• Hallo liebe alle,
    ich bin neu und würde mich gerne vorstellen: Lydia, 40, seit 20 Jahren regelmäßige Alkoholkonsumentin. Seit 10 Jahren unglücklich mit dem Konsum, immer mehr heimlich, immer absurdere Strategien um "unauffällig" an Alkohol zu kommen. Seit drei Jahren verzweifelt, weil ich gemerkt habe: ES ist so stark und hat mich unter Kontrolle. Angst, mich zu ruinieren, Angst davor, es eh nicht zu schaffen aufzuhören. Ich habe jahrelang 1/2 Fl Rotwein abends getrunken, zuletzt war es erheblich mehr. Der Alkohol ist wichtiger als alles andere geworden. Ich mußte alles andere drum herum konstruieren. Damit soll Schluss sein!
    Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Ich will mein Leben zurück!!!!

    Ich bin froh, dass ich Euch das schreiben darf!
    Lydia

  • Hi,erstmal willkommen hier.Den ersten und wichstigsten Schritt hast du getan.Sich selbst einzugestehen das der eigene Alkoholkonsum nicht mehr beherrschbar ist und damit durch die Sucht fremdbestimmt ist.Das ist der erste und wichstigste Schritt.Wie soll es weitergehen:Für mich war der beste Weg:1.Hausarzt,Entgiftung,Suchtberatung und dann eine Gruppe.So könnte auch dein Leben weitergehen.Dabei war ich nicht vor Rückfällen sicher,aber ich konnte Strategien dagegen entwickeln.
    Ich wünsche Dir alles gute und such mal hier die Grundbausteine,ist ein wichtiger Schritt in die Abstinenz.
    Atze

  • Danke Atze!
    Ich war heute morgen bei meiner Ärztin. Sie fand aber mein Anliegen nicht so bahnbrechend wie ich sondern hat eher gelangweilt gesagt, ja wenn ich wolle, könne ich ja aufhören zu trinken. Dann hat sie mir Selbsthilfegruppen empfohlen und zum Schluss Blut abgenommen.
    Ich hatte den Eindruck, sie nimmt mich nicht ernst. Ich sehe relativ gesund aus und vielleicht fand sie eine halbe Fl Wein nicht so spektakulär. Ich finde meine Situation aber durchaus spektakulär, naja, eher traurig.
    Mein Mann guckte ebenfalls eher irritiert, als ich ihm eröffnete, dass ich nicht mehr trinken darf/kann/will. Sollte ich ihm mal mitteilen, wo ich immer die leeren Flaschen versteckt hatte? Soll ich ihm im Nachhinein mal eröffnen, dass ich auf dem Meditationswochenende Vodka im Gepäck hatte und den abends heimlich getrunken habe? Dass ich von Treffen mit Freunden (bei denen Wein getrunken wurde) früher nach Hause gegangen bin, um mich endlich richtig abschießen zu dürfen? Das sind Dinge, die ich noch nie jemandem erzählt habe, ich weiss nicht ob er die hören will und ob ich will, dass er sie über mich weiß.

  • Hi Lydia,
    erst einmal möchte ich meinen Respekt für Deinen Schritt ausdrücken und Dich hier im Forum herzlich begrüßen.

    Zitat von Lydia Speck

    Sollte ich ihm mal mitteilen, wo ich immer die leeren Flaschen versteckt hatte? Soll ich ihm im Nachhinein mal eröffnen, dass ich auf dem Meditationswochenende Vodka im Gepäck hatte und den abends heimlich getrunken habe? Dass ich von Treffen mit Freunden (bei denen Wein getrunken wurde) früher nach Hause gegangen bin, um mich endlich richtig abschießen zu dürfen? Das sind Dinge, die ich noch nie jemandem erzählt habe.

    Mein erster Impuls war: Klar sollst du das erzählen! Es ist sogar wichtig!

    Sich selber diese Dinge einzugestehen ist ein wichtiger Schritt. Wann Du sie anderen, d.h. in der Regel zuerst Deinen Liebsten, eingestehen magst, das hängt von Dir ab. Doch DASS Du diese Dinge anderen mitteilst ist meiner Meinung nach unumgänglich auf dem Weg in ein zufriedenes, trockenes Leben.

