Beiträge von Katharsis

    Ich fühle so viel Angst -
    Angst anderer Menschen.
    Ich habe keine.
    Ich vertraue.
    Ich durfte einen Blick ins Überübermorgenland werfen.
    Tolerante Menschen.
    Offene Menschen.
    Hilfsbereit
    und kein bisschen kalt.
    Keiner wird dort die indirekte Rede
    so perfektionieren
    dass er andere Menschen
    unbeschadet beleidigen kann.
    Sie haben andere Ziele.
    Sie sagen konkret, was ihnen auf dem Herzen liegt.
    Sie können „nein“ sagen.
    Auf die beste menschliche Weise.
    Ich war beschämt.
    Das muss ich zugeben.
    Es war, als würde ich in einen 35 Jahre alten Spiegel sehen
    Hier habe ich gelernt
    dass „menschlich sein“
    ganz andere Dinge beinhaltet
    als sie in meinem Vorstellungsvermögen Platz hatten.
    „Menschlich zu sein“
    hat für mich jahrzehntelang bedeutet
    nur das Beste zu geben und zu sein.
    Ich Depp.
    Mir war gar nicht in den Sinn gekommen
    dass all die negativen Eigenschaften
    der Menschen
    dazugehören.
    Ich muss wohl noch einmal von vorn anfangen.
    Und ich werde,
    Alkoholismus ist vielleicht eine Krankheit.
    Eines weiß ich:
    Sie ist nicht ansteckend.
    Mir geht es gut.
    Draußen ist es nass
    innen trocken.
    Jeder ist entschuldigt, der mich nicht versteht.
    Allen Carr: „Für immer Nichtraucher“.
    Niemand hat in meinem Leben
    eine Situation besser dargestellt als er
    Trotz all meiner Kapriolen
    weiß ich auch eines:
    Nie wieder werde ich abhängig
    trinken müssen.
    Mein Haushalt ist alkoholfrei!

    Das ist gut,
    Persona non grata
    Katha

    Lieber Correns,

    ganz sicher werde ich mir noch öfter verzeihen –
    aber in anderen Disziplinen ;-).
    Diesen kleinen Terrier in mir, der immer knurrt:
    „Niemals aufgeben!“, den lass ich jetzt frei,
    um meine Energien für sinnvollere Ziele
    einsetzen zu können.
    Es ist kurzsichtig, noch zu schieben und zu zerren,
    wenn man längst weiss, wohin die Reise geht.

    Die letzten Berge habe ich übrigens hinter mir
    gelassen, indem ich sie durchfahren habe –
    eine Option, die mir bis dato noch gar nicht
    eingefallen war :-).
    Ich bin im Urlaub bei der Sonne und im
    Handumdrehen sind Tonnengewichte von
    mir abgefallen.
    Wenn ich nicht gerade die Natur anstaune
    oder dem Klappern der Pferdehufe vor der
    Haustür lausche oder mein Eis auf einem
    Berg löffle, dann liege ich wie ein Maikäfer
    herum und freue mich, dass ich sein kann.
    Die Sonne scheint mir auf den Bauch –
    das soll sie auch :-).

    Dir wünsche ich eine sonnige Restwoche.

    Herzliche Grüsse
    Katha

    Guten Abend Correns,

    ich freue mich sehr über Deinen Besuch!
    Hoffentlich dachtest Du nicht,
    ich wollte mich bitten lassen,
    denn so ist es nicht:
    Ich habe mich grob vorsortiert
    in den letzten Tagen... ganz grob.

    Letzte Woche hab´ich noch geschnaubt:
    „Holt mich hier raus!“
    Und dann bin ich am Wochenende
    auf den Mors geplumpst.
    Magen/Darm -
    verursacht durch Seele und Hirni.
    Manchmal interessiert mich schon,
    wer bei mir eigentlich die Strippen zieht ;-).

    So wurde ich still
    und habe mich durch alle 438 Seiten
    Deines Threads gewühlt.
    Und dabei Johanniskrauttee getrunken,
    den ich im Übrigen erst einmal suchen musste...
    so weit weg vom Kopf.

    Ich habe Perlen gefunden, wie diese hier:
    „Ich gehe inzwischen davon aus, dass sich viele
    schädliche Verhaltensweisen in Luft auflösen, wenn
    ein Mensch beginnt zu akzeptieren, dass er Bedürfnisse
    hat, die abweichend von denen sind, die andere
    Menschen an ihn haben.“ Slowly

    und diese, von Dir:
    „...das Verschieben von Bergen ist nicht sehr einfach
    (sagt man) und das Bezwingen (zumindest für mich)
    ziemlich schweißtreibend.
    Wie wär's damit, den einen oder anderen einfach
    zu umgehen?
    Das senkt ein wenig den Druck, oder :)

    Und natürlich abgrundtief stumpfe Anmerkungen
    von mir, die dieses Prädikat verdient haben,
    weil ich mich auf der Wiederholspur entdecke:
    „Der Vorgänger Deines Arztes weiß jedenfalls,
    wovon er spricht. Ich hielt mich Jobtechnisch nie für
    unersetzlich, oft habe ich jedoch Stellen angetreten,
    die vorher – wie ich dann später erfuhr – von zwei
    bis drei Leuten ausgefüllt wurden.
    Ich habe mich durchgewühlt wie ein Terrier und
    Überstunden gemacht, um das Ganze auf den
    aktuellen Stand zu bringen.
    Als ich dann aufatmete, weil die schlimmste Zeit
    vermeintlich überstanden war, bekam ich zusätzlich
    neue Aufgaben, weil ja alles so schön funktioniert
    hatte und rund lief . Ich kroch bereits auf dem
    Zahnfleisch, als ich das Sprechen lernen durfte :) . „

    Natürlich gibt es leichte Variationen im Thema.
    Heute heißt es: Wenn die Frau X das alles so locker reißt,
    was haben dann die vier anderen Frauen
    eigentlich bisher gemacht?

    Offensichtlich nicht alles so gründlich
    verkehrt wie ich :-).

    Und ich habe darüber nachgedacht,
    wie viel Glück Du aber auch oft hattest,
    weil Du mit Deinem Chef offen reden konntest.
    Das Sprechen habe ich nicht verlernt,
    doch das Echo antwortete mit
    „Den Urlaub kann ich leider nicht genehmigen“.
    Da hab ich grün geblitzt,
    nicht aus Zorn, eher aus Verzweiflung,
    und nun darf ich doch.
    Für gaaanz lange.

    Wie konnte ich mich bloß selbst
    als geheilt entlassen,
    als die Gesichter um mich herum
    immer länger wurden.
    Ich verzeihe mir.
    Die dreijährige erzwungene
    Arbeitsabstinenz hatte mein
    Hirni ganz hohl gemacht und ich
    war so wild drauf, mich wieder
    reinzustürzen.
    Aber ich verzeihe mir
    nur noch dieses eine Mal.

    Jetzt möcht ich den Staub von
    meiner Iso-Matte kloppen und
    mich auf den Teppich schmeißen,
    da meine Rückenmuskulatur die
    Grätsche gemacht hat und eine
    Etage tiefer hängt wie ein
    verdammter Nierengurt.
    War ja nie Zeit.
    Wat is Arbeit bloß schön?!
    Kann man auch gleich den
    Sommer noch hinterher schmeißen.

    Wir haben dieselben Themen,
    außer Marathon natürlich -
    das wäre dann doch zu verwegen.
    Das Auf und Ab bei Dir, das Dich
    gefühlt manchmal zur Verzweiflung trieb,
    hat mich beim Lesen Deines Threads
    irgendwie beruhigt.
    Weil es beständig war.

    Klingt blöd?
    Macht nix.
    Ich werde Dich weiter empfehlen :-).

    Neues Thema wäre:
    Butter bei die Fische.
    Ich fürchte allerdings,
    dieses Gericht wird erst
    im Überübermorgenland serviert.

    Viele Grüße
    Katha

    Liebe Viola,

    Dein Humor ist Gold wert und unbezahlbar, genau wie Dein Wissen und die Art und Weise, wie Du dich mit Dingen auseinandersetzt. Was die Liebe zum Detail angeht, wirst Du mir immer Vorbild sein, vor allem in den Momenten, wo mich die Unwucht in mir manchmal die Wände hochtreibt.

    Immer noch treffe ich Menschen, von denen ich lernen kann: Den Gärtner, der mich davon überzeugt, dass sich die Ungeduld, die mich manchmal davon abhält, bestimmte Dinge in Angriff zu nehmen, weil ich sicher bin, dass da nichts Gutes herauskommen kann, eben weil ich ungeduldig bin, sich verlieren wird, während ich etwas tue, wofür ich Geduld brauche :-).

    Oder der Rüstungsexperte, der mir sagt, dass ich Chancen vertue, wenn ich tatsächlich daran festhalte, dass nur das Ergebnis wichtig ist, anstatt die Phase des Prozesses zu genießen.

