Beiträge von Lydia Speck

    Guten morgen zusammen!
    So, mein Horror-Kater-Samstag ist jetzt genau eine Woche her, ich bin sehr glücklich, dass ich heute mit klarem Kopf aufwachen durfte.

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    Im Nachhinein habe ich oft erlebt, dass man über mich gesprochen hat, weil ich jeden Tag gesoffen habe, aber gesagt hat es mir niemand


    Ja, Martin, damit magst Du Recht haben. Meine regelmäßigen "dealer" werden sich (trotz ausgeklügelter Einkaufs-Verteil-Strategie) ihren Teil gedacht haben. Aber niemandem sind die Gesichtszüge entglitten.
    Irgenwie habe ich die Vorstellung, dass Leute, denen ich meinen früheren Alkoholkonsum eröffne, vor Schreck oder Erstaunen umfallen werden und mich anschließend abrundtief verachten. Dass das im Prinzip Quatsch ist, wird mir bei näherer Betrachtung auch klar. Zumal ich völlig andere Erfahrungen mache: Habe in dieser Woche noch mit meiner Freundin gesprochen. Die trinkt praktisch nie Alkohol (Vater Alkoholiker, vermutlich deshalb früh verstorben) und fand meine Idee, nicht mehr zu trinken hervorragend. Dass ich viel getrunken habe, wußte sie ohnehin. Für sie war das eher ein Anlass für Respekt. Denke ich. Weiss ich.
    Die Erfahrungen mit meinem Mann sind ebenso gut. Ich habe ihn gefragt, ob er es traurig oder schade findet, dass er nicht mehr zu Hause trinken kann oder wir gemeinsam nichts mehr trinken. Er: "Nein das finde ich nicht. Das letzte Mal, als ich dich mit Alkohol gesehen habe, bist Du ins Regal gefallen. (er meint den vergangenen Fr! Oh Gott!) Das brauche ich nicht nochmal!"


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    süchtigen Anteil nicht zu tabuisieren

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    Vielleicht kannst du damit was anfangen.


    Ja, kann ich Thalia. Vielleicht ist das meine größte Aufgabe für die nächsten Wochen.
    Ich werde mal vorsichtig anfangen und mir die Kontaktdaten der hiesigen Suchtberatung besorgen und die Homepage lesen. Still und heimlich. Vorerst.

    So, ich wünsche jetzt ein allgemein erfreuliches Wochenende!!
    Lydia

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    deine Identität hat dich doch auch nicht daran gehindert Alkohol zu kaufen,

    oder hattest du da eine Tüte übern Kopf

    Nein Martin, eine Tüte brauchte ich nie. Alle haben relativ gelassen reagiert, wenn ich was gekauft habe. Die meisten fanden es, glaube ich, normal. Ein Einkaufswagen mit Milch, Gemüse und Yoghurt, in dem noch drei Flaschen Wein stecken: normal. Der Weinladen zu dem ich nach Feierabend noch gegangen bin: hat mich nett beraten, fand mich, glaub ich, normal. Die Tankstelle bei der ich Wein und Chips und Zigaretten gekauft habe, hat sich ebenfalls nichts anmerken lassen.
    Ich glaube, dass es in dieser Gesellschaft normaler ist, dauernd Wein zu kaufen als zuzugeben, dass man ein Problem mit Alkohol hat.

    Lydia

    Hallo zusammen!

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    Hast du schon. Darüber nachgedacht, was letzte Woche dazu führte, dass du wieder trinken wolltest?

