hat sich noch nicht eingestellt. Du wolltest wissen, was es mit mir macht zu wissen, dass ich ihr nicht helfen kann. Es macht mich traurig, sehr sogar. Weil es menschlich ist, sich zu sorgen und traurig zu sein. Auf der anderen Seite ist man immer wieder im Leben mit Fakten konfrontiert. Also mit Dingen, die so sind, wie sie sind. Und auch da muss man sich dann mit abfinden. Je eher, desto besser. Dass es, wenn Gefühle im Spiel sind, etwas länger dauert, bis der Groschen fällt, müsste auch klar sein. Das liest man ja hier auch immer wieder. Mir ist inzwischen aber schon klar, dass nur mein Rückzug mir helfen kann. Ich kann ihr nicht helfen, aber mir. Soweit zur Theorie. Bleibt nur die Aufgabe, sie in die Praxis umzusetzen, und damit habe ich gestern angefangen:

    Ich habe zum ersten Mal seit Jahren abends mein Handy ausgeschaltet und nicht darauf gewartet, dass sie vielleicht anruft. Stattdessen habe ich die Initiative ergriffen und meine Frau ins Kino eingeladen. Sie weiß übrigens von der Alkoholabhängigkeit unserer gemeinsamen Freundin und auch, dass es mir damit nicht gut geht.

    Ich will versuchen, mich nach und nach von meiner alkoholkranken Freundin zu distanzieren. Das beginnt im Kopf. Nicht mehr ständig an sie und ihre Krankheit denken, die traurigen Gefühle zwar zulassen, mich aber nicht davon runterziehen lassen, mich selbst wieder wichtiger nehmen. Ein Treffen mit ihr werde ich nicht mehr vorschlagen. Bisher war immer ich die treibende Kraft, wenn ich meinte, wir müssten uns mal wieder sehen. Ich vermute, es wird von ganz allein ruhiger, wenn ich mich zurücknehme.

    @Regenbogenblume: Ich denke, es wird ein langer Weg sein, bis wir dieses Thema abgehakt haben. Ein Happy End scheint es ja nicht geben zu können. Mir hat in den letzten Wochen geholfen, meine Gedanken aufzuschreiben. So etwa wie in einem Tagebuch. Nur für mich. Da habe ich meine ganze Wut und Ohnmacht reingesteckt. Mit dem Ergebnis, dass es mir hinterher besser ging. Niemand wird das je lesen. Aber ich bin die Gedanken los. Während ich am Anfang meiner Erkenntnis noch tieftraurig war, Tag für Tag, so erlebe ich jetzt, dass es mir Stück für Stück besser geht. Ich bin auf dem Weg, gehe ihn langsam. Aber ich gehe ihn. Auch ich finde es gut, hier die Meinung der anderen zu lesen. Es ist, als ob man einen Spiegel vorgehalten bekommt. Gut so, auch wenn es nicht unbedingt angenehm ist. Ich sehe die Teilnahme an diesem Forum als eine Art Selbsthilfe. Und wer kann da besser helfen als all diejenigen, die Ähnliches erleben und erlebt haben.

    Nochmal liebe Melanie,

    du hast in Regenbogenblumes Thread folgende Zeilen an Regenbogenblume und mich geschrieben:



    ihr zwei lieben,

    ich weiss was liebeskummer bedeutet. ich habe einen mann 5 jahre lang geliebt ohne ende. wie schmerzhaft es ist zu erkennen das wir niemals zusammen alt werden können. ich hätte alles getan nur um bei ihm bleiben zu können. leider habe ich dabei mein eigenes leben vergessen gehabt. ich hatte so schmerzen, mir tat alles weh, ich kann nachfühlen wie es euch gehen muss. einen menschen verlassen zu müssen, den man liebt um eine eigene zukunft zu haben ist sehr schlimm. nur eins dabei dürft ihr beide nicht vergessen:ihr habt nur das eine leben für euch! opfert es nicht. es ist ein opfern, denn bei alkoholkranken menschen verliert man selbst, es gewinnt keiner, der sog der sucht reisst alle mit und nichts bleibt übrig ausser elend und schmerz.

    ihr habt die wahl:

    schmerzhaften liebeskummer der vergeht (GARANTIERT!!!)
    oder
    ein leben mit schmerzen, hilflosigkeit,angst um einen partner der keine einsicht hat.

    beides ist schrecklich schlimm, nehmt den weg für euch der euch angenehmer erscheint.....ich meine ich bin es mir wert, das ich für mich selbst lebe...........
    heute geht es mir gut, ich habe die schmerzen überstanden, kann zurück schauen auf das was war und bin entsetzt über das ausmass dieser krankheit!!!!
    ihr scheint euch ja schon entschieden zu haben, bleibt euch selber treu!
    alles liebe melanie

