Hallo
Merlyn, hallo an alle Anderen
Ich
las all eure Beiträge und fand mich darin wieder. Ich habe ähnliches
durch, mit meinem Vater, zuerst trank er regelmäßig, dann soff er
täglich bis zu Umfallen. Mit zunehmenden Alkoholisierungsgrad wurde
er immer aggressiver und beleidigender und es tat weh, sehr weh.
Anfangs ertrug ich es und flüchtete dann, wenn ich es nicht mehr
ertrug, es zu viel wurde. Das ging so ca. 10 Jahre, irgendwann war
ich so verletzt, daß ich es nicht mehr ertragen wollte und brach den
persönlichen Kontakt (Besuche) völlig ab. Ich fragte mich: warum tu
ich mir das alles an, wenn all meine Versuche nicht fruchteten. Es
war reiner Selbstschutz. Natürlich brach ich den Kontakt zum Vater
nicht völlig ab, ich versuchte mit ihm zu telefonieren, doch blieb
der Alkoholiker beim Alkohol. Dann irgendwann starb er. Ich bin heute
noch erstaunt, daß ein Körper einen > 20 Jahre andauernden
permanenten Alkoholmissbrauch aushalten konnte.
Ich
kam zu der Erkenntnis, wenn ein Alkoholiker nicht will, ist man als
Außenstehender völlig machtlos. Anfangs beteuert der Betroffene
„Besserung“ , ist man dann weg, wird weiter getrunken, traurig,
aber wahr. Meiner Ansicht nach sind Alkoholiker einsame, unsichere
Menschen, der Alk macht sicher und stark (für den Moment, die
Momente werden verlängert). Kritik am Konsumverhalten wird als
„Angriff“ betrachtet, das macht Angst/ unsicher – ein
Teufelskreis.
Selbst
die kleinste Kritik, eine Bemerkung und sei es nur ein Augenrollen
werden als „Angriff“ wahrgenommen. Den Betroffenen in Ruhe
lassen, auch ein Fehler = keiner interessiert sich für einen. Sicher
ein krankhaftes Verhalten. Wenn man nicht nur die Wirkung bekämpfen
will, muß die Ursache beseitigt werden! Das bedeutet in gewisser
Weise „Isolation“ (weg vom Alkohol) – wir wissen, das
funktioniert nur, wenn auch der Betroffene es will.
Diese,
unsere Machtlosigkeit läßt uns verzweifeln.
Ich,
mittlerweile 58, „geriet“ vor ein paar Jahren in eine ähnliche
Situation … erst trank ich, dann soff ich täglich (min. > 1
Promill/ Tag), alles, Bier, Schnaps, Wein, Hauptsache es wirkte. In
einer Euphorieblase zerstörte ich so nach und nach mein Leben.
Fahrerlaubnis weg, Job weg, Wohnung weg, Ersparnisse verprasst –
ja, ich war übel drauf. Ich trank aus o.g. Gründen: u.a.
Unsicherheit, Realitätsflucht. Nach ca. 1 Jahr des Mißbrauchs machte
es „klick“ , nun bin ich 1 Jahr trocken und mir fehlt der Alkohol
absolut nicht.
So
im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, man hätte mich vorher
gestopt. Hätte...
Ein
Alkoholiker weiß was er tut und weiß, das es ihm nicht gut tut,
doch er ist zu schwach aus eigenem Antrieb sein Treiben zu beenden.
Ihn zu zwingen wird fruchtlos bleiben, überreden kann funktionieren,
wenn das Umfeld stimmt.
Wäre
es so unvorstellbar, ein Mal mit deiner Mutter allein (!) zu reden, an
einem Ort wo niemand stören kann ohne Zeitdruck, ggf. auch mal einen zu trinken
(das schafft Vertrauen und verringert die Distanz). Kluge Tips,
Vorhaltungen, die berühmten wohlgemeinten Ratschläge scheinen eher
kontraproduktiv zu sein.
... schönes Wochenende.