    Ich bin seit geraumer Zeit auch Mixer :-), hab´s allerdings eher mit Roter Bete. Diese unscheinbare Knolle hat so irrsinnig viele gute Eigenschaften, die unglaubliche Dinge im Körper bewirken kann.
    Rote Bete muss man roh verarbeiten und es ist ähnlich, als würde man sich ein Blumenbeet in den Mund stopfen :-). Die Schweiz und ich überschlagen uns darin, trinkbare Varianten zu erfinden. Mit Zitrone, Ingwer, Apfel und Orange – aufgefüllt mit gutem Wasser – ist es trinkbar :)
    Ich hätte nie gedacht, dass ich nochmal so viel Spaß in der Küche haben würde.
    Außer heute natürlich. Mein Braten konnte jetzt drei Stunden rumdümpeln :-), gleich ist er fertig und ich freu mich darauf.
    Wenn er gelingt, werde ich nächstes Jahr mindestens fünf Menschen einladen, die zu Weihnachten nicht so viel Spaß haben wie ich.


    Ich bin am Hirnen. Ich bin bereits – bis auf meinen Ausfall – zufriedene Nichtkonsumentin von Alkohol. Jetzt hätt ich gern dasselbe in Sachen Nikotin. Zufrieden halt, nicht nervig, neidisch, angespannt. Solange ich rauche, werde ich nicht frei sein, das weiß ich.

    Ich werde in naher Zukunft keine Nesseln mehr anwenden müssen ;-): Die Sonne kam kürzlich vorbei mit ihrem Arbeitskollegen im Gepäck. Sie haben mich u. A.. zur Thai-Massage genötigt. Die thailändische Dame hat mir höllisch Angst gemacht, als sie gefühlt versucht hat, mir das Rückgrat zu brechen :-). Es knackte so fürchterlich, dass ich dachte: „Jetzt ist alles vorbei“!
    Tatsächlich ist es aber so, dass ich mich wieder bewegen kann wie eine Schlangenmenschin.. und das mit so viel Titan in der Figur :-). Das Leben ist schön! :) Und voller Überraschungen. Und voller Dinge, die ich noch nicht wusste oder weiß!
    Es bleibt spannend!

    Dir wünsche ich auch ein friedliches und ganz entspanntes Weihnachtsfest und dazu ein paar bunte Überraschungen.

    Danke.
    Katha

    Liebe Thalia,
    Du musst die Daumen mächtig gedrückt haben, denn ich war grad mal mit einem Bein zurück in Deutschland, da konnte ich schon wieder losrockern :-): Sechs Tage die Woche, aber der neue Standort steht & mir geht’s prächtig damit.

    Lieber Correns,
    ich freu mich höllisch, dass Du hier eingefallen bist! Tatsächlich ist es so, dass ich so gut wie gar nicht mehr schreibe oder auch rede. Ich erlebe mich still, die Anderen mich auch – können sie endlich mal verschnaufen auf dem letzten Meter des Jahres :) - doch innen pitzelt es nach wie vor, allerdings verhalten.

    Was soll ich Euch sagen? Es ist nicht die übliche Bilanz am Ende eines Jahres, sondern eher die Tatsache, dass da keine Worte mehr sind. Zu den wichtigsten Themen meines Lebens ist bereits alles gesagt und gedacht worden, gedreht, gewälzt, begrübelt, verlacht, verdrängt und wieder ans Licht gezerrt, beurteilt, verworfen, für gut befunden.

    Meinen Alkoholismus sehe ich jetzt und heute in derselben Truhe wie meine Behinderung/meine Schmerzen, meine schwach ausgeprägte Geduld und meine letzte Beziehung mit einem Psychopathen: Ich kenne meine Gründe und auch die Techniken, weiß, womit es mir gut geht oder wie ich mich richtig in die Nesseln setzen kann und vor allem ist mir vollkommen bewusst, dass meine zeitweilige Sehnsucht nach den wilden schönen Zeiten den jeweiligen Schaden nicht aufwiegt.

    Geduld ist das beste Beispiel im Zusammenhang mit meiner Gesundheit: Natürlich kann ich einen dreifachen Salto rückwärts aus dem Stand versuchen, aber das wäre momentan nicht besonders clever. Vielleicht probiere ich es mit 70 nochmal :-). Ich muss Geduld auch nicht toll finden und kann ordentlich herum fluchen, wenn es mir gerade höllisch auf die Ketten geht, dass ich sie benötige. Aber ich weiß einfach, dass manche Dinge nur zu meiner Zeit passieren können und ich das Ganze nicht forcieren kann, ohne mir Schaden zuzufügen. Also fluche ich und halte mich gleichzeitig an den Plan ;-). Ich habe nicht mehr den Nerv, mich auch noch mit Dingen herumzuschlagen, die ich selbst angezettelt habe und hätte vermeiden können.

    Nein, ich konnte nicht voraussehen, dass mein ((bester) – Gruß an Rattenschwanz ;-)) Freund Alkoholiker geworden war, denn ich hatte ihn zu lange nicht persönlich gesehen. Und ja, ich hatte einen Rückfall, für mich ein Zeichen, dass ich meine Bemühungen beendet hatte. Da war keine Angst und kein Ärger, ich bin am nächsten Tag einfach aufgestanden und hab von vorn angefangen. Das kann ich meiner Meinung nach nur, weil ich jahrzehntelang gesoffen habe, ein paar Jahre trocken war und Alkohol für mich absolut keine Option ist.

    Ich würde mich ja auch niemals wieder mit dem Psychopathen zusammen tun, obwohl der höchst spannend ist, doch genauso gut könnte ich in einem Minenfeld spazieren gehen. Irgendwann kommt einfach der Punkt, da dreht man sich weg – kennt man doch alles schon... Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg. Es ist ein Teil davon.

    Zwei Dinge habe ich mitgenommen bei meinem letzten Abstecher in die Schweiz: Mir wurde bewusst gemacht, dass es einfach süchtige Menschen gibt, die keine Hilfe oder Unterstützung wollen. Sie leben bereits in der Welt, die sie für sich selbst gewählt haben. Schwer vorstellbar für mich, aber es ist wie es ist.

    Die andere Sache betrifft meine Gesundheit. Offensichtlich habe ich in dieser Hinsicht alles selbst in der Hand – eine Info, die mich total erstaunt hat. Dann setzte bei mir ein komplizierter Denkvorgang ein und das Ganze erschien mir schon ein bisschen logischer.
    Ich vergifte mich nach wie vor mit Nikotin, der Droge, an der mehr Leute zugrunde gehen als an jeder anderen Krankheit. Nun soll ich also mit der Qualmerei aufhören und meine Schmerzen werden wie weggeblasen sein. Ich soll mich wieder so fühlen können, als hätten diese OP´s nie stattgefunden.
    Selbst in diesem Moment spüre ich, wie Skepsis mein Gesicht zerbastelt, doch der Mann hat mir bereits einen Großteil der Schmerzen genommen durch ein einfaches Telefonat.
    Er hat mich mithilfe von Licht und Engeln quasi gescannt.
    Das alles kann ich glauben oder auch nicht, doch das Beste daran ist, dass mein Glaube hier überhaupt nicht gefragt ist, denn es funktioniert auch ohne.
    Na, dann probiere ich es doch „einfach“ mal aus und gucke, was so passiert.
    Mit dem Rauchen aufzuhören soll ja ganz einfach sein. Man muss nur wollen.
    Ich überlege schon seit Tagen, welches Gewicht der schwere Gegenstand haben müsste, der beim Aufprall auf mein Köpfchen einen derartigen Sinneswandel bewirken könnte.
    Typisch Suchtbolzen: Anstatt glücklich darüber zu sein, eine Chance zu bekommen, nachdem alles andere versagt hat, jammere ich herum, dass ich mich in Zukunft nicht mehr vergiften darf. Ich bin gerade schwer begeistert von mir...

    Thalia, auch ich hatte die Erfahrung gemacht, dass mir das Gefühl für „Normalität“ total fehlt. Vielleicht begucke ich mir deshalb seit Jahrzehnten Menschen wie ein Alien, der aus einem UFO gepurzelt ist. Ich bin ja nicht nur realistische Träumerin, sondern auch praktisch veranlagt. Ich habe mit sehr vielen Menschen in meinem Leben gesprochen, sehr offene Gespräche geführt. Ich empfinde diese Offenheit Anderer mir gegenüber heute noch als ein Geschenk, denn nur so konnte ich feststellen, dass sie alle unterschiedlich waren. Das bedeutet, dass ich so sein kann wie ich bin.
    Ich las neulich in einem Buch folgenden Satz: „Sie sind zu alt, um Höflichkeit zu erlernen, aber sie sind nicht zu alt, um sie vorzutäuschen, wenn es angebracht scheint!“ So oder so ähnlich.
    Ich verstehe das nur zu gut, denn sehr viele Menschen haben ein privates Gesicht und ein anderes für den öffentlichen Umgang mit anderen Menschen.

