Beiträge von Eismann

    Hey Hana,

    schon klar, Augen auf bei der Programmwahl. Ich schau eh kaum fern.

    Mich hat nur meine aggressive Reaktion gewundert, bin sonst eigentlich nicht so. Ist wohl ähnlich wie bei militanten Ex- Rauchern. Bin neu in Sachen Abstinenz und kannte das so nicht.

    Hallo,

    gestern habe ich gelesen und weil mein Mitbewohner vergessen hatte auszuschalten lief nebenbei TV. Bedeutende Erfindungen. Irgendwann ging es um Bier. Nach kurzer Zeit, in der gefühlt in jedem zweiten Satz der Begriff 'Bier' fiel war ich derart genervt, das ich ausgeschalten habe. War dann wieder gut.

    Abgesehen davon, wie meine Wahrnehmung auf Alkohol anspringt- von den Beiträgen davor habe ich eigentlich nichts mitbekommen- fand ich meine aufkommende Aggression bemerkenswert. Sollte mir doch eigentlich egal sein, ob bei den alten Sumerern mal Getreidebrei vergoren wurde. Ich empfand das aber als Angriff auf meine Abstinenz.

    So ging es mir bisher weder im Restaurant noch bei Alkoholwerbung. Hat jemand ähnliche Erfahrungen? Was sagt es euch?

    Euch allen einen schönen Sonntag

    Eismann

    Was ich dir noch sagen wollte,

    es ist eigentlich nicht meine Art per Brief Schluss zu machen aber für mich ist es einfach besser, wenn wir beide Abstand halten.

    Wir haben uns früh kennengelernt und wir hatten ne Menge Spaß miteinander. Die schönen Nachmittage am Strand, legendäre Tanzeinlagen oder die Hand, die unterm Tisch zum Mädchen nebenan gewandert ist- du warst immer dabei.

    Später in der Ausbildung. Was haben wir gelacht. Und wenn ich früh leicht verstrahlt zum Unterricht gegangen bin und wildfremde Menschen mich freundlich mit 'Hi Eismann' gegrüßt haben, ja da musste ich grinsen und wußte, wir zwei haben wieder zugeschlagen und uns gut amüsiert.

    Party Hard war irgendwann vorbei und der Ernst des Lebens begann. Auch da konnte ich mich auf dich verlassen. Du warst da, wenn ich dich brauchte und so hätte es bleiben können.

    Leider hat sich unser Verhältnis irgendwann verändert. Die Leichtigkeit war weg. Gelegentliche Dates waren dir plötzlich nicht mehr genug. Mir übrigens auch nicht. Vor allen anderen habe ich unsere Beziehung geheim gehalten. Brauchte ja keiner wissen, dass ich was mit dir hab. Ich habe für uns einen kleinen Freiraum geschaffenen, wo ich dich immer wieder heimlich besuchen konnte. Da warst du mir schon manchmal unheimlich.

    Aber was soll's. Lief ja alles. Familie, Job, Hobbys- alles kein Problem dachte ich. Man war ich verpeilt- oder besser fremdbestimmt. Meine Freizeit habe ich um dich herum organisiert. Wenn ich morgens lieber nicht mit dem Auto auf Arbeit fahren wollte ließ ich mich schon mal krankschreiben. Sogar meine Ehe stand auf der Kippe weil ich zwei Beziehungen nicht mehr unter einen Hut bekommen habe. Meine Persönlichkeit begann zu verschwimmen und ich habe mich vor mir selbst geekelt wenn ich mal wieder heimlich zu dir geschlichen bin oder wenn ich morgens in den Spiegel sah und mir außer 'Ach du Sch...ße!' nicht mehr viel einfiel.

    Du merkst selbst- klingt alles nicht mehr nach einer Beziehung auf Augenhöhe. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als unser Verhältnis aufgeflogen ist. Keine Lügen, kein Versteckspiel mehr. Wieder frei atmen.

    Seit wir Abstand haben geht es mir besser. Mein Tag hat wieder 24 Stunden. Ich wache morgens auf, bin fit und weiß, wie ich abends ins Bett gekommen bin. Ich kann mich wieder um mich kümmern, um mein Leben und um die, die ich wirklich liebe. Auf einmal gibt es wieder so viele Sachen auf die ich mich freue und in meinen Plänen spielst du keine Rolle mehr.