    Ja, wenn ich so nachdenke: Ich kenne meine Freundin seit ein paar Jahren. Und wenn ich es richtig einschätze, hatte sie damals schon ein Alkoholproblem. Wie schon gesagt, ist es mir wegen der wenigen gemeinsamen Tage im Jahr nie wirklich aufgefallen. Es gab keinen einzigen gemeinsamen Tag, an dem sie nicht getrunken hätte. Und dann solche Mengen, nach denen man am nächsten Morgen noch nicht wieder bei null Promille angekommen ist. Heißt also, ich kenne sie nur mit Pegel, mal mit mehr, mal mit weniger. Ich frage mich, ob sie nicht anders wäre, wenn sie nicht trinken würde. Würden wir uns dann auch so gut verstehen, uns so nah sein? Oder kämen dann bei ihr andere Eigenschaften zum Vorschein? Wären wir überhaupt Freunde, wenn es den Alkohol in ihrem Leben nicht gäbe? Ich weiß, ich werde darauf keine Antwort enthalten, aber die Frage lässt mich jetzt, wo ich der Wahrheit ins Auge blicke, nicht los.

    Ich habe eine Stinkwut auf dieses Teufelszeug, das so viele Leben zerstört! Schon wenn ich einkaufen gehe und die vielen Flaschen im Regal und die Flachmänner an der Kasse sehen, dann ist meine Stimmung auf dem Nullpunkt.

    Was mir auch aufgefallen ist, seit ich hier mitlese: Ich sehe jetzt viel mehr Menschen, die mit Alkohol nicht umgehen können. Bis vor ein paar Monaten wusste ich niemanden, jetzt könnte ich auf einen Schlag zehn Menschen in meinem erweiterten Umfeld aufzählen, die mit Sicherheit krank sind. Und wenn man dann die Angehörigen beobachtet, die alles tun, um es zu vertuschen, dann ist das schon ganz schön gruselig. Was für eine verlogene Welt - die Welt des Alkoholismus!

    Ich muss euch mal was sagen, Ihr Lieben: Es hilft mir sehr, hier alles niederschreiben zu können. Es befreit und macht den Kopf ein bisschen freier - ein bisschen ...

    Liebe Melanie,

    hätte ich nicht schon ein paar Monate hier gelesen, hätte ich bei deiner Antwort ziemlich traurig vor meinem Computer gesessen. Zum Glück bin ich schon so weit zu wissen, dass ich nichts ändern kann. Der Schritt hat allerdings Wochen gedauert. Wie viele anderen hier habe ich die Macht des Alkohols unterschätzt. Gut, dass ich jetzt schlauer bin. Dennoch verläuft meine Entwicklung sehr wellenförmig. Mal denke ich: "Die kann mich mal, soll sie sich doch besinnungslos trinken!" Dann wieder wünsche ich mir nichts mehr, als dass alles nur ein böser Traum ist, aus dem ich bald erwache.

    Aber du hast Recht, Melina, und das habe ich noch gar nicht so gesehen: Warum soll ich etwas tun, wozu ihr Ehemann nicht in der Lage ist. Ich werde in Ruhe darüber nachdenken.

    Liebe Forenteilnehmer,

    endlich habe ich mich hier auch angemeldet. Ich bin schon seit ein paar Monaten stiller Mitleser. Gestern, als Regenbogenblume einen Thread eröffnete, der mich sehr berührte, habe ich mich sofort angemeldet. Und nun möchte ich mich kurz vorstellen:

    Wie ihr seht, bin ich männlich. Ich lebe in einer festen Beziehung, in der Alkohol nie ein Thema war. Zum Glück! Seit langer Zeit habe ich eine sehr gute Freundin, man könnte auch "beste Freundin" dazu sagen. Ihr wisst, was ich meine: Beziehung zwischen Männlein und Weiblein auf rein freundschaftlicher Ebene. Sehr schön ist so eine Freundschaft, besonders wenn man das Gefühl hat, sowas wie seelenverwandt zu sein. Die Gefühle, die sich im Laufe einer solchen Freundschaft entwickeln, sind nicht weniger tief als die zwischen glücklichen Ehepartnern. Es ist auch so etwas wie Liebe - nur eben auf einer anderen Ebene. Ich hoffe, das verständlich rübergebracht zu haben. Ich sehe meine Freundin nur etwa alle paar Monate, und dann auch nur für ein, zwei Tage. Sie hat immer abends Wein getrunken, wenn wir mal einen Abend zusammen verbracht haben. Ich hatte dann mal ein Bier, und ganz oft nur Cola oder Kaffee. In den letzten zwei Jahren haben diese gemeinsamen Abende zumeist nicht so geendet, wie es normal gewesen wäre. Sie hat stets zu viel Wein getrunken, meist 1 bis 2 Flaschen. Mit dem Ergebnis, dass sie immer glasige Augen bekam, zu Bett musste und dann am nächsten Morgen nur schwer in Gange kam. Wenn wir dann etwas vorhatten, konnte es passieren, dass sie den Ausflug vermasselte. Sie war dann nämlich krank (angeblich Kopfschmerzen ...). Klar, einen dicken Kopf hatte sie dann. Es gab auch peinliche Situationen, sie sagte dann Dinge, die sie sich hätte sparen können. Ich glaube sogar, sie bewegt ihr Auto, wenn sie getrunken hat.