    Zitat von Lydia Speck

    ich weiss nicht ob er die hören will und ob ich will, dass er sie über mich weiß.


    Ob er es hören will, kann nur er entscheiden, lass ihm die Wahl. Frag ihn doch, ob er mehr erfahren möchte.

    Soweit von mir, ich wünsche Dir einen trockenen Abend.
    Gruß
    step

  • Hallo Step, danke für Deine Antwort und dass Du mir Mut machst. Den brauche ich. Gestern war mein 2. trockener Abend.

    Du schreibst:

    Zitat

    Doch DASS Du diese Dinge anderen mitteilst ist meiner Meinung nach unumgänglich auf dem Weg in ein zufriedenes, trockenes Leben.

    Ehrlich gesagt: Ich hatte eher geplant, mich unauffällig herauszuschleichen. Am Sonntag kommen meine Eltern für einige Tage zu Besuch. Die kennen mich nur als äußerst trinkfreudig. Wenn die da waren habe ich weit mehr als nur eine halbe Flasche Wein getrunken, häufig noch Schnaps und zwar solange bis wirklich nichts mehr ging. Immer, wenn die da waren. Denen z.B. wollte ich mitteilen, dass ich seit neuestem Alkohol "nicht mehr vertrage" o.ä.
    Irgendwas muss ich sagen, dass ist klar, die werden sich sehr wundern wenn ich nichts trinke, zumal die mir garantiert einen bestimmten Schnaps als Geschenk mitbringen, das tun sie immer.
    Aber muss es direkt eine komplette Alkoholbeichte sein?

    Also wenn ich so darüber nachdenke: Ja, vermutlich muss es das sein. Mir fällt nämlich gerade ein: Womit bewirte ich meine Eltern (die trinken im Alltag in der Woche nicht, aber am Wochenende und bei "Anlässen" und ein Anlass ist garantiert der Besuch bei mir)? Was mache ich mit dem vermutlich mitgebrachten Schnaps?
    Aber nein, ich will ihnen das nicht sagen, ich will diese tragische, betreten rührselige Stimmung nicht, wenn ich eine Beichte ablege. Ich will nicht als schwach oder krank da stehen. Sie sind stolz auf mich und auf das was ich erreicht habe (das ist ja auch ihr Werk ':roll:')

    Ach man, am liebsten würde ich den Besuch verschieben, mir ist das gerade zuviel, ich hätte am liebsten erst mal meine Ruhe und käme mit mir selbst zurecht.

    Dieses trocken werden ist nicht so ganz unkompliziert!

  • Hallo Lydia,

    auch hier noch einmal ein herzliches Willkommen im Forum und Glückwunsch zu deinem Entschluss, trocken leben zu wollen.

    Ich hatte in meinem Leben als gerade noch so "funktionierende" Alkoholikerin mit ähnlichen Hemmungen zu kämpfen wie du jetzt. Ich wollte aufhören, wollte aber um keinen Preis, dass jemand erfährt, dass es da überhaupt ein Problem gibt. Zumindest nicht, wie groß das Problem ist. Lügen, auch mir selbst gegenüber, war Teil meines Alltags geworden, und ich glaubte, ich bräuchte diese Lügen, um mich selber ertragen zu können, und damit die anderen mich nicht "verachteten".

    Tatsächlich dauert der Kampf um Ehrlichkeit bei mir immer noch an. Was ich aber eindeutig festgestellt habe: das Rausschleichen aus der Sucht hat bei mir nicht funktioniert. Hast du die Grundbausteine gelesen? Nicht nur, aber gerade auch für ganz frisch Abstinente sind sie eine gute Hilfe. Hast du zum Beispiel ein alkoholfreies Zuhause? Das würde ich als zentral wichtig einstufen.

    Für das kommende Wochenende würde ich (wenn ich mit meiner heutigen Erfahrung an deiner Stelle wäre, was natürlich fiktiv ist) die Eltern ausladen. Ansonsten schätze ich das Risiko, das du für für deine noch sehr frische Abstinenz eingehst, als sehr hoch ein.

    Und dann kannst du dir in aller Ruhe, auch mithilfe der Beratung in einer Suchtberatung vielleicht und mithilfe des Forums hier, Gedanken machen, in welcher Form du dein Umfeld informierst, damit du dich und die Umsetzung deines Entschlusses, trocken zu werden, nicht schon am Anfang aufs Spiel setzt.