    Ich bin dir nicht böse. Klingt vielleicht blöd aber ich hab es ja so gewollt. Ich werde auch keine Kämpfe mit dir führen. Bist eh stärker. Ich hätte keine Chance. Nein, unsere Wege trennen sich einfach hier. Das mit uns hat keine Zukunft. Ich weiß, das du dir damit schwer tun wirst und du kannst hartnäckig sein. Ich werde deshalb aus sicherer Entfernung ein wachsames Auge auf dich haben. Such dir jemanden, der mit dir klarkommt.

    It' s all ober now, baby blue...

    Hallo Hartmut,

    vielen Dank für diese Perspektive. Von der Seite hab ich das noch gar nicht gedacht. Es bestärkt mich auf jeden Fall. Meine Freunde haben schon signalisiert, das sie von sich aus in meiner Gegenwart auf Alkohol verzichten.

    Hey,

    hatte in der Zeit zwischen Entgiftung und LZT auch Gäste, für die ich unmittelbar vorher Bier besorgt habe. Was nicht alle wurde, hab ich ihnen mitgegeben. Dachte mir, warum sollen die sich wg. meiner Krankheit einschränken?

    Abgesehen vom vermeidbaren Risiko weiß ich heute nicht mehr, wo ich für die Gäste eine Einschränkung gesehen hab. Wenn ich als Fleischfresser bei einem Vegetarier zu Besuch bin gibt es halt nicht mein Lieblingsessen sondern was anderes. So what? Ich komme ja nicht in erster Linie des Essens wegen. Und wer mich nur mit Alkohol etragen kann der muss sich ja nicht mit mir rumquälen.

    Viele Grüße

    Eismann

    Hallo Seeblick,

    vielen Dank. Du hast Recht. Hier in der Therapie (übrigens mit Seeblick) werden einem die Freiräume eingeräumt, sich auszuprobieren bzw. etwas nur für sich zu tun. In Kürze werden wieder andere Themen in den Vordergrund treten und am Zeitkontigent knabbern. Bei allen berechtigten Anforderungen die das Leben an mich stellt wird es wichtig, mir weiterhin dies "ICH- Zeit" zu organisieren. Sicher nicht immer einfach und ich muss aushalten, Erwartungen auch mal nicht zu erfüllen. Auf der anderen Seite hat mein Tag ohne Alkohol plötzlich wieder 24 Stunden :)

    Viele Grüße

    Eismann

    Noch so ein Weg, wo ich am Anfang stehe. Ich habe mich immer daran orientiert, was andere von mir erwarten (könnten) und nicht darauf geachtet, wie es mir geht. Eismann macht das. Eismann ist immer gut drauf. Eismann sagt nicht nein. Logisch, Eismann wollte ja auch gemocht werden. Das habe ich so perfektioniert, das es mir oft schwer fällt, mir über meine Bedürfnisse/ Gefühle im klaren zu sein und diese dann auch nach außen zu vertreten.

    Im Alltag übe ich jetzt in verschiedenen Situationen wahrzunehmen, was in mir vorgeht, was dahinter stecken könnte und was mir dieses Gefühl eigentlich sagen möchte. Ich hoffe, das wird mal zum Automatismus. Ich versuche Gedanken zu äußern, die ich früher als unwichtig für mich behalten hätte. Ich habe mir bewusst gemacht, was meine Lebensziele sind und festgestellt, dass manche kurzfristigen Erfolge, denen ich nachgejagt bin gar nicht dazu passen.

    In der Therapie habe ich Tai Chi für mich entdeckt. Waldbaden habe ich schon gemacht, bevor der Begriff publik war. Beides hilft mir, den Pegelstand im Stress-Fass niedrig zu halten. Außerdem durfte ich einen reizenden kleinen Kerl kennenlernen. Mein inneres Kind. Die Unterhaltungen tun uns beiden gut.

    Ich bin der Mensch, mit dem alles steht oder fällt, was ich noch so vorhabe. Und so zu so einer wichtigen Person möchte ich künftig ganz besonders lieb sein.

    Ja, Achtsamkeit und Selbstfürsorge. Darüber lerne ich gerade viel. Eigentlich traurig, dass ich dafür fast 50 Jahre alt werden musste. Es sind kleine Veränderungen, die ich nicht mehr missen möchte. Zum Beispiel bei der Frage "Wie geht's dir?" erstmal kurz in mich reinzuhören bevor ich antworte.

    Hallo AufderSuche,

    mein Zuhause haben meine Partnerin und ich schon nach der Entgiftung verändert. Alk ist komplett raus, mein Vorrats- und Trinkraum ist umgestaltet und meine über Jahre zusammengetragene Sammlung von Bier-Reklameschildern ist von der Wand und verschenkt.

