Hallo Ste
tut mir leid, wenn ich Deine Forumspause herausgezögert habe
Vielen Dank für Deinen Input.
Das Gespräch ist grundsätzlich gut verlaufen. Also wir blieben alle ruhig und sachlich, aber ich erwartete auch nichts anderes. D. und ich hatten dasselbe Ziel und dieselben Anliegen. Er kommt zu solchen Terminen auch immer nüchtern und gut gepflegt, bleibt anständig und ruhig (zu ruhig, da sein Selbstvertrauen/Selbstwert mickrig ist). Trotzdem ist das Resultat etwas zermürbend.
Da D. noch nicht 25 ist, ist die mögliche Unterstützung extrem tief - da grundsätzlich die Eltern aufkommen müssen. Also der Betrag, welcher er für die Wohnung ungefähr vom Amt bekommen könnte, ist so tief, dass wir dafür nicht einmal ein einziges WG-Zimmer finden konnten. Gut, er könnte auch eine etwas teurere Wohnung suchen, dieser Betrag wird ihm aber dann von den Lebenshaltungskosten abgezogen. Würden wir einen Beitrag beisteuern, wird natürlich auch das weggerechnet. Und würden wir ihm unter er Hand etwas zukommen lassen, würde das bei einer Aufdeckung in eine Strafanzeige münden. Im Falle einer Ausbildung, würde er dann 150.- mehr erhalten, als das absolute Existenzminimum. Da habe ich dann die Sorge, dass der Anreiz echt zu klein ist, beruflich einzusteigen.
Aber der Hammer für mich ist, dass er zuerst einen Mietvertrag unterschreiben muss, bevor er den Antrag auf Übernahme durch das Amt einreichen kann. Also wenn es dumm geht und der Antrag dann abgelehnt wird, habe ich einen zusätzlichen Mietvertrag am Hals. Dass das gerade bei Menschen, welche finanziell knapp dran sind so gehandhabt wird, ärgert mich massiv. D. ist nun gestaucht und eher der Ansicht, zuhause wohnen bleiben zu wollen und weiter auf Lehrstellenjagd zu gehen. Toll wäre natürlich wenn er dafür einen Coach zur Seite bekäme, aber ich glaube, die kosten auch nicht wenig.
Ich fühle mich wie eine Maus in der Falle - und D. macht einen ähnlichen Eindruck. Thema war auch, warum er nie IV beantragt hatte. Diese Anmeldung wäre vor dem 18, Lebensjahr wichtig gewesen. Damals hatte D. auch einen Familienbegleiter, der versprach mit ihm den Antrag zu machen, was aber nicht geschah. Nun gut, morgen bespricht D. die Situation mit seinem Psychiater. Der wäre einzig ausschlaggebend, egal ob für den Antrag auf Sozialhilfe oder auch für eine IV-Anmeldung (bei letzterem ginge es nicht um eine Rente, sondern um Hilfe für eine berufliche Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt). Mit einer IV bekäme er dabei viel viel mehr Unterstützung. Aber ich habe das Gefühl, das Gespräch mit all den Zahlen und Eventualitäten hat D. so überfordert und erschlagen, dass er wieder abschaltet.
Ich komme aus der Situation einfach nie heraus. Ich arbeite mich in 3 Jobs (alle in der Betreuung und Pflege) dumm und dämlich, während sein Vater keinen Cent für die Kids mehr beisteuert (da die Tochter bereits eine Erstausbildung hat und mein Sohn über 18 ist und sie bei mir wohnen, muss er das nicht mehr), obwohl er gut 1500.- monatlich mehr verdient als ich. Aber ich bringe es einfach nicht übers Herz meine Kinder nicht mehr zu unterstützen und sie quasi auf die Strasse zu stellen oder sie in so jungen Jahren in Schulden geraten zu lassen.
Aber Mensch, ich habe doch auch nur 1 Leben und gehe auf die 50 zu. Gesundheitlich gebe ich recht ab, da ich in meiner wenigen Freizeit kaum noch Energie habe, mich zu sportlichen Aktivitäten zu überwinden. Zudem machen mein Rücken, meine Hände und Hüften mir zunehmend Probleme. Ich bin mir der Endlichkeit des Lebens immer bewusster und frage mich, ob ich meine verbleibende Zeit wirklich mit Aufopferung verbringen will, bis ich so verkrüppelt in die Pension gehen kann, dass ich nur noch für Netflix-schauen zu gebrauchen bin.
Meinen Alltag verbringe ich damit, es Mensch angenehm zu machen. In meinen Jobs kümmere ich mich, meinen Kids fühle ich mich verpflichtet, meine alten Mutter behalte ich stets im Auge (da sie alleine wohnt), mein Mann ist auch noch da ... . Selber aber stehe ich auf der Stelle. Ich kenne meine Wünsche und Bedürfnisse gar nicht. In meinem Leben hatte ich nie die Musse mich damit auseinanderzusetzen. Ich bin bei meinen Zukunftsträumen so fantasielos, dass ich mich schäme. Glück bedeutet für mich im Moment, alleine zuhause im Bett liegen zu können und von niemandem angesprochen zu werden. Dass keiner Ansprüche und Erwartungen an mich stellt. Einfach nur Ruhe und für mich sein.
Wau ein richtig Zufriedenheit-ausstrahlender Beitrag wird das hier .
So fertig gejammert. Ist halt nur wieder eine Enttäuschung mehr. Wir werden sie hoffentlich nutzen, um nach anderen Wegen zu suchen. Es gibt schon Programme für Jugendliche, welche D. bisher jedoch eher ablehnte, da diese stet mit Begleitung und vielen Gesprächen zusammenhängen. Aber ich kann mir vorstellen, dass das in baldiger Zukunft zum Thema wird. Jetzt wo er mit dem Ritalin offener auf seine Mitmenschen zugehen und etwas weniger verklemmt reden kann. Sein Vorteil wäre, dass er dann den dort erhaltenen Lohn fast ganz behalten könnte - mein Nachteil, ich sitze weiter auf den Kosten, jedoch mit Aussicht, dass D. einen beruflichen Einstieg findet. Also dass in weiter Zukunft ich von meinen gefühlten finanziellen Mutter-Pflichten befreit würde. Meine Tochter hat ja in 2.5 Jahren auch einen Beruf, der ihr Spass macht und mit dessen Zahltag sie gut über die Runden kommt.
Wenigstens trinkt D. gerade nicht, was das Zusammenleben erleichtert.
Ich bin heute wütend, unzufrieden und fühle mich von der Welt missverstanden und ausgenutzt. Das gibt es, ist nicht das erste und auch nicht das letzte mal - alles kommt und geht. Morgen ist ein neuer Tag.
Um 16:30 beginnt meine Schicht, drum lege ich mich noch ein Stündchen hin und kühle runter.
Ich bin froh, wieder hier zu sein. Tut gut, den Seelenmüll abzuladen. Merci und sorry zugleich !
Gruss aus der verregneten Schweiz
simi