    Herzlichen Gruß und einen schönen, trockenen Tag heute!
    Thalia

  • Hallo Lydia,

    herzlich Willkommen !

    Den Besuch deiner Eltern zu verschieben, halte ich für eine super Idee.

    Nicht, damit du es ihnen nicht beichten musst, sondern um erst einmal in Ruhe mit dir und deinen Gefühlen umgehen zu können, dir klar darüber zu werden, wie deine Strategie aussehen könnte, deiner Umwelt mitzuteilen ( oder auch nicht ) dass du trockene oder trocken werdende Alkoholikerin bist........ ;)

    Ich kann von meiner Mutter nur berichten, dass sie das vor 3 Jahren gar nicht gut aufgenommen hat und ich das Gefühl hatte, sie wolle mir ein schlechtes Gewissen machen, dass ich nun nicht mehr als Trinkpartnerin zur Verfügung stehe.

    Sie hat sich sogar im Restaurant demonstrativ mit Alkohol an einen anderen Tisch gesetzt, da sie in meiner Umgebung nichts mehr trinken "durfte".

    Ich habe das Gefühl, als könnten deine Eltern ähnlich ticken wie meine, von dem was du so schreibst.

    Eine freundliche Ausladung ist sicherlich gerade eine elegante Lösung.
    Wenn natürlich auch nur auf eine begrenzte Zeit.
    Du kömntest es ihnen auch erst einmal am Telefon sagen, dann hast du Sicherheitsabstand.

    Liebe Grüße und toi, toi, toi......

    Slowly

  • Danke Slowly und Thalia,

    vom Gefühl her habt ihr Recht, die Sache ist klar: Ich brauche jetzt erst mal meine Ruhe, lasst mich, kommt nicht zu Besuch, ich habe mit mir selbst zu tun.

    AAAAber: Ich bin ja nicht allein auf der Welt. Mein Mann wird die komplette kommende Woche nicht da sein und meine Eltern (Oma und Opa) kommen, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten, weil ich arbeiten will/muss. Ich kann sie nicht einfach ausladen, denn dann müsste ich mir frei nehmen/früher gehen, hätte die Kinder die ganze Woche allein und das würde mir komplett den letzten Nerv rauben. Also meine Eltern kommen zur Unterstützung, nicht zum Spass. Ich halte es eher für unrealistisch, ihnen jetzt abzusagen.
    Ich werde eher versuchen, soviel wie möglich außer Haus zu sein, nach der Arbeit zum Sport, ins Nagelstudio, whatever. Den Luxus einer Dauerkinderbetreuung habe ich ja sonst nicht.

    Ich bin so froh, dass ich hier schreiben darf und dass Ihr mir antwortet. So offen habe ich seit Jahren mit niemandem gesprochen. Danke!

  • Alles gut und schön aber ... wir werden uns wiederlesen - hoffe ich mal - und du wirst berichten, dass du während deine Eltern da waren, nicht wiederstehen konntest - warum auch immer nicht - und dass du mit ihnen gesoffen hast. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das so kommt.

  • Hallo Lydia,

    ja, mir ging es auch so:

    Zitat

    Ich bin so froh, dass ich hier schreiben darf und dass Ihr mir antwortet. So offen habe ich seit Jahren mit niemandem gesprochen. Danke!

    Und tatsächlich hat mir das geholfen, nach und nach auch in meinem "realen" Umfeld offener zu sein und mehr von mir zu zeigen. Das ging aber nicht von heute auf morgen.

    Die Situation mit deinen Eltern hatte ich missverstanden - ich dachte, sie kämen nur auf einen Sonntagnachmittags-Besuch. Wenn du sie die ganze Woche da hast, ist es aus meiner Sicht sinnvoll, vorher klarzustellen, dass du keinen Alkohol trinken wirst und auch keinen im Hause haben wirst. Slowlys Vorschlag, das am Telefon vorab zu klären, finde ich gut.

