Hallo Hartmut,
ich bin auch der Meinung, dass es nicht zielführend ist, jetzt hier direkt zu Beginn meiner Mitgliedschaft in ein ausuferndes Geplänkel einzutreten.
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sondern das du freudig weiter am verheimlichen bist Alkoholiker zu sein oder an Trinkfesten teil nimmst. Und mit langen Texten , diesen deine Weg, verteidigst.
Und genau so was ärgert mich von einem Moderator; sorry.
Wenn DU morgens früh in die Straßenbahn steigst, und den neuen Schaffner sofort mit den Worten begrüßt, »Hallo, ich bin Hartmut der Alkoholiker«, so ist das DEINE Sache. Ich handhabe es nicht so. Und trotzdem wissen mehr als genug Menschen in meinem Umfeld Bescheid. Mir reicht das vom Bekanntheitsgrad her vollkommen aus.
Grillnachmittage der Nachbarn oder Betriebsfeiern als „Trinkfeste“ zu bezeichnen, finde ich völlig daneben. Falls DU die meidest, ist es okay für DICH. Für mich stellen sie kein Problem dar, also besuche ich die mitunter. So viele sind es ja nicht pro Jahr. Ansonsten gehe auch ich nicht in Kneipen oder Bars. Wobei diese Lokalitäten mich nur bedingt ans Trinken erinnern würden, denn ich habe zu 99% alleine zu Hause gesoffen. Weshalb es für mich wichtig war, die Wohnung zu wechseln.
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zu glauben abzuschätzen wo die Grenzen sind und was Triggern könnte.
Der andere Thread.
Natürlich schätze ich in Blickrichtung auf meine Person ein, was bei mir triggert und was nicht. Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass mich die Wissenschaft von Spurenelementen an Ethanol in - Markennamen entfernt - interessiert? Weil’s einfach nicht MEINE Problemfelder sind. Und du kannst mir glauben, dass ich 40x Vorträge dazu gehört habe. Gehörte zum Pflichtprogramm jeder Entgiftung dazu.
Zudem esse ich all das Zeug sowieso nicht. Ist zu süß und macht dick.
Dafür meide ich aber alles, was auch nur im entferntesten an Bier erinnert. Weil das eben MEIN primärer Rückfallauslöser ist.
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ich habe mein Umfeld von Grund auf verändert.
Was immer das in der Realität bedeuten mag. Hier mal einige meiner Veränderungen (letzte drei Jahre):
( ) in andere Stadt gezogen
( ) Freundeskreis aufgegeben (zzgl sämtliche Tel.nrn. und Adressen gelöscht)
( ) weg von Partnerin
( ) eigene Kinder ein Jahr nicht getroffen, um die da nicht mit reinzuziehen
( ) neue Arbeitsstelle
( ) 7x Sport/ Woche (habe ich aber vorher auch schon betrieben)
( ) anstatt „nur“ zu lesen (habe ich immer getan), mittlerweile auch viel schreiben (Kurzgeschichten, Novellen, Romanprojekt)
( ) 1x Woche zum Psychologen (meines Vertrauens, denn ansonsten bringen die Gespräche nichts)
( ) tägliche lange Spaziergänge, um meinem Gehirn möglichst viel frische Luft zuzuführen.
Bin gespannt, ob du mehr zu bieten hast. Spätestens bei der selbst gewählten Einsamkeit hört bei den meisten nämlich der Veränderungswunsch auf, weil sie nicht gut alleine sein können. Auch der Umzug von einer in eine andere Stadt gehört bei vielen nicht zum Wechselrepertoire dazu.
Mir sind Alkoholiker bekannt, die so gut wie nichts an ihrem Leben geändert und es trotzdem geschafft haben, trocken zu werden. Mitunter für sehr lange Zeit. Bis hin zu fünfzehn Jahren. Sie haben sich in dieser Periode natürlich vom Schnaps ferngehalten; ist schon klar.
Andere wiederum probieren es mit edit keine medikamnete nenne danke hartmut . 70-80% scheitern; aber immerhin 20-30% bleiben damit trocken. Deren Weg besteht also darin:
( ) Angst davor, die Wirkung von edit Martin:keine Medikamente nennen, danke auszulösen
( ) allmähliche Gewöhnung an den Zustand des Nicht-Trinkens.
Meine Methode wäre das nicht. Wenn aber die o.g. 20-30% der Teilnehmer dieses Programms damit zufrieden sind, ist es doch in Ordnung.