    Ja, Thalia, das habe ich. Ich habe nach meinem Absturz letzten Freitag sehr viel nachgedacht.
    Im Nachhinein denke ich, dass mir die ganze Zeit klar war, dass ich am Fr. trinken würde. Es war ein Anlass, also ein Ereignis, das aus verschiedenen Gründen wichtig für mich war. Mir war vorher klar, dass ich auf jeden Fall dahin gehen würde.
    Martin hat gefragt, warum ich überhaupt hingegangen bin: Weil es mir wichtig war. Und: eigentlich wußte ich, dass ich nicht nüchtern bleibe. Und: es hat mir gezeigt, dass ich es WIRKLICH nicht kann. Ich kann nicht moderat trinken. Es war, als müsste ich mir selbst zeigen: Lydia, vielleicht würdest Du Dir ganz nüchtern auf einer Feier blöd vorkommen. Aber: stockbetrunken auf einer Feier ist schlimmer! Geht gar nicht. Es ist unwürdig, peinlich und dumm. Es gibt keine Alternative.
    Ich kann das nicht besser erklären, warum ich das erleben wollte oder das gemacht habe. Tatsache ist: Seit dem Freitag bin ich mir noch sicherer was ich will (oder besser: nicht will). Ich habe an meinem verkaterten Samstag immer gedacht: "Merk Dir gut, was Du durchmachst! Merk Dir die Übelkeit, die Schuldgefühle, die Scham! Erleb das ruhig bewusst, was Du mit Dir gemacht hast!"
    Seit So geht es mir sehr gut, und: mein Suchtdruck abends ist weg. Ich will keinen Alkohol, ich will Saft, Schwimmen gehen, lesen, whatever.
    Ich habe mich gefreut, mit meinem Mann zu sprechen, ich hatte Lust darauf, mit ihm zu besprechen, wie wir eine alkoholfreie Partnerschaft führen können.
    Und ich hatte Euch im Rücken! Ich hätte das vorher nicht für möglich gehalten, aber Eure Namen, Eure Kommentare und Anregungen formen sich bei mir zu Charakteren, von denen ich mir vorstelle, was der eine oder andere zu verschiedenen Ideen von mir sagen/denken würde.
    Ich habe oft an Euch gedacht oder in Gedanken formuliert, was ich Euch gerne schreiben würde wenn ich endlich wieder ins Netz kann.

    Zu den Grundbausteinen: Ihr habt mehrfach gefragt: Ja, ich habe sie gelesen! Mehrfach, immer wieder!
    Ich versuche, sie auf meine Situation zu münzen. Ich möchte keine Entgiftung machen. Oder meint ihr, ich soll jetzt (nach einer Woche Nüchternheit) noch entgiften?
    Suchtberatung, ja, aber ich scheue mich. Unter anderem deshalb, weil ich aus verschiedenen Gründen auf keinen Fall meine Identität preisgeben möchte. Kann man bei der Suchtberatung anonym bleiben?
    Langzeittherapie, ähm, najaaaaa, nicht soo gerne..., viele Gründe die dagegen sprechen: Arbeit, Familie, Anonymität... Ich will nicht!!!!!!
    Offenheit: ja unbedingt, aber ich brauche Zeit. Nicht sofort allen!!
    AA-Gruppe o.ä: Ja unbedingt, ich merke an Euch, wie wichtig der Austausch und die Erfahrung Erfahrener ist. Ich merke wie wichtig kritische Anmerkungen sind, die mich aus meinen gewohnten Gedankenmustern herausreissen.

    Ich kann aber nicht alles sofort. Was mir viel hilft: Lesen! Ich lese alle einschlägigen Werke zum Thema Alkohol, die mir in die Finger kommen. Ich erfahre unterschiedliche Positionen zu dem Thema und tauche in Erfahrungsberichte. Das stärkt meine Motivation ungemein. Was ich nicht lese: Den (in meinen Augen) Schrott zum Thema "kontrolliertes Trinken". Kommt für mich nicht in Frage, will ich nicht.

    So, jetzt gehe ich mal zu meinem Tagwerk über.
    Es grüsst:
    Lydia

    Hallo zusammen!
    Ich war einige Tage weg und hatte (anders als erwartet) keinen Netzzugang- hätte ich das vorher gewusst, hätte ich hier vorher kurz Bescheid gesagt, dass ich mich erst mal nicht melde.

    Vielen Dank für Euer Feedback, Eure Vorschläge, Eure Kritik und vor allem für Eure Anteilnahme!! Das hat mir viel bedeutet und das Gefühl gegeben, mit meinem Kram nicht allein zu sein, sondern in einer (wenn auch virtuellen) Gemeinschaft angekommen zu sein.

