Beiträge von HerrPalomar

    Das schöne ist, dass der Alkohol nur die Spitze des Eisbergs ist, an dem ich beinahe zerschellt wäre.
    Seit dem ich trocken bin, entflamme ich unentwegt Zündhölzer, um die Spitze zu schmelzen - und immer mehr des Eisbergs kommt an die Oberfläche. Das ist ein langsamer Prozess, aber ein reinigender.
    Vor drei Monaten konnte ich mir noch nicht vorstellen, wie sich mein Leben ändern würde.
    Jetzt im Moment bin ich einfach nur dankbar. Ich will nie wieder zurück.

    Es nutzt der beste Anreiz von außen nichts, wenn der Betroffene selbst noch nicht so weit ist.

    Ja, das wollte auch ich mit meinem Post ausdrücken.
    Ein Anreiz von außen kann natürlich einen Denkprozess in einem selbst auslösen, der dann letztlich in der Einsicht gipfelt, dass man alkoholkrank ist.
    Aber wie du richtig sagst: Wenn man selbst noch nicht so weit ist, geht das ins Leere.
    Mir hat 2013 das erste Mal eine gute Freundin gesagt, dass sie mein Trinken für problematisch hält, und mir geraten, Hilfe zu suchen.
    Das habe ich ignoriert und mich weiter selbst belogen, sogar noch schlimmer als zuvor, da ich mir angesichts dieser - von mir als Vorwürfe empfundenen - Ausführungen meiner Freundin noch mehr in den eigenen Sack gelogen habe, weil ich das Thema ab diesem Zeitpunkt, als es für mich nach Außen getreten war, noch intensiver verdrängt habe. Es hat dann noch fast 5 Jahre gedauert, bis ich mir selbst eingestanden habe, dass ich Alkoholiker bin, und ich nicht kontrolliert trinken kann, auch wenn ich es mir noch so oft einreden wollte.

    Hallo,

    ich spreche jetzt von mir: Für mich gibt es nur eine Methode zur Genesung, und die liegt in mir selbst begründet. Genesung von außen funktioniert für mich nicht - lediglich Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe. Niemand kann den Weg für mich gehen.
    Wenn ich so Dinge lese wie "Jemand kam von außen und nahm die Dinge für mich in die Hand" (so oder so ähnlich ein Zitat weiter oben in diesem Thread), sehe ich das problematisch. Letztlich bin ich persönlich überzeugt davon, dass nur die Eigeninitiative für mich zum Erfolg führt, denn diese setzt voraus, dass man akzeptiert hat, Alkoholiker zu sein. Da konnten mir Menschen von außerhalb aber hundertmal sagen, dass ich ein Alkoholproblem habe - solange ICH es nicht akzeptiere und annehme, ist die Genesung schwierig. Ich weiß, dass ich mich vom Saufen nur selbst wegbekomme. Das kann niemand für mich tun. Niemand kann für mich auf das erste Glas Bier verzichten. Niemand kann für mich die begleitenden, seelischen Prozesse übernehmen. Niemand kann für mich mein Leben ändern. Niemand kann für mich lernen, wie ich mit meiner Nüchternheit umgehe (was ich in meiner Saufzeit nicht konnte, sonst hätte ich nicht gesoffen). Ich kann Unterstützung dabei erhalten, und für diese bin ich auch dankbar. Aber die Schritte, um trocken zu werden bzw. zu bleiben, liegen bei mir.

    Gruß,
    Herr Palomar

    Wahre Worte.
    Ich habe mich vor 3 Monaten angemeldet, dann ca. 1 Woche geschrieben, dann aber sehr schnell auch in eine SHG bei mir in der Nähe gefunden - der ich seit dieser Zeit treu bin. Ich gehe, sofern es mir beruflich möglich ist, täglich hin, sogar am Wochenende.
    Das möchte ich nicht mehr missen, weil es mich nachhaltig trocken hält.

    Deshalb habe ich dieses Forum ein wenig aus den Augen verloren. Trotzdem bin ich dieser Plattform dankbar, weil sie sozusagen meinen ersten Schritt zum Trockenwerden und Nüchternbleiben begründet hat.

    Ich hoffe, dieser kurze Einwurf sei mir gestattet :)

    Hallo liebe Forengemeinde!

    Drei Monate sind nun ungefähr seit meinem letzten Beitrag vergangen.
    In dieser Zeit hat sich mein Leben komplett verändert, und es war nicht einfach. Warum war es nicht einfach? Weil ich lernen musste (und immer noch muss), mit meiner Nüchternheit klar zu kommen. Das konnte ich in meiner Saufzeit nicht, deswegen habe ich ja getrunken.