Die im übrigen so sehr von IHREM Weg überzeugt sind, dass sie diejenigen, die ihn nicht beschreiten (bspw mich), gerne der mangelnden Ernsthaftigkeit bezichtigen.
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bei mir war es mangelte Einsicht und eine zeitlich begrenzter Versuch trocken zu bleiben.
Gut, dass du dieses Mal „bei mir“ hinzugefügt hast. „Mangelnde Einsicht“ trifft es aus meiner Beobachtung heraus nicht. Es liegt stärker an der ungenügenden Umsetzung. Ich kenne keinen Alkoholiker, dem nicht klar ist, dass er krank ist.
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Aber gestehe mir mal als Betroffener und Moderator zu, das ich auch etwas in Frage stelle, wenn jemand nach paar Monate Abstinenz und 40 Entgiftungen, einen individuellen Weg geht, der mich selbst scheitern lies.
Nochmal: du kennst meinen Weg doch bisher überhaupt nicht. Vllt weist der ja viel mehr Parallelen zu deinem auf, als wir beide wissen, weil wir die einzelnen Bausteine noch gar nicht miteinander verglichen haben.
Du kannst mich – egal in welcher Funktion – jederzeit was fragen, und ich werde dir antworten. Was ich heute ja fleißig tue. Darin besteht der Sinn eines solchen Forums. Es funktioniert aber didaktisch besser, wenn man mir nicht von vornherein „Wahnsinn“ oder „mangelnde Ernsthaftigkeit“ oder sonst was unterstellt. Sollte mein Weg tatsächlich ein individueller sein (was ich nicht glaube), dann wäre es halt so. Hauptsache, es funktioniert.
Jetzt auch noch Jürgen (will ja keine Antwort schuldig bleiben):
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Deine Worte. Du neigst zum Leichtsinn. Noch hast Du den im Griff.
( Aha und was kommt nach noch ??? )
Jürgen, hast DU denn den Königsweg gefunden? Und bist dir sicher, dass du bis zum Lebensende nicht rückfällig wirst? Falls ja: meinen Glückwunsch dazu. Meine ich ernst.
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Diese Sprachwahl, mangelnde Offenheit (Scham?) über Deinen Alkoholikerstatus, Suche nach Gründen für Deinen Alkoholismus,
"Nebelkerzen" wenn Du Dich angegriffen fühlst...
Zumindest beschäftige ich mich mit Gründen (die ja idR entweder in der Genetik – also nicht zu ändern – und/ oder Sozialisation liegen. Lange her; deshalb auch unabänderlich). Und ich kenne die auslösenden Momente. Die wichtiger sind, weil man sie oft umgehen kann.
Sprachwahl. Ich hatt’s ja vorhin schon geschrieben: SHGen tendieren zu political correctness. Bis hin zur Verwendung identischer Worte und Satzgebilde. Der Abstinenzwunsch als Mantra. Wenn’s so klappt, ist es in Ordnung.
Ich habe auch schon an öffentlichen Diskussionen in Problemvierteln zu „Sucht“ teilgenommen und dort von meinen Erfahrungen berichtet. Habe die Klinikärzte als lebendes Demonstrationsobjekt (eigentlich ja: Subjekt) mit zu Betriebsratssitzungen begleitet, bei denen das Thema „Alkohol am Arbeitsplatz“ diskutiert wurde. Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass mir das Thema „Alkohol“ peinlich ist?
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All dies lassen Dich als höchst gefährdet erscheinen und von daher würde ich Dir zu erheblich höherer Vorsicht gegenüber dem Alkohol raten.
Lieber ab und zu einsam als tot.
Maße dir einfach kein Urteil über Menschen an, die du nicht kennst. So was törnt mich völlig ab. Von 365 Abenden im Jahr verbringe ich sicherlich 350 mit mir alleine. Wage zu bezweifeln, ob du da mehr anbieten kannst.
Jürgen, ich bin KEIN Freund von Ferndiagnosen. Wenn ich mir meine wöchentliche Abreibung abholen möchte, dann gehe ich zu „meinem“ Psychologen. Der kann das machen, weil er mich seit langem begleitet. Ich rate von Schnellschüssen à la „du bist höchst gefährdet“ ab. Hauptsache, du bist es nicht selber.
Ich wiederhole mich: zielführende Diskussionen mit Neumitgliedern sollte man nicht damit beginnen, sie direkt in eine Schmuddelecke zu stellen. Nur weil man sich selber auf der angeblich korrekten Seite wähnt.
Vg Caligula