Beiträge von kamarasow

    Zitat von Hartmut

    Gibt es nicht risikofrei.

    Das ist wohl der springende Punkt. Es liegt an mir, ob es das Risiko wert ist.
    Zur Offenheit: Im engsten Kreis habe ich keine Probleme damit. Unwohl fühle ich mich bei entfernteren Leuten. Da erzähle ich nur das nötigste, wenn überhaupt. Im engsten Kreis stoße ich jedoch z.T. an Grenzen. Selbst wenn man es logisch auseinander legt, ist manchmal keine Einsicht da. Das ernüchtert mitunter.
    Wichtig ist, dass ich auf mich schaue. Ob es die anderen nachvollziehen können oder nicht ist sekundär. Es würde mich zwar freuen, aber es ist keine Voraussetzung oder Randbedingung für mein alkoholfreies Leben.

    Grüße
    Karamasow

    Zitat von Hartmut

    das du dir im Moment oder überhaupt kein fest ohne „Alkohol“ vorstellen kannst. Oder irre ich mich da?


    Seit ich mich erinnere, verlaufen bei uns Familienfeste immer mit Alkohol. Wir haben einen anderen Alkoholiker in der Familie, bei dem jeder weiß, dass er Alkoholiker ist. Er trinkt seit Jahren nur Cola. Die anderen trinken weiter (ich sage bewusst nicht saufen, weil es nicht ausartet). Ich denke, dass die Familienmitglieder es bei mir ähnlich erwarten. Im Prinzip müsste ich die Familien"tradition" brechen, wenn ich darauf bestehe: "Feier ja, Alkohol nein". Das hatte ich am Anfang der Abstinenz 2x bereits gemacht. Wie beschrieben - mit Widerständen, aber es ging. Es kostete Kraft, sich allein gegen alle durchzusetzen. Es wurden auch unterschwellig Witze gemacht. Ich kann es aber nicht leiden, wenn man hinter meinem Rücken tuschelt und Rücksicht nimmt. Das war eine ganz komische Stimmung, die ich nicht mehrmals haben will.
    Vor kurzem Stand die Jugendweihe an und da wurde Alk im eigenen Haus erlaubt. Alle fandens super. Ich fands schrecklich und musste mich ein paar mal in ein abgelegens Zimmer entfernen. Es kostete mich ebenfalls viel Kraft. Kurzum: Familienfeiern mit Alkohol sind schlecht, aber ohne auch.
    Die Variante: Dann fällt das Fest aus, habe ich noch nicht übers Herz bringen können. Das Bedarf ein gewisses Maß an emotionaler Härte. Wenns mein eigener Geburtstag wäre ok, aber nicht die Geburtstage der Kinder oder Frau. So kreiselt es nachwievor im Kopf.

    Um auf die Eingangsfrage einzugehen: Ja, du irrst. Gäbe es nur meine Frau + Kinder, so wäre es sehr entspannt.

    Grüße

    Danke für die Rückmeldungen. Darüber werde ich nachdenken müssen.

    Zitat von Hartmut

    Hatte in den Anfangszeiten auch Familienfeste gemieden, unabhängig von Kindern, Geschwister oder Eltern. Wenn da gesoffen wurde war ich eben nicht dabei oder nur begrenzt.

    D.h., selbst bei dem Geburtstag deiner Frau oder Kinder im eigenen Hause bist du verschwunden? Hast während der Feier nichts geholfen und alles, wie bspw 25 Gäste, der Frau überlassen? Wie handhabst du es jetzt, nach der Anfangszeit?

    Was meine Familie dazu sagt? Meine Frau, die selbst nichts trinkt, steht hinter mir. Sie möchte den Gästen mittlerweile aber auch nichts verbieten. Am Anfang der Abstinenz hatten wir zwei Feiern komplett ohne Alkohol. Was auf Widerstände aber dennoch Akzeptanz bei der Umsetzung stoß. Schlussendlich kennen alle meinen Status, sehen es aber als mein eigenes Problem an. Die Unkenntnis über die Krankheit ist groß.
    Meine Eltern trinken auf der Feier eher ungehemmt. Zu viel, aus meiner Sicht. Mein Bruder trinkt normal. Die Schwiegereltern trinken auch. Sozusagen ein einziges Minenfeld und Stresspaket für mich.
    Mein Sohn weiß nur, dass ich nichts mehr trinke. Der Begriff Alkoholiker fiel ihm gegenüber, denke ich, nicht. Es ist derzeit kein Thema zwischen Vater und Sohn.

