Ich habe kapituliert

  • Hallo Sandmann,
    wenn ich dich richtig verstanden habe warst du mittlerweile in einer LZT. Auch ich habe ein LZT in Anspruch genommen und war mir dessen nicht bewusst was ich dort soll, obwohl ich mich freiwillig dort hin begeben habe. Nach 5 Monaten Therapie habe ich verstanden wie der Hase läuft. Wenigstens Ansatzweise. Ich weiss jetzt warum ich so bin wie ich bin. Und was ich tun kann damit es mir besser geht. Und das alles ohne Alk. Auch ich habe kapituliert, vor dem Alkohol. Er ist mächtiger als ich. Aber ich habe einen Weg gefunden, meine Kapitulation auch als Sieg anzusehen. Ich muss nicht mehr kämpfen und ich muss anderen nichts beweisen. Es geht tatsächlich nur um mich. Es hat viel zu lange gedauert eh ich das verstanden habe. Aber es war nicht zu spät.
    Schreib doch mal wie es dir so in letzter Zeit ergangen ist.
    Liebe Grüße
    Cora

    Es war ein Donnerstag und ich habe entschieden: Mein Leben muss sich ändern!

  • Hallo Cora,

    ich bin noch mitten in der Therapie und habe etwas mehr wie zehn Wochen vor mir. Eines der grundlegenden Ziele hier ist, ohne Alkohol zufrieden zu sein. Das erreicht man nicht durch "einfach aufhören", sondern durch Dinge, die dem Leben wieder einen Sinn geben. Das kann ein strukturierter Tagesablauf sein, aber auch Angagement in Ehrenämter oder diverse Hobby's.

    Nebenbei ist es wichtig, wieder Kontakt zu seinem eigenen Körper zu bekommen. Das hat nichts mit Sport oder Gymnastik zu tun, sondern einfach nur das Spüren von Bewegungen, Muskelanspannung, Atmung, Puls. Auch das Aushalten von Saufdruck ist ganz wichtig, denn es ist sicher, dass er nach einiger Zeit vorbei geht.

    Diese Therapie wird abgerundet mit Konfliktbewältigung, Training des Selbstbewußtsein, Job-Coaching und vielen anderen Alltagshürden, die später auf einen zu kommen können.

    Der einzige Zufallsgenerator sind die Mitpatienten, denn diese haben einen großen Einfluß auf die Gruppenstruktur. Aber selbst das ist - wenn Störenfriede vorhanden sind - eine gute Lehrstunde für zwischenmenschlichen Zusammenhalt und/oder Beziehungskonflikte.

    Ich selbst bin jetzt erst fünf Wochen dabei. In der Anfangsphase hatte ich große Probleme mit dem ständigen Wechsel zwischen Therapieblock (ca. 90 Minuten) und kurzer Freizeit, denn ich konnte nichts vernünftiges damit anfangen. Als Ausgleich konnte ich jedoch vom ersten Tag an mit meiner Gruppe starten, denn Dinge wie Berührungsangst und "erst mal die Leute kennen lernen" habe ich nicht. Leider gibt es auch dies, und es ist nicht selten, dass Mitpatienten erst einmal 6 Wochen brauchen, um sich an- und in eine Gruppe zu gewöhnen.

    Meine Aufgabe in der Therapie ist, meinen generellen Pessimismus zu kompensieren und zu lernen, Probleme die ich habe, nicht in mich rein zu fressen. Gelingt mir das, so denke ich ein gutes Stück weiter gekommen zu sein, um glücklich abstinent zu bleiben. Die Chance der dauerhaften Abstinenz habe ich nur, wenn ich es fertig bringe zu sagen, dass es sich ohne Alkohol viel besser leben läßt; eben kein Problemlöser, kein Entspannungsmittel, kein Schlaftrunk. Dafür gibt es Kommunikation, Muskelentspannungstraining, Meditation - und nicht zuletzt der eigene Wille.

    Zum Schluß möchte ich dir sagen, dass ich so eine LZT nur als "Schubser" für mich selbst sehe. Danach muß ich sehen, ob dieser kleine Anstoß langt, um mich auf Weltreise zu halten. Auch du kannst mir dabei helfen.

    Merci,
    Manni

    Aus Steinen die man dir in den Weg legt, kann man auch was Schönes bauen (Johann W.v.Goethe)

  • Hallo Leute,

    bin sprachlos, wie lang ich schon nichts mehr geschrieben habe. Es ist viel passiert in dem halben Jahr - zumindest sehe ich das so.

    Mitte März diesen Jahres war die Zeit meines Klinikaufenthaltes um. Auf einmal raste die Zeit, dabei wollte ich noch so viel wissen und tun. Jetzt muß ich es alleine schaffen - keine Käseglocke und erst mal keine Gespräche mit geschulten Leuten.

    Meine Aufgabe: Nachsorge, Gruppe suchen, Arbeit finden. Dabei nicht aus den Augen verlieren, was die vergangenen 16 Wochen gelaufen ist.

    Der erste Kontakt mit der Agentur war ernüchternd - erst mal die Arbeitsfähigkeit feststellen. Da das genau in der Urlaubszeit war, zog sich die Zeit wie Kaugummi. Danach hatte ich aber Glück. Bekam eine Weiterbildungsmaßnahme mit Bewerbertraining. In dieser Zeit soll ich ein Praktikum finden, um Kenntnisse aufzufrischen.

    Parallel dazu gehe ich in die Nachsorge. Die Gespräche gefallen mir gut und ich habe das Gefühl, genügend Anregungen zu bekommen. Nur eine Gruppe habe ich noch nicht gefunden.

    Zwischenzeitlich habe ich auch schon eine Einladung für mein erstes Ehemaligentreffen der Klinik bekommen. Es war ein sehr schöner heißer Tag und ich wäre auch länger geblieben, wenn ich nicht leider so wahnsinnig wenige aus meiner Gruppe getroffen hätte. Gerade mal ein viertel Jahr her und schon so mau.... Was mich allerdings stolz machte: ich hatte meinen ersten Jahrestag. Ab jetzt dachte ich öfter: "Ja, es geht!"

    Meine Weiterbildungsmaßnahme endete und auch hier schaffte ich es, weder krank zu sein noch unpünktlich zu erscheinen. Aber ich hatte noch kein Praktikumsplatz.
    Erst im letzten Moment und völlig unverhofft bekam ich ein Angebot, dass ich auch annahm.

    Und jetzt sitze ich hier - und schreib mir das alles von der Seele. Ein Jahr Abstinenz, eine Tagesstruktur, Menschen zum reden und Hoffnung für die Zukunft. -- Eine größere Diskrepanz innerhalb diese Zeitraumes kann ich mir gar nicht vorstellen und manchmal zweifel ich, ob das wirklich wahr ist, was ich da das letzte Jahr durchlebt habe...??

    Gruß, lasst es euch gut gehen.

    Aus Steinen die man dir in den Weg legt, kann man auch was Schönes bauen (Johann W.v.Goethe)

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