    Mir geht es sehr gut (zu gut?), bin seit meinem Rückfall wieder trocken (jetzt wieder fast eine Woche) und habe:
    mit meinem Mann gesprochen!!!!
    Er war (eigentlich wie erwartet) verständnisvoll, schockiert, gleichzeitig erleichtert (?). Unsere Pläne: Bier zu Hause (es waren immer 3-4 Flaschen im Kühlschrank) kommt weg, Schnaps haben wir eh keinen mehr, Wein habe ich nie auf Vorrat gekauft. Wir haben gemeinsam beratschlagt wie wir verschiedene Freizeitaktivitäten/Urlaube etc. mit Freunden zukünftig gestalten.

    Okay, der ist auf meiner Seite, fühlt sich gut an. Meine Offenheit anderen gegenüber bedenke ich noch.

    Meine Stimmung ist derzeit sehr gut (ich habe mal was von einer "pink cloud" = 1. Zeit der Abstinenz gelesen, die dann irgendwann platzt...) So fühle ich micht gerade.

    Ich muss jetzt wieder aufhören zu schreiben, habe noch einiges bzgl. Arbeit zu tun, wollte Euch aber kurz mitteilen, dass ich noch da bin und sehr dankbar dafür bin, dass Ihr da seid!

    Melde mich morgen ausführlicher!!

    Lydia

    Guten Morgen zusammen!

    Tja, was soll ich sagen?
    Ich war am Fr abend auf einer Feier.

    Muss ich noch weiter schreiben?

    Also ich habe mit einem Bier angefangen. Weil, Bier mag ich nicht gerne und da nuckel ich schon mal sehr lange dran. Vielleicht die Hoffnung, dass ich mit dem Bier über den Abend komme. Es ging dann aber weiter mit Wein, mit Wein und mit Wein. Anfangs habe ich gesagt: "Nur halbvoll bitte!". Später: Nix mehr gesagt sondern selber schwungvoll nachgegossen.
    Ich war sturzbetrunken.
    Gestern morgen aufgewacht. Unglaublicher Kater. Unglaublich. Konnte nicht aufstehen, nur im Bett rumgewälzt, besser wurde es tatsächlich erst gegen 17 Uhr nachmittag. So einen derartigen Kater hatte selbst ich selten.
    Verdammt!!!!
    Abends nichts getrunken. Ich trinke doch nicht mehr!! Ich kann sowas von überhaupt nicht mit Alkokol umgehen, wirklich gar nicht!
    Ich schäme mich. Mein Gott, ich konnte kaum noch gerade laufen! Hoffentlich vergessen die anderen das schnell.
    Ich hätte nicht hingehen sollen. Mir fällt sowas schwer, nüchtern in einer Horde von feierfreudigen Leuten, die ich zum Großteil nicht kenne. Ich weiß, dass das für mich schwer ist. Ich hätte es lassen sollen.

    Jetzt geht es mir wieder gut. Ich bin komischerweise wieder zuversichtlich bzgl. meiner weiteren Abstinenz. Ich will nicht mehr trinken!!!! Der Abend vorgestern war ein Paradebeispiel: Es gibt keine Alternative zum kompletten Alkoholverzicht.

    Übrigens, an Euch: Ich habe tatsächlich überlegt, ob ich meinen Rückfall hier dezent übergehe, einfach nicht darüber schreibe.
    Habe mich dagegen entschieden. Ich wollte doch ehrlich sein.
    Jetzt ducke ich mich ein wenig zusammen. Ich erwarte keine Komplimente von Euch....

    Hallo liebe Alle,

    ich sitze hier bei meinem Kaffee und feiere still ein Woche Trockenheit und eine Woche morgendliches Aufwachen ohne Kater und ohne Schuldgefühle, Verzweiflung und Selbsthass, sehr gut!
    Die Anwesenheit meiner Eltern (sie sind derzeit für eine Woche zu Besuch) hat sich als sehr positiv erwiesen. Sie nerven mich häufig, weil sie dauernd um mich rum schlarwenzeln und reden und fragen etc., aber es gibt 2 Vorteile:
    1. die soziale Kontrolle: nachdem ich angekündigt hatte, keinen Alkohol zu trinken, kann ich es jetzt auch wirklich nicht tun; ich habe ja keine Minute Ruhe.
    2. meine Mutter hat einen Putzfimmel, was mich immer bis zur Verzweiflung genervt hat. Da sie auch hier bei mir die ganze Zeit aufräumt und wischt, sieht meine Wohnung aus wie geleckt. Ich weiß vor lauter nicht-Trinken abends auch nichts besseres zu tun, als ebenfalls die ganze Zeit rumzuräumen. Die Wohnung ist klar und ordentlich und aufgeräumt wie nie und das tut mir sehr gut. Es ist so ein klares Gefühl; ich würde das gerne beibehalten.