    Viele Grüße
    Thalia

  • Ja, Thalia und Slowly, Ihr habt Recht.
    Ich habe nur so große Probleme mit dem Begriff "Alkoholikerin" oder "trocken sein". Vor mir selbst nicht so sehr, aber vor anderen. Und zwar vor allen, vor meinem Mann, Eltern oder Freunden.
    Ich kenne mittlerweile einige Leute nicht nicht trinken. Ich kenne bei denen keine genaueren Hintergründe aber was offen kommuniziert wird ist so was wie: "Nö, ich brauch keinen Alkohol, bekommt mir nicht und steht diesen oder jenen sportlichen Abmitionen im Weg" Oder: "Ich bin einfach fitter ohne Alkohol". Oder ganz schlicht: "Alkohol finde ich unnötig und doof". Das ist ungefähr die selbe Linie, wie die ganzen Neu-Veganer oder Vegetarier. Dinge (also je nachdem Alkohol oder tierische Produkte oder Fleisch) weglassen, die in irgendeiner Weise nicht gut sind.
    Diese Nicht-Trinker konsumieren keinen Alkohol, aber scheinen dabei sehr heiter und einfach gesundheitsbewusst (oder trendbewusst).
    Vielleicht findet ihr mich feige oder empfindet das als Rausschleichen oder mangelndes Eingeständnis der eigenen Krankheit, aber ich würde mich gerne so in diese Ecke der "wellnessorientierten Wohlfühlnichttrinker" stellen.
    Versteht ihr was ich meine?
    Und DAS könnte ich dann problemlos in meinem Umfeld kommunizieren (und ich glaube, jeder würde mir anerkennend zunicken und es dabei belassen).
    Was denkt ihr? Fehlt mir der nötige Ernst oder Respekt vor der Erkrankung?
    Findet ihr mein Wellnessgequatsche albern?
    Lydia

  • Hallo Lydia,

    Nö, finde ich nicht albern. Finde ich verständlich. Finde ich aber trotzdem falsch ;)

    Ich glaube, daß das eine Phase ist, dieses Nicht-Zugeben-Möchten, die ziemlich jeder hier kennt vom eigenen Weg. Enttabuisierung hin oder her, Alkoholismus hat eben immer noch einen anderen "Duft" als etwa Diabetes, und das Wissen um diese Krankheit ist nach wie vor erschreckend gering, selbst bei Ärzten - hier waren in letzter Zeit ein paar erschreckende Bespiele zu lesen...

    Du schriebst: " Ich will nicht als schwach oder krank da stehen." Es ist wichtig dies beides nicht zu vermengen. Krank sind wir hier nunmal alle; aber das zu erkennen und danach zu handeln erfordert eine sehr große Stärke. Du bist also krank, aber keineswegs schwach.

    Um diese Krankheit überwinden zu können braucht es Klarheit wenigstens im engsten Umfeld, und dazu gehören dein Mann und deine Eltern, zumal sie scheint's gern Alkohol konsumieren. Wenn du diese Klarheit nicht schaffst untergräbst du deinen Weg zur Gesundung. Du bist Mutter? Du kannst dir das nicht leisten.

    Ich würde dir raten, diese Klarheit schnell und unmißverständlich zu schaffen, einfach weil es scheibchenweise noch viel schwerer fällt. Häufig sind die Reaktionen viel positiver als vorher gedacht (aber es gibt keine Garantie); sicher ist, daß du, wenn du mit offenen Karten spielst, eine gewaltige Belastung los bist, nämlich die ein Doppelleben zu führen - sowas kann fertig machen.

    Ich wünsch dir viel Kraft auf diesem Weg, laß ihn nicht quälend lang werden!

    LG Frank

  • Hallo Garcia,
    Du schriebst:

    Zitat

    wenn du mit offenen Karten spielst, eine gewaltige Belastung los bist, nämlich die ein Doppelleben zu führen

    Das Wort "Doppelleben" wäre mir in meinem Zusammenhang nie eingefallen. Furchtbares Wort! Es treibt mir die Tränen in die Augen, aber es ist treffend. Und stimmt- leider.
    Ich will das nicht! !!!!!!

    Lydia

  • Hallo Lydia,

    bist du dir sicher dass es in deinem Umfeld wirklich niemandem aufgefallen ist wie viel du getrunken hast ?

    Selbst wenn es niemandem auffiel, ich würde klar Schiff machen, aus reinem Üerlebenstrieb.