    Freunde, gute Bekannte und die Familie wissen Bescheid. Mein Notfall-Koffer ist gepackt und mit meiner Partnerin besprochen. Eine ambulante Nachsorge habe ich beantragt. Erster Termin bei einer SHG ist direkt am Tag nach meiner Entlassung- muss nur noch die Chemie stimmen. Ein Erstgespräch beim Psychologen steht Ende September an. In die Arbeit steige ich mit Hamburger Modell ein und wechsel auch den Arbeitsbereich da ich bisher eher Einzelkämpfer war. Unser Betriebspsychologe will mich jetzt auch regelmäßig sehen.

    Hier in der Therapie haben wir verschiedene Szenarien intensiv durchgesprochen und ich hoffe, dass ich das praktisch alles umsetzen kann wenn es drauf ankommt.

    Was macht mir Sorgen? Zunächst mal die Rückfallstatistiken. Vor mir waren schon viele voller Optimismus und gut vorbereitet am Start. Ich habe auch Bedenken, dass ich nach einer gewissen Zeit der Abstinenz diese als Selbstläufer ansehe und sorglos im Umgang mit meiner Krankheit werde. Zu guter Letzt habe ich ja lange heimlich getrunken. In der Vergangenheit habe ich eigene Fehler auch gerne vertuscht. Da ist die Sorge nicht weit hergeholt, bei einem Rückfall auch wieder in diese Heimlichtuerei zu verfallen.

    Da hab ich schon noch ein paar dicke Bretter zu bohren. Allerdings kenne ich einige schon langjährig abstinente Alkoholiker. Diese Beispiele machen mir unglaublich Mut.

    Hallo Hartmut,

    ich weiß, das die erste Zeit in "freier Wildbahn" die gefährlichste ist. Zwischen Entgiftung und LZT konnte ich zwar schon mal vier Wochen üben aber ja, jetzt geht das echte Leben wieder los. Keine morgendliche Gruppe, kein täglicher Therapieplan und als sicherer Raum nur meine Wohnung. Deshalb bin ich froh über die Möglichkeit, hier in den Austausch treten zu können.

    Mein letzter Trinktag war der 16.02. Das soll auch so bleiben. Mit meinem bisherigen Trinkverhalten würde ich eher früher als später vor die Wand fahren und ein anderes ist mir durch meine Abhängigkeit nicht möglich, hab's probiert. Deshalb ist lebenslange Abstinenz auch mein Ziel.

    Hallo ich bin der Eismann. Alkohol begleitet mich seit gut 30 Jahren durch das Leben. Mein Trinkverhalten war von Anfang an problematisch. Seit mindestens 13 Jahren würde ich mich als abhängig bezeichnen. Zunächst eher so exessiver Partytrinker entdeckte ich irgendwann Alk als eine bequeme und schnelle Möglichkeit, Probleme auszublenden. Und weil das so gut funktionierte hab ich mir über andere Strategien nie Gedanken gemacht. Als mein Konsum meiner Partnerin unheimlich wurde und sie anfing unbequeme Fragen zu stellen bin ich halt in den Untergrund gegangen und hab heimlich weiter getrunken. Für gelegentliche Funktionseinschränkungen hatte ich so meine Ausreden. Mein System lief- wenigstens für mich. Allerdings habe ich mich nicht mehr wohl gefühlt. Den Ausweg habe trotzdem lange nicht gefunden. Relativieren, Trinkpausen, Versuch des kontrollierten Trinkens... Ich stand mir da selbst im Weg, trank immer mehr und öfter, meine Beziehung stand vor dem Aus, Hobbys habe ich vernachlässigt und meine Persönlichkeit war dabei, sich aufzulösen. Dann ist mein Vorratslager aufgeflogen. Es folgte ein Teileingeständnis meiner Partnerin gegenüber. Ja, da ist ein Problem und man müsste mal... Zwei Tage später habe ich mich komplett abgeschossen und landete mit 2,8 Prom. im Krankenhaus. In der qualifizierten Entgiftung habe ich mich ziemlich schnell zur LZT entschlossen. Diese geht nächste Woche zu Ende. Für meine Abstinenz möchte ich unbedingt am Thema Sucht dranbleiben und dazu gehört für mich u.a. der Austausch in realen und virtuellen Selbsthilfegruppen. So weit für den Anfang.

    Eismann