    Viele Nebelschwaden haben sich gelichtet. Ich litt jahrelang unter Depressionen, Angstzuständen und heftigen Panikattacken. Ich versuchte sie, mit Alkohol zu bekämpfen. Heute vermute ich stark, dass diese psychischen Zustände nicht zuerst da waren - sie wurden durch Alkohol und den zwischenzeitlichen Pausen, in denen ich nichts getrunken habe ausgelöst und verstärkt. Wenn ich dann wieder meine "Dosis" bekam, waren die Panikattacken eine Weile gut, dann kamen sie wieder, weil ich den Alkohol brauchte. So sehe ich das heute, und ich denke, da liege ich richtig, denn, wie soll ich es sagen: Seit ich trocken bin, sind die Zustände fast verschwunden, also es ist alles deutlich besser geworden.
    Schon krass, wie man sich jahrelang auf dem Holzweg befindet, und sich selbst betrügt, in den eigenen Sack lügt.

    Ansonsten verläuft mein Leben gerade so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Es ist nicht alle eitel Wonne, und ich habe nach wie vor Saufdruck - es wird weniger, und ich habe Mechanismen gelernt, damit umzugehen. Bin auch in einer SHG (fast täglich gibt es Meetings, und ich versuche, so oft wie möglich zu gehen), in der ich viel über mich, mein Selbstmitleid von früher, meinen Alkoholkonsum, meine Ängste und meine Verhaltensweise gelernt habe, weil ich zum ersten Mal aus dieser neuen Sichtweise heraus über mich reflektiert habe: Alkohol war kein Versuch, meine Symptome zu bekämpfen, sondern er war die Ursache - der Auslöser all meiner Probleme.
    Eine spannende Erkenntnis, die mich anfänglich ganz grundlegend erschüttert, ja geradezu schockiert hat, da mein Selbstbild, das ich über viele Jahre kultiviert habe, und sich aus Lügen, Selbstbetrug und Groll unterschiedlichen Ausmaßes gespeist hat, komplett in sich zusammengebrochen ist.

    Meine Persönlichkeit ist immer noch ein Kartenhaus. Manchmal fühlt sich meine Trockenheit sehr fragil an. Wenn ich es nicht aushalte, rufe ich jemanden an, den ich aus der SHG kenne. Und dann schaue ich, dass ich mein Hinterteil ins Meeting schaffe - denn diese Lebensqualität, die ich jetzt habe, möchte ich nicht mehr aufgeben. Und ich male meinem Leben, und vor allem meinem Verhältnis zu mir selbst, das auch jenes zu meinen Mitmenschen bestimmt, ein neues Gesicht.
    Danke fürs Lesen und alles Gute euch Allen :)

    Das Wort Achtsamkeit wird gerne von werdenden Abstinenzlern gebraucht. Es umfasst m.E. jedoch auch die Eigenvorsorge, dem Alkohol erst mal nicht zu nahe zu kommen, auch wenn's schwer fällt.

    Der Rat hat seine Berechtigung. Ein Neuling ist noch unsicher unterwegs und verkennt womöglichdie Gefahren, die vom Suchtgedächtnis ausgehen.

    Ich kann nur empfehlen, dich in die Problematik des Suchtgedächtnisses einzuarbeiten, z.B anhand von einschlägiger Fachliteratur. Vergleich deren Ausführungen mal mit den Ratschlägen von schon etwas abstinenten Usern. Die Übereinstimmungen sind erstaunlich.


    Hallo Carl Friedrich!

    Danke, du (und alle anderen, die mir gleiches geraten haben) hast recht.
    Ich habe das jetzt auch konsequent durchgezogen - da waren natürlich wieder so viele Gelegenheiten mit den Spielen der Fußball-WM ("Gehen wir nach der Arbeit auf 'ein' Bier und schauen das Match?"). Ich habe immer abgelehnt, weil ich in dem Moment genau gespürt habe: Antialkoholisch trinken würde einfach nicht funktionieren - vielleicht 1 oder 2 Getränke, dann würde ich mich überreden lassen - und zwar von mir selbst überreden lassen. Den Leuten um mich herum ist das ja egal - aber es kamen in der Vergangenheit immer wieder mal schnippische Kommentare wie "Achja, der ist ja jetzt Abstinenzler - so eine Spaßbremse". Die haben dann MIR ein schlechtes Gewissen eingeredet und ich sah mich tatsächlich bemüßigt, "aus Solidarität" doch was zu trinken - weil es in der Vergangenheit immer so war, und weil ich andere ja vielleicht "enttäuschen" könnte.