    Mit Abstand betrachtet brauch ich mich nicht wundern, dass ich diese Feier verflucht habe.

    Grüße

    Hallo Florian73,
    die Euphorie von der du schreibst, empfand ich am Anfang auch. Die verschwindet jedoch irgendwann und geht in Ernüchterung und z.T. Zweifel über. Da kommt man aber auch durch. Mit Zeit, Gedankenaustausch und Risikominimierung.

    Hallo Forum,
    vor ein paar Monden schrieb ich, dass ich den gesellschaftlichen Druck sogar als stärker empfinde, als den eigentlichen Druck durch den Alk-Gedanken selbst. So war es auch jetzt während des verlängerten Wochenendes nebst Jugendweihe und Verwandtschaft. Auf der einen Seite gilt es, das Risiko zu minimieren, auf der anderen Seite kann ich nicht völlig losgelöst als Einsiedler leben. Soll ich dem Sohn sagen: "Entschuldige, ich bin Alkoholiker, deine Gäste dürfen nichts trinken?". Das kann ich nicht machen. So musste ich Kraft aufbringen, die Wein-trinkende-Gesellschaft auszuhalten. Ich habe mich auch ein paar mal komplett räumlich entfernt, um dem Druck zu entkommen. Das half etwas, aber dennoch habe ich für solche Anlässe keine richtige Lösung. Meist werde ich, weil ich durch die "Hab-acht-Stellung" sehr angespannt bin, den den Gästen gegenüber gereizter. Sie schauen mich mitunter verwundert an und fragen sich, was er jetzt für ein Problem hätte. "Es ist doch so lustig gerade". Nuja. Vielleicht kennt jemand Tricks damit umzugehen.

    Ein anderer gesellschaftlicher Druck, den ich immer wieder erfahre, ist: "Du hast dich verändert.", "Als du Wein getrunken hast, warst du lustiger.", "Willst du nicht lieber wieder Wein trinken?". Diejenigen, die mir das sagen, halte ich auf Abstand. Die haben nichts begriffen. Ich bin nicht deren persönlicher Spaßmacher. Nüchtern bin ich nunmal ernster und lache über andere Dinge.

    Was will ich sagen? Für mich kommt nach 1,5 Jahren Abstinenz der größte Druck aus dem Umfeld. Wäre ich Einsiedler, wäre es bedeutend einfacher. Das geht aber nicht. Oder ich weiß noch nicht richtig wie.

    Viele Grüße
    Karamasow

    Hallo Forum,
    ich wollte mich mal wieder melden. Es geht mir gut. Der Frühling ist eine schöne Jahreszeit. Das Erwachen der Natur ist immer wieder etwas Besonderes. Darin liegt etwas Hoffnungsvolles und die unbekümmerte Wucht eines Anfangs.

    Die Gedanken an Alkohol rücken immer weiter weg. Es ist mittlerweile so, dass man mehrere Tage gar keinen Gedanken daran verschwendet. Ebenso habe ich das Gefühl, dass mein inneres Gleichgewicht wieder in normalen Bahnen läuft. Neulich empfand ich ein großes Glücksgefühl beim Anblick der frischgrünen Natur und einem pastellfarbenen Sonnenuntergang. Das Gefühl der Freude und der Dankbarkeit das Naturschauspiel erleben zu dürfen, war so groß, dass ich kurz feuchte Augen bekam.

    Bis demnächst.
    Karamasow

    Guten Morgen zusammen,
    nach nun einigen Wochen Abstand ist der weiter oben beschriebene Gedankengang zu alternativen Rauschmitteln völlig verschwunden. Was zeigt es mir? Ich kann mich nicht auf mein Urteilsvermögen bei der Bewertung meiner Gedanken verlassen. Das jahrelange Antrainieren, dass Entspannung mit einem Rausch einhergeht, schwingt nachwievor nach. So suchte sich das Gehirn augenscheinlich Alternativen und versteckte es in ein "Pseudo"-Ich. Es tat so, als ob es die eigenen bewussten (trockenen) Gedanken wären. Das sind sie offensichtlich nicht gewesen. Das zeigt mir zumindest die derzeitige Gleichgültigkeit demgegenüber.

    Was mir darüberhinaus aktuell Schwierigkeiten bereitet, ist, dass das Gehirn offensichtlich unterschiedlich auf Stress reagiert. Bei scheinbar gleichem Stresspensum, komme ich an manchen Tagen gut damit zurecht. Manchmal hingegen überhaupt nicht. Das erschwert mir die Erkennung, was gut tut und nicht gut tut. Ohnehin ist es für mich als blöder Logiker schwer mit unlogischem Umzugehen. Da hilft mir im Moment nur Gelassenheit und Zeit.