    Mir wäre die Gefahr zu groß dass ich irgendwann nachgebe wenn mir dauernd Alkohol angeboten wird.

    Das ist durchaus möglich wenn keiner weiss weshalb du nicht mehr trinkst.

    Vorallem würde ich meiner Ärztin das ganz klar sagen,

    denn sonst könnte es sein dass sie dir mal Medikamente mit Alkohol verschreibt :!:

    LG Martin
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  • Hallo Alle,
    so, der erste Abend mit meinen Eltern ist geschafft. Ich hatte vorher telefonisch darum gebeten, mir keinen Alkohol mitzubringen, "weil ich jetzt nichts mehr trinke". Meine Mutter: "Warum?" Ich: "Weil ich zuviel getrunken habe". Meine Mutter: "Schade, wir haben so schöne Weine" (Das hat sie echt gesagt) und dann: "willst Du nicht lieber nicht rauchen?"
    Also, das entbehrt ja nun wirklich nicht einer gewissen Komik!!
    Meine Eltern kamen also ohne ihr übliches Mitbringsel und wir haben Cola getrunken und ich habe lustige Tomatensaftcocktails hergerichtet (natürlich ohne Alkohol).
    Interessant für mich: Ich kann meine Eltern durchaus ohne Alkohol ertragen. Sie nerven mich oft und regen mich mit bestimmten Äußerungen furchtbar auf, aber es ist ohne Alkohol nicht anstrengender als mit. Sehr schöne neue Erfahrung.
    Meine Eltern können mit Alkohol umgehen (sagt man das so?). Sie trinken mal ganz gerne, können es aber ebenso gut lassen. Abends Cola oder Wasser zu trinken ist für sie normal. Halt ein bißchen schade, wenn man auf Besuch ist und doch so schöne Weine hätte. Dass meine Mutter meinen neuen Alkoholverzicht "schade" findet, wundert mich. Ich hätte erwartet, dass sie sowas sagt wie: "Ja, mir ist auch aufgefallen, dass Du ganz schön viel trinkst" oder so. Zumal ich oft abends mit ihr telefoniert habe und dabei immer betrunkener wurde und selber gemerkt habe, wie meine Zunge immer schwerer wurde. Hat sie wirklich nichts gemerkt? Ist sie blind?

    Also mir ist schon bewusst, dass ich weiter aktiv verheimliche. Ich bin weder zu meiner Ärztin, noch zu meinen Eltern oder sonstwem richtig ehrlich. Im Moment klappt mein Alkoholverzicht (5. Tag heute!) aber ich nehme Eure Hinweise schon ernst, reinen Tisch zu machen und es nicht bei halben Wahrheiten zu belassen.

    Martin:

    Zitat

    Selbst wenn es niemandem auffiel, ich würde klar Schiff machen, aus reinem Üerlebenstrieb.

    Mir wäre die Gefahr zu groß dass ich irgendwann nachgebe wenn mir dauernd Alkohol angeboten wird.

    Das ist durchaus möglich wenn keiner weiss weshalb du nicht mehr trinkst.

    Ich bin aber noch nicht so weit. Noch nicht ganz.
    Für mich ist es bereits ein riesengroßer Schritt, nicht bei jeder Gelegenheit meinen eigenen Konsum zu bagatellisieren. Ich schaffe es im Moment nicht, das meiner Umwelt gegenüber zuzugeben, aber ich verliere es nicht aus den Augen.

    Ich bin Euch sehr dankbar für Eure Kommentare und Antworten. Auch wenn ich Eure Empfehlungen nicht sofort umsetze, heisst das nicht, dass sie bei mir nicht ankommen oder ich sie nicht ernst nehme. Ich habe das Gefühl, es arbeitet sehr in mir.

    Danke, dass es dieses Forum gibt!

    Lydia

  • Hallo Lydia,

    schön, von dir zu hören. Und: Hier bist du ehrlich! indem du zu dir stehst und uns (und damit dir) nichts vormachst. Das finde ich gut!