    Das sind ganz gefährliche Mechanismen, die mir aber jetzt in den letzten zwei Wochen erst bewusst geworden sind. Aber diese zu durchschauen ist immens wichtig, um dem nicht mehr anheim zu fallen. Man liefert sich da ansonsten komplett aus.

    Die Sache mit dem Suchtgedächtnis kann ich total nachvollziehen, so geht es mir heute noch mit dem Nikotin. Ich sage da immer von mir: Ich kein Nichtraucher - ich bin ein Raucher, der einfach nicht mehr raucht. Weil ich genau weiß, wie gefährlich es ist: Es gibt nicht "die eine Zigarette". Genauso wenig, wie es "das EINE Bier" gibt.

    Liebe Grüße,
    Palomar (immer noch trocken)

    Falls du Lust hast und es dir nicht zu privat ist: Was bedeutet Achtsamkeit für dich?

    Achtsamkeit ist für mich vor allem, mein Leben und meine Handlungen, aber auch meine Gedankenwelt bewusster wahrzunehmen und zu hinterfragen. Mehr im Hier und Jetzt leben, und das aufmerksamer, als ich es bisher tat.
    Gedankenspiralen, die sich immer schneller unreflektiert drehen, bewusst anzuhalten und mir einfach anzusehen, was da gerade passiert - die Kontrolle über sich verselbständigende Gedanken wieder übernehmen.
    Auch mal zu fragen: "Warum hast du das jetzt getan?". Nicht den "Autopiloten" alles machen lassen. Mehr in sich hineinhören. Milder zu sich selbst sein und entspannter im Moment leben.

    Achtsamkeit ist aber auch im Zusammenhang mit meinen Mitmenschen wichtig. Ich habe in meiner Angststörungs- und Depressionsselbsthilfegruppe gelernt, wieder mehr Verantwortung für mich zu übernehmen. Ich bin in allererster Linie für mich selbst verantwortlich.
    Ich hatte die Tendenz, mich immer mehr um andere zu kümmern, als um mich selbst. Wichtig war, dass es anderen gut ging.
    Jetzt achte ich mehr auf mich - was aber nicht heißt, dass ich ein totaler Egoist werden möchte. Egoist in dem Sinne, dass ich erkannt habe, wie wichtig es ist, sich selbst zu lieben. Auf den eigenen Vorteil in gesundheitlichen Dingen bedacht sein. Das auf alle Fälle.

    Achtsamkeit ist auch, mit offeneren Augen durch die Welt gehen.
    Gerade beim Alkohol komme ich auf Dinge drauf, die für mich selbstverständlich waren. Klar, zum Geburtstag, zu Silvester, da stößt man einfach mit einem Gläschen an. Gehört dazu.
    Warum eigentlich? Warum gehört es dazu?
    Warum kann ich ohne Alkohol nicht entspannen? Hilft mir Alkohol tatsächlich, meine Panikattacken und Depressionen in den Griff zu bekommen?
    Solche und andere Fragen tun sich da auf - und das ist gerade sehr wichtig für mich, weil es mein Leben von Grund auf ändert...

    Hoffe, das war jetzt nicht zu "wirr" und es ist einigermaßen rübergekommen, was ich meine...


    Hat es bei den Rauchuntensilien nicht auch geholfen?

    Kannst auch gleich mal deine Lebensmittel durchforsten...

    Ja, das hat geholfen :)

    Die Biergläser müssen zumindest mal aus der Wohnung. Vielleicht verschenke ich sie auch.
    Interessanterweise hatte ich so gut wie nie Alkohol zuhause, nur wenn ich Besuch erwartet habe. Da habe ich den Alkohol für den Besuch gekauft, weil ich dachte, die brauchen das. Und dann ist das meistens total eskaliert, weil ich, aus Angst, zu wenig anbieten zu können, jede Menge gekauft habe.
    Zudem haben die auch immer noch alle was mitgebracht.

    Ich habe fast ausschließlich in Lokalen oder bei Freunden getrunken, bei mir zuhause alleine nur ganz selten (aber das war auch schon genug).

    Mir gefällt das, was du über Achtsamkeit geschrieben hast. Das ist ein Vokabel, das mir in den letzten zwei Jahren öfters untergekommen ist - auch, was meine Depressionen und Panikattacken betrifft...

    Da hast Du noch sehr viel zu lernen.