    Apropos Zeit: Da ich es lange nicht mehr verfolgt hatte und mir auch nicht mehr so wichtig wie am Anfang ist: Es sind mittlerweile 1 Jahr und 136 Tage.

    Viele Grüße
    Karamasow

    Guten Morgen,

    Zitat

    hat den Menschen mit allem ausgestattet was er zum Glücklich /Traurig sein braucht

    Ja, der Mensch ist aber auch mit Unvernunft, Gier und dem Drang sich seinen Schädel zu vernebeln ausgestattet. Wenn es in der Realität so wäre wie du schreibst, dann würden Drogen keine Rolle spielen. Das tun sie aber nicht.

    Zitat

    Wo ziehst Du hier eine Grenze?

    Das versuche ich gerade abzustecken. Neben dem Alkohol bin ich außerdem koffeinsüchtig, vermutlich sportsüchtig und z.T. computersüchtig. Wobei letzteres durch die Arbeit nicht klar zu trennen ist. Bin also nicht suchtfrei. So trenne ich das in tolerierbare (Koffein, Computer, Sport) und nicht tolerierbare (Alkohol) Sucht. Letztere zerstört mich, mit den anderen komme ich klar. Vielleicht ist das auch eine gute Trennung. Alles was dich zerstört, ist schlecht.

    Naja, die Sonne scheint grad so schön. Ich geh mal mit Familie an den Fluss spazieren.

    Grüße
    Karamasow

    Guten Morgen,

    Zitat

    Halte ich für sehr gefährlich, wenn dich solche Gedanken noch umtreiben.

    Du hast Recht. Daran sieht man, dass ich noch mehr Zeit brauche. Komischerweise bewerte ich den Gedankengang heute - ausgeschlafen - anders, als zum Zeitpunkt des Verfassens. Was wohl auf das Suchtgedächtnis zurückzuführen ist. Ich glaube mein Gehirn wurde jahrelang so antrainiert, dass es in Stresssituationen nach einem Rausch zum Stressabbau sucht. So sind vermutlich auch die Fragen zu den anderen Drogen zu erklären.

    Zitat

    Ich sehe keinen Sinn darin mich in einen Rausch zu versetzen.

    Ich bin bei dem Thema zwiegespalten. Ich treibe selbst recht viel Sport. Dabei verschafft man sich den "Runners High" durch körpereigene Opioide. Also einen Rauschzustand. Nicht sythetisch erzeugt, sondern körpereigen. Ich glaube sogar, es gibt genügend "Sportjunkies". Vermutlich bin ich selbst einer, weil man nach dem Glückszustand einer anstrengenden Einheit oder eines Punktspiels trachtet. Der Alkohol nach dem Sport war dann sozusagen der doppelte Kick. Ein anderer, der Lehrer ist, Trank keinen Alkohol, sondern bevorzugte nach einem Punktspiel einen Joint. Das gab ihm den höchsten Entspannungsmodus. Also keine Flucht vor etwas, sondern zur Steigerung des gefühlten Moments.
    Warum schreibe ich das? Weil es mich beschäftigt. Sind wir nicht alle nur suchtgesteuert? Die Auflistung, Hartmut, sind alles Punkte, aus denen ich derzeit viel Energie ziehe. Es sind aber auch Punkte, die vor allem auf körpereigenen Glückshormonen basieren. Kann ich deinen Gedankenansatz so zusammenfassen:

    Körpereigene Glückshormone / Opioide sind okay. Körperfremde Externe nicht?

    Pessimist oder Optimist? Hm. Ich habe beides in mir. Vielleicht passt: zum Pessimismus tendierender Optimist.

    Es ist vermutlich so, dass sich zur Sucht neigende Menschen, wie ich, sich nicht mit weiteren potentiellen Drogen zumüllen müssen. Aber da bin ich noch nicht klar im Kopf.

    Mir kreiselt nach wie vor die Frage:

    Zitat

    Versetzt ihr euch als Langzeittrockene in einen Rausch (per Droge jeglicher Coleur) oder ist das ein NoGo? Ist für uns als Alkoholiker jede Rauschform tabu?

    Guten Morgen,
    Nachteil für mich: Kein normaler Umgang mit Alkohol mehr möglich. Der Alkohol wurde ja nicht getrunken, weil er so schön riecht, sondern weil man sich (sofern man es im Griff hätte) kontrolliert und mit Absicht in einen Rausch versetzen kann. Das geht nun nicht mehr. Ob ich es vermisse? Hm, ich denke manchmal darüber nach, wie es wäre Gras zu rauchen. Und ob es dann nur eine Suchtverlagerung gibt und ich mit der Zeit wieder nichts im Griff hätte.

