Angst vor Rückfall

  • Hallo allerseits!

    Mich würde mal interessieren, wie ihr mit dem Thema Rückfall und der Angst davor umgeht.
    Was geschieht wenn der Partner wieder anfängt?

    schöne Grüße
    Meikel

    Verbrannt und wieder auferstanden, wie Phönix aus der Asche

  • Hallo Meikel,

    wenn mein Mann rückfällig werden und sich nicht sofort professionelle Hilfe holen sollte, trenne ich mich - und das weiß er.
    Ich habe mich entschlossen, mit einem trockenen, rückfallgefährdeten Partner zusammen zu leben, also nehme ich das in Kauf.

    Aber ich würde eine weitere "Nassphase" nicht überstehen.

    Angst hab ich keine, da ich mit meinem Mann in bezug auf den Fall der Fälle Klartext geredet habe.
    Er weiß, wie sehr die Kinder und ich unter seinem Suff gelitten haben.

    Hast Du Angst?
    Wovor hast Du Angst?
    Vor ihr?
    Vor Dir?

    LG

    Thelma

  • HalloThelma!
    Ich selbst habe keine Angst, da ich Betroffener bin.
    Aber ich habe gestern mit meiner Frau über dieses Thema gesprochen. Sie hat mir erzählt, dass sie in letzter Zeit häufiger davon träumt, dass ich Rückfällig werde (ich bin jetzt sechs Jahre trocken). Früher wäre das nicht der Fall gewesen. Jetzt stellt sich uns natürlich die Frage, ob es Gründe dafür gibt, sei es dass ich mich anders Verhalte als sonst, wir das Thema nicht genug behandelt haben, ob sie schon immer Angst hatte und es nur verdrängt hat usw.
    Daher wollte ich auch mal eine allgemeine Diskusion anregen.
    In meiner SG sagen fast alle Partner, dass sie ihren Betroffen vertrauen und sie keine Ängste haben, wenn diejenigen dabei sind, sind jedoch an den Angehörigenabenden zum Teil alleine da, geben sie ihre Ängste schon mal zu.
    Gruß

    Verbrannt und wieder auferstanden, wie Phönix aus der Asche

  • Hallo Meikel,

    mein Mann hatte jetzt vor drei Monaten seinen heftigen Rückfall.

    Aber ich muss wirklich sagen, dass ich in den Jahren zuvor, als er trocken war, ich ihm doch ziemlich vertraut habe, es sei denn, es gab konkrete Anlässe, und die gabs bei ihm leider, denn er hat doch so nach und nach wieder angefangen, fahrlässig mit dem Alkohol umzughen. (Beim Sektempfang mal nippen, alkoholfreies Bier und dann schlidderte er wieder rein.)

    Oder ich war skeptisch, wenn er zu so typischen Saufgelegenheiten gegangen ist, Grünkohltour oder sowas, da endete allerdings mein Vertrauen und ich glaube auch, dass er da bestimmt auch was getrunken hat.

    Er ist aber eben auch nie den konsequenten Weg gegangen, hat sich immer das berühmte Hintertürchen offen gelassen.
    Und nun haben wir den Salat.

    Ich hätte mir gewünscht, dass er seinen Saufdruck mit mir bespricht, aber das hat er nie gemacht. Er muss ja irgendwie sowas in der Richtung verspürt haben. Er hat es immer verheimlicht und das finde ich schade.
    Jetzt rückblickend kann ich mir sein angespanntes Verhalten im letzten Jahr erklären, er hat wohl innerlich schon die ganze Zeit gegen seine Sucht gekämpft, so stell ich mir das vor. Aber ich habs nicht so bemerkt, hab nur gesehen, dass er sich teilweise komisch verhält, aber da gabs auch andere Erklärungen für und ich hab ihm echt sehr vertraut, dass er seine mühsam erkämpfte Trockenheit nicht so einfach aufs Spiel setzen wird.
    Und jetzt gabs kein Halten mehr und er steckt mitten drin wie eh und je.

    Dass ihr überhaupt so offen darüber redet und die Sache offensiv angeht, finde ich echt toll.

    Ich drücke euch die Daumen,
    Doro

  • Hallo Meikel,

    also, ich empfinde es für mich als Selbstlüge, wenn ich behaupte, die Angst vor einem Rückfall wäre bei meinem Ex nicht da gewesen. Dies resultierte aber auf meinem Bauchgefühl, daß im Verhalten schon der Rückfall vorprogrammiert war.