    Hallo Carl Friedrich,
    ja, natürlich habe ich das. Ständig. So ist das Leben. Ich bin nicht perfekt.
    Als blauäugig würde ich mich aber nicht bezeichnen. Ich weiß schon, um die Gefahren, und dass das sehr riskant von mir war. Ich werde das auch nicht mehr machen.

    Mir ist völlig bewusst, dass die paar Tage nichts trinken noch gar nichts aussagen, und dass ich achtsam sein muss.
    Danke für deinen Beitrag.

    Ich frage mich z.B., warum hier bei mir immer noch Weingläser in einem Schrank rumstehen und dort Staub fangen. Was will ich mit denen? Was wollte ich mit denen eigentlich vorher, denn ich war nie ein Weintrinker und habe mir im Leben vielleicht 10 Flaschen zum persönlichen Gebrauch gekauft, wobei die meisten dann für Kochen draufgingen. Gut, ich hatte die Gläser geschenkt bekommen. Die kommen gleich in einen Karton in den Keller und dann werden sie verschenkt. Wenn sie keiner haben will, dann halt ab inne Tonne. Ein alkoholumfreies Umfeld hat nicht nur was mit "keinen Alk dahaben" zu tun :wink:

    Stimmt. Da sollte ich im Wohnungsumfeld auch noch einiges bereinigen.
    Jede Menge Biergläser aus aller Welt da, die von Reisen zurückgebracht habe, als Souvenirs. Die haben da nichts mehr verloren...

    Als ich zu rauchen aufgehört habe, trug ich alle Rauchutensilien wie Aschenbecher, Feuerzeuge etc. direkt runter in den Müll.


    Der Unterschied liegt im vertrautem Umfeld. Manche meiden sogar den Supermarkt, in dem sie immer den Alk gekauft haben. Die Typen in der Innenstadt mit Bierdosen können dir egal sein, es sei denn, sie sind ein vertrautes Umfeld für dich.

    Ich werde auf mich achten, diese vertrauten Umfelder zu meiden. Es gab/gibt bei mir ein sehr vertrautes Umfeld im soziokulturellem Bereich, was ich leider nicht mehr besuchen werde, obwohl ich dort gerne mitgearbeitet habe. Aber ich habe in einem Laden mit Bühne und Theke nichts zu suchen, obwohl ich viele gute Leute dort kenne und tolle Veranstaltungen mitgestaltet habe.

    Ja, das ist mir definitiv klar. Danke euch allen nochmal für diese Verdeutlichung und Nachschärfung.
    Wenn jemand nach der Arbeit zu mir sagt: "Na, gehen wir auf EIN Feierabendbierchen?", werde ich natürlich auch dankend ablehnen.
    Stammpub ist auch Verbotszone. Heute wird da schon wieder Fußball geglotzt und währenddessen ununterbrochen Bier getrunken. Da habe ich nichts verloren. Ich schaue mir das höchstens zuhause bei einem Glas Wasser und ein paar Nüsschen an...

    Extrem gefährliches, fahrlässiges und in meinen Augen auch geradezu dummes Verhalten, was schnell in den Rückfall führt.
    Aber mir solls ja egal sein, ich bin trocken.
    Ich lese hier auch in letzter Zeit vermehrt, das man meint, dem Alk entgegen gehen zu müssen.
    Warum ist mir rätselhaft. Hauptsache, überall dabei sein, nicht wahr?

    LG Sunshine

    Nein, nicht überall dabei sein. Im Gegenteil. Ich konnte da nicht aus, da es eine Abschiedsfeier einer sehr guten Freundin war, und ich seit einigen Wochen auch mit der Planung beschäftigt war.

    Ich gebe dir schon recht, dass das nicht optimal war, das wird auch so nicht mehr vorkommen.
    Ich will dem Alkohol nicht entgegen gehen. Andererseits: Nicht mit Alkohol konfrontiert zu werden, ist so gut wie unmöglich, außer man lebt auf einer einsamen Insel. Egal wo man vorbeigeht, überall wird Alkohol getrunken - in Cafés, Imbissbuden, Restaurants, ja sogar auf Parkbänken oder an irgendwelchen Ecken stehen Leute mit Bierdosen. Die Regale in den Supermärkten. Wo ist der Unterschied? Da kann ich auch rückfällig werden.
    Wenn es nach dem ginge, dürfte ich gar nicht mehr außer Haus gehen, sondern müsste den ganzen Tag im Bett liegen bleiben. Das geht auch nicht.
    Und habe ich auf der Party getrunken? Nein. Ich habe auch kein einziges Mal Lust dazu verspürt. Ich bin der Meinung, dass ich darauf eigentlich stolz sein kann...