    Ich habe es, wie ich dir schon schrieb, auch erst sehr langsam angehen lassen mit der Offenheit (und die, die mich hier im Forum schon kennen, wissen, dass das immer noch Thema für mich ist). Aber so lange ich mir selbst gegenüber ehrlich bin, und in der langsam wachsenden Distanz zum Suchtmittel, verändert sich der Blick auf mich und mein Umfeld, und ich kann mich anders verhalten. Und dadurch ändert es sich weiter. Allerdings glaube ich, dieser herantastende Weg ist nicht gerade der leichteste.

    Vielleicht gelingt ja noch ein Gespräch mit deiner Mutter (zum Beispiel über die von dir beschriebenen Telefonate?)

    Ich wünsch dir einen guten Start in die Woche und gratuliere zu den ersten fünf Tagen!

    Viele Grüße
    Thalia

  • Hallo Alle!
    So! Wieder ein wunderschöner Morgen! Einer der besten, die es gibt. Einer, an dem ich aufwache und weiß: Ich habe gestern nicht getrunken! Mein Kopf ist klar, ich fühle mich frisch und bereit für den Tag. Meine Haut ist rosig und ich weiß, die nächsten Stunden wird es mir gut gehen, weil ich mich gut konzentrieren kann, ein gutes Gewissen habe und finde, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Ich weiß auch, dass ich die nächsten Stunden praktisch nicht an Alkohol denken werde und kein Problem mit Trinken oder nicht Trinken haben werde.
    Ich weiß aber auch jetzt schon, dass sich das ab ca 16 Uhr ändert. Je nachdem, was ich zu tun habe, blitzt ab 16 Uhr so langssam eine Vorfreude auf, ein noch kleines Verlangen, eine Gier. Dann weiß ich, dass es wieder so weit ist. Es ist meine show time und mein kleiner privater Kampf geht los. Immer wieder hat sich in den letzten Tagen ab Nachmittag ein putziges kleines Verlangen gemeldet, ausgelöst von Momenten der Müdigkeit, der Langeweile, des Ärgers, der Anstrengung. Getriggert von Leuten in Bars oder Cafes an denen ich vorbeikomme und die vor sich Sekt- oder Rosegläser stehen haben und die entspannt und scheinbar sorgenfrei vor sich hinschlürfen und sich dabei unterhalten. Dann fällt mir wieder ein: Das will ich nicht mehr, das darf ich nicht mehr, bei mir ist es anders, ich bin süchtig. Ich würde aber auch gerne so entspannt da sitzen. Was bitte, mache ich mit meiner Erschöpfung vom Tag? Was mache ich mit den kleinen oder größeren Ärgernissen die sich über den Tag angehäuft haben? Ich habe mir auch eine Belohnung verdient!
    Es wird dann anstrengend, ich denke über eiskalten Gemüsesaft nach, über Tee, über ein Bad, über einen Spaziergang. Sicher, geht alles. Aber es ist ein Kampf und ein mühevoller Verzicht. Wo soll ich hin mit meiner schlechten Laune, mit meiner Genervtheit?
    Ganz ehrlich? Die Abende sind furchtbar! Es ist ein Aushalten und dran bleiben. Kein Leben. Am besten funktioniert: Wegbeamen, fernsehen, lesen. Alles andere ist zu anstrengend. Nähen? Undenkbar, es fehlt die Geduld. Schränke aufräumen? Auf keinen Fall, keine Lust und kein Nerv. Am besten schlafen gehen. Den Abend beenden, damit er weg ist. Nur nicht zu früh, sonst schlaf ich schlecht.
    Scheiß abende!!!

    Wann bitte, hört das auf?????

    Lydia

  • Hallo Lydia,

    Zitat

    Je nachdem, was ich zu tun habe, blitzt ab 16 Uhr so langssam eine Vorfreude auf, ein noch kleines Verlangen, eine Gier. Dann weiß ich, dass es wieder so weit ist. Es ist meine show time und mein kleiner privater Kampf geht los. Immer wieder hat sich in den letzten Tagen ab Nachmittag ein putziges kleines Verlangen gemeldet, ausgelöst von Momenten der Müdigkeit, der Langeweile, des Ärgers, der Anstrengung.

    das kenne ich auch.

    Und habe es auch schon bei Correns gelesen.

    Es ist mir auch jetzt immer noch ein Rätsel, wo das herkommt.