    Dazu kommt natürlich sowieso, dass sie sich um die Kinder kümmern, und das ist hilfreich und nimmt mir eine Menge Stress und Arbeit ab. Also insgesamt: Die Tage jetzt waren anstrengend, taten mir aber gut. Ich fühle mich irgendwie clean.

    @ slowly

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    dieses Gefühl, das sich so gegen 15 oder 16 Uhr bei mir einschleicht ( manchmal ), nennen wir es Lebensüberdruß, das kenne ich auch jetzt noch.

    Dagegen anzutrinken käme mir aber nicht in den Sinn.

    Dieser Gedanke hat mir sehr gefallen! Einfach negative Gefühle wahrzunehmen und anzuerkennen, von mir aus akzeptieren und damit umgehen ohne "dagegen anzutrinken". Bei mir gibt es so viele Verknüpfungen zwischen negativen Ereignissen und "ich brauche Alkohol". Irgendwann schien es dann selbstverständlich, dagegen anzutrinken. Was denn sonst? Ja, daran muss ich jetzt wohl arbeiten, was sonst noch möglich ist.


    @Sunshine

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    Ich habe mich nach dem Suff für ein ehrliches Leben entschieden.

    Liebe sunshine, vielen Dank für diesen Satz. Ich denke, während all der Jahre war mein Leben zunehmend getränkt von Lügen. Das Lügen wurde immer mehr selbstverständlich, sonst hätte ich das Trinken nicht fortführen können. Ich merke durch Eure Kommentare, Erfahrungen und Ideen zunehmend, dass ich mein ganzes Leben aufräumen und alte Fehler austrocknen und ausmisten kann. Merke aber auch, wie sehr ich noch am Anfang stehe!

    Laufwunder, Du hast Dich für eine "Mischkalkulation" entschieden, stimmts?

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    Ich mache es so, gegenüber meinen Eltern, gegenüber der Familie meiner Frau. Nur nicht gegenüber meiner Frau und meinen engsten Freunden und Freundinnen. Und nicht mir gegenüber.

    [/quote]

    Also vielen Dank für Eure Meinungen und Euer Feedback, mir hilft das ungemein, Eure Gedanken zu lesen und auch Euere konträren Meinungen oder Einstellungen zu den Dingen zu hören!

    Eure: Lydia

    Hallo Alle!
    So! Wieder ein wunderschöner Morgen! Einer der besten, die es gibt. Einer, an dem ich aufwache und weiß: Ich habe gestern nicht getrunken! Mein Kopf ist klar, ich fühle mich frisch und bereit für den Tag. Meine Haut ist rosig und ich weiß, die nächsten Stunden wird es mir gut gehen, weil ich mich gut konzentrieren kann, ein gutes Gewissen habe und finde, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Ich weiß auch, dass ich die nächsten Stunden praktisch nicht an Alkohol denken werde und kein Problem mit Trinken oder nicht Trinken haben werde.
    Ich weiß aber auch jetzt schon, dass sich das ab ca 16 Uhr ändert. Je nachdem, was ich zu tun habe, blitzt ab 16 Uhr so langssam eine Vorfreude auf, ein noch kleines Verlangen, eine Gier. Dann weiß ich, dass es wieder so weit ist. Es ist meine show time und mein kleiner privater Kampf geht los. Immer wieder hat sich in den letzten Tagen ab Nachmittag ein putziges kleines Verlangen gemeldet, ausgelöst von Momenten der Müdigkeit, der Langeweile, des Ärgers, der Anstrengung. Getriggert von Leuten in Bars oder Cafes an denen ich vorbeikomme und die vor sich Sekt- oder Rosegläser stehen haben und die entspannt und scheinbar sorgenfrei vor sich hinschlürfen und sich dabei unterhalten. Dann fällt mir wieder ein: Das will ich nicht mehr, das darf ich nicht mehr, bei mir ist es anders, ich bin süchtig. Ich würde aber auch gerne so entspannt da sitzen. Was bitte, mache ich mit meiner Erschöpfung vom Tag? Was mache ich mit den kleinen oder größeren Ärgernissen die sich über den Tag angehäuft haben? Ich habe mir auch eine Belohnung verdient!
    Es wird dann anstrengend, ich denke über eiskalten Gemüsesaft nach, über Tee, über ein Bad, über einen Spaziergang. Sicher, geht alles. Aber es ist ein Kampf und ein mühevoller Verzicht. Wo soll ich hin mit meiner schlechten Laune, mit meiner Genervtheit?
    Ganz ehrlich? Die Abende sind furchtbar! Es ist ein Aushalten und dran bleiben. Kein Leben. Am besten funktioniert: Wegbeamen, fernsehen, lesen. Alles andere ist zu anstrengend. Nähen? Undenkbar, es fehlt die Geduld. Schränke aufräumen? Auf keinen Fall, keine Lust und kein Nerv. Am besten schlafen gehen. Den Abend beenden, damit er weg ist. Nur nicht zu früh, sonst schlaf ich schlecht.
    Scheiß abende!!!