    Komisch, aber so richtig kapiert habe ich erst vor ein paar Monaten, was mit ihr los ist. Wie gesagt, ich sehe sie ja kaum. Wir telefonieren viel, und da sehe ich das Weinglas nicht. Und man hört es auch nicht an der Stimme. Die Toleranz ist wohl schon ziemlich hoch.

    Ihr Ehemann hat mich vor einiger Zeit auf ihren Zustand angesprochen und mich gebeten, mit ihr zu reden. Ich würde besser an sie rankommen. Er prallt mit seinen Beschuldigungen an ihr ab. Ja, ich würde ihr gern sagen, was ich sehe. Dass sie krank ist! Aber ich habe sagenhafte Angst vor diesem Moment. Ich fürchte, sie wird sich wehren, wird Wahrheiten verdrehen, mich als Freund verstoßen. Ich weiß aber, dass ich mit ihr reden muss - lieber heute als morgen. Ich weiß, dass ich alles nur noch schlimmer mache, wenn ich schweige. Da sie aber über 300 Kilometer entfernt wohnt und so bald kein Treffen in Sicht ist, frage ich mich, ob ich warten, bis ich sie wiedersehe oder ob ich ihr schreibe. Anrufen? Ich wüsst nicht einmal, wie ich es anfangen soll. Rein sachlich oder mit Gefühl? Ach, ich bin echt feige und weiß einfach nicht weiter!

    Was würdet ihr mir raten? Ich will sie nicht verlieren!

    Ich habe hier im Forum übrigens schon so viel erfahren und gelernt. Genaugenommen haben mir all Eure Beiträge die Augen geöffnet! Danke an Euch dafür! Ich freue mich, Euch gefunden zu haben. Ich bin sicher, mit eurer Hilfe werde ich in ein paar Monaten um Meilen weiter sein.

    Hallo Regenbogenblume,

    wenn ich deinen letzten Beitrag lese, muss ich gestehen, dass es mir ziemlich ähnlich geht wie dir. Wie sich doch die Geschichten ähneln! Du schreibst davon, dass du Gefühle für deinen Freund entwickelt hast. Ja, das geht mir mit meiner Freundin genauso. Ich habe sie sehr gern, wir sind uns sehr ähnlich. Ich stelle fest, dass man auch mit dem anderen Geschlecht eine sehr innige Freundschaft pflegen kann, und dann ist das auch eine Art von Liebe! Wenn man diesen geliebten Menschen nun so abstürzen sieht, dann tut das höllisch weh. Und dann zu entscheiden: Ich distanziere mich - das ist alles andere als leicht. Den Weg zum offenen Gespräch und zu Konsequenzen zu finden, ist schmerzhaft. Umso besser, wenn man sich ausführlich damit auseinandersetzt. Bei mir ist es so: Manchmal bin ich total wütend auf die ganze Situation, und dann wieder denke ich: Liege ich überhaupt richtig mit meinen Vermutungen, übertreibe ich nicht? Und dann wird mir klar, dass auch ich Hilfe brauche. Schön, dass ihr alle hier seid.

    Guten Morgen, mir geht es genau wie hier beschrieben: Bei mir ist es die beste Freundin, die sich Tag für Tag immer mehr in den Sumpf hineintrinkt. Ich habe es noch nicht übers Herz gebracht, ihr zu sagen, was ich sehe. Sie fühlt sich bei mir wohl sicher. Aber mein Verstand sagt mir, ich muss ihr sagen, dass ich sie für krank halte. Ich weiß nur nicht, wie! Es ist noch etwas anderes, ob der Partner/die Partnerin trinkt oder ein guter Freund/eine gute Freundin. Aber auch hier geht es doch um Gefühle. Ich werde diesen Thread - wie vorher schon viele andere - aufmerksam verfolgen, und wenn ich nachher Zeit haben, stelle ich mich Euch in einem eigenen Thread auch mal genauer vor.