Huhu,
ich möchte zur Vorweihnachtszeit ein kurzes Lebenszeichen geben .
Nachdem ich in den letzten Monaten wieder sehr in einem diffusen, flachen Müdigkeitsnebel versunken war, geht es mir jetzt wieder besser. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Ich hab die Schwankungen nach Absetzen der Pille im Januar im Verdacht, ohne das hier im Offenen näher ausführen zu wollen.
An meiner Situation hat sich nichts geändert. Immer noch kein Job, immer noch wohne ich bei meinen Eltern. Der Müdigkeitsnebel macht alles enorm schwer, und ich habs die letzten zwei Monate auch nicht mehr geschafft, mich zu bewerben. Ich wusste nicht, wie ich mit dieser ständigen, grauen Müdigkeit einen normalen Arbeitstag bewältigen sollte. Jetzt würde es gehen, aber ich fürchte, die derzeitige "gute" Phase ist nicht von Dauer, wie alle anderen "guten" Phasen zuvor. Kenne mich ja inzwischen schon 36 Jahre. Ich sehe das momentan recht abgeklärt, ich habe noch nicht herausgefunden, wie ich etwas daran ändern kann, würde es aber sofort versuchen, wenn ich es wüsste . Akzeptiere, was du nicht ändern kannst.
Trotzdem komme ich mit mir selbst gut voran, und das ist mir das Wichtigste. Ich habe in den letzten zwei Wochen vermehrt die Achtsamkeit für mich entdeckt, und merke, wie gut sie mir tut. Sie bringt Tiefe in mein Leben, in dem ich nicht viel fühlen kann. Der Weg ist das Ziel, diesen Satz habe ich erst jetzt wirklich verstanden. Laufe, wenn du läufst. Trinke Tee, wenn du Tee trinkst. Das führt weg aus jeglichem Suchtverhalten, das für mich dadurch geprägt ist, mich von etwas abzulenken. Ich kann mich prima vom Teetrinken ablenken, indem ich dabei mundatmend auf den Bildschirm starre. Und nacher ist die Tasse leer, und ich habe den Tee gar nicht geschmeckt. Diese Ablenkungsmechanismen sind bei mir immer präsent, wenn ich esse, greife ich automatisch zur Zeitung. Und dann ist der Teller leer und ich hab immer noch "Hunger". Ich glaub, da bin ich an einen Kernpunkt meines Suchtverhaltens gelangt.
Alkohol sollte auch ablenken.
Durch Achtsamkeit laufen diese Mechanismen gegen die Wand. Ich hab keine Ahnung, wohin mich das führen wird. Ob etwas Großes daraus entsteht, oder gar nichts. Ich lebe, ich werde sehen . Mir ist dabei auch die zeitliche Dimension weniger wichtig ("Im Moment bleiben."), wichtiger ist mir, wieder fühlen zu können. Wenn ich Tee trinke, schmecke ich jetzt den Tee. Interessant ist, dass ich dadurch Sachen aus meinem Leben schmeiße, die mir nicht gefallen. Ich bin gezwungen, alles 100%ig zu erleben, und so ertrage ich Dinge nicht mehr, die mir nicht schmecken, gefallen, guttun. Ich kann nicht mehr soviel essen, weil mir nach einem achtsamen Teller der Geschmack zuviel wird. Gestern ist der zweite Fernseher und die Playstation rausgeflogen. Das fade, flache Leben funktioniert nicht mehr. Mit Suchtmitteln war es erträglich (in letzter Zeit vor allem TV und essen), die Suchtmittel machen mein Leben flach, und zugleich sind sie das einzige, das etwas Farbe hineinbringt. Sozusagen Gift und Medizin zugleich. Geht nicht mehr. Je bunter das Leben durch die Achtsamkeit wird, desto weiter rücken die Suchtmittel von mir weg.
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich mittlerweile sieben Jahre trocken bin. Die Achtsamkeit funktioniert bei mir, aber sicher nicht bei jedem. Am Anfang stehen ohnehin andere Dinge im Vordergrund.
Leider merke ich, dass auch das Forum mir nach wie vor nicht gut tut. Als ich heute morgen den Entschluss fasste, einen kurzen Text hier zu schreiben, war ich sofort wieder mit den Gedanken auf der Meta-Ebene unterwegs. Habe mich selbst beobachtet und im Kopf formuliert, wie ich das schreiben könnte. Ich denke, ich werde dennoch hin und wieder was hierlassen . Einmal die Woche (oder so), kann ich das verkraften.
Mh, das klingt jetzt alles viel ernster und nachdenklicher, als ich mich eigentlich fühle. Ich schicks trotzdem mal ab .
LG
Pleja