Ich habe aus den vielen Geschichten der Angehörigen hier und auch meiner eigenen den Eindruck gewonnen, dass es am Anfang, wenn der Alkohol in die Beziehung einbricht, wirklich aus Liebe ist, dass es einem schwerfällt zu gehen.
Wenn man allerdings jahre- oder sogar jahrzehntelang an der Seite des Alkoholikers bleibt, habe ich eher den Eindruck, dass es die unerträgliche Angst vor dem Alleine sein ist und weniger Liebe, die viele hält.
Denn wie viel Liebe kann in einer Beziehung nach so langer Zeit mit unzähligen Enttäuschungen, Verletzungen, Vertrauensbrüchen, unschönen für immer ins Gedächtnis eingebrannten Szenen, Lieblosigkeit (es dreht sich ja alles bei beiden Partnern nur noch um das Eine, die ganze Aufmerksamkeit des Partners wird vom Alkohol beansprucht), vielleicht bis hin zur emotionalen und körperlichen Gewalt, wirklich noch übrig sein?
Für mich persönlich ein Ding der Unmöglichkeit. Bei mir war nach einem halben Jahr Abhängigkeit und vorher ca. 1,5 Jahren riskanten Konsums die Liebe schon sehr heftig im Sinkflug und wäre mit Sicherheit in kürzester Zeit nicht mehr vorhanden gewesen, da war einfach zu viel Schlechtes. Wenn immer nur genommen und nichts mehr gegeben wird, ist die Beziehung total aus dem Gleichgewicht und die Unwucht wird immer größer, je mehr Zeit vergeht. Es saugt einem einfach jegliche Energie und Lebensfreude aus.
Liebe erträgt eben nicht alles und verzeiht auch nicht alles. Sie ist ein zartes Pflänzchen, das gehegt und gepflegt werden will. Mit der Dampfwalze drüber zu fahren, nur noch Schlechtes miteinander zu erleben und psychisch im Dauerstress und einem permanenten Zustand der Anspannung zu sein, lässt sie sterben und man selber stirbt innerlich gleich mit.
Vielleicht verwechselt man die Unmöglichkeit, alleine sein zu können mit Liebe und täuscht sich damit selber. Vielleicht ist es eher Abhängigkeit, ob emotional oder finanziell, was nie erstrebenswert ist. Bestimmt lohnt es sich genauer hinzuschauen, warum einen das Alleine sein so tief verängstigt, dass man lieber in einer schlechten Beziehung bleibt und damit auch sich selber zerstört.
Ich war auch immer gerne Single und kam damit super zurecht im Leben, ohne Partner zu sein ist nicht das Ende aller Dinge. Auch alleine kann man ein erfülltes, zufriedenes und vor allem selbstbestimmtes Leben führen (wenn die Verletzungen aus der Beziehung geheilt sind) und gerade dann, wenn man das in der Beziehung nicht mehr hat, ist es vielleicht umso wichtiger, das zu erkennen.
Liebeskummer, Trauer wegen einer Trennung vergeht, eine Beziehung mit einem Süchtigen ist wie lebenslänglich in einem echt beschissenen Knast und die Zeit, die man so im Elend verschwendet, bekommt man nie mehr zurück.