    Es gibt da also keine Regeln und es ist auf keinen Fall die große Masse entscheidend – meiner Meinung nach. Entscheidend wäre dann, was Du für dein Leben benötigst. Ich mag manchmal gar keine Menschen sehen, habe beruflich aber immer wieder mit neuen Leuten zu tun. Mein Job ist mir sehr wichtig und so zwinge ich mich manchmal auf Veranstaltungen, bei denen ich direkten Kontakt mit fremden Menschen habe, nur um quasi „im Training“ zu bleiben.
    Andererseits fahren massenweise Menschen gern Achterbahn und die könnte man von mir aus alle abreißen :-). Bräuchte ich nicht.
    Ich liebe Hunde, hatte aber Angst vor manchen Hunderassen anderer Leute. Ich habe mir also selbst einen Hund angeschafft damals und habe bis heute überhaupt keine Angst mehr vor Hunden.
    Ich denke fast, so muss man sich an alles herantasten und vorher überlegen, ob es nötig ist oder nicht und welche Bedürfnisse man selbst hat.

    Ich habe gerade meinen letzten Post noch einmal durchgelesen und es hört sich tatsächlich niederschmetternd an. So war dieses Jahr jedoch ganz und gar nicht. Ich habe gute Leute kennengelernt, berufliche Kontakte knüpfen können und ich hatte jahrelang nicht mehr so viel Spaß wie in diesem Sommer. Ich mag nur immer noch gern teilen und hätte mir gewünscht, dass mein Mitbewohner genauso viel Freude empfunden hätte. Hat er ja auch, er konnte es nur nicht zeigen.
    Programm für mich ist also das Nichtrauchen und Freude nicht teilen müssen, um selbst noch mehr Freude empfinden zu können. Schwierig, aber technisch nicht unmöglich... denk ich ;-).

    Correns, es tut mir sehr leid, dass Du gesundheitlich noch nicht wieder so ganz auf dem Damm bist, aber der Wald ist auch beim Spaziergang schön für den Moment und man kann herrlich fluchen in der Einöde, falls der heiße Dampf mal den Kessel zu sprengen droht ;-).

    Liebe Grüße
    Katha

    Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken… Roman-Gefahr ;)

    Liebe Thalia,

    Du machst gerade meinen Tag rund und ich freue mich riesig, dass Du mich besucht hast.
    Ich schlage im Übrigen folgenden Deal vor: Niemandem hier muss noch irgendetwas leid tun, auch wenn über all die aktive Tippselei mal ein paar Monate ins Land gehen ;-).
    Gelebt wird schließlich draußen.

    Du hast ja allerhand hinter Dir und es erinnert mich daran, dass manche Burg bis auf die Grundmauern niedergerissen werden muss, damit Neues entstehen kann. Das kostet natürlich Kraft.
    Mordsmäßig interessant finde ich die Formulierung „…so dass ich jetzt in mein Leben passe…“. So habe ich es noch nie empfunden, denn es impliziert ja, dass da etwas Vorgefertigtes existiert, in das ich mich hinein wurschteln muss.
    Ich glaube einfach, dass der Mensch Individualist ist und jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat, dass wir uns dort treffen, wo die Schnittstellen entstehen.
    Alles andere bleibt Freestyle und so hängen vielleicht 20 Leute an der Pommesbude ab, aber einer geht danach auf die Couch, der nächste zum Joggen und ein dritter bastelt sich eine Drahtmütze in seiner Selbsthilfegruppe.

    Wichtig finde ich immer nur, dass man sich von der Meinung Anderer nicht abhängig macht. Ich bin ja auch nicht völlig frei davon, aber ich überlege immer: Hat es sich gelohnt, hat es dir gut getan, fühlst du dich wohl damit? Meistens ist die Antwort nein und dann lass ich es einfach.
    Andere Dinge oder Situationen stressen mich zwar, aber sie tun mir gut oder bringen mich weiter. Dann gehe ich da wieder rein und erweitere damit meinen Komfortkreis, denn ich weiß doch, dass es irgendwann selbstverständlich wird und keine Angst mehr macht.

    Ich kenne dich ja nicht persönlich, aber ich erlebe Dich doch schon lang genug als ein Mensch, der mit viel Einfühlungsvermögen und total sympathisch auf die Menschen zugeht: Wieso bist Du nicht zufrieden mit Dir? Hängt vielleicht die Meßlatte zu hoch und ist es überhaupt Deine eigene?
    Ich habe festgestellt, dass es ungemein erleichternd sein kann, einfach strahlend auch mal rauszuhauen: „Nee, das kann ich gar nicht!“ 
    Wir müssen nicht alles können oder sein… sonst bleibt ja für Andere nix mehr übrig ;) und man könnte sich nicht mehr ergänzen. Wäre schade drum. Und unmenschlich.

    Meine Traurigkeit schleppe ich nach wie vor in die Botanik und dort wandelt sie sich zu stiller Ruhe, Staunen oder Glücksmomenten.
    Vielleicht sollte ich mir mal eine Aufstellung machen von dem, was ich mir wünsche und warum ich es mir wünsche, was ich dafür tun müsste und ob es machbar ist.
    Zumindest denke ich jetzt mehr nach, grüble weniger und lebe mehr. Das tut mir gut.

    Was für ein seltsames Jahr: Ärztetournee fortgesetzt, keine Glühwürmchen und Schnecken und zum grillen musste ich mich auf einen Schweizer Berggipfel verziehen.
    Soviel Vorfreude, so viele Pläne, so viel Enttäuschung und Hilflosigkeit und auch Verzweiflung und am Ende loslassen müssen.

    Mein Mitbewohner entpuppt sich als Vollblutalkoholiker mit schweren Depressionen und daneben wird mir die Luft zum Atmen knapp. Die Freude auch.
    Einen Rückfall habe ich hingelegt, will das auch nicht verharmlosen, doch es macht mir keine Angst. Trinken zu müssen ist für mich keine Option, das kenne ich alles schon und es langweilt mich zu Tode, da es mich nach wie vor an allem hindert, was mir Spaß und Freude macht. Ich bin gern klar und damit sicherer.

    Vor Co-Abhängigkeit bewahrt mich ebenfalls nur einschlägige Erfahrung auf diesem Gebiet – nun weiß ich wenigstens, wofür es gut war.

    Nachdem mir im Sommer kein Arzt oder Therapeut gesundheitlich mehr über den Weg helfen konnte, habe ich mich selbst als geheilt in die Welt entlassen und angefangen, zu arbeiten.
    Nach der ersten Woche bin ich fast auseinander gebrochen, in der dritten Woche war ich so gut wie hinüber, aber danach ging´s irgendwie.
    Der Job hat Spaß gemacht wie meistens, die Kollegen waren das Hinterletzte und als mein Vertrag abgelaufen war, habe ich mich verabschiedet mit den Worten: „Wenn Sie wieder jemanden zur Unterstützung benötigen, rufen Sie nicht mich an!“ :D
    Ich arbeite gern und will mir das nicht vermiesen lassen.

    Nach wie vor hatte ich Schmerzen und dadurch viel zuwenig Schlaf, bis meine Tochter mir eine Telefonnummer gab. Daraufhin führte ich das seltsamste Telefonat meines Lebens. Es hat dann eine halbe Stunde gedauert, bis ich realisierte, dass dieser bestimmte Schmerz in meinem Rücken, der mich zwei Jahre begleitet hatte, plötzlich verschwunden war.
    Der Zustand hält an und ich bin vorsichtig glücklich ;-).
    Am Wochenende bin ich dort und hoffe, dass dieser Magier auch den Rest von mir richten kann und so stürze ich mich jetzt wieder in die Jobsuche. Das ist manchmal stressig, aber heute hatte ich ein superschönes Erlebnis, das mich nach vorn gebracht hat, wo immer „vorn“ auch sein mag.

    Meine Burgen sind anscheinend Einwegprodukte und so reiße ich jetzt wieder eine ein und baue eine neue auf. Neuer Job, neue Wohnung, neue Menschen – ich muss nicht alles über Bord kippen, aber Abstand muss her. Das ist nur vernünftig.

    Auf Deine Frage, ob ich glücklich bin, antworte ich mit einem klaren „jein“ :-).
    Meine Situation ist momentan nicht so prickelnd, aber in mir ist eine Kraft, die Hoffnung wachsen lassen kann und aus der Hoffnung wächst Vertrauen – was mich wiederum dankbar macht.
    Glücklich zu sein ist für mich nach wie vor kein Dauerzustand, weil unser Hirni nicht dafür ausgelegt ist, das auf Dauer zu ertragen ;-), also meines jedenfalls bestimmt nicht.

