Beiträge von Engel11

    Hallo zusammen,


    Ich habe mir hier etliche Nachrichten durchgelesen und finde mich in so vielen wieder. Ich möchte jetzt selbst etwas loswerden. Wird wohl etwas länger.


    Mein Partner und ich sind in den Fünfzigern, beide kommen aus langjährigen Ehen (geschieden) und sind seit 2,4 Jahren zusammen. Wir wohnen nicht zusammen, da wir jeder noch Kinder bei uns haben und etwas auseinander wohnen.

    Ich habe ihn auf einer Party kennengelernt. Ich nüchtern, da ich fahren musste und er im Laufe des Abends vermehrt alkoholisiert. Irgendetwas hat uns angezogen und es entwickelte sich langsam aber stetig eine Beziehung. Was mir recht schnell auffiel war, dass er recht häufig feuchtfröhlich Party macht, mit seinen verschiedenen Kumpelgruppen. Und das etabliert seit seinen Zwanzigern. Jährlichen Ballerman Trip, Partyboote, Wochenendpartys in verschiedenen Städten, mit männlichem Bekanntenkreis in örtlichen Kneipen, freitags mal raus mit Freunden. In der Woche tageweise ca. 3 x 0,5 Bier ist auch normal für ihn. Bier kann er wie Wasser trinken. Sein ganzes Umfeld ist so gestaltet, dass in regelmäßigen Abständen irgendwas los ist.


    In unseren ersten Monaten fand ich es echt extrem und insgesamt habe ich die Beziehung nun ca. 5x beendet aufgrund dieser Thematik, weil mir das Ganze sehr extrem vorkam bzw. Immer noch vorkommt. Er hat jedesmal sehr um die Beziehung gekämpft (ich würde ihn „erden“ und wäre seine Basis/Säule) und ich bin immer wieder eingeknickt, da auch starke Gefühle für ihn da sind.
    Ich selbst kenne das Thema Alkohol aus meiner Kindheit. Mein Vater war alkoholkrank, wurde im Suff aggro und meine Mutter war aus heutiger Definition Co-abhängig und wir Kinder dann ja wohl auch irgendwie.


    Mein Partner verbindet Alkohol nur mit positiven Dingen, Spaß, Tanzen, Party machen, Verbundenheit mit anderen spüren. Er wird nicht aggressiv. Er kann nicht nachvollziehen, warum ich seinen Konsum problematisch finde, da er als Person dann nicht ausfallend wird. Er geht seinem Job und seinem Alltag nach, erledigt alle Pflichten und ist kein Spiegeltrinker.

    Ich kann es nicht genau erklären, aber ich habe immer wieder einen dicken Knoten im Bauch. Ich würde auch gerne irgendwann mit ihm zusammenziehen (müsste in sein Haus, da er nicht wegziehen will) aber gedanklich und vom Gefühl her, ist mir jetzt schon klar, das werde ich nicht machen. Gefühlt ginge dann eine Falle zu und ich begebe mich in seine Abhängigkeit und hätte keine Möglichkeit für Rückzug mehr, falls er noch mehr weggehen würde und ich dass dann schlucken müsste.

    Mir geht es wie so vielen Angehörigen hier, kann ich meinem Gefühl, das sein Alkoholkonsum problematisch ist vertrauen? Übertreibe ich und bin einfach nur die Spassbremse? Ich hänge nun zu tief in der Bindung zu ihm drin und traue mich nicht ein weiteres Mal die Beziehung zu beenden. Er ist ein lieber, verbindlicher, zuverlässiger, zugewandter, lustiger, charismatischer, aktiver und toller Mensch und Partner.

    Aber ich mache mir sehr viele Gedanken ob das alles so richtig ist. Wenn ich mit ihm zusammen bin ist alles gut und die Gedanken und Missgefühle kommen, wenn wir getrennt unterwegs sind und ich innerlich zur Ruhe komme und alles reflektiere.


    Er ist ein innerlich sehr getriebener Mensch, mag nicht alleine sein, mag keine Stille, macht viel Sport und generell Dinge die Adrenalin und Dopamin ausschütten. Zur Ruhe kommt er wohl nur, wenn wir zusammen sind und ich ihn wie gesagt „erde“. Was sich fast schon langweilig anhört. Action und Party außerhalb und ich bin die Basis zum Aufladen, was mich aber immer mehr Kraft kostet. Wir gehen auch zusammen weg, aber da empfinde ich ihn kontrollierter. Keine Ende findet er, wenn er mit seinen Jungs unterwegs ist. Er trinkt und findet kein Ende. Für mich eine Art von Kontrollverlust. Er fängt an zu lallen und stinkt am nächsten Tag nach Alkohol. Das triggert mich stark und ich finde das alles dann nur erbärmlich. Einen Kater hat er danach nie.


    Ich habe keine Ahnung wie es weitergehen soll. Wir haben schon viele Gespräche deswegen geführt, für ihn steht es nicht zur Diskussion auf seine Partys etc. zu verzichten. Er sieht darin die Lust am Leben auszuleben und das wäre nichts schlimmes. Er will sein Leben auskosten.
    Er meinte sogar mal, ob ich es ihm nicht gönne oder missgünstig sei, weil ich nicht so einen Freundeskreis habe, mit dem ich sowas selbst machen könnte.

    Manchmal mache ich mir Sorgen, dass ich nun selbst in die Co-Abhängigkeit gerutscht bin. Wie komme ich da nur wieder raus? Nüchtern ist er der tollste Partner und diesen Menschen möchte ich nicht verlieren. Ein Dilemma :(.


    Danke für „Zuhören“.