    Suchtdruck hatte ich zwar nie ( ich bin seit drei Jahren trocken ) aber dieses Gefühl, das sich so gegen 15 oder 16 Uhr bei mir einschleicht ( manchmal ), nennen wir es Lebensüberdruß, das kenne ich auch jetzt noch.

    Dagegen anzutrinken käme mir aber nicht in den Sinn.

    Eher sehe ich es als Warnung, dass etwas in meinem Leben oder auch in meiner Einstellung dazu, noch nicht ganz stimmig ist.

    Manchmal reicht es mir, wenn ich mich 15 min auf´s Ohr lege. :)

    Dann ist der Akku wieder etwas voller und ich kann, neben dem täglichen Trott, vielleicht doch noch etwas Energie aufbringen, für etwas das aus dieser Routine rausfällt.

    Das hilft mir gegen diesen Überdruss.

    Und wenn es nur Unkraut zupfen statt Staubsaugen ist.

    Oder ich mir mal gönne, einen interessanten Artikel in einer Zeitung oder Zeitschrift zu lesen.

    Oder 5 min mit den Katzen raus gehe und mir meine Hühner betrachte. :)

    Oder..........

    Es gibt so viele Kleinigkeiten, die helfen können, wir sollten sie nur finden und dann auch wahrnehmen.

    Viel Erfolg beim trocken werden und bleiben !!

    Slowly

  • Hallo Lydia und Herzlich Willkommen hier ! :D
    Schön, das Du hergefunden hast...und Dich für ein Leben ohne Alkohol entschieden hast.

    Wegen der Offenheit/Ehrlichkeit anderen gegenüber (und auch sich selbst :wink: )...
    Da kann ich mich nur den Worten von garcia 100% anschliessen... er hat mir dazu derart aus der Seele geschrieben, ich könnte es keinesfalls besser schreiben.
    Aber das tut der eh oft :lol:

    Bei mir war es alles ein bisschen anders wie bei Dir, ich landete durch meinen Suff auf der Intensiv-Station und ich verbrachte insgesamt im KH incl. Entgiftung einen knappen Monat.
    Und war noch weitere 4 Monate lang krank geschrieben.
    Mir ging es sehr schlecht und ich mußte erstmal wieder auf die Beine kommen, leider im wahrsten Sinne des Wortes.
    Da brauchte ich mir also nicht die Fragen stellen, wem erzähle ich es wie?
    Familie und enge Freunde wußten es ja sowieso, mein Mann hat nie für mich gelogen und tat es auch in der Situation nicht.
    Und mein Mann, meine Tochter, meine Mutter und auch mein Bruder besuchten mich beinah täglich im KH.
    Es gab auch nichts mehr zu verharmlosen, auch von der Seite meiner Angehörigen nicht... sie sahen ja, was passiert ist.
    Und die Ärzte erklärten ihnen zusäzlich den Ernst der Lage.

    Es gab aber einige Freunde, die nichts von dem allen wußten.
    Und auch meine Arbeitskollegen wußten es nicht alle, nur erstmal mein Chef.
    Da mußte ich es also dann selbst sagen und auch das erste Mal das Wort "Alkoholikerin" benutzen, mich selbst betreffend.
    Ganz leicht fiel mir das auch nicht. Es kam die ersten Male eher holprig über meine Lippen :wink:
    Heutzutage macht es mir nichts mehr aus, und ich gehe damit auch ehrlich und offen um.
    Nicht derart, das ich ein Schild um den Hals trage, sondern, das ich sage, wenn es wichtig wird und ich denke, der andere muss/sollte das wissen.
    Das ist ja auch ein ganz großer eigener Schutz... so wird einem auch kein Alkohol mehr angeboten (von Menschen, die es wirklich gut mit einem meinen, zumindest nicht).
    Und die Versuchung, wieder zu saufen, ist ja besonders Anfangs sehr groß.

    Mir war es auch wichtig, nicht mehr weiter lügen zu müssen.
    Von daher war es mir ein "persönliches Muss", offen mit meiner Krankheit umzugehen.
    Ich wollte mich nämlich wieder im Spiegel ansehen können.
    Ich habe so viel in meiner Sucht gelogen...für den Alkohol... damit ich ihn weiter konsumieren kann.
    Ich habe sogar mich selbst in dieser Hinsicht oft belogen.
    Ich habe mich nach dem Suff für ein ehrliches Leben entschieden.
    Und ich denke auch, meine Freunde sind es auch wert, das ich ehrlich mit ihnen bin... ich erhoffe mir ja auch das gleiche umgedreht.