    Ich habe mir aber in diesem Sommer endlich ein Kanu zugelegt und das habe ich als pures Glück empfunden – es war ja immer mein Traum. Und so bin ich monatelang hier auf den Flüssen rumgepaddelt und war auch oft schwimmen.
    Mir geht es mit den Glücksmomenten wohl wie Dir: Sie fallen mich regelrecht an und das passiert schon morgens unter der heißen Dusche, wenn ich mich sofort bei dem Menschen bedanken möchte, der das Teil erfunden hat :-).
    Gestern bin ich am späten Nachmittag noch spazieren gegangen und es war so warm, dass ich im T-Shirt draußen herumlaufen konnte: Sonne und Wind auf der Haut – das macht mich auch glücklich.
    Menschen, die mir vertrauen, die an mich denken. Meine Tochter, die einen Massagetermin für mich ausgemacht hat – wobei ich mir so richtig dekadent vorkomme :-).
    Selbst die Erledigung lästiger oder schwieriger Pflichten löst bei mir dieses Gefühl aus, da es Platz schafft für die Dinge, die ich wirklich gern tue.
    Vielleicht bin ich genügsam oder auch nur bekloppt: Gründe für Freude oder auch fürs Glücklichsein werden nicht alle und dauern auch an, wenn mir nicht immer wieder jemand rein schießt. Da liegt es an mir, die Voraussetzung wieder zu schaffen und ich werde das auch tun.

    Mein Tag ist noch nicht rum und ich habe noch etwas zu tun, deshalb schließe ich hier. Reicht ja auch ;-).

    Dir ganz liebe Grüße und einen puscheligen Abend.
    Katha

    … falsch.. das Rad steht jetzt im Wohnzimmer… :D

    Lieber Andreas,

    ich habe mich höllisch gefreut über Deinen Besuch und – wie so oft – schallend gelacht :-).
    Das hat richtig gutgetan und ich glaube, wir sind uns einig, dass auch der Humor und das Lachen zur Selbsthilfe gehören.

    Wenn Du mal vom Dach schaust, wirst Du jetzt um diese Jahreszeit massenweise Menschen entdecken, die fröhlich, zufrieden oder sogar glücklich lächeln, freundlicher und viel unbekümmerter sind als noch vor wenigen Wochen :-). Sonne setzt Energien frei und damit bist du also auch nicht allein.
    Vor Jahren habe ich noch bei jedem Winteranfang geschnauft, etwas bedrübbelt geguckt und mir überlegt, ob Licht und Sonne, die ich das ganze Jahr über eingefangen hatte, für die lange dunkle Jahreszeit reichen würden. Heute sehe ich Kuscheldecken, heißen Kakao, eine Riesenfreude, wenn man nach einem langen Spaziergang in Eiseskälte wieder in der warmen Bude einfällt und jede Menge Zeit für Dinge, die ich während des restlichen Jahres nicht anpacken mag, denn dann bin ich lieber draußen. Ich weiß von mir jetzt ganz genau, dass ich für die verschiedenen Jahreszeiten in unseren Breitengraden gemacht bin.
    Und ich habe ein Faible für Montage… immer noch :-). Jeden Montag stürze ich mich mit anhaltender Begeisterung in den Tag und somit in die Woche – egal, wie das Wetter ist. Erblich ist das offensichtlich nicht, denn meine Tochter erschien hier in einem T-Shirt mit der Aufschrift: Monday – you Bastard *g*.

    Ich habe mit manchen Dingen einfach unverschämtes Glück und so konnte ich meine Fahrradwerkstatt direkt neben dem Sofa eröffnen – mein Mitbewohner hält das aus. Da ich diese Geduld aber nicht überstrapazieren möchte, schraube und schmirgle ich in jeder freien Minute, um zum Ende zu kommen. Das Rad ist tatsächlich in alle Einzelteile zerlegt, weil ich es grundieren und lackieren will, aber anders als beim letzten Mal habe ich es diesmal nicht einfach unbekümmert auf einer grünen Wiese erledigt, wo man garantiert nur die Hälfte der Teile wiederfindet, um es schwieriger zu machen :-). Ich habe fotografiert und gegoogelt – habe noch ein Lager gefunden, das ich gern einbauen möchte – und habe so berechtigte Hoffnung, dass ich es auch wieder zusammenbauen kann.
    Der Opernliebhaber ist raus: Der ist mir nach dem zweiten Akt durchgegangen :D. Wagner ist nix für Leute ohne Sitzfleisch ;-). Ich habe ihn aber verstanden, er musste am nächsten Tag im Job wieder antreten. Das war völlig okay und erstaunt stelle ich fest, dass ich wieder einen Schritt weitergekommen bin. Es hat mir a. nichts ausgemacht und b. war ich kein Stück verschnupft und viel wichtiger c. ich bin allein wieder hineingegangen und habe mir das Ende angesehen und anschließend bin ich mit massenweise neuen Eindrücken in den Bus gesprungen und zufrieden, gefüllt, gemütlich nach Hause geschuckelt.
    Das wäre vor kurzem noch gar nicht möglich gewesen.
    Andererseits muss ich sagen: Der Mann hat auf unserem Balkon nichts zu suchen *g*.

    Total schön, dass Du mich offensichtlich verstehst in Sachen Manuskript-Mann. Es war eine ziemliche Belastung für mich und es ist so schwierig, gerade in dieser Beziehung offen zu sein und trotz allem niemanden furchtbar zu verletzen. Ich möchte noch anfügen: Auch verzweifelte, ängstliche und verletzte Menschen haben manchmal schlechte Gedanken, aber es geht vorüber und das ist gut so, denn letzten Endes trifft man damit immer nur sich selbst.

    Andreas, Du darfst doch jammern, wenn es Dir schlecht geht – es sollte nur keine Tournee draus werden ;-). Selbst eine Grippe kann uns fällen wie einen Baum und immer sind wir uns selbst am nächsten, will sagen, wir sind nun mal grad total betroffen davon. Wenn ich ins Rudern komme, werde ich still und hangle mich durch den Rest des Tages und versuche, mit der Unruhe umzugehen. Da mache ich keinen Plan, wie ich jetzt mal grad die Welt retten könnte ;-).
    Deine Bewunderung tut (uns) natürlich gut. Es hilft, bei der Stange zu bleiben und zumindest ich fühle mich dadurch auch getröstet und irgendwie ruhiger. Dann fallen mir aber sofort wieder massenweise Menschen ein, denen es noch schlechter geht als mir und dann stürze ich mich wieder ins Leben und versuche zu tun, was ich kann.
    Ich habe ein ganz einfaches Rezept, was ich auch hemmungslos meinen Mitmenschen aufdränge, besonders dann, wenn sie niedergeschlagen sind ohne für sie erkennbaren Grund: Ich versuche sie zu ermuntern, sich gerade dann die schönen und guten Dinge ihres Lebens heranzuziehen, die man dann schnell aus dem Auge verliert.
    Die Kinder sind gesund und kommen gut voran in Schule oder Beruf, sind liebenswerte Menschen, eine tolle Beziehung, auch wenn es mal Kabbeleien geben muss, ein Job, der einem Spaß macht oder wo man sein Auskommen hat (am besten beides natürlich), ein schönes Zuhause, Freunde, auf die man sich verlassen kann, ein Urlaub, auf den man sich freuen kann… aber es gibt auch sehr viele kleine Dinge, die den Alltag ausmachen.
    Und so habe ich auch meine Freuden, selbst wenn mir vieles weggebrochen ist. Wenn es mir richtig dreckig geht, dann denke ich an meinen Hausarzt, der mir die beste Unterstützung gibt, die ich jemals hatte, an meine Physiotherapeutin, die sich mit meinen Nerven besser auskennt als ich selbst ;-), natürlich immer an meine Kinder, die so gut davor sind, auch wenn eines davon ebenfalls schon mit Titan behaftet ist, an meinen liebenswerten Mitbewohner oder daran, dass ich Rad fahren, schwimmen und durch die Botanik hopsen kann, dass ich mich in unserer Wohnung wohlfühle, an meinen zuverlässigen Steuerberater und an die Hilfe durch eine Behörde, dass ich neulich durch ein Stück See gewatet bin und dass es nicht mehr lange dauert, bis ich wieder an einem Flussufer sitze und mit den Füssen im Wasser paddle, während mir die Sonne ins Gesicht scheint.
    Dann fällt mir wieder ein, dass ich Vertrauen brauche und die Geduld, jeden Tag nur das wegzuschaffen, was geht und mich nicht wieder selbst überholen zu wollen.
    Manchmal bin ich dann auch einfach nur dankbar dafür, dass ich dankbar sein kann und so viele Dinge sehe, die Freude machen. Und dass meine Träume nicht alle werden. Da ist ja immer noch das Boot… ;-).

    Geh´ mal bitte nicht so hart mit Dir ins Gericht, denn wer so scharf auf Kritik ist, muss ein rechter Masochist sein ;-). Ich hab ja gesagt, dass ich auch nicht besonders darauf stehe, mich selbst runterzumachen, aber da ist – nach dem ersten Aufbäumen und der Verletzlichkeit – auch eine geradezu wissenschaftliche Neugier in mir, die mich dazu bringt, Kritik aufzunehmen, auseinanderzurollen, von allen Seiten zu betrachten und entweder zu nutzen oder zu verwerfen, ähnlich als würde ich ein schweres, nasses und triefendes Wäschetuch mit ausgestreckten Armen halten. Im ersten Moment bricht es Dir fast das Kreuz, aber je mehr Wasser heraustrieft, desto leichter wird es. Bis es fast trocken ist, dann kann ich es wenden und begucken.
    Ich weiß ja oft gar nicht, was „normal“ ist oder nicht, denke aber, normal ist, was die meisten Leute tun. Nun habe ich aber oft festgestellt, dass vieles den Menschen gar nicht gut tut, auch wenn es „andere Leute schließlich genauso machen“.
    Und wenn ich mich schon mit neuem Inhalt betanken muss, dann doch eher mit Inhalt, der mir gut tut und weiterhilft – natürlich nicht auf Kosten Anderer. Es ist ein bisschen so, als würde ich mir ein neues Kleid basteln und jeder Mensch auf meinem Weg reicht mir ein Stück dazu. Ich will gar nicht mehr so werden, wie ich war, ich würde gern noch einiges tunen an mir ;-).
    Wenn ich allerdings Kritik an Anderen übe, rsp. das Gefühl habe, ich sag jetzt einfach mal was, dann kannst mich vorher hirnen und rotieren sehen, manchmal tagelang :-).