    Wann bitte, hört das auf?????

    Lydia

    Hallo Alle,
    so, der erste Abend mit meinen Eltern ist geschafft. Ich hatte vorher telefonisch darum gebeten, mir keinen Alkohol mitzubringen, "weil ich jetzt nichts mehr trinke". Meine Mutter: "Warum?" Ich: "Weil ich zuviel getrunken habe". Meine Mutter: "Schade, wir haben so schöne Weine" (Das hat sie echt gesagt) und dann: "willst Du nicht lieber nicht rauchen?"
    Also, das entbehrt ja nun wirklich nicht einer gewissen Komik!!
    Meine Eltern kamen also ohne ihr übliches Mitbringsel und wir haben Cola getrunken und ich habe lustige Tomatensaftcocktails hergerichtet (natürlich ohne Alkohol).
    Interessant für mich: Ich kann meine Eltern durchaus ohne Alkohol ertragen. Sie nerven mich oft und regen mich mit bestimmten Äußerungen furchtbar auf, aber es ist ohne Alkohol nicht anstrengender als mit. Sehr schöne neue Erfahrung.
    Meine Eltern können mit Alkohol umgehen (sagt man das so?). Sie trinken mal ganz gerne, können es aber ebenso gut lassen. Abends Cola oder Wasser zu trinken ist für sie normal. Halt ein bißchen schade, wenn man auf Besuch ist und doch so schöne Weine hätte. Dass meine Mutter meinen neuen Alkoholverzicht "schade" findet, wundert mich. Ich hätte erwartet, dass sie sowas sagt wie: "Ja, mir ist auch aufgefallen, dass Du ganz schön viel trinkst" oder so. Zumal ich oft abends mit ihr telefoniert habe und dabei immer betrunkener wurde und selber gemerkt habe, wie meine Zunge immer schwerer wurde. Hat sie wirklich nichts gemerkt? Ist sie blind?

    Also mir ist schon bewusst, dass ich weiter aktiv verheimliche. Ich bin weder zu meiner Ärztin, noch zu meinen Eltern oder sonstwem richtig ehrlich. Im Moment klappt mein Alkoholverzicht (5. Tag heute!) aber ich nehme Eure Hinweise schon ernst, reinen Tisch zu machen und es nicht bei halben Wahrheiten zu belassen.

    Martin:

    Zitat

    Selbst wenn es niemandem auffiel, ich würde klar Schiff machen, aus reinem Üerlebenstrieb.

    Mir wäre die Gefahr zu groß dass ich irgendwann nachgebe wenn mir dauernd Alkohol angeboten wird.

    Das ist durchaus möglich wenn keiner weiss weshalb du nicht mehr trinkst.

    Ich bin aber noch nicht so weit. Noch nicht ganz.
    Für mich ist es bereits ein riesengroßer Schritt, nicht bei jeder Gelegenheit meinen eigenen Konsum zu bagatellisieren. Ich schaffe es im Moment nicht, das meiner Umwelt gegenüber zuzugeben, aber ich verliere es nicht aus den Augen.