    Heute kann ich nicht wirklich realitätsnah sagen, wie es um diese Angst steht. in der Theorie heißt es ja so schön: *Wenn ich mich für ein Leben mit einem trockenen Partner entscheide, entscheide ich mich auch für das Rückfallrisiko*..Theoretisch ganz klar, aber in der Praxis sieht das für mich als Angehörige emotional ganz anders auch.

    Eine gewisse Furcht (reale, begründete Angst) wird mich immer begleiten, was nicht heißt, daß mich dieser Gedanke Tag und Nacht begleitet.

    Diese Form von Angst basiert ja auch auf Erinnerungen des Gelebten mit einem nassen Alkoholiker, die bei dem einen oder anderen auch oft mit schlimmer Erlebnissen verbunden ist.
    Für mich als co-abhängige Partnerin bedeutet ein Rückfall ja auch immer die Furcht, wieder in mein *abhängiges* Verhalten zurückzufallen. Daher betrifft dieses Thema hier in diesem Bereich nicht nur die Angst vor dem Rückfall des Partners, sondern auch meine Angst vor meinem Rückfall.

    Dazu kann ich aber auch nur sagen, daß eine übertriebene Angst davor, auch bei mir ein gewisses Hemmnis bedeutet, mich weiterhin positiv nach Vorn zu bewegen, weiterhin an mir zu arbeiten. Wie Karsten es schrieb, ist es für mich wichtig, mich weiterhin gut im Auge zu behalten, den Austausch nicht zu vernachlässigen, aber auch die geistige Loslösung von Suchtmittel anzustreben. Dies bedeutet aber für mich ganz persönlich, eine intensive Arbeit an mir selbst durchzuführen, mich im Mittelpunkt zu behalten und nicht den Stellenwert auf den anderen süchtigen Teil zu legen. Denn Dieser ist selbst für sich verantwortlich. Wenn es zu einem Rückfall kommt, kann ich eh nicht im Voraus sagen, wie dies auf mich wirkt. Ich könnte jetzt schreiben, daß ich dann eine Trennung vollziehen würde, oder aber vielleicht doch da bleiben..Das weiß ich heute nicht, wie weit ich bis zu diesem Zeitpunkt an mir gearbeitet habe, inwieweit ich mich abgrenzen gelernt habe.
    Ich kann es mir vornehmen, aber in der Realität sieht es aber doch ganz anders aus. Denn letztendlich zeigt es sich in diesem Moment, ob ich wirklich neue Verhaltensmuster angenommen habe oder nicht.


    Liebe Gruß

    S.Käferchen

  • Lieber Meikel,

    Käferchen schreibt:

    Zitat

    Ich könnte jetzt schreiben, daß ich dann eine Trennung vollziehen würde, oder aber vielleicht doch da bleiben..Das weiß ich heute nicht, wie weit ich bis zu diesem Zeitpunkt an mir gearbeitet habe, inwieweit ich mich abgrenzen gelernt habe:

    Ich stimme Dir da so nicht zu, Käferchen.
    Ich will nicht mehr an der Seite eines nassen Alkoholikers leben.
    Definitiv nicht.
    Ich will mir garnicht beweisen, dass ich mich abgrenzen kann.
    Mein Mann als nasser ALkoholiker bewegte sich auf einer ganz anderen Ebene, die Gedanken waren vergiftet durch den Suff, sein Charaketer ebenso, das passte nicht zusammen.
    Ich bin co-abhängig und werde mich niemals abgrenzen können, mich würde der Suff wieder mitreißen.
    Ich beginne jetzt, wo mein Mann trocken wird, zu mir zu finden.
    Ich will versuchen, mit ihm als trockenen Alkoholiker einen gemeinsamen Weg zu gehen.
    Ich arbeite an mir, hinterfrage mich selbst...
    Aber ich werfe mein Leben nicht nochmal weg an den Suff.

    Wie gesagt, sollte er sich gleich Hilfe holen, bin ich an seiner Seite.
    Sollte sich aber rausstellen, dass sich Rückfälle häufen, werde ich gehen.
    Ich glaube nicht, dass das eintrifft, aber ich mach mir schon Gedanken über das Thema.
    Wichtig ist meiner Meinung nach, dass wir im Dialog bleiben.