    Klar ist mir aber natürlich schon, dass ich jetzt mal länger nicht mehr zu solchen Gelegenheiten außer Haus gehe. Dem Alkohol im Alltag ständig auszuweichen, das wird auf Dauer aber einfach nicht funktionieren.
    Ich habe vor einigen Jahren auch zu rauchen aufgehört - da war das ähnlich. Natürlich vermeidet man am Anfang die Situationen, in denen man wieder leicht zu einer Zigarette greifen könnte. Aber irgendwann sollte man lernen, damit umzugehen, wenn andere um einen herum rauchen. Ich denke, dass es mit dem Alkohol ähnlich sein wird. Aber vielleicht täusche ich mich da auch.

    Hallo an die Forengemeinde,

    ich hatte mich ja vor genau einer Woche im Vorstellungsbereich eingefunden und mich und meinen Entschluss, mit dem Trinken aufzuhören, kurz vorgestellt.

    Was ist seit dem passiert?

    Nun, vielleicht das Wichtigste zuerst: Ich habe seitdem keinen Tropfen getrunken.
    Am selben Tag noch war ich beim Arzt und habe mich über diverse Hilfseinrichtungen in meiner näheren Umgebung informiert.
    Die körperliche Untersuchung ist verhältnismäßig "glimpflich" ausgefallen (keine irreversiblen Schädigungen der Leber z.B.), die Laborergebnisse sprechen aber eine klare Sprache.
    Bei der Befundbesprechung gestern hat mir der Arzt erklärt, dass man an den Werten auf den ersten Blick erkennen kann, dass ich zu viel trinke (bzw. getrunken habe), und er meinte, er sei aufgrund des Befunds sogar in der Lage zu sagen, was im Detail (vor allem Bier in großen Mengen).
    Eine leichte Fettleber ist wohl auch schon da, diese ist aber angeblich reversibel, wenn ich jetzt mein Leben ändere.

    Punkt 2: Ich bin letzten Donnerstag (mit einigem Bammel) in eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe gegangen. Da weiß ich noch nicht, was ich davon halten soll. Jeder spricht halt nur für sich, Ratschläge gibt es keine. Ist vielleicht gar nicht so schlecht, es soll ja eine "Hilfe zur Selbsthilfe" sein. Ich gehe diese Woche aber sicher wieder hin, alleine, die Geschichten anderer zu hören hilft schon, bisschen mehr über sein Verhalten zu reflektieren (was ich ja früher so gut wie nie tat, sondern diesen Alkoholkonsum immer verharmlost habe).

    Im Vorstellungsbeitrag schrieb ich ja, dass ich am nächsten Tag (das war der letzte Mittwoch) auf eine Party eingeladen war, und ich dort nicht hingehen würde.
    Nun, ich war tatsächlich doch dort und habe es genossen, Apfelsaft und Eistee zu trinken - während meine ganzen Freunde ein Bier nach dem anderen und Kurze in sich reingeleert haben. Ich war um 22:30 nüchtern zuhause, bin am nächsten Tag frisch und ausgeruht, ohne Kater, ins Büro gefahren und konnte meinen Tag bestreiten.
    Ein paar Freunde, die auch auf der Party waren (und auch tw. Arbeitskollegen sind), habe ich den ganzen Tag nicht im Büro gesehen. Ich habe dann erfahren, dass sie erst um 05:00 morgens heimgekommen sind.

    Dieses Gefühl, nüchtern und ohne Kater in den Tag zu starten, ist einfach so schön. Ich möchte das jetzt immer so haben.

    Ich hatte nach einer durchzechten Nacht früher immer so eine Art "Suffdepression" in Verbindung mit starken Panikattacken.
    Mein Arzt meinte, dass Alkoholkonsum meine Panikattacken (an denen ich seit 15 Jahren leide) nur noch verstärken würde. Noch ein Grund mehr, nichts mehr zu trinken.

    Im Suff sind mir früher immer die schlimmsten Sachen passiert: Gestürzt und/oder mir selbst Verletzungen zugezogen. Kompletter Kontrollverlust bis hin zu totalen Filmrissen. Mit Menschen gestritten und mich zerstritten. Dinge gesagt, die ich am nächsten Tag bereut habe, weil sie irgendetwas in Gang gesetzt haben, das ich so nie wollte. Das hat dann diese "Suffdepression" im verkaterten Zustand nur noch schlimmer gemacht.

    Und jetzt: Nein, danke. Ich möchte das nicht mehr. Das Leben ist nüchtern viel schöner. So soll es weitergehen.
    Danke fürs Lesen.