    Ich bin Euch sehr dankbar für Eure Kommentare und Antworten. Auch wenn ich Eure Empfehlungen nicht sofort umsetze, heisst das nicht, dass sie bei mir nicht ankommen oder ich sie nicht ernst nehme. Ich habe das Gefühl, es arbeitet sehr in mir.

    Danke, dass es dieses Forum gibt!

    Lydia

    Hallo Garcia,
    Du schriebst:

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    wenn du mit offenen Karten spielst, eine gewaltige Belastung los bist, nämlich die ein Doppelleben zu führen

    Das Wort "Doppelleben" wäre mir in meinem Zusammenhang nie eingefallen. Furchtbares Wort! Es treibt mir die Tränen in die Augen, aber es ist treffend. Und stimmt- leider.
    Ich will das nicht! !!!!!!

    Lydia

    Ja, Thalia und Slowly, Ihr habt Recht.
    Ich habe nur so große Probleme mit dem Begriff "Alkoholikerin" oder "trocken sein". Vor mir selbst nicht so sehr, aber vor anderen. Und zwar vor allen, vor meinem Mann, Eltern oder Freunden.
    Ich kenne mittlerweile einige Leute nicht nicht trinken. Ich kenne bei denen keine genaueren Hintergründe aber was offen kommuniziert wird ist so was wie: "Nö, ich brauch keinen Alkohol, bekommt mir nicht und steht diesen oder jenen sportlichen Abmitionen im Weg" Oder: "Ich bin einfach fitter ohne Alkohol". Oder ganz schlicht: "Alkohol finde ich unnötig und doof". Das ist ungefähr die selbe Linie, wie die ganzen Neu-Veganer oder Vegetarier. Dinge (also je nachdem Alkohol oder tierische Produkte oder Fleisch) weglassen, die in irgendeiner Weise nicht gut sind.
    Diese Nicht-Trinker konsumieren keinen Alkohol, aber scheinen dabei sehr heiter und einfach gesundheitsbewusst (oder trendbewusst).
    Vielleicht findet ihr mich feige oder empfindet das als Rausschleichen oder mangelndes Eingeständnis der eigenen Krankheit, aber ich würde mich gerne so in diese Ecke der "wellnessorientierten Wohlfühlnichttrinker" stellen.
    Versteht ihr was ich meine?
    Und DAS könnte ich dann problemlos in meinem Umfeld kommunizieren (und ich glaube, jeder würde mir anerkennend zunicken und es dabei belassen).
    Was denkt ihr? Fehlt mir der nötige Ernst oder Respekt vor der Erkrankung?
    Findet ihr mein Wellnessgequatsche albern?
    Lydia

    Danke Slowly und Thalia,

    vom Gefühl her habt ihr Recht, die Sache ist klar: Ich brauche jetzt erst mal meine Ruhe, lasst mich, kommt nicht zu Besuch, ich habe mit mir selbst zu tun.

    AAAAber: Ich bin ja nicht allein auf der Welt. Mein Mann wird die komplette kommende Woche nicht da sein und meine Eltern (Oma und Opa) kommen, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten, weil ich arbeiten will/muss. Ich kann sie nicht einfach ausladen, denn dann müsste ich mir frei nehmen/früher gehen, hätte die Kinder die ganze Woche allein und das würde mir komplett den letzten Nerv rauben. Also meine Eltern kommen zur Unterstützung, nicht zum Spass. Ich halte es eher für unrealistisch, ihnen jetzt abzusagen.
    Ich werde eher versuchen, soviel wie möglich außer Haus zu sein, nach der Arbeit zum Sport, ins Nagelstudio, whatever. Den Luxus einer Dauerkinderbetreuung habe ich ja sonst nicht.

    Ich bin so froh, dass ich hier schreiben darf und dass Ihr mir antwortet. So offen habe ich seit Jahren mit niemandem gesprochen. Danke!

    Hallo Step, danke für Deine Antwort und dass Du mir Mut machst. Den brauche ich. Gestern war mein 2. trockener Abend.

    Du schreibst:

    Zitat

    Doch DASS Du diese Dinge anderen mitteilst ist meiner Meinung nach unumgänglich auf dem Weg in ein zufriedenes, trockenes Leben.