    Mich würde euer Wissen diesbezüglich interessieren. Versetzt ihr euch als Langzeittrockene in einen Rausch (per Droge jeglicher Coleur) oder ist das ein NoGo? Ist für uns als Alkoholiker jede Rauschform tabu?

    Grüße
    Karamasow

    Hallo Forum,

    nichts Neues bei mir. Das vor kurzem Geschriebene zum Thema "Turbo-Trocken" von penta gefiel mir:

    Zitat

    Heute weiß ich, dass die Erkenntnis, nicht allwissend zu sein und vor allem: nicht allwissend sein zu müssen und mich nicht mehr so wichtig zu nehmen für mich mindestens so wichtig war, wie die Trocknung. Ich würde sagen, sie gehört bei mir dazu.
    Ich muss weder Recht haben noch muss ich Erste sein oder jemandem etwas beweisen (außer mir selbst).
    Und genauso muss niemand mir irgendwas beweisen.


    Ich ziehe daraus Gelassenheit und Selbstreflektion. Wenn die Krankheit auch Nachteile mit sich bringt, so liegen darin auch Vorteile. Ich lerne viel über mich selbst und verliere die Arroganz und den Hochmut gegenüber anderen. Da ich außerdem selbst ein wenig ein Perfektionist bin, so habe ich durch die Krankheit gelernt, dass nicht alles perfekt sein muss, um gut zu sein.

    Viele Grüße
    Karamasow

    Hallo Hartmut,
    ich glaube von der Sorte kennt jeder einen im Bekanntenkreis. Der Typus, der sich regelmäßig vornimmt einen Monat oder länger nichts zu trinken, um es sich selbst zu beweisen und diesen "Kampf"/"Krieg" auch heldenhaft schafft. Um danach wieder gewohnt regelmäßig zu trinken und sich eigentlich nur selbst belügt.

    Da mich die Fußballspiele im TV gerade langweilen, hatte ich soeben meinen Eingangspost des Threads und ein paar darauffolgende Beiträge gelesen. Das Gefühl beim Lesen war ein großer Mischmasch-Gefühlscoktail. Von Bedrücktheit, Traurigkeit, Freude, Freiheit, Wärme, Gleichgültigkeit und Geborgenheit war alles dabei. Am meisten jedoch hat mich der einfache Satz von Iowa umgehauen:

    Zitat

    Wenn ich ein liebes Wort oder eine Geste oder eine Umarmung nicht nur hören und sehen sondern auch wieder im Bauch spüren kann.


    Diesen Satz hatte ich damals gar nicht registriert bzw. verstanden. Und jetzt haut er mich um. Das Gefühl, wenn die kleinste Tochter freudestrahlend sich um dein Bein wirft, wenn du nach Hause kommst oder wenn du mit ihr irgendwelche Puppen, Fillipferdchen oder Pippi-Lampf(!)strumpf spielen sollst, kann dir keine Droge der Welt geben. Nüchtern ist es manchmal derart warm ums Herz, dass man erst wieder lernen muss die geballte Ladung auszuhalten.

    Ich bin froh, es bis hierhin geschafft zu haben.

    Viele Grüße
    Karamasow

    Ich maße mir nicht an alles zu wissen. So wie ich den Begriff Quartalssäufer verstehe, sind bei ihm längere Trinkpausen ohne Probleme möglich. Die Aussicht auf den Abschuss besänftigt das Suchtgedächtnis.
    Die körperliche Entgiftung würde ich nicht so hoch hängen. Die ist meines Wissens nach recht schnell abgeschlossen. Die psychische Abhängigkeit ist der weitaus schlimmere Part. Der dauert dein ganzes Leben.
    Zu deiner wiederholten Aufforderung nach Substanz. Also ich lese da Substanz im Geschriebenen der LZT. Nimm dir Zeit. Lies hier viel - insbesondere in den Lebensgeschichten. Die Tips fallen nicht vom Himmel, man erkennt sie wenn sie einem angeboten werden.
    Zur Frage ab wann man trocken ist, verhält es sich ähnlich. Wenn du es wirklich bist, dann weißt du es. Der Alk rückt in den Hintergrund. Das braucht Zeit. Schätzungweise mindestens 1 bis 2 Jahre.
    Zur Aggression: Ja, das bist du. Das zeigen auf andere hilft dir auch nicht weiter.
    Zum Namen: Egal. Das ist nicht wichtig.