    Da auch ich ein Suchtgedächtnis habe, kann es natürlich vorkommen, dass ICH mich komisch verhalte, was weiß ich...
    Auch da wird es uns helfen, miteinander zu reden.

    So eine Beziehung zwischen einem trockenen Alkoholiker und einem Co-Abhängigen ist sicher nicht einfach, aber nicht uninteressant.
    Ich sehe eine riesen Chance, miteinander zu reifen.
    Welche "normalen" Paare setzen sich schon so intensiv mit sich auseinander?
    Viele leben doch so unbewusst und selbstverständlich nebeneinander her.

    LG
    Thelma

  • Liebe Thelma,

    das du nicht wieder mit einem nassen Alkoholiker zusammen leben möchtest glaube ich dir sofort, auch wenn du JETZT schreibst das du dich bei einem Rückfall trennen wirst. Da du weißt das du da nicht mehr hin willst...dein Mann im Suff wieder eine andere Ebene einnimmt.....welche du nie wieder aushalten möchtest.
    Aber die Gefahr sich wieder emotional zu verlieren ist bei uns Co´s nun mal sehr groß und drum kann ich JETZT nicht sagen was in dem Moment wenn es passiert, in mir drin ab geht.

    Und deswegen ist es wichtig an der Abgrenzung zu arbeiten, mir selbst sicher zu werden.

    Liebe Grüsse
    Elocin

  • Da stimme ich Dir absolut zu, liebe Elocin.
    Ich denke zu wissen, was in mir abgeht, falls er rückfällig werden sollte.
    Ich werde in wahrscheinlich in Panik geraten, ich werde u.U. total überreagieren.
    Alles ist möglich.
    Es war zu furchtbar mit ihm, als er trank.

    Wir reden aber miteinander, wir gehen zur Eheberaterin, wenn er zurück ist.
    Ich mache Therapie.

    Ich hab ja geschrieben, dass ich an mir arbeite.

    Ich denke, auch nicht die stärkste Persönlichkeit ist davor gefeit, sich in einen suchtkranken Menschen zu verlieben.
    Aber ein gesunder, nicht co-abhängiger Mensch wird sich nicht so lange runterziehen lassen, er wird irgendwann gehen, er wird diesen berühmten persönlichen Tiefpunkt nicht brauchen, um zu kapitulieren.
    Ein gesunder Mensch braucht keine Beziehung, die geprägt ist von Abhängigkeiten.
    Und nichts anderes meine ich, wenn ich sage:
    Ich werde mich trennen, sollte mein Mann wieder in die Suchtspirale geraten.
    Sollte er sich keine Hilfe holen, im Falle eines Rückfalles, bin ich weg.
    Warum ich mir da sicher bin?
    Ich war letztes Jahr an meinem persönlichen Tiefpunkt angelangt.
    Von mir war nicht mehr viel übrig, ich war ein Häufchen Elend.
    Das will ich nicht mehr, das brauche ich nicht mehr.
    Ich brauche keinen suchtkranken Mensschen mehr, um irgendwas auszuleben.
    Vielleicht werde ich ja schön langsam gesund?
    Vielleicht stelle ich, wenn mein Mann zurück ist, auch fest, dass ich immer noch in alten Mustern hänge.
    Kann bei der ein oder anderen Gelegenheit durchaus sein.
    Das ist aber auch meinem Mann bewusst.
    Beiderseitiges Verständnis ist Grundvoraussetzung, wenn wir es miteinander packen wollen. OHNE sich zu verlieren.

    Wir werden uns vorsichtig aneinander annähern, abtasten.
    Wieder: Wir können miteinander reden.

    Aber ich will auch mal einfach nur leben - mein Mann übrigens auch.
    LEBEN! Das heißt für ihn:
    Trocken sein und trocken bleiben. Alles andere ist kein Leben, es ist Selbstmord auf Raten, wissen wir ja alles.

    Ich kann mein restliches Leben auch in geduckter Vorsichtshaltung verbringen, was bringts?
    Ich kann auch den Rest meines Lebens jedem Mann mit Mistrauen begegnen und mich nur noch verkrampfen.

    Das bin ICH aber nicht.

    Klar muss ich mich abgrenzen.
    Klar muss ich immer wieder aufpassen, nicht in alte Muster zurückzufallen.
    Ich brauche aber dazu keinen NASSEN Partner mehr.
    Und dessen bin ich mir sicher.
    Und das bin ich mir wert.

    LG

    Thelma

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!