Beiträge von Sandmann

    Ich finde deine Geschichte total wichtig, @Apfelsine. Doch! Die ganze Welt soll sie erfahren! Sie soll erfahren, dass es solche Väter gibt, die wegen dem "Spaßfaktor" einfach das Rückgrad von Kindern zerbrechen. Und sie soll erfahren, dass nicht jeder erwachsene Mensch ein "normales" Leben hatte. Das so manche "Merkwürdigkeit" durch tiefen Schmerz verursacht wurde.

    Vielleicht hören wir dann auch wieder genauer einander zu?
    Vielleicht sind wir dann auch wieder sensibler mit anderen?
    Vielleicht helfen wir wieder dem Anderen..?

    Danke, für Deine Geschichte, Sandmann

    Hallo Petter (noch mal),

    habe es doch nicht lassen können, deinen Thread bis zum heutigen Ende durchzulesen.
    Als erstes bekommst du von mir mal eine (virtuelle) Watsch'n, weil du vergangenes Weihnachten ohne Geschenk zu deiner Mutter gefahren bist. Auch wenn herauszulesen ist, dass du ein Teil deines Schicksal's auf ihren Schultern suchst - wie oft wird sie auch um dich geweint haben, die letzten 15 nassen Jahre?? ..Und ob du nochmal eine Gelegenheit dazu findest ein bißchen Dankbarkeit zu zeigen, weiß ich ja nicht..

    Der letzte Teil deiner Erzählung ist ja übersäht mit einem Arbeitsplatz- und Wohnwechsel nach dem anderen. Ja, ich komme mir auch wie ein Kind vor, der die anderen Erwachsenen nie so richtig verstehen wird. Ich glaube, dass die Abhängigkeit von dem Mammon, und die damit verbundene Lug- und Trugwelt viel schlimmer ist, als meine Alkoholabhängigkeit.

    Wie oben schon geschrieben, sind meine drei Jahre recht unspektakulär verlaufen. Ich habe die Zeit, die dir fehlt, und brauche sie genauso. Ich beschäftige mich mit mir selbst und meide Kneipen und Saufgelage. Ich hatte noch nie einen Saufdruck und bin dankbar dafür, dass ich es so leicht gemacht bekam..
    Natürlich ist das Stärkste an mir der Wille. Trocken bis ans Ende meiner Tage, aber das Wichtigste ist das JETZT und HEUTE.

    Wünsche dir für deine Prüfung und neue Arbeit alles Gute. Versemmel es nedd..
    Gruß Sandmann

    Hallo Petter,

    ich hab mich jetzt schon eine Ewigkeit nicht mehr eingeloggt, aber als ich es denn heute machte, fiel mir deine Überschrift sofort ins Auge. Ich bin nämlich selbst ziemlich genau drei Jahre trocken und was gibt es besseres, mal zu lesen, wie es anderen so ergangen ist?

    Das ist viel Stoff, den du geschrieben hast und ich bin erst auf Seite 6 (vom Datum: Ende 2009). Ich werde nicht alles in einem Rutsch lesen können, denn dann käme ich mit der Verarbeitung nicht mehr hinterher. So gefühlsmäßig denke ich, dass es dir auch mal gut tut zu lesen, dass es noch Andere geschafft haben - wenn auch nicht mit sovielen Tiefen, wie du sie erlebt hast. Ich weiß auch nicht, ob ich deine "Probleme" gemeistert hätte - jeder ist woanders schwach. Und da ich ein gutes soziales Umfeld um mich herum habe, bin ich auch ein wenig geschützter vor dieser "ach so bösen Welt".

    Zur Zeit bewegt mich der Abschnitt, Gefühle zuzulassen. Was ist das für eine Größe, sich weinend vor jemand hinzustellen und zu sagen: "ich bin verletzt - du tust mir weh" ? Ja, ich kann das. Weil mir Ehrlichkeit wichtiger ist als das Gefüge meiner Maske. Weil ich erlebt habe, dass es nicht Schwäche, sondern Stärke ist. Und weil ich in den Augen der anderen oft lesen kann: "das würde ich auch gerne können - aber ich habe Angst".