    Fahrrad reparieren… :D, darauf fall ich nicht herein :D. Wenn ich allerdings wendiger wäre, würde ich jetzt hier hemmungslos eine Schäm-Arie abziehen, aber so kann ich nur sagen: Produzier mich nicht :-).

    Dir wünsche ich eine mordsmäßig schöne Woche mit massenhaft Sonne.
    Ganz liebe Grüße
    Katha

    Liebe Thalia,

    tun muss man tun und so war ich wieder schwer damit beschäftigt, nicht nur zu sabbeln und zu theoretisieren, sondern ranzuklotzen. Für jedes Ding, was ich erledige, bekomme ich ein paar neue Baustellen reingedrückt. Es ist so eine Art Dauer-Testlauf, aber das kenne ich ja schon. Hört irgendwie nie auf, doch ich bin ja im Training ;-).

    Ich finde Deine Gedanken sehr interessant und habe mich auch viel damit beschäftigt. Bis ich erfahren habe, dass es Menschen gibt, die aus reiner Langeweile – komplett ohne die vielzitierte innere Leere - angefangen haben, zu trinken, habe ich bei Alkoholikern überhaupt keinen Unterschied gemacht. Der Weg aus der Sucht ist ja für die meisten von uns hammerhart, aber ich beneide doch jeden, der sich ohne große Gehirnakrobatik ans Werk machen kann, um sein Leben mit Menschen oder einer Arbeit/Aufgabe und mit schönen Hobbies, die Spaß und Freude machen, zurechtzurücken.
    Das funzt bei uns anscheinend nicht. Wir spüren oder wissen, dass es grundlegende Dinge gibt, die wir ändern müssen, um nicht ständig in dieselben Fallen zu tappen. Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, aber mir macht z.B. mein Bedürfnis nach Kontrolle nun so überhaupt keinen Spaß. Es nutzt mir wie ein Loch im Kopf, dass ich weiß, woher es stammt und nach wie vor möchte ich als Beifahrerin jeden Fahrer vom Sitz zerren und das Steuer übernehmen. Ich hatte mir angewöhnt, entweder zu schielen, wenn ich geradeaus gucken muss oder stur aus dem Seitenfenster zu starren, um den Fahrer nicht mit erschrockenen Ausrufen zu nerven oder gar zu erschrecken. Ich habe also die Wahl zwischen Augenleiden oder Kreislaufbeschwerden und beides scheint keine Option :-). Ich frage mich gerade, ob ich das jemals werde reparieren können.

    Ich denke, es gibt zwei entscheidende Dinge, die alle Menschen lernen müssen: Es ist nicht nur das Loslassen, sondern auch das Annehmen. Das (Nach-)Denken an sich halte ich oft gar nicht für soooo verkehrt ;-), wenn man sich auf Situationen einstellen muss oder kann oder wenn man etwas plant, ansonsten können wir uns ja tatsächlich getrost von dem Gedanken verabschieden, wir könnten unser Leben durch Denken beherrschen. Da hilft nur noch Vertrauen und annehmen können, was ist. Denken beschert uns auch keine superschönen Überraschungen, Spaß oder Freude und was wäre das Leben ohne dies?!
    Ich glaube, dass ich ganz gut reflektieren kann und kritisiere mich häufig auch selbst, aber ich bin nicht mein eigenes Universum und in der Lage, ständig um alle Ecken herum zu denken. Deshalb halte ich den Austausch im Leben eines jeden Menschen für ungemein wichtig, denn er erweitert den eigenen Horizont, zeigt uns andere Sichtweisen und damit neue Möglichkeiten oder Herangehensweisen. Manches ist hilfreich, anderes nicht – da muss dann jeder für sich selbst sortieren.
    Es nutzt mir manchmal gar nichts, mir selbst vorzuwerfen, ich wäre albern und würde mich mit meinen Gefühlen lächerlich machen, denn sie sind da! Sagt mein Bauch. Und da ich den mittlerweile zu schätzen gelernt habe, weil er mir ganz andere Seiten aufzeigt, kann ich heute sagen: Klar bin ich doof, aber auch das ist, wie es ist und es kommt nie von ungefähr. Indem ich das ernst nehme, bin ich automatisch netter zu mir selbst und bügle mich nicht mehr selbst ab.
    Und manchmal muss ich Niedergeschlagenheit, Melancholie, Stimmungsschwankungen, Rückschläge und Katastrophen aller Art auch einfach annehmen und aushalten, denn ich habe kein Monopol darauf, weil ich Alkoholikerin bin. Es geht fast allen Menschen so, die ich kennengelernt habe. Ich beschwere mich ja andererseits auch nicht, wenn ich vor Freude hopsen könnte oder mich ein Sonnenuntergang wegen der Farben hintenüberkippen lässt.
    Depressionen – auch ein Thema hier – können wir sowieso nur behandeln, wenn wir klar im Schädel sind, weil wir sonst nie herankommen. Aus diesem Grund werden ja auch viele Therapien bei nassen Alkoholikern oder anderen Suchtbolzen abgelehnt.

    Ich würde zu gern etwas lesen über Dein Glücklichsein.
    Ich danke Dir ganz herzlich für Deine Gedanken, dieser Austausch füllt mich auch.
    Ganz liebe Grüße
    Katha

    Guten Morgen zusammen

    Herzlich willkommen, luzider Träumer.
    Als ich aufhören konnte, zu trinken, hat mein gesamtes Ich dies als Verlust empfunden, da ein entscheidender Teil meines Lebens wegbrach. Da waren sowohl der körperliche Entzug als auch eine innerliche Leere. Diese „scheinbar grundlose Unzufriedenheit“, die sich über Monate hinzog, war also bei mir nichts anderes als eine Art von Trauer. Ich konnte sie mit Inhalt füllen – tanzen gehört dazu – und freue mich wieder auf jeden neuen Tag. Kneipen habe ich allerdings gemieden und tue das heute noch, denn dort wird in erster Linie nach wie vor gesoffen.
    Ich hörte immer mehr auf meinen Bauch, denn wenn mein Kopf noch sagte: „Pah, gar nichts los. Ich schaffe das, kann Anderen beim Trinken zusehen und das ficht mich nicht an“, grummelte mein Bauch bereits und warnte mich vor Gefahren oder auch „nur“ einem Unbehagen. Ich muss mich ja nicht für nichts und wieder nichts schlecht fühlen und damit Energien verbraten, die ich an anderer Stelle benötige.

    Alles Gute weiterhin auf Eurem Weg.

    Viele Grüße
    Katha

    Liebe Thalia,

    als „schweren Fall“ betrachte ich mich immer noch, doch besteht kein Grund mehr zum Verzweifeln.
    Ich habe mir vieles nicht aussuchen können und mir fehlen Dinge, die für Andere selbstverständlich sind. Andererseits wurde mir dafür – vielleicht als Ausgleich ;) – die Fähigkeit mitgegeben, für fast alles eine Lösung zu finden.
    Manchmal macht es mich z.B. traurig zu lesen, wie Mitbetroffene in ihrer Kindheit um ein Haustier trauern konnten/durften. Das gab es bei uns nicht. Da wurde voll durchgezogen und weitergemacht, aber kann ich es einem Menschen verübeln, der durch Krieg gezwungen wurde, sich auf das Lebensnotwendige zu beschränken und Gefühle nicht zulassen durfte, weil er sonst nicht hätte weitermachen können? Natürlich ist es traurig, dass wir sehr wohl Gefühle hatten, uns diese Haltung aber übergestülpt wurde. Da mutierst Du zu Deinem eigenen Käfig.
    Dagegen kann ich nichts mehr tun, aber ich kann sehr wohl heute verhindern, dass Menschen, die trauern und deshalb weinen, glauben, sich dafür entschuldigen zu müssen in dieser seltsamsten aller Welten.