    Ehrlich gesagt: Ich hatte eher geplant, mich unauffällig herauszuschleichen. Am Sonntag kommen meine Eltern für einige Tage zu Besuch. Die kennen mich nur als äußerst trinkfreudig. Wenn die da waren habe ich weit mehr als nur eine halbe Flasche Wein getrunken, häufig noch Schnaps und zwar solange bis wirklich nichts mehr ging. Immer, wenn die da waren. Denen z.B. wollte ich mitteilen, dass ich seit neuestem Alkohol "nicht mehr vertrage" o.ä.
    Irgendwas muss ich sagen, dass ist klar, die werden sich sehr wundern wenn ich nichts trinke, zumal die mir garantiert einen bestimmten Schnaps als Geschenk mitbringen, das tun sie immer.
    Aber muss es direkt eine komplette Alkoholbeichte sein?

    Also wenn ich so darüber nachdenke: Ja, vermutlich muss es das sein. Mir fällt nämlich gerade ein: Womit bewirte ich meine Eltern (die trinken im Alltag in der Woche nicht, aber am Wochenende und bei "Anlässen" und ein Anlass ist garantiert der Besuch bei mir)? Was mache ich mit dem vermutlich mitgebrachten Schnaps?
    Aber nein, ich will ihnen das nicht sagen, ich will diese tragische, betreten rührselige Stimmung nicht, wenn ich eine Beichte ablege. Ich will nicht als schwach oder krank da stehen. Sie sind stolz auf mich und auf das was ich erreicht habe (das ist ja auch ihr Werk ':roll:')

    Ach man, am liebsten würde ich den Besuch verschieben, mir ist das gerade zuviel, ich hätte am liebsten erst mal meine Ruhe und käme mit mir selbst zurecht.

    Dieses trocken werden ist nicht so ganz unkompliziert!

    Danke Atze!
    Ich war heute morgen bei meiner Ärztin. Sie fand aber mein Anliegen nicht so bahnbrechend wie ich sondern hat eher gelangweilt gesagt, ja wenn ich wolle, könne ich ja aufhören zu trinken. Dann hat sie mir Selbsthilfegruppen empfohlen und zum Schluss Blut abgenommen.
    Ich hatte den Eindruck, sie nimmt mich nicht ernst. Ich sehe relativ gesund aus und vielleicht fand sie eine halbe Fl Wein nicht so spektakulär. Ich finde meine Situation aber durchaus spektakulär, naja, eher traurig.
    Mein Mann guckte ebenfalls eher irritiert, als ich ihm eröffnete, dass ich nicht mehr trinken darf/kann/will. Sollte ich ihm mal mitteilen, wo ich immer die leeren Flaschen versteckt hatte? Soll ich ihm im Nachhinein mal eröffnen, dass ich auf dem Meditationswochenende Vodka im Gepäck hatte und den abends heimlich getrunken habe? Dass ich von Treffen mit Freunden (bei denen Wein getrunken wurde) früher nach Hause gegangen bin, um mich endlich richtig abschießen zu dürfen? Das sind Dinge, die ich noch nie jemandem erzählt habe, ich weiss nicht ob er die hören will und ob ich will, dass er sie über mich weiß.

    Hallo liebe alle,
    ich bin neu und würde mich gerne vorstellen: Lydia, 40, seit 20 Jahren regelmäßige Alkoholkonsumentin. Seit 10 Jahren unglücklich mit dem Konsum, immer mehr heimlich, immer absurdere Strategien um "unauffällig" an Alkohol zu kommen. Seit drei Jahren verzweifelt, weil ich gemerkt habe: ES ist so stark und hat mich unter Kontrolle. Angst, mich zu ruinieren, Angst davor, es eh nicht zu schaffen aufzuhören. Ich habe jahrelang 1/2 Fl Rotwein abends getrunken, zuletzt war es erheblich mehr. Der Alkohol ist wichtiger als alles andere geworden. Ich mußte alles andere drum herum konstruieren. Damit soll Schluss sein!
    Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Ich will mein Leben zurück!!!!

    Ich bin froh, dass ich Euch das schreiben darf!
    Lydia