    Ja die Angst.. vor dem Aufhören, vor dem Neuen, vor dem Ungewissen, vor dem eigenen Charakter, vor dem Umfeld und den Außenstehenden - vor der eigenen Familie.. die beschäftigt mich heute noch immer. Ich werde zeitlebens Angst haben, aber sie nicht jedem zeigen.

    So, das soll mal genug sein. Ich hoffe, du freust dich über meine Nachricht..
    Gruß Sandmann

    Hallo Leute,

    bin sprachlos, wie lang ich schon nichts mehr geschrieben habe. Es ist viel passiert in dem halben Jahr - zumindest sehe ich das so.

    Mitte März diesen Jahres war die Zeit meines Klinikaufenthaltes um. Auf einmal raste die Zeit, dabei wollte ich noch so viel wissen und tun. Jetzt muß ich es alleine schaffen - keine Käseglocke und erst mal keine Gespräche mit geschulten Leuten.

    Meine Aufgabe: Nachsorge, Gruppe suchen, Arbeit finden. Dabei nicht aus den Augen verlieren, was die vergangenen 16 Wochen gelaufen ist.

    Der erste Kontakt mit der Agentur war ernüchternd - erst mal die Arbeitsfähigkeit feststellen. Da das genau in der Urlaubszeit war, zog sich die Zeit wie Kaugummi. Danach hatte ich aber Glück. Bekam eine Weiterbildungsmaßnahme mit Bewerbertraining. In dieser Zeit soll ich ein Praktikum finden, um Kenntnisse aufzufrischen.

    Parallel dazu gehe ich in die Nachsorge. Die Gespräche gefallen mir gut und ich habe das Gefühl, genügend Anregungen zu bekommen. Nur eine Gruppe habe ich noch nicht gefunden.

    Zwischenzeitlich habe ich auch schon eine Einladung für mein erstes Ehemaligentreffen der Klinik bekommen. Es war ein sehr schöner heißer Tag und ich wäre auch länger geblieben, wenn ich nicht leider so wahnsinnig wenige aus meiner Gruppe getroffen hätte. Gerade mal ein viertel Jahr her und schon so mau.... Was mich allerdings stolz machte: ich hatte meinen ersten Jahrestag. Ab jetzt dachte ich öfter: "Ja, es geht!"

    Meine Weiterbildungsmaßnahme endete und auch hier schaffte ich es, weder krank zu sein noch unpünktlich zu erscheinen. Aber ich hatte noch kein Praktikumsplatz.
    Erst im letzten Moment und völlig unverhofft bekam ich ein Angebot, dass ich auch annahm.

    Und jetzt sitze ich hier - und schreib mir das alles von der Seele. Ein Jahr Abstinenz, eine Tagesstruktur, Menschen zum reden und Hoffnung für die Zukunft. -- Eine größere Diskrepanz innerhalb diese Zeitraumes kann ich mir gar nicht vorstellen und manchmal zweifel ich, ob das wirklich wahr ist, was ich da das letzte Jahr durchlebt habe...??

    Gruß, lasst es euch gut gehen.

    Hallo Feuervogel,
    ich hab das jetzt alles gelesen und denke, auch gemerkt zu haben dass dieses Thema ein weites Feld ist.
    Prinzipiell bin ich ja mit den meisten Gedanken einverstanden wenn da nicht immer diese Ungenauigkeit (meist nicht gewollt oder beachtet) von DU_SOLLST, DU_MUßT wäre. Statt zu schreiben ES_HILFT_DIR, ES_WÄRE_BESSER oder VERSUCHE_ES_MAL_MIT...
    Verstehst du was ich meine?