    Wenn ich nicht nachdenke, bin ich mutig, flexibel und spontan. Denke ich nach, bin ich oft verunsichert, hölzern, ängstlich und schüchtern, glücklicherweise aber auch manchmal einfach nur sachlich oder logisch. Dagegen ist wohl auch kein Kraut gewachsen, also muss ich für mich versuchen, jeden einzelnen Zustand zu nutzen, so wie er gerade anfällt. Gelingt natürlich nicht immer, aber immer öfter ;-).
    Und ich habe eine Entscheidung getroffen: Ich will nichts und niemandem hinterherhecheln, ich will mich nicht völlig verausgaben, so dass ich ununterbrochen genervt und schlecht gelaunt bin und dann in ein Wellness-Wochenende fliehen muss, ich will nichts Aufgesetztes und möglichst anderen Menschen nicht gegens Knie treten. Ich glaube, dass meine Ansprüche relativ genügsam und eher vernünftig sind und so würde ich mich jederzeit auch dafür einsetzen. Ich muss nicht mehr das letzte Wort haben und so drehe ich mich manchmal einfach um und denke: Schade reden.

    Mir ist wirklich nix zu doof, um es auszuprobieren, wenn es hilfreich sein könnte.
    Bei meinem Projekt: „Netter zu mir selbst zu sein“ stieß ich dann aber fast an meine Grenzen. Fast ;-).
    Und so redete ich nicht mehr nur mit Gegenständen, sondern auch mit mir selbst :-). Ich war ja ziemlich oft und viel allein. Ich frage mein anderes Ich bei Niedergeschlagenheit, woran es denn liegen könnte, koche ihm heißen Kakao, puschele es in eine weiche Decke und gebe ihm ein schönes Buch und vor allem die Erlaubnis, sich auszuruhen, wenn ich es nicht überzeugen kann, vielleicht doch noch durch die Botanik zu hopsen. Da fühlen sich alle Beteiligten umsorgt und schon viel besser.
    Nun wohne ich nicht mehr allein und höre ab und zu eine Stimme, die irritiert fragt: „Was hast Du gesagt?“ Dann nuschle ich: „Nöx“, höre leises Lachen und ein selbstverständliches: „Ogäi“.
    Erleichtert mein Leben ungemein und ich wiederum bin bei den Macken Anderer tolerant.
    Ich muss natürlich aufmerksam sein und mich im Visier haben, aber nicht gestresst und analysierwütig, sondern eher liebevoll.

    Es gibt allerdings Tage wie heute, da sprechen alle anderen Menschen eine andere Sprache als ich und ich vergeude Stunden und bekomme keine Antworten. Niemandem sind Versäumnisse zumindest ein wenig unangenehm, aber ignorieren ist ja auch so viel einfacher. Eine spricht dann Patzig, aber die Sprache kenne ich und nach einer entsprechenden Replik hüpfe ich wieder in den Bus, lass es nach hinten rutschen und bestaune stattdessen Zierkirschen, Forsythien, Meere von Osterglocken und Krokanten, da letztes Wochenende hier die Natur explodiert ist. Die reden nicht, die nerven nicht, die sind einfach nur da, um Freude zu machen. Steig ich aus dem Bus und bin so gut wie neu :)

    Liebe Thalia, ich hoffe wirklich, dass mein Satzfetzen vom „schweren Fall“ bei Dir nicht langfristig eine Schwere ausgelöst hat. Ich denke, manchmal ist es wichtig, sich Dinge zu begucken, aber man darf sich davon nicht anketten oder ausbremsen lassen. So viel mehr ist möglich, auch in eben dieser seltsamsten aller Welten.

    Ich wünsche Dir Leichtigkeit, so wie auch eine leichte Frühlingsbrise einen Kirschblütenregen zaubern kann.
    Liebe Grüße
    Katha

    Liebe Viola,

    lieben Dank für Deinen Besuch, ich habe mich sehr darüber gefreut.
    Wie immer schaffst Du es, die Sache mit einigen wenigen Worten auf den Punkt zu bringen und dabei auch noch wundervolle Formulierungen zu finden. Danke dafür.
    Ich vergaloppiere mich ja auch schon mal ganz gern, vor allem, wenn ich mir wegen einer nahestehenden Person entsetzliche Sorgen mache, aber generell neige ich schon eher zu einem lächelnden und ermutigenden „natürlich darfst Du“. Böse oder irritierte Blicke hinterher und auch ein bisschen verbale Kloppe von Außenstehenden stecke ich gern weg, wenn ich dafür zugucken darf, wie jemand sich traut, wieder eine persönliche Hemmschwelle zu übertreten und dabei so viel Spaß und vor allem Freude daran hat.
    Den eventuell folgenden bestürzten Ausruf der Erkenntnis von der soeben noch erleichterten und nahezu glücklichen Person „Och nee, das hätte ich ja schon viel früher haben können!“ muss ich dann aber leider mit einem fröhlichen Grinsen abschmettern: „Es ist wie es ist und hätten ham wa nich“. Ich bin nur ein Mensch und brauche keine überflüssigen Krisen wegen verpasster Möglichkeiten. Alles hat seine Zeit.

    Dir wünsche ich eine magische Zeit mit dem Wunder Frühling.
    Liebe Grüße
    Katha

    Guten Morgen Hesse,

    nun ist Alkoholismus aber nach wie vor eine anerkannte Krankheit und keine Willensschwäche. Du hast ja sehr deutlich geschrieben, dass es Dir so dreckig geht, dass Du einen Entzug machen willst und da ist es vielleicht hilfreicher, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen anstatt sich selbst immer mehr niederzumachen.
    Martins schlichte Frage fand ich gut. Manchmal verfallen wir allerdings angesichts der scheinbaren Hoffnungs- und Hilflosigkeit in totale Starre und dann fällt uns komplett gar nichts mehr ein, was wir tun könnten. Ich will Dir da aber nichts überstülpen, was eventuell gar nicht zu Dir gehört.

    Ich bin ja eher praktisch veranlagt und suche nach Lösungen – manchmal aus der Situation heraus auch nach kurzfristigen.
    Ich würde also einen Nachbarn fragen, ob er mich zum Einkaufen begleitet – da muss man allerdings bereit sein, die Hosen herunterlassen. Wenn da nichts geht, würde ich ein langzeittrockenes Mitglied meiner SHG bitten, mich vor dem Meeting zum Einkauf zu begleiten. Eher würde ich nämlich all meine Einkäufe mit Bus und Bahn nach Haus schleppen, als mich der Gefahr auszusetzen.
    Ich würde meinen Hausarzt nach Anlaufstellen für vorübergehende häusliche Betreuung fragen. Es gibt sehr viele alte, kranke und behinderte Menschen, denen z.B. die Einkäufe besorgt werden und Du bist krank (wenn Du davon überzeugt bist, Alkoholiker zu sein). Für Deine Frau, die ja das Haus nicht mehr verlassen kann, wäre dann während Deiner Abwesenheit auch gesorgt.

    Es ist ein bisschen so, als müsste man von einem 10 Meter-Brett springen: Erst fackelt man und zaudert, und 1000 Gründe fallen uns ein, warum wir das besser lassen sollten. Wenn man diese Hemmschwelle aber erst einmal überwunden hat, öffnen sich auf wundersame Weise doch eine Menge Türen. Einfach weil wir sagen können: Ich benötige jetzt Hilfe! Es muss nur der Knopf aufgehen. Wenn das nicht so wäre, hätte ich noch weitere zehn Jahre auf meinen Entzug warten müssen, bis die Kinder erwachsen gewesen wären.

    Ich bin ja nun keine Ärztin und wache auch nicht über Deinen Schlaf, aber Schlafstörungen haben/hatten viele von uns, weil der Körper nachts ja auch ständig auf Entzug ist. Trinkst Du nichts, will er Alkohol, weil er den gewöhnt ist, trinkst Du tagsüber etwas, will er nachts mehr davon. Außerdem rotiert natürlich ständig der Kopf – auch im Schlaf.
    Befrage am besten Deinen Hausarzt dazu, um andere Ursachen auszuschließen.

    Alles Gute weiterhin.
    Liebe Grüße
    Katha

    PS: Ich muss jetzt erst einmal lostoben zu Menschen, die mir helfen ;)

    Hallo Hesse,

    wie geht es Dir heute und wie ist der Kampf gestern ausgegangen?
    Ich habe oft genug in diesem Schuh gesteckt und erinnere mich gut, wie viel Kraft mich das immer gekostet hat. Ich habe mich solange und so oft in diesem Hamsterrad gedreht, bis ich nicht mehr in der Lage war, mir selbst weiterhin vorzumachen, ich könnte jederzeit noch aussteigen oder nebenbei noch etwas beschicken. Das war dann das Ende.
    Und der Anfang ;)
    Wichtig ist immer, dran zu bleiben, sich wegen der Rückschläge nicht doch noch selbst aufzugeben.
    Es gibt einen Weg.

    Ganz viel Kraft und Zuversicht.

    Liebe Grüße
    Katha

    Huhu Matthias,

    ganz lieben Dank :oops:
    Wenn ich Dich und Correns so anschaue, dann wächst in mir der Wunsch, meine Beiträge auf ein erträgliches Maß zu kürzen und dafür öfter zu schreiben.
    Dass dies nicht unmöglich ist, beweist Ihr doch täglich.
    Der Frühling macht gerade alles neu – ich versuche mal, mich da einzuklinken ;-).