    Hier wird immer wieder vom Stigma des Alkoholikers geschrieben.
    Ja, das gibt es sicher auch noch in einigen Köpfen.
    Aber wer, wenn nicht WIR, könnten denn diese Vorurteile ausräumen??
    Ich persönlich habe keinerlei Stigmatisierung erleben müssen.
    Eher Achtung/Respekt dafür, das ich ein Leben ohne Drogen führe.
    Aber auch das will ich nicht.
    Ich will nur ganz einfach so akzeptiert werden, wie ich bin,
    MEHR NICHT !
    Und das werde ich auch... ich habe in mieiner trockenen Zeit so viele neue Freunde gefunden... auch durch mein wieder aktiviertes Hobby.
    Und denjenigen, wo sich herauskristalliseirte, das sich eine Freundschaft ergeben wird, war ich dann auch ehrlich gegenüber.
    Denn es wird bei meinem Hobby auch immer gemeinsame Unternehmungen geben und dann möchte ich nicht an einem Tisch mit Leuten sitzen, die sich die Lampen ausgiessen.
    DAS ist nicht mehr meine Welt und ich will da auch nie wieder sein.
    Es gibt genug andere Leute, die keinen Alk trinken müssen...

    Lydia, das das Verlangen nach Alk noch da ist, halte ich für völlig normal.
    Du hast Dich ja selbst sicher jahrelang so konditioniert.
    Wie solltest Du da also von jetzt auf gleich komplett anders ticken?
    Das ist wohl schier unmöglich.

    Die Trockenheit ist ein Weg....
    Und den kannst Du nicht in 1-2 Wochen gehen... nicht mal in 1-2 Jahren.
    Dieser Weg ist lebenslang !
    Aber das ist nichts bedrohliches... und auch kein Kampf. :wink:
    Ich habe gleich am Anfang aufgehört zu kämpfen, habe komplett kapituliert vor dem Alkohol.
    ICH kann mit Alkohol nicht umgehen und werde es nie können und konnte es evtl. auch nie !
    Punkt.
    So ist das und nicht anders.
    Der Alkohol ist ein übermächtiger Gegener für mich, ich werde IMMER gegen ihn verlieren.
    Egal was ich tue.
    Wenn man das komplett begriffen und vor allem auch verinnerlicht hat, wird der Weg einfacher.
    So zumindest meine Erfahrung, nicht nur bei mir.
    Sondern das weiß ich auch von anderen, die es ebenso empfinden.

    Mein Leben ist jedenfalls wieder schön geworden, ich bin zufrieden, auch wenn nicht immer alles gut is... aber mit Alk war es tausendmal schlimmer.
    Und oftmals bin ich auch glücklich und ich freue mich wie blöd drüber, das mein Leben wieder so schön bunt ist und ich wieder alles zu jeder Zeit machen kann.
    Ich habe mir mein Leben zurück geholt :wink:

    LG Sunshine

  • Zitat

    ...aber ich würde mich gerne so in diese Ecke der "wellnessorientierten Wohlfühlnichttrinker" stellen.

    Nahezu jeder hier wird dir davon abraten.

    Ich nicht.

    Ich mache es so, gegenüber meinen Eltern, gegenüber der Familie meiner Frau. Nur nicht gegenüber meiner Frau und meinen engsten Freunden und Freundinnen. Und nicht mir gegenüber.

    Ich bin trockener Alkoholiker, seit Jahren, aus eigener Kraft, und stolz darauf. Ich muss mir aber nicht jedem gegenüber ein Stigma verpassen, das ich dann nicht mehr loswerde. Ich muss nicht jeden Kampf ausfechten, kann auch mal aus dem Ring gehen.

    Ich trinke nichts. Warum, geht die allermeisten Menschen einen feuchten Kehricht an. Die denken eh, es läge an meiner aus deren Sicht übersteigerten sportlichen Ambition. Sollen sie das denken. Ich weiß es besser, dass es umgekehrt ist.[/quote]

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