Liebe Helene
Sehr gerne, Helene.
Hier sind viele tolle Leute, die dich verstehen und dir jeder Zeit mit Rat und Zuspruch bei Seite stehen. Das hat man auch bitter nötig in so einer Situation. Glaub mir, jeder der als Angehöriger an der Seite eines geliebten Menschen mit Alkoholkrankheit war oder ist, weiß, wie sich der Streit zwischen Herz und Kopf anfühlt.
Ich bin ein Herzmensch. Sehr sogar.
Ich habe hier einmal einen Satz gelesen, den ich nicht vergessen habe: ‚Herz aus, Kopf an.‘
Mir widerstrebt es sehr so zu denken, aber es kann die Rettung sein. Es ist die Rettung. Gerade als empathischer Mensch gerät man ansonsten unter die Räder.
sehr.
Ich weiß nicht, was passiert ist. Vielleicht habe ich jemanden einfach zu sehr verletzt. Ich habe mich für falsche Verdächtigungen und Missverständnisse bei ihm entschuldigt. Er war ganze Zeit ganz ruhig und sachlich, ich auch, aber Alkohol gehört für ihn "in seinen Kreisen" dazu. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass es, egal, was ich sage oder tue, kein Zurück für ihn geben wird. Ich fühle mich hundeelend
Das zu lesen kommt mir sehr bekannt vor - leider! Ich weiß genau wie sich diese Schuldgefühle anfühlen, diese Trauer, die Überlegung hätte ich besser so oder so gehandelt.
Bei mir sind es 12 Jahre, die damit ein Ende finden. Eine große Liebe. Mein Mann war ja auch sehr ruhig als er sich trennte, sehr ‚vernünftig’ und auch für ihn ist gab es kein zurück mehr. Seine Argumentationslinie war so glasklar und bestechend nachzuvollziehen.
Was habe ich für bittere Tränen vergossen, WhatsApp Texte geschrieben, Gespräche gesucht, immer wieder die Tür offen gehalten.
Ich sag dir mal was - das ist keine Ruhe und Vernunft, keine glasklarer Durchblick, der aus diesen Worten spricht sondern der knallharte Egoismus eines Trinkers der erst an sich und die Flasche denkt und nochmal an sich und die Flasche und dann vielleicht irgendwann an den Partner - wenn überhaupt! Wenn überhaupt.
Ich kann dir das so deutlich sagen, weil nach der Trennung fast ein Jahr vergangen ist, und ich seitdem so unfassbare Dinge in Zusammenhang mit ihm erlebt habe, die mir einfach so allmählich dämmern lassen, was eigentlich dahintersteckt.
Die ‚Schuld‘ wird auf den anderen abgewälzt, das beherrschen alkoholabhängige Menschen in allen nur erdenklichen Variationen und Nuancen - was damit endet, dass man sich den Kopf zerbricht, ohne Ende Trauert, Schuldgefühle hat etv.. - kannst du dir alles sparen!!
Ich wollte das vor einem Jahr überhaupt nicht hören, aber mittlerweile kann ich es mit doppeltem Rotstift unterstreichen.
Du hast nichts falsch gemacht - nichts!
Trinker sind dahingehend knallhart in ihrem Verhalten - egal wie toll und lieb sie ja eigentlich ansonsten nüchtern sind.
Man kann das alles nicht voneinander trennen.
Also Kopf hoch, trauere und weine aber blicke dann nach vorne.