    Ganz liebe Grüße und auch Dir weiterhin eine schöne Zeit.
    Katha

    Liebe Thalia,

    ich bin doch etwas beschämt wegen der Herzlichkeit, mit der Ihr mich ohne Vorwürfe wieder auf- und angenommen habt und ich danke Dir sehr dafür und auch für Deine Wünsche.
    Da spüre ich sofort, dass das Töpfchen mit Geduld, Energie und Kraft doch nicht ganz so leergeschöpft ist, wie ich kürzlich noch vermutete.

    Bislang habe ich ja wegen der mir eigenen Emotionalität immer direkt und ohne Umschweife rausgehauen, was gerade so bei mir anlag. Deine Worte über den Austausch im offenen Bereich treffen jetzt natürlich voll den Nerv bei mir ;-), da ich so lange überlegen musste, was ich hier öffentlich schreiben darf und was nicht. Antworten wollte ich in jedem Fall, aber je länger ich zögerte, desto schwieriger wurde es.
    Nun habe ich eine Entscheidung getroffen und war erleichtert darüber. Mir liegt es ja nicht, zu filtern und an jedem Wort zu feilen, obwohl ich vorsichtig bin, wenn ich Anderen schreibe, weil viele Menschen gerade zu Anfang so verunsichert sind und dann schnell Missverständnisse entstehen. Den Holzhammer spare ich mir deshalb auf für Leute, die absolut klar im Schädel sind und dann ihre bösartigen Talente ausüben.

    Bei mir dreht sich immer das Karussell:
    So berühmt biste nun auch nicht, dass Dich da draußen jeder gleich erkennen könnte ;-).
    Gefilterte Worte sind so ähnlich wie ein halbes Magengeschwür, da bleibt ein Rest, der in mir herumknorzt.
    Niemand wird sich aus lauter Langeweile in einem Alkoholikerforum herumtreiben, dazu muss er/sie schon selbst direkt oder indirekt betroffen sein. Wer mich also erkennen sollte, sitzt mit mir in einem Boot und schon sind wir wieder Viele.

    Dein letzter Satz beschäftigt mich sehr und gibt mir die Idee ein: Lass es uns zusammen üben,
    nicht zu detailliert und doch relevant zu schreiben. Hier.
    Relevant in der Selbsthilfe scheint es zumindest vordergründig nicht zu sein, wenn ich mich von einem Sichtschutz in den Lorbeerbusch katapultieren lasse, andererseits hätte ich keinen Finger an den Sichtschutz gelegt im nassen Zustand. Da hätte ich nicht die Energie aufbringen können und auch nicht den Mut, mich einer solchen Arbeit zu stellen. Kraft lassen wir jetzt mal gepflegt beiseite ;-).
    Ich hätte nicht mal den Wunsch verspürt nach einer Veränderung, die außerhalb dessen lag, was unbedingt erledigt werden musste.
    Solche Kapriolen kann ich weglassen, denn hier bekomme ich ja auch ständig neue Denkanstöße: Ich war z.B. immer total davon überzeugt, dass jeder meiner 127 Versuche, mit dem Trinken aufzuhören, vollkommen ernsthaft war. Jeden Montag habe ich mich von neuem wieder ans Werk gemacht.
    Dann lese ich von einem neuen Mitglied, dass sie offensichtlich dasselbe hinter sich hat, nur in dem Bewusstsein, dass sie jedes Mal nur ein paar Tage aufgehört hat, damit sie wieder trinken konnte!
    Das hat mich umgehauen und ich kam schwer ins Klinken: War es bei mir in Wirklichkeit nicht genauso? Sobald ich wieder Morgenluft witterte und eine Gabel halten konnte, ging´s wieder los.
    Bis dato dachte ich, dass ich das typische Mo-Do-Programm durchspulte, das ich nicht durchbrechen konnte und/oder mehr noch, dass sich zum Wochenende hin die Probs in meiner katastrophalen Beziehung damals naturgemäß wieder türmten. „Schuld“ eher Andere also, aber habe ich mir da nicht etwas vorgemacht?! Ich tendiere nun eher zum letzteren. Tut auch nicht weh, aber ich kann andere Verhaltensweisen daraufhin abklopfen.
    Das wäre z.B. eines von vielen Themen, die relevant und manchmal nicht ohne Schmerz abzuhandeln sind, ohne dass wir dafür unseren persönlichen Umkreis im Detail schildern müssen. Es wäre jedenfalls auch etwas, was ich mal dringend lernen sollte.

    Mir liegt immer noch so viel am offenen Bereich, weil ich kaum etwas vergessen habe: Wie schwer es war, zuzugestehen, dass ich Alkoholikerin bin, dass ich Hilfe benötige. Wie ich mich gekrümmt habe, weil ich mir vorkam, wie ein Totalausfall. Wie ich vermeiden wollte, dass Außenstehende davon erfahren, als hätten die das alle nicht schon längst gerafft. Mit einer Fahne durch Hörnertee und Pfefferminzbonbons kannst Du gleichzeitig 20 Arbeitskollegen ins Koma hauchen und wenn Du weitermachst, dringt der Alk durch alle Poren, sodass Du riechst wie Moder in einer Kompostkiste am Südhang.
    Aber nee, man rennt ja weiter und denkt, es würde niemand bemerken. Den Job macht man noch, klar. Wie oft musste ich dann ausbügeln, was ich in diesem Zustand abgerissen habe.
    Auto fahren, der Klassiker: Nachts von der Tanke runter, anschnallen, Tempo korrekt, blinken… und dann vergessen, das Licht einzuschalten…
    Was für eine Erleichterung, wenn man nicht mehr dagegen ankämpfen muss. Sich fallen lassen, kapitulieren, sich ausruhen und für sich besser sorgen. Menschen um Dich herum, die das Gleiche mitgemacht haben und Du musst dich nicht mehr verstellen. So viele Dinge, die vorher Dein Leben bestimmt haben – einfach nicht wichtig in diesem Moment, nur noch Genesung.
    Die ersten geraden Schritte und dann – wie ein leiser Windhauch – plötzlich wieder das Interesse am Leben.
    Ich sag ja immer: Wenn ich ganz am Boden war, habe ich mich hinterher jedes Mal gefragt, wie zum Teufel ich dort hingelangen konnte. Doch eines habe ich auch gerafft: Ich kann immer nur mit dem arbeiten, was ist und nicht mit dem, was ich gern hätte.

    Klingt blöd, aber ich denke auch, dass es einen Unterschied macht, ob man (nahezu) ohne eigenes Zutun auf der Intensivstation landet oder sich aus eigenem Antrieb abmacht in die Entzugsklinik.
    Ersteres erscheint mir eher wie ein schwerer Unfall und man muss kapitulieren und sich in die Hilfe pflegender Hände begeben.
    Bei letzterem klammert man sich vielleicht doch an den letzten Rest Menschenwürde, Stolz – natürlich völlig unangebracht – und an die eigenen Ansprüche.
    Den Unterschied sehe ich aber bei den meisten Menschen und bei mir selbst eher darin, dass wir – weil wir sind wie wir nun mal sind – uns bei einer eigenen Einweisung noch unnötig alles so schwer machen, indem wir aus dem Schuld- und Pflichtgefühl versuchen, die letzten, dringend benötigten Kräfte noch dafür einzusetzen, „alles“ zu regeln und für Ordnung zu sorgen und uns damit völlig überfordern, weil wir gar nicht begreifen können, dass es für uns tatsächlich um Leben und Tod geht. Mir kam der Gedanke immer so überflüssig dramatisch vor und doch hätte jeder Absturz der letzte sein können. Ich habe mit meinem Leben gespielt und hatte das doch eigentlich gar nicht vor…

    Ich glaube einfach, dass sich im geschlossenen Bereich genügend Menschen umeinander kümmern. Ich würde deshalb am liebsten jeder Nassnase, die sich hier in den offenen Bereich hereintraut, signalisieren: Du bist nicht allein und wenn Du meinst, Dein Leben wäre nicht zu reparieren, dann komm´ näher und beguck Dir die Chose hier und Du wirst feststellen, dass nichts unmöglich ist, auch wenn es sich in Dir gerade so anfühlen mag, so verzweifelt, kraftlos und ohne Hoffnung.

    Tja, das wäre mir ein echtes Anliegen, aber dazu brauche ich mehr Beständigkeit. Nach vier Monaten mal nachzufragen: Hey, wie geht’s Dir denn grad? ist wohl wenig hilfreich. Ich kann nur versuchen, es besser zu machen als bisher.

    Bin gespannt auf Deine Meinung dazu.
    Ganz liebe Grüße und einen fluffigen Tag
    Katha

    Guten Morgen, lieber Correns

    Ich freue mich irrsinnig über Deinen Besuch
    und Deine Worte.
    Du machst mir Ruhe im Bauch.