    Gruß Manfred

    Schönen Abend,

    bevor ich weiter denke schreibe ich erst mal, in was für einer Situation ich mich gerade befinde: ich befinde mich mitten in einer Langzeittherapie, die ich für 16 Wochen bewilligt bekommen habe. Davon sind jetzt ca. 12 Wochen um. Ging es am Anfang der Therapie erst mal um die Akzeptanz krank zu sein, die Kontrolle über den Alkohol verloren zu haben und alle körperlichen Symptome und Fähigkeiten, so wird jetzt im aufbauenden Teil der Fokus mehr auf die eigene Person gelegt.

    Für meinen Teil kristallisiert sich immer mehr heraus, dass ich nicht gelernt habe Verantwortung zu übernehmen. Um dieses bedrückende Gefühl weg zu bekommen, setzte ich Alkohol ein. Das kann natürlich nur ein kleiner Abriß dessen sein, was sonst noch so schief liegt - auf der anderen Seite aber groß genug sodass ich mich frage: wo fange ich an?

    Es geht also bei mir um Verantwortung. Muß ich nicht vorher etwas tun, um wieder meine Frau, meine Familie wertzuschätzen? Denn wie sonst könnte ich den freien Willen aufbringen, mich darum zu kümmern. Muß ich nicht erst mal wieder lernen Achtung, Aufmerksamkeit, Empfinden und Stolz zu geben und zu spüren? Und zwar für mich und für andere? Kann ich das schlechte Weltbild was ich habe, einfach als nicht änderbar akzeptieren ohne gleich saufen zu müssen?

    Alles Problemfelder, die sich aus dem einzigen Wort "Verantwortung" herauslesen lassen. Alle zielen darauf ab, dass ich was tun soll - das es an mir ist, etwas zu ändern. Und - wer genau gelesen hat, entdeckt nicht eine Formel, wie man Abstinent bleibt. Sondern nur Dinge, die helfen können, mit einer gewissen Zufriedenheit Abstinent zu bleiben.

    Hier in Therapie trifft man Menschen, die es ohne Hilfe mehrere Jahre geschafft haben, sowohl Entgiftung als auch Abstinenz durchzustehen. Der Rückfall kam einfach deshalb, weil sie sich als Mensch nicht im gleichen Maße entwickelt haben. Weil der Ansatz statisch war - ähnlich wie mit dem rauchen aufzuhören. Andere, die schon mehrere Therapien durchlaufen haben sagen meist, dass diese anfängliche Achtsamkeit immer mal wieder durch Müdigkeit unterbrochen wurde.

    So, jetzt komme ich zu meinem eigentlichen Thema zurück. Wie soll ich es denn verarbeiten dass es ok ist, wenn meine Frau mit mir und in Gesellschaft Alkohol trinkt - aber zu hause nicht? Wenn sie Kuchen backen darf - aber bitte nicht mit Alkohol, denn bei uns soll ja nichts davon rumstehen. Soll ich ihr sagen sie möge in die nächste Kneipe gehen, wenn das Bedürfnis da ist? Ja das kann ich machen, aber ich brauche dann nicht mehr in den Spiegel zu schauen. Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Mut zur Veränderung funktioniert nur dann, wenn ich bei mir selber anfange - ohne wenn und aber.

    Was nützt mir denn meine Abstinenz, wenn ich bleibe wie ich war? Ich habe noch ganze vier Wochen, um mir Impulse zu holen – ein ganzes Leben um diese Umzusetzen. Mit Fehler, mit Erkenntnissen, aber was ich wichtig finde: mit dem, was mich ausmacht.

    Gruß Manfred

    ich habe mir oft anhören müssen, dass es nicht ratsam sei, in seinem häuslichen Umfeld Alkohol zu haben. Der Sinn sollte sein, in kritischen Situationen nicht so schnell an den "Problemlöser Nr.1" zu gelangen. Dabei ist mir immer wieder die Argumentation aufgefallen: der Lebenspartner kann ja auf Alkohol verzichten, wenn er mich wirklich liebt. Schließlich geht es bei mir um Leben und Tod.