    Ausrede:

    Zitat

    Zuhören würde ich ja gerne, wenn denn mal was substantielles kommen würde.

    null Einsicht:

    Zitat

    Ab wann ist man LZT? Sind wir hier im Kindergarten?

    Zitat

    und was hätte ich denn hier einsehen sollen???


    Fangen wir damit an, dass man nach 1,5 Monaten noch nicht trocken ist. Man ist abstinent. Jeder Quartalssäufer schafft das was du gerade machst.
    Oder gehen wir zu dem Punkt über, dass die Alkoholsucht, also das irreversibel umprogrammierte Suchtgedächtnis, nicht ausschließlich rational und mit dem Verstand zu erklären ist.

    Es wäre außerdem schön, wenn du nicht beleidigen würdest und andere als blöd hinstellst. Deine Aggression ist Teil deiner Krankheit.

    Viele Grüße
    Karamasow

    Ich finde die Grundaggressivität und der geschriebene Inhalt spiegeln die nassen Gedanken eines Alkoholikers wider. Null Einsicht, Aggression, Ausreden, wiederholende rhetorische Fragen, Anderen gehts noch schlechter, ich bin die schillernde Ausnahme, der Verstand ist stärker als das Suchtgedächtnis, etc.

    Belustigend und eigentlich traurig zu gleich. Auf jeden Fall eine interessante Abwechslung.

    Okay, Trockenarbeit.

    Vor ein paar Tagen war ich mit einem nahestehenden Menschen im Fußballstadion. Durst hat man da auch. Wir standen in der Schlange und ich schaute auf die Angebote. Da fragte er mich tatsächlich, ob ich einen Glühwein haben wöllte. Dafür hatte ich nur einen bösen Blick und ein genervt-fragendes "neeein?!" übrig. Mehr Worte wurden darüber nicht gesprochen. Ich trank eine Cola und er auch.
    Im Nachhinein habe ich mich darüber sehr geärgert. Eigentlich schon währenddessen. War es Naivität? Dachte er, er tut mir etwas gutes? Wollte er selbst Alkohol trinken? Findet er es doof, dass ich nichts mehr trinke? Ist er eigentlich selbst Alkoholiker? Beim Schreiben bemerke ich, dass es sich sortiert und ich mit ihm über die Situation nochmal sprechen muss. Das hätte ich vermutlich gleich machen sollen, aber da konnte ich noch nicht.

    Karamasow

    Guten Morgen,
    gleich schwerer Tobak am frühen Morgen. Nun denn.

    Zitat

    Was hast du denn in der Zeit über Alkoholiker gedacht, als du noch nicht süchtig warst?

    Wenn ich ehrlich bin, komme ich dabei nicht gut weg. Ich war erst spät ein Trinker mit ca. 30 vielleicht. Demnach hatte ich als Erwachsener viel Zeit nüchtern über Alkoholiker ein Urteil zu fällen. Und das Urteil war null vorurteilsfrei. Früher war für mich ein nasser Alkoholiker ein Mensch, der es nicht geschafft sich im Griff zu halten. Ein Mensch, der Probleme hatte oder überfordert war und die Probleme oder Überforderung wegsoff. Ein Mensch, der die Realität nicht sehen wollte wie sie ist, weil es zu weh tat oder nicht dem entsprach was er sich früher vorgestellt hatte. Ja und in Summe deshalb irgendwie auch ein schwacher Mensch.
    Ich glaube genau diesen Grundtenor in der Gesellschaft auszumachen. Und dementsprechend wird dann auch der trockene Alkoholiker mit Skepsis beäugt. Er ist jetzt zwar trocken, aber wer weiß, wann er wieder rückfällig wird.
    Jetzt, da ich selbst Alkoholiker bin, sehe ich das aus einem anderen Blickwinkel. Aber so hart es klingt, ein Teil der Vorurteile treffen für mich zu. Das was mir die Krankheit u.a. gelehrt hat ist, die Arroganz in der Beurteilung über andere Menschen zu verlieren. Wenn ich jetzt einen nassen Alkoholiker sehe, empfinde ich Mitleid, weil ich weiß wie es ist ein Sklave der Droge zu sein.

    Carl Friedrich : Ja, auch keine Therapie. Ich werde darüber nachdenken müssen, was für mich konkret Trockenarbeit sein soll.

    Zeit erscheint erstmal ein guter Ratgeber zur Bewältigung des subjektiven Gefühls.

    Viele Grüße
    Karamasow