    Ich habe mir nicht wirklich eine Auszeit genommen,
    sondern bin im Gegenteil so gerannt, wie ich es
    sonst nur vom Job her kenne.
    Die Prioritäten mussten sich verschieben auf der
    Jagd nach Gesundheit.
    Drei Mal wöchentlich bin ich in der Tagesklinik,
    um kleinere Maleschen auszubügeln, die bislang
    nicht wichtig waren und muss Pillen futtern,
    bei denen ich typischerweise wirklich jede fiese
    Nebenwirkung mitnehme :-).
    Deshalb verzichte ich ganz auf Schmerzpillen,
    was sowieso zu meinen Lieblingsdisziplinen gehört
    wegen meiner Karriere als Suchtbolzen.
    Dazu dann Akkupunktur und KG und massenweise
    Arzt- und KH-Besuche – Mein Hausarzt fragte schon:
    „Sie schon wieder? Gefällt´s Ihnen so gut bei mir?“ :D
    Nebenbei schmeiße ich mich auf den Teppich, um
    mein 4-faches Rückgrat zu stärken und bin immer
    benusselt, weil ich ja selten schlafen kann.
    Tja.. und der nötige Papierkram zwischendurch…
    Aber es soll nicht gejammert klingen, denn es ist
    ja immer wie es ist. Schön wäre es nur, wenn es
    bei all meinen Anstrengungen nicht dabei bleiben müsste.

    Das Allerallerschlimmste an der Sache mit dem Manuskript
    war noch nicht wirklich das, was ich gestern erzählt habe,
    denn meist finde ich eine Lösung.
    Aber wir hatten so ein gutes Verhältnis zueinander,
    ich fühlte mich bei dem Projekt irgendwie sicher und
    geborgen und total wohl bei Gesprächen und Diskussionen
    und dann muss die Knalltüte sich in mich vergucken.
    Mit einem gemäßigten Frontalangriff hat er alles kaputt
    gemacht *hoil*.
    Von da ab war nichts mehr gut oder gemütlich und freuen
    konnte ich mich auch nicht mehr. Stattdessen habe ich
    ihn ständig nur noch auf irgendwelche Zuckungen in meine
    Richtung hin observiert, was bei mir ein versteinertes
    Gesicht zur Folge hatte.
    Ich bin Teilzeitschisser und deshalb doch froh, dass ich
    umgezogen bin. Gut, es ist vorbei.
    Pläne verlieren aber oft nicht an Genialität, nur weil
    Menschen immer reinpfuschen müssen, dies nur
    mal zum Trost ;-).

    Ganz lieben Dank, Correns, für Deine Wünsche.
    Sie sollten locker ausreichen, um durch den Frühling
    zu hopsen.
    Liebe Grüße
    Katha

    Frank *anhops & ganz dolle drücks* :-). So schön, Dich zu treffen :)

    Hallo Hesse,

    Abzug in der B-Note, aber ehrlich bist Du und das ist so verdammt wichtig.
    Sitzt jetzt da und starrst das Bier an und die Spirale dreht sich.
    Wegkippen geht nicht, trinken willst es schon, aber irgendwie doch nicht und Du weißt genau, dass Du noch mehr Stoff besorgen würdest, wenn Du es jetzt trinken würdest.
    Es würde Dir helfen, wenn Deine Frau das Bier wegkippen würde, aber sie sagt – vermutlich nicht zu Unrecht – dass Du es selbst erledigen musst.
    Du hast zumindest realistisch Deine Situation beschrieben in diesem Augenblick.
    Sieht aus, als würdest Du wirklich dringend Hilfe benötigen.

    Dann denke ich an Deinen letzten Post und frage: Willst Du unter diesen Umständen denn den Entzug wirklich sausen lassen?
    Gibt es da nicht vielleicht noch andere Möglichkeiten?
    Mir fällt dazu ein:
    Blöde finanzielle Situation und damit Druck
    Eine Chefin, die sich bemüht – vielleicht auch eine, mit der man reden kann?
    Wenn Du ihr sagen würdest, dass Du für eine absehbare Zeit einen Entzug machen willst, meinst Du nicht, sie könnte während Deiner Abwesenheit auch einen Temporären einstellen?
    Warum nicht umziehen? Hab ich gemacht und es überlebt.
    War alles nur noch halb so wild, nachdem mein Schädel wieder klar war.
    Die Behördengeschichte hab ich nicht so recht verstanden: Rückwirkender Anspruch bedeutet doch in der Regel, dass man das Geld im Nachhinein erstattet bekommt?!
    Aber der Umgang mit Behörden kann einen schon in den Wahnsinn treiben. Das einzige, was da hilft, ist Gelassenheit und Stück für Stück abarbeiten.

    Manchmal hat es mir einfach der Kopf nicht zugelassen, dass mich solche nervigen Dinge oder Menschen zu Boden bringen und dann konnte ich die Finger vom Alk lassen.
    Der Entzug, den ich gemacht habe, war aber unumgänglich. Bin heute noch froh darüber.

    Weiterhin alles Gute.
    Liebe Grüße
    Katha

    Hallo Hesse,

    das Wichtigste immer zuerst: Beim Einkaufen den Alk weglassen zu können, ist nun weniger eine Frage des Hoffens.
    Mir hat es oft geholfen, mich vorher so mit Wasser vollzupumpen, dass in meinem Bauch keine Leere auftreten konnte, dieses unangenehme Gefühl, ausgehöhlt zu sein, als ob da was fehlt.
    Dann habe ich mir einen Zettel gemacht und bin strikt nur die Stationen abgelaufen, wo ich finden konnte, was ich dringend zum Leben benötigte und habe dabei nicht nach rechts oder links geguckt.
    Was mir bei der Zappeligkeit auch immer gut getan hat, war ein Spaziergang danach, der mich beruhigt und müde gemacht hat.
    Klingt vielleicht halbschlau für Dich, aber mir war auf meinem Weg wirklich nichts zu blöd, um es mal auszuprobieren in der Hoffnung, es könnte funktionieren.

    In diesem Sinne: Gib auf Dich Acht, Du schaffst das!
    Liebe Grüße
    Katha

    Hallo Hesse,

    es hat verdammt lange gedauert, bis mir - bei meinen ganzen Grübeleien über meine ganzen Verpflichtungen, meine Verantwortung, meine Wünsche und Ängste, darüber, ob ich mir eine Auszeit überhaupt erlauben kann und wie mein Leben später einmal aussehen wird - dann endlich mal aufgefallen ist, dass ich bereits gar kein Leben mehr hatte und demzufolge alle Grübeleien obsolet waren. Da bin ich angeklappt und habe Schritt für Schritt in der einfachsten Form einfach das gemacht, was täglich notwendig war, um mir mein Leben zurückzuholen.
    Es gab Tage, da hat es gerade für die Nahrungsaufnahme gereicht und für eine Dusche. Und fürs Trinken, Wasser und Tee.
    Ich hatte übelsten Suchtdruck, aber mithilfe von Menschen, der Natur und einem neuen Hobby, was ich fast manisch betrieben habe, nur um mich über den Tag zu retten, habe ich es überstanden.
    Es ist gar nicht so einfach zu begreifen, dass es im wahrsten Sinne um Leben und Tod geht und dass man getrost alles andere erst einmal nach hinten stellen kann, weil es sonst nichts mehr geben wird, worüber man hirnen muss.
    Früher habe ich geglaubt, ich müsste jeden Lebenspartner und jeden Angehörigen „retten“ oder zumindest bis zur Selbstaufgabe unterstützen. Dabei wäre ich zwei Mal fast draufgegangen.
    Heute weiß ich für mich, dass ich zu nah dran bin und damit zu betroffen und auch nicht professionell genug, um dort die nötige Hilfestellung geben zu können. Heute würde ich dabei unterstützen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Ich hoffe, Du bleibst dran. Die Anderen haben recht: Es lohnt sich!
    Manchmal denke ich auch: Wie doof ist das denn? Da lässt man die Hosen herunter, kann kaum das Besteck halten und macht sich einen Mordskopf und hat einfach Angst und dann wird im eigenen Thread technischer Schnickschnack besprochen, indem man sich über das Für und Wider von Therapien kloppt, wobei dann wieder wunderbar Mist-Verständnisse entstehen können, die kein Mensch braucht. Du hast geschrieben, dass Du für dich eine Therapie für sinnvoll erachtest, dann nimm es in Angriff.
    Ich würde so gern erleben, wie Du hier berichten kannst, wieviel besser es Dir körperlich geht und wieviel Freude und Energie Du zurückbekommst und dass es tolle Sachen mit Deinem Kopf macht, weil da wieder Zuversicht und Hoffnung ist und deshalb auch kein Platz mehr für Niedergeschlagenheit. Nur noch das Wissen, dass man auch schwierige und traurige Situationen und Zustände in den Griff bekommen kann oder eben auch aushalten, wenn es denn sein muss.

    Alles Gute, Hesse, und das Vertrauen, den Weg weiterzugehen.
    Liebe Grüße
    Katha

    PS: Für mich wurde manchmal ein einziger Mensch wichtiger als mein Leben, weil ich plötzlich mehr Angst hatte vor der Einsamkeit als vor allem anderen. Es war die Unsicherheit, als ich so verwaggelt war. Muss ja auch nicht sein ;)