    Was Leben und Tod angeht, so ist jeder Alkoholiker dafür selber verantwortlich. Diese Last muß er alleine tragen. Abstinent leben zu wollen bedeutet im Endeffekt, auch eine andere Einstellung zur Sucht - und damit zu sich selber - zu erlangen. Weil die Sucht ein Teil von mir ist, das ich nicht abschütteln kann. Die häusliche Umgebung suchtmittelfrei zu halten ist eine gute Hilfe für den, der seine Labilität einzuschätzen weis. Jedoch mit der Verknüpfung - "ich bin krank" - "das ist fast ein Gesetz" - "wenn du mich liebst..." - eine Anforderung (Einforderung), die einem nicht zusteht.

    Der Alkoholiker weiß am besten wie schwer es ist, Bedürfnisse zu unterdrücken oder hinten anzustellen. Aber genau das wird vom Lebenspartner meistens erwartet. Oft mit der oben genannten Begründung: ich bin krank.
    Objektiv gesehen ist der Wunsch nach einem suchtfreien Raum nur das Eingeständnis der (noch) eigenen Schwäche gepaart mit der Knebelung des Partners.

    Gruß Manfred

    Hallo Cora,

    Stalking ist eine schlimme Sache und meist schlimmer für das Opfer als für den Täter. Du brauchst einen Freund/in der auf dich aufpasst und dir beisteht. Alles Andere siehst du richtig. Für deinen Ex bist du nicht verantwortlich. Stelle dir mal folgende Frage: "Was tut mehr weh"? Rückfall und Absturz mit all seinen Konsequenzen, oder etwas Liebe mit anschließender Tracht Prügel?

    Gruß Manfred

    Hallo Cora,

    ich bin noch mitten in der Therapie und habe etwas mehr wie zehn Wochen vor mir. Eines der grundlegenden Ziele hier ist, ohne Alkohol zufrieden zu sein. Das erreicht man nicht durch "einfach aufhören", sondern durch Dinge, die dem Leben wieder einen Sinn geben. Das kann ein strukturierter Tagesablauf sein, aber auch Angagement in Ehrenämter oder diverse Hobby's.

    Nebenbei ist es wichtig, wieder Kontakt zu seinem eigenen Körper zu bekommen. Das hat nichts mit Sport oder Gymnastik zu tun, sondern einfach nur das Spüren von Bewegungen, Muskelanspannung, Atmung, Puls. Auch das Aushalten von Saufdruck ist ganz wichtig, denn es ist sicher, dass er nach einiger Zeit vorbei geht.

    Diese Therapie wird abgerundet mit Konfliktbewältigung, Training des Selbstbewußtsein, Job-Coaching und vielen anderen Alltagshürden, die später auf einen zu kommen können.

    Der einzige Zufallsgenerator sind die Mitpatienten, denn diese haben einen großen Einfluß auf die Gruppenstruktur. Aber selbst das ist - wenn Störenfriede vorhanden sind - eine gute Lehrstunde für zwischenmenschlichen Zusammenhalt und/oder Beziehungskonflikte.

    Ich selbst bin jetzt erst fünf Wochen dabei. In der Anfangsphase hatte ich große Probleme mit dem ständigen Wechsel zwischen Therapieblock (ca. 90 Minuten) und kurzer Freizeit, denn ich konnte nichts vernünftiges damit anfangen. Als Ausgleich konnte ich jedoch vom ersten Tag an mit meiner Gruppe starten, denn Dinge wie Berührungsangst und "erst mal die Leute kennen lernen" habe ich nicht. Leider gibt es auch dies, und es ist nicht selten, dass Mitpatienten erst einmal 6 Wochen brauchen, um sich an- und in eine Gruppe zu gewöhnen.

    Meine Aufgabe in der Therapie ist, meinen generellen Pessimismus zu kompensieren und zu lernen, Probleme die ich habe, nicht in mich rein zu fressen. Gelingt mir das, so denke ich ein gutes Stück weiter gekommen zu sein, um glücklich abstinent zu bleiben. Die Chance der dauerhaften Abstinenz habe ich nur, wenn ich es fertig bringe zu sagen, dass es sich ohne Alkohol viel besser leben läßt; eben kein Problemlöser, kein Entspannungsmittel, kein Schlaftrunk. Dafür gibt es Kommunikation, Muskelentspannungstraining, Meditation - und nicht zuletzt der eigene Wille.

    Zum Schluß möchte ich dir sagen, dass ich so eine LZT nur als "Schubser" für mich selbst sehe. Danach muß ich sehen, ob dieser kleine Anstoß langt, um mich auf Weltreise zu halten. Auch du kannst mir dabei helfen.

    Merci,
    Manni

    Hallo kommal,

    Ich kann dir jetzt schreiben, wie ich mich fühle: aufgehoben, akzeptiert und meist mit einer inneren Zufriedenheit.
    Denke, verstanden zu haben, warum man während und vielleicht auch nach einer Langzeittherapie selten in der Lage ist, darüber zu schreiben. Ich kann es jedenfalls nicht...
    Eben, weil es einzigartig ist.

    Gruß Manfred

    Servus,

    danke für die ermunternden Worte. Letzte Woche bekam ich Post - die Kostenübernahme für eine LZT wird genehmigt, es geht in die Pfalz glaub ich.

    Wie es mir geht kann ich zur Zeit schwer beantworten. Eigentlich gut, wäre da nicht die Information, dass die LZT mit 16 Wochen angesetzt ist. Ich kann noch nicht einmal sagen ob ich begreife, was das eigentlich bedeutet. Jegliche Aktivität die ich derzeit zu Hause mache - einfach ausgesetzt und nur volle Konzentration auf mich selbst... ist das machbar? Auch ich bin irgendwo von Mr.Computer abhängig und es vergeht kein Tag ohne Benutzung. Damit meine ich nicht die Rubrik Internet & Co, das kann man überall tätigen.

    Wie fühlt man sich also wenn man weiß, dass man 16 Wochen lang in einer Umgebung leben soll, die einem erstmal fremd ist? Gibt es einem nicht das Gefühl der Isolation, der Abgeschnittenheit? Kann ich mich daran gewöhnen und sagen >>alles andere ist unwichtig<< ? Ich habe Zweifel...

    Ja, rebellisch war ich schon immer. Das muß kein Vorteil sein, hat aber zur Folge, dass man viele Dinge mehr als üblich in Frage stellt. Für mich ist das die einzige Basis zur neuen Erkenntnis. Leider mit dem Nachteil, dass "normalos" nicht damit umgehen können.

    Na gut, ich freue mich erstmal, dass es bei mir weiter geht - jedoch von Adrenalinstößen bleibe ich nicht verschont. Weihnachten wird für mich wohl dieses Jahr ein sehr ruhiges und besinnliches Fest...

    Gruß Manfred

    Servus,

    ...ich habe diese Langzeittherapie gedanklich in Frage gestellt, weil ich viel Zeit habe, darüber nachzudenken.

    Mir ist irgendwann im Leben einmal bewußt geworden, dass der Spezie Mensch so gut wie alle Dinge nur behandelt, aber nicht verhindern kann. Der Arzt verschreibt Medikamente 'gegen die Krankheit', der Chirurg 'flickt' die Menschen wieder zusammen und der Nervenarzt gibt starke Pharmaka gegen Depressionen & Co. Ich will damit sagen, dass wir trotz hohem geistigen Niveau nicht in der Lage sind, etwas wirklich zu ändern, sondern immer nur die Auswirkungen bekämpfen können.

    Was hat das jetzt mit Alkoholismus zu tun? Nun, selbst in dem Moment in dem ich mir die Frage beantworten könnte, warum das alles passieren mußte - warum ich eigentlich zum Alkoholiker wurde, selbst dann gibt es für mich keine Garantie ab diesem Zeitpunkt mich anders zu verhalten, denn der Mensch ist keine Maschine. Ich möchte damit die These aufstellen dass es unmöglich ist vorherzusagen, ob einem die Trockenheit zeitlebens gelingt, oder nicht.

    Genauso wie es möglich ist, dass ein zuvor nicht süchtiger Mensch in die Sucht rutscht, genauso ist auch das Gegenteil möglich - aber bestimmt nicht über das Heilmittel 'Langzeittherapie'. Es mag für viele hart klingen, aber die Menschen die dort arbeiten sind auf meine Informationen angewiesen um sie mir dann später wieder als 'Heilmittel' zu präsentieren. Das was bleibt, oder was bleiben könnte ist, in einer Gemeinschaft gelebt zu haben, die die selben Probleme haben. Was also hat man im Endeffekt für einen Nutzen davon? Bin ich es nicht selber gewesen, der mit dem ersten Schritt auch den wichtigsten getan hat? Hat so eine Langzeittherapie nicht in Wirklichkeit nur eine begleitende Funktion?

    Damit könnte ich mich sogar anfreunden, aber in diesem Forum kommt es für mich dauern so rüber, als ob ich keine Chance hätte, ohne eine LZT klar zu kommen. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ich sehr wohl eine LZT machen werde, wenn sie genehmigt wird - lasse mir jedoch nicht verbieten, darüber auch meine kritischen Gedanken zu äußern. Mich deswegen als uneinsichtig, toleranzlos oder Anderes zu betiteln halte ich für sehr flach.

    Hier lese ich immer nur 'es geht um mich', 'es geht um mein Leben', 'die anderen haben sich jetzt nach mir zu richten'... wie schön, wenn man einmal Mittelpunkt sein darf.

    Und - wie schon einmal erwähnt: im Gleichschritt Marsch - nicht unbedingt mit mir.

    Gute Nacht
    Manfred

    Hallo,

    das liest sich immer so gut, was ihr da über mir schreibt... ich mach mir trotzdem meine Gedanken.
    Als erstes ist es schon komisch dass man sehr wahrscheinlich mit lauter Menschen zusammen sitzt, die schon länger trocken sind. Eigentlich sollte man doch deswegen dort sein?

    Mein größtes Problem wird wohl sein, wieder in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Eben da stellt sich mir die Frage, ob das überhaupt realisierbar ist? Immerhin hat der Alkohol auch Teile des Gehirns angegriffen, sodaß da nicht mehr alles in Ordnung ist (Konzentration, Merkfähigkeit usw.).

    Meiner Meinung nach sind das irreparable Schäden, dort kann auch keine LZT helfen.

    Was den Tagesablauf angeht, hab ich da auch so meine Zweifel. Die LZT selber ist doch schon eine unwirkliche Situation? Der Ablauf ist doch nicht wie bei mir zu Hause? Sondern eher wie in einem Krankenhaus mit dem Unterschied, dass man wohl keine Langeweile hat..

    Sicher, schlimmer wirds wohl nicht werden wenn ich da hin gehe, aber was ist mit der Erwartungshaltung meiner Familie, wenn ich nach der Therapie immer noch 'der alte' bin?

    Wißt ihr, es ist für mich nicht so schwer, trocken zu bleiben. Es sind die anderen Dinge die mir schwer fallen; besonders im Tagesablauf. Ich gehe spät ins Bett, kann nachts noch was kochen, beschäftige mich hauptsächlich mit Dingen die mir Spaß machen. Aber keins taugt dazu um ein - Entschuldigung - 'normaler Spießer' abzugeben. Das will ich zwar nicht werden, aber so bleiben wie es ist, kann es auf Dauer auch nicht.

    Jedenfalls hab ich nicht das Gefühl, in einer LZT besonders gut aufgehoben zu sein. Ich werde sie machen wenn ich die Genehmigung habe, aber meine Zweifel sind dadurch nicht ausgeräumt.

    Manfred

    Hallo,

    so schnell vergeht die Zeit... ich war jetzt schon einen Monat nicht mehr hier.

    Habe viel in der Zwischenzeit gemacht, und auch mein Antrag ist soweit fertig. So komisch das jedoch klingt - ich bin mir manchmal nicht mehr sicher, ob ich eine Therapie machen will? Es stellt sich einfach die Frage, wie komme ich dann wieder?

    Na ja, jedenfalls geht es mir gut und ich habe auch bei kommal nochmal alles durchgelesen (ich meine den Artikel 'unterwegs').

    Gruß an euch alle
    Manfred

    Servus,

    ja, die Woche ist bald 'rum, für mich ist es die dritte. Objektiv gesehen habe ich nicht viel erledigt, aber es waren wichtige Maßnahmen, um für mich weiter zu kommen.

    Vergangenen Montag fing es beim Zahnarzt an. Ich hatte eigentlich nur einen Beratungstermin vereinbart. Wollte der Ärztin erzählen, dass ich Alkoholiker bin und das der Zustand meiner Zähne wohl etwas damit zu tun hat. - Es war ein Monolog meinerseits, gerade mal 5 Minuten lang. Dann hatte sie auch schon das "Werkzeug" in der Hand. Aus dem Beratungstermin wurde ein Behandlungstermin...
    Auch gut, - dachte ich, dann ist wenigstens ein Anfang gemacht. Die Folgetermine liegen günstig. Etwa jede Woche ein Termin.

    Am folgenden Donnerstag (gestern) war ich dann bei meinem Hausarzt. Auch hier habe ich ein "Beratungsgespräch" eintragen lassen, mittlerweile bekam ich aber die Antragsformulare für eine Therapie, die ich abgeben konnte. Als ich ihm dabei erzählte das ich mit der Sauferei aufgehört habe, schaute er mich an als hätte ich ihn in den 1.April geschickt. Hatte er ein anderes Bild vom Alkoholiker? Passte ich nicht in das Schema? Jedenfalls dauerte dieses Gespräch über eine halbe Stunde. So lange habe ich ihn noch nie in Anspruch genommen (oder umgekehrt).

    Am Wochenende werde ich anfangen, meine eigenen Anträge auszufüllen. Die deutsche Gründlichkeit erschlägt einen manchmal. Drei Formulare mit mehreren DIN-A4 Seiten. Wenn ich dann noch Zeit finde, möchte ich einen Spaziergang machen. Mir dabei in Erinnerung rufen wie gut es tut, morgends ohne bleierne Knochen und ohne "Matschbirne" aufzustehen. Danach in ein Gesicht zu sehen das keine Wassereinlagerungen mehr hat. Und mich daran zu freuen das ich seit geraumer Zeit keinen Brechreiz mehr habe. Sind das nicht Gründe um weiter durchzuhalten?

    Ja, nur ist es nicht immer einfach. Das, was ich noch nicht greifen kann, Blitze die nur Bruchteile von Sekunden dauern - ich möchte das abstellen aber wie? Momentan geht es nur mit Ablenkung. In diesen Momenten können auch 24 Stunden eine Ewigkeit sein. Wohl dem, der schlafen kann.

    Manfred

    Hallo Hartmut,

    ich weiß jetzt nicht, was ich dir antworten kann. Ich fühle mich wie in einer Kompanie - ein Ziel, eine Marschroute, und auf gehts! Jeder der sich weigert, ist ein Dessarteur.

    Deiner Meinung würde ich zustimmen, wenn ich denn ein alkfreies Zuhause für notwendig erachte, meine Familie aber nicht. Es ist aber nicht so. Es ist keine Notration und es hat auch mit "Stärke beweisen" nichts zu tun. Dafür habe ich einen zu klaren Kopf. Schau dir meine Überschrift an und lese mal genauer im Text - vielleicht findest du was?

    Gestorben wird nicht so schnell. Natürlich ist das die letzte Konsequenz, die jeder Alkoholiker vor Augen haben muß - aber man sollte auf dem Teppich bleiben. Der Alkohol macht das Ding nicht rund, sondern erst die Gedanken, die man entwickelt.

    Ja, _nur_ trocken sein reicht nicht aus, deshalb bemühe ich mich um eine Therapie.

    Bis es soweit ist, denke ich auch, dass die Grundbausteine hilfreich sind. Aber sage nicht, das nur der eine Chance hat, der sie alle befolgt.

    Nochmals eine gute Nacht
    Manfred