Hallo erst mal,
ich lese schon recht lange in diesem Forum, hatte mich letztes Jahr auch schon mal angemeldet, um von mir zu berichten, Erfahrungen zu sammeln und weiterzugeben.
Nun habe ich endlich Zeit und Kraft gefunden mein Leben etwas zu beschreiben und meine Abhängigkeit etwas näher zu reflektieren.
Nun zu mir, ich bin 34Jahre jung, wohne mit Frau und Sohn (2 Jahre jung) mitten in Hessen und bin im kaufm. Bereich angestellt.
Mir geht es seit dem 13. August 2008 wieder richtig gut und mein Leben hat seit dem Verzicht auf Alkohol den Sinn und die Freude zurück bekommen….alles fühlt sich klar und gut an in meinem Körper und der Seele.
Davor gab es einige unschöne Jahre. Ich bin ab ca. 2005 immer mehr in den Rausch geflüchtet. Habe Probleme, Stress und Angst „runtergespült“….im Schnitt zweimal pro Woche am Abend ca. 5 Bier a 0,5L, oder eine Flasche Rotwein (1L) getrunken um abschalten zu können. Die Gründe dafür sind recht unterschiedlich, wen es interessiert kann mich gerne fragen.
Irgendwann hat auch meine Frau immer mehr und öfter gemeckert „ich solle doch nicht immer die ganze Flasche Wein auf einmal austrinken“, oder „ bist du schon wieder Auto gefahren, obwohl du getrunken hast?“….im Prinzip war mir schon klar, dass mein Trinkverhalten nicht normal war. Aber es musste erst zum großen Crash kommen, um es endlich auch anzugehen….das Problemtrinken…die psychische Abhängigkeit.
Januar 2008, mit einem „Freund“ in der Kneipe getroffen, danach angetrunken nach Hause und direkt von der Polizei erwischt. 1,25Promille! Zunächst wollte ich vor allem vor mir selbst fliehen und habe den Vorfall selbst vor meiner Frau verheimlichen können (fragt nicht wie, es ging wirklich)….dann hatte ich aber so einen Leidensdruck verspürt und habe mich auf Anraten eines guten Freundes für eine ambulante Psychotherapie angemeldet. Dort begann Juli letzten Jahres sich alles wieder zum Besseren zu wenden. Ich konnte mir selbst die Abhängigkeit eingestehen, habe Strategien entwickelt mögliche Rückfälle zu vermeiden und konnte auch zu mehr Selbstbewusstsein gelangen um Probleme, welche vorher mit Alkohol verwässert wurden, anzupacken und zu bewältigen. Es ist auch heute noch immer ein Kampf, aber diesmal mit klarem Geist….
Ich spüre, dass dies immer noch eine Herausforderung für mich ist und gerade wenn ich (wie im Moment) von meiner Familie aus beruflichen Gründen getrennt bin, habe ich noch immer ein wenig mit meiner Verlustangst zu kämpfen. Dann lese ich immer gerne etwas positives, oder schreibe mir selbst die Dinge (wie jetzt gerade) von der Seele. Laufen, Laufen, Laufen ist auch ein gutes Mittel gegen Stress und Ärger….und um abzuschalten oder mich zu belohnen gibt es zu Hause immer einen besonders leckeren grünen Tee (Gyokuro/Japan) und gute Musik dazu!
Im Januar diesen Jahres habe ich die Therapie für mich erfolgreich beendet…die wahre Therapie wird aber immer weitergehen, mit mir als meinem eigenen Therapeuten. Ich schätze mich ebenfalls glücklich, einen Schwiegervater zu haben, welcher seit über 30 Jahren trockener Alkoholiker ist und jahrelang ein SHG geführt hat. Dieser gibt mir immer wieder Kraft, „wenn´s mal nicht so läuft“….und vielleicht finde ich auch hier den/die eine(n) oder andere(n), welche® mir helfen kann….und welchen ich gerne zur Seite stehen will…
Ganz liebe Grüße und danke fürs Zuhören,
Ingo