Hallo Naki,
willkommen hier.
Ich bin auch so aufgewachsen wie du. Mein Vater fing an, als ich ca. 11 war.
Es war sehr ähnlich wie bei dir. Er trank vor uns fast gar nicht. Immer versteckt und wir haben auch die Verstecke gefunden, Flaschen weggekippt etc. Alle paar Wochen gab es Streit zwischen meinen Eltern, dann ging es mal eine Zeit lang gut und dann fing es wieder an.
Nach außen hin war er auch unauffällig, der nette Herr...., ich musste immer das Gesicht waren, konnte mit niemandem sprechen.
Er war auch immer sehr agressiv, hat mich runtergemacht in diesen Zeiten, meine Mutter hat mich da leider auch nicht in Schutz genommen.
Sie selbst hat auch nichts unternommen.
Mir war irgendwann klar, dass es nicht meine Schuld war und dass ich nichts machen konnte. Zwischen durch war immer mal wieder alles "schön, normal".
Nach dem Abi bin ich dann ausgezogen und war endlich frei. Mir ging es auch so, wie dir mit deiner Mutter, allein lassen damit wollte ich sie auch nicht, aber sie musste sich selbst Hilfe holen. Leider tat sie es nicht. Aber daran kannst du nichts ändern. ich konnte es zu dem Zeitpunkt nicht mehr aushalten, dieses betüddelte Gesäusel und sein Zustand haben mich angewidert. Da war von Respekt nicht mehr viel übrig. Zudem hatte ich in den letzten Jahren zu Hause massive Allergien und Hautprobleme bekommen- die vorher überhaupt nicht da waren...
Du kannst tatsächlich in erster Linie nur etwas für dich tun, auf Distanz gehen, mit deinen Eltern so umgehen, wie du es erträgst. Das ist ein sehr schwerer Weg, man trauert um seine Familie, um die Wünschen nach Harmonie etc. Das tut alles sehr weh und ist nicht einfach, auszuhalten, aber es wird besser.
Denn dieses ständige Auf und Ab zwischen Absturz und lieber Vater, das ist auch sehr anstrengend. Die Abstürze in den letzten Jahren haben mich jedes Mal wieder tief reingerissen. Das mach kaputt.
Wenn du kannst, greife hier für dich selbst früher ein - besuche eine Angehörigengruppe, tausche dich hier aus. Denke an dein Leben, auch dein emotionales, es macht dich sonst krank. An deiner Stelle würde ich auch ausziehen, wenn es geht.
Ich bin jetzt erst mit Mitte 30 dabei, mich endlich auch emotional abzunabeln. Inzwischen gibt es auch Literatur für Kinder von Alkoholikern, die sehr gut ist. "Mutter, Vater, Sucht" und besonders "Familienkrankheit Alkoholismus". Da fühlt man sich als Kind endlich verstanden und erkennt Mechanismen, die man vorher für "normal" hielt.
Zu deiner Mutter:
Du kannst ihr nur empfehlen, zu einer Beratungsstelle und/oder Selbsthilfegruppe zu gehen und es gibt inzwischen gute Literatur zum Thema Co-Abhängigkeit. Vielleicht mag sie so etwas lesen.
Meiner Mutter habe ich auch viele Adressen gegeben, sie ist von sich aus zu keiner gegangen...
Du kannst deinen Eltern sagen, dass du das so nicht mit ansehen willst. Wenn du dann bei einer Wende in deinem Elternhaus für sie da sein willst, ist das sicher für die schön, aber auch das ist nicht unbedingt deine Aufgabe.
Das zu verstehen, war für mich auch sehr schwer. Wir als Kinder sind die Opfer und müssen das, was unsere Eltern mit ihrer Sucht und Co-Abhängigkeit für sich entscheiden, mit ansehen, ertragen, und werden von dieser Krankheit auch geprägt. Wir müssen uns dann um uns kümmern.
Falls du mal meine Threads liest, die ich hier vor einigen Wochen gepostet habe, wirst du sehen, wie verzweifelt ich war und wie sehr ich, wie du, nach einer Lösung gesucht habe, die ich für meine Eltern herbeiführen kann: keine.
Mein Vater hat dann ein Jahr später eine Therapie machen müssen, weil er sonst seine Arbeit verloren hätte. Er war auch ein paar Jahre trocken, fing aber irgendwann wieder an. Es wurde nur noch schlimmer im Alter.
Jetzt will er wohl trocken bleiben, nach dem letzten großen Absturz. Ob er es schafft, ich bin im Moment sehr zwigespalten und es ist mir fast schon etwas egal. Leider hat sich das Verhältnis zu meinen Eltern durch die Alkoholkrankheit so "krank" eingespielt, dass es mir nicht guttut. Ich bin sehr auf Distanz gegangen und arbeite gerade sehr an mir, auch mit Hilfe dieses Forums und entsprechender Literatur.
Schreibe hier gerne wieder. Denke vor allem an dich. Das ist nicht falsch und du machst dich NICHT schuldig!
Deine Eltern sind alt genug und müssen sich selbst um sich kümmern, und eigentlich auch noch um dich, aber das können sie leider nicht.
Es ist ein schweres Los, Kind von nassen Alkoholikern zu sein und leider steckst du gerade noch Mittendrin. Das Forum hier wird dir sicher sehr helfen, deinen Weg daraus zu finden!
Liebe